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Samstag, 18. Februar 2023

R. de Mattei: eine Nachhilfestunde in Geschichte des Moskauer Patriarchts

Um der weitverbreiteten Unwissenheit über das Moskauer Patriarchats im Westen entgegen zu wirken, veröffentlicht Roberto de Mattei bei Rorate Caeli einen gelehrten Überblick über sein Geschichte von seinem Beginn im 15. Jahrhundert an, der helfen kann das Handeln des heutige Moskauer Patriarchats besser zu verstehen. Hier geht´s zum Original: klicken

"HISTORISCHE ÜBERLEGUNGEN ZUM MOSKAUER PATRIARCHAT-  VON ROBERTO DE MATTEI"

Die Affinität mancher politischer und religiöser Kreise in Italien und andernorts wird von einer tiefen Ignoranz bzgl. seiner Geschichte begleitet. Wir möchten kurz diese Lücke füllen.

Der fundamentale Ausgangspunkt ist das 17. Ökumenische Konzil der Kirche, das 1439 in Florenz unter Papst Eugen IV stattfand. An der großen Versammlung nahm eine große Gruppe von ungefähr 700 Männern aus Konstantinopel unter der Leitung von Kaiser Johannes VIII Palaiologos und Patriarch Joseph II mit seinem Klerus statt. Zu ihnen gehörte auch der griechische Mönch Isidor (1385-1463), der Metropolit von Kiew und ganz Rus (Rußland). Der Metropolit von Kiew, der nicht den Titel eines Patriarchen führte, wurde von Konstantinopel ernannt und von ihm hing die Stadt Moskau ab, das bis zum 15. Jahrhundert keine wichtige Rolle in der russischen Religionsgeschichte spielte. 

Ein großes Ereignis fand am 6. Juli 1439 in Florenz statt: das Dekret Laetantur Caeli et exultet terra wurde unterzeichnet, das das östliche Schisma beendete, das 1054 die Katholische Kirche Roms von der selbsternannten "Orthodoxen" Kirche von Konstantinopel getrennt hatte. Die päpstliche Bulle schloss mit dieser feierlichen dogmatischen Definition, die vom Byzantinischen Kaiser, dem Patriarchen von Konstantinopel und den Griechischen Vätern unterzeichnet wurde: "Wir definieren, daß der Heilige Apostolische Stuhl und der römische Pontifex den Primat über das gesamte Universum haben; daß der Römische Pontifex selbst der Nachfolger des Seligen Petrus, Fürst der Apostel ist, der authentische Vikar Christi, Oberhaupt der gesamten Kirche, Vater und Lehrer aller Christen; daß unser Herr Jesus Christus ihm in der Person des Seligen Petrus die Vollmacht gegeben hat, die Universale Kirche zu hüten, leiten, und zu regieren, wie es in den Akten der ökumenischen Konzile und in den heiligen Kanons bezeugt wird" (Conciliorum Oecumenicorum Decreta, Centro Editoriale Dehoniano, Bologna 2013, pp. 523-528).

Das war eine authentische Rückkehr zu den Quellen. Tatsächlich gehen die Ursprünge von Rus auf die Taufe des Hl.Vladimirs zurück, die 988 stattfand, als Konstantinopel noch mit Rom vereint war und der Staat Kiew noch Teil einer einzigen Republica christiana unter Leitung des Pontifex Maxismus war.

Johannes Paul II sagte am 5. Mai 1988, daß "die Taufe des Hl. Vladimir und des Rus von Kiew vor Tausend Jahren heute zu Recht als großes Geschenk Gottes an alle Östlichen Slawen war, beginnend mit den Völkern der Ukraine und Weißrußlands. Sogar nach der Trennung von der Kirche von Konstantinopel betrachteten diese beiden Völker Rom als die einzige Mutter der gesamten christlichen Familie. Genau deswegen trennten sich Isidor, der Metropolit von Kiew und Rus nicht von den authentischsten Traditionen seiner Kirche, als er beim Ökumenischen Konzil von Florenz 1439 das Dekret der Einheit zwischen der Griechischen und der Lateinischen Kirche unterschrieb!"




Am 18. Dezember 1439 belohnte Eugen IV die Bemühungen Erzbischof Isidors von Kiew um die Einheit mit Rom mit dem Kardinals-Purpur. Als das Konzil endete, schickte der Papst Isidor als Legaten nach Rußland um das Dekret von Florenz durchzusetzen. Isidor hatte in Kiew und seinen neun Suffragan- Bischofssitzen keine Schwierigkeiten, aber in Moskau- wo er einer starken Feindseligkeit von Prinz Basil (Vassili) II (1415-1462) begegnete. Während seiner ersten Messe am 19. März 1441 in der Himmelfahrts-Kathedrale im Kreml nannte Isidor ausdrücklich den Papst während der liturgischen Gebete und verlas das Dekret der Einheit laut vor, und trug an der Spitze der Prozession ein großes Katholisches Kreuz

Er überreichte Basil auch ein Schreiben, in dem Eugen IV ihn bat, die Saat des Katholizismus in den Ländern Rußlands zu verbreiten. Der Fürst von Moskau jedoch, wies die Beschlüsse des Konzils von Florenz zurück und ließ den Metropoliten von Kiew verhaften. Es gelang Isidor zu entkommen und nach Rom zu fliehen, während Basil Bischof Jonah von Moskau zum Metropoliten von Rußland erhob uns sich selbst vom Patriarchat von Konstantinopel trennte, das sich in Rom versammelt hatte, 

Diese politische Entscheidung war der erste Schritt zur Autokephalie der Russischen Kirche, die immer noch von der Griechischen Kirche abhängig war. 


