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Montag, 13. März 2023

10 Jahre

In seiner heutigen Kolumne für Monday at the Vatican kommentiert  A. Gagliarducci die zehn Jahre des aktuellen Pontifkates.  Hier geht´s zum Original:  klicken

"PAPST FRANZISKUS, 10 JAHRE SPÄTER" 

Vor 10 Jahren betrat Papst Franziskus zum ersten mal als Papst bekleidet die Benediktionsloggia. Er hatte die rote Mozzetta verweigert und das Volk gebeten, ihn zu segnen und begann sofort sein Pontifikat aufzubauen, das in der Realität ein sichtbarer Bruch mit der Vergangenheit war. 

Papst Franziskus hat nicht die Substanz der Dinge geändert. Immerhin hat er daran gearbeitet das Bild zu verändern und hat nicht bedacht, daß eine Veränderung des Erscheinungsbildes, wenn es um Geschichte, Symbole und Doktrinen geht, auch eine Änderung der Substanz wird- oder er weiß es vielleicht genau und möchte einen klaren Bruch mit der Vergangenheit herbeiführen. 

So begann Papst Franziskus nachdem er die rote Mozzetta verweigerte, weil sie wahrscheinlich als Erbe der Vergangenheit betrachtet wurde, an einer konstanten Präsenz zu arbeiten: 

- Der Besuch in Santa Maria Maggiore

- Ein Fotograf folgte ihm in die Residenz, in der er vor dem Konklave gewohnt hatte, der zeigt, wie er eigenhändig bezahlt. 

- Die Messe in der Gemeinde von Sant´Anna an seinem ersten Sonntag als Papst (ein Umstand, der während des Pontifikates nicht wiederholt wurde)

- Und dann sie Auswahl des Silbernen Kreuzes, der Wunsch nicht länger im Apostolischen Palast im Vatican zu wohnen und ein Armuts-Stil, der klar mit der Vergangenheit brechen soll. 

Mit diesen Beschlüssen wurden viele Symbole und Geschichten abgeschafft, aber aus keinem anderen Grund, als nach vorn zu blicken und nicht Gefangene der Vergangenheit zu bleiben. Papst Franziskus präsentierte sich bei den General-Kongregationen am 9. März mit einem Text, der vollkommen auf die Notwendigkeit der Mission für die Kirche ausgerichtet war und dessen Veröffentlichung er dann erlaubte. Von Anfang an sagte er, daß er den Regierungsauftrag der Kardinäle befolge - angefangen mit der Kurienreform. 

Im Rückblick haben uns die ersten hektischen Tage dieses Pontifikates- voller Neuheiten- bereits einen Blick darauf erlaubt, wie Papst Franziskus sein werde. Das Anfangs-Risiko war zu viel in Beschlüsse hinein zu interpretieren, die eher aus dem persönlichen normalen Menschenverstand des Papstes entstanden als eher aus einem ursprünglichen Wunsch zum Bruch. Die Gefahr ist heute dagegen, nicht auf die Zeichen einer von Franziskus gewünschten Diskontinuität zu achten und wie diese Zeichen der Diskontinuität das nächste Pontifikat beeinflussen kann. 


Zuerst gibt es Zeichen eines formalen Bruchs. Der Verzicht auf die rote Mozzetta ist die erste in einer Serie von Gesten der vaticanischen Zeremonial-Sprache, die zunehmend von Papst Franziskus aufgegeben wird. 

Das scheinen Kleinigkeiten zu sein, das sind sie aber nicht. Die Zeremonie sagt aus, wer und was die Kirche ist. Wenn, z.B. auf die Mozzetta verzichtet wird, opfert man auch diese Symbolik, die die Kirche vom Kaiserreich übernommen, dann aber uminterpretiert hatte,  um den Papst zum Diener der Diener Gottes zu machen. Der Papst übernimmt die Insignien des Königtums, aber das Reich Christi steht im Dienst am Menschen. Und was wird, wenn es keine Insignien gibt, stattdessen die Autorität sein? Und wie kann sie definiert werden? 

Papst Franziskus hat auch das Zeremoniell für die Besuche von geschiedenen, wiederverheirateten Staatsoberhäuptern geändert und die Anwesenheit der Ehepartner beim Austausch der Geschenke zugelassen und nicht nur einfach während des Fotos- eine Entscheidung, die zwar zur Zeit passt aber den Sinn für Katechese und Evangelisierung verliert. 

Dann sind da die Brüche im Regieren. Papst Franziskus erscheint gern synodal, aber trifft alle Entscheidungen allein. Es gibt formelle und informelle Konsultationen, aber die letzteren bedeuten Papst Franziskus zunehmend mehr. Z.B wollte der Papst den kürzlich erneuerten Kardinals-Rat einrichten, der ihm bei der Kurien-Reform helfen sollte. In der Realität stammen die meisten der Veränderungen in der Kurie, die dann in die neue Konstitