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Montag, 13. Februar 2023

Kardinal Zen: "Mein Benedetto"

Der emeritierte Erzbischof von HongKong, Kardinal Joseph Zen, der zum Requiem des verstorbenen Papstes Benedikt XVI nach Rom gereist war, hat auf seiner website bei seine Erinnerungen an Papst Benedikt XVI  und über korazym.org veröffentlicht. 
Hier geht´s zum Original:  klicken

                            "MEIN PAPST BENEDIKT"

 1. Der Papst Benedikt, an den ich mich erinnere 
Ich erinnere mich nicht mehr, wann ich Papst Benedikt zum ersten mal begegnet bin. Ich erinnere mich aber gut daran, daß als ich ihn zum ersten mal traf, ich sofort wußte, daß er genau das Gegenteil von dem war, als wie er von jemanden beschrieben wurde- als "Rottweiler" Gottes. Ich habe sofort gefühlt, daß er der freundlichste Mensch war, den ich je kennengelernt habe.

Offensichtlich mußte er als Verantwortlicher der Glaubenskongregation in all jenen Jahren auch gewisse Theologen wegen ihrer umstrittenen Standpunkte und Lehren befragen. Aber ich weiß, daß auch diese Theologen immer mit Respekt, Höflichkeit sogar mit Freundlichkeit behandelt worden sind.

Papst Benedikt (damals noch Kardinal Ratzinger) war gegenüber den Menschen allgemein. Er arbeitete in der Glaubenskongregation. Sein Büro befand sich zur Rechten des Peters-Domes, aber seine Wohnung auf der linken Seite. Wenn er jeden Tag den Petersplatz überquerte, blieb er stehen und begrüßte diejenigen, die ihn grüßten. Er war sehr freundlich zu ihnen und segnete sie. 

Ich bekam dann mehr Kontakt zu Kardinal Ratzinger in jenen Treffen, die Kardinal Tomko von der Kongregation Propaganda Fide organisiert wurde, bei denen die Probleme der Kirche in China diskutiert wurden. Die Beiträge von Kardinal Ratzinger waren immer sehr durchdacht und wurden sehr bescheiden vorgetragen. Mit seinem unglaublichen Gedächtnis erinnerte er alles, was die anderen gesagt hatten. 



2. Der Papst Benedikt, den ich so liebte.

Ich danke dem Herrn für die optimale Ausbildung durch die Salesianische Gemeinschaft: im Noviziat, im Studium der Philosophie. Die Salesianer sind eher konservativ. Als ich zu einer weiteren Ausbildung in Philosophie und Theologie nach Italien ging, waren unsere Professoren auch sehr seriös und wohlfundiert. Alles da hat mir geholfen, die Tradition der Kirche zu respektieren und wertzuschätzen. 

Es ist wahr, daß es Zeiten gab, als es eine präkonziliare Atmosphäre gab und wir jungen Studenten große Erwartungen an die der Erneuerung der Kirche hatten, aber nicht an eine Erneuerung die die Aufgabe der Vergangenheit oder ausschließlich Vertrauen in die Zukunft bedeuteten. Papst Johannes` XXIII Eröffnungsrede für das Konzil drückte genau das aus, was wir vom Konzil erwarteten.

Man ist gewohnt, die Gelehrten in Konservative und Progressisten zu unterteilen und in diesem Sinn gehörte auch der junge Professor Joseph Ratzinger, den Kardinal Frings von Köln als Experten zum II. Vaticanischen Konzil mitgebracht hatte, zu diesem sogenannten progressistischen Flügel. Aber diese Dichotomie ist problematisch, weil das Leben aus einem Gleichgewicht zwischen Konservierung und Fortschritt besteht. Und tatsächlich hat man Ratzinger - der damals als Progressist eingestuft wurde, danach in die Kategorie der Konservativen gesetzt. Tatsache ist, daß die Theologie von Papst Benedikt wirklich sowohl der Tradition treu als auch originell in ihrer Auslegung ist. Und mir, der ich in der salesianischen Gemeinschaft ausgebildet wurde, fiel es besonders leicht, mich mit der Lehre von Papst Benedikt zu identifizieren.

Die Verwirrung, die nach dem Konzil entstand, ist darauf zurückzuführen, daß die beiden extremen Zweige der Polarität Erhaltung-Fortschritt nicht mehr bestehen, während stattdessen die Autorität des Konzils zugesprochen wird. Als Papst Johannes Paul I. und Papst Johannes Paul II. diesen Doppelnamen annahmen, bedeutete das genau, daß sie als Papst kein anderes Programm hatten als das von Johannes XXIII. initiierte und von Paul VI. zu Ende geführte Konzil. Natürlich haben bei diesem Konzil viele Theologen mitgeholfen, darunter auch Joseph Ratzinger, und diese beiden Päpste, Papst Johannes Paul und Papst Benedikt, haben die Kirche nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil selbstbewusst geführt.

3. Der Papst Benedikt, an den ich denke, hatte eine kleine Vorliebe für mich.

Bei jenen von Kardinal Tomko organisierten Begegnungen- arbeitete -wie ich schon sagte- die Kongregation Propaganda Fide zusammen mit dem damaligen Staatssekretariat gut für die Interessen der Kirche in China. Kardinal Ratzinger nahm als Präfekt der Glaubenskongregation an diesen Zusammenkünften teil. Als er Papst Johannes Paul II unter dem Namen Benedikt XVI folgte, hat er besonderes Interesse für die Kirche in China gezeigt. Die Wahl der Kardinäle liegt ausschließlich in der persönlichen Freiheit des Papstes. Ich hatte damals schon mein Rücktrittsgesuch als Bischof von HongKong eingereicht als Papst Benedikt mich in die erste Gruppe der von ihm ausgewählten Kardinäle getan. Er hat mir erklärt, daß er das auch tat, damit ich an den Angelegenheiten der Kirche in China mitarbeiten konnte.
Ich hatte die Gelegenheit, den anglikanischen Erzbischof von Canterbury, Rowan Williams, einen großen Freund von Papst Benedikt, zu treffen. Ich fragte ihn: "Was sagen Sie zu unserem Papst?“ Ohne zu zögern antwortete er: "Er ist sehr schüchtern“.

Papst Benedikt blieb sehr zurückhaltend, seine Autorität einzusetzen. Der damalige Präfekt von Propaganda Fide war ein prominenter Kardinal Dias aus Indien. Staatssekretär war Kardinal Bertone, offensichtlich vom Papst ausgewählt, und war zufällig Salesianer wie ich. Aber dann war die für den Dialog mit China zuständige Person Msgr. Parolin, Unterstaatssekretär im Staatssekretariats. Er folgte eher Kardinal Dias und beide folgten nicht so sehr der Strategie von Papst Benedikt.
Die beiden Leiter der Dikasterien akzeptierten meine Mitarbeit an den Angelegenheiten der Kirche in China offensichtlich nicht. Ich beschwerte mich beim Papst und bat ihn, mich in Anwesenheit Seiner Heiligkeit mit den beiden sprechen zu lassen. Wäre es dem Papst nicht ein wenig peinlich gewesen, meine Klagen vor seinen beiden hohen Beamten sprechen zu hören? Aber der Papst nahm meine Bitte an. Leider hat dieses Treffen nicht viel geholfen.

Der Brief, den Papst Benedikt 2007 an die Kirche in China geschrieben hat, ist ein Meisterwerk der Ausgewogenheit der Lehre und der offenen Haltung gegenüber der Regierung. Leider ist dieser Brief teilweise umsonst gewesen (Sie können dazu mein Buch "Aus Liebe zu Zion kann ich nicht schweigen" konsultiereb). Papst Benedikt hat auch eine machtvolle Kommission eingesetzt, die aber auch aufgrund der unterschiedlichen Standpunkte von Kardinal Dias und Msgr. Parolin nicht die erhofften Früchte tragen konnte. Als Parolin als Staatssekretär nach Rom zurückkehrte, ließ er die Kommission einfach heimlich verschwinden.

Nachdem Papst Benedikt sich zurückgezogen hat, konnte ich ihn mehrmals besuchen, aber das war offenbar keine Frage, über Geschäftliches zu sprechen. Als er sein letztes Buch "Letzte Gespräche" veröffentlichte, schickte er mir sofort eine Kopie mit der Widmung: "In Gebetsgemeinschaft", 

Kurz danach erwarb der Erzbischof Savio Hon Tai, der nicht wußte, daß der Papst mjr schon eine Kopie geschenkt hatte, eine Kopie und ließ sie vom Papst signieren. Dieses mal war die Widmung: "Vereint in Gebet und Denken", Ich dachte: wenn ich glaube, zu ein Favorit von Papst Benedikt zu sein, bin ich nicht weit von der Wahrheit entfernt. 

Papst Johannes Paul II empfing gern Gäste zum Essen. Das tat Papst Benedikt seltener. Aber in dem Jahr, in dem ich die permanenten Diakone der Diözese HongKong bei einer Pilgerfahrt begleitete und der Papst in einem Gebäude der Diözese Belluno Ferien machte, wußte, daß ich von Venedig aus in diesen Ort kommen mußte, hat der Papst -durch seine Helfer- dafür gesorgt, daß es am Ende einen italienischen Polizei-Hubschrauber gab, der mich an seinen Urlaubsort zu bringen, Er erreichte auch, daß die Polizei den Bus mit unseren Diakonen an den Ort fuhr, wo der Angelus gebetet wurde. Am Ende des Angelus sagte jemand auf dem Platz zu mir; "Der Papst lädt Sie zum Essen ein". Ich werde nie die Atmosphäre von Wärme und Güte bei dieser Mahlzeit vergessen. "

Quelle: Kard. J. Zen,  korazym.org
 

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