Isidor kehrte nach Rom zurück und führte zwei Missionen in Konstantinopel aus, die erste 1444 auf Anordnung Eugens IV, die zweite auf Befehl von Nicolaus V im Dezember 1452, am Vorabend des Zusammenbruchs der Stadt. Am 28. Mai 1453 fiel Konstantinopel unter dem türkischen Angriff, das Byzantinische Reich löste sich auf und die Hagia Sophia, die höchste Kirche des Ostens wurde in eine Moschee umgewidmet. Das war nicht nur das Ende des Kaiserreichs sondern auch das Ende das Patriarchats von Konstantinopel, das sein Schicksal an das des Byzantinischen Reiches hatte binden wollen.


In den Tagen der Belagerung gelang es Isidor von Kiew erneut wunderbarerweise sich zu retten und nach Rom zurück zu kehren. Callixtus III verlieh ihm 1452 das Erzbistum von Nicosia und Pius II das Lateinische Patriarchat von Konstantinopel. Obwohl er diese Ämter innehatte, zu denen 1461noch das des Dekans des Heiligen Kardinalskollegiums kam, lebte er während der letzten Jahre seine Lebens wirtschaftlich beschränkt : er hatte einen gesamten Besitz für die Verteidigung Konstantinopels ausgegeben, dessen Fall ihm den größten Schmerz bereitete. Dieser Meister des Glaubens und Verteidiger des Vaterlandes starb am 27. April 1463 in Rom und wurde im Peters-Dom nicht weit vom Grab des Apostelfürsten Petrus begraben, für dessen Primat er eifrig plädiert hatte. Der schreckliche Eindruck. den die Katastrophe von Byzanz in ihm hinterließ, ist in einer Epistula lugubris et moesta (Patrologia Graeca XLIX, col. 944 ff) bewahrt. 


Nach dem Fall von Konstantinopel wollte Moskau sich selbst zum Erben seiner politischen und religiösen Rolle ernennen. Die Heirat des Großherzogs von Moskau Ivan III mit Prinzessin Sophia, der Nichte des letzten  Ost-Kaisers Konstantin IX Paläologos, der an den Küsten Konstantinopels starb, schien diese Entscheidung zu besiegeln.


Es geschah während der Jahre der Revolte Martin Luthers, daß dieses Konzept von Moskau als das "Dritte Rom" formuliert wurde. Manifest dieser Ideologie war der Brief (1523) des Mönchs Philotheus aus dem Pskov Kloster an den Großherzog von Moskau Basil III (Vassili III Ivanovich) , In seinen kurzen theologisch-politischen Abhandlungen interpretiert Philotheus die Russische Geschichte als einem Plan der Vorsehung folgend, der den "Fall" des Ersten und Zweiten Roms vorhersah. Das erste, das antike Rom hatte zwischen dem 9. und 10. Jahrhundert den Orthodoxen Glauben verlassen und seine Vorrechte verloren; das zweite Rom- Konstantinopel - endete in den Händen der Türken, eine gerechte Strafe dafür, daß es an der Einheit mit Rom festgehalten hatte. Ihre historische Rolle sollte von Moskau übernommen werden. So drückt der russische Mönch sich aus: "Die Kirche des alten Roms hat sich in die Arme der gottlosen Ketzerei von Apollinaris gegeben. Das neue Rom, die Kirche von Konstantinopel, ist in der Gewalt der Türken. Hier erhebt sich die Heilige und Apostolische“ Kirche des dritten Roms (...) Rom eins und zwei sind gefallen, das dritte steht, das vierte wird es nicht geben.“


Von da an entwickelte sich in Russland ein tiefer theologischer und politischer Hass gegen die Kirche von Rom und das westliche Christentum. Das orthodoxe Christentum wurde mit Iwan IV. dem Schrecklichen (1530-1584) zu einer Art Nationalreligion. Russland bot sich als Heiligtum des wahren Glaubens an, und der Kreml war die Festung, die den Gründungsmythos des Dritten Roms enthielt. Unter seinem Nachfolger Fjodor I. (1557–1598) wurde 1589 das Moskauer Patriarchat errichtet, mit dem Russland den Weg zur religiösen Autokephalie einschlug (hervorragender Einblick in: John Codevilla, Church and Empire in Russia. From Kievan Rus’ to the Russische Föderation, Jaca Book, Mailand 2012).


Die Gründung des Moskauer Patriarchats war sowohl der Ankunfts- als auch der Ausgangspunkt eines Abfalls, der nicht weniger schwerwiegend war als der Martin Luthers."

Wird fortgesetzt...


Quelle: R.d. Mattei, Rorate Caeli

 

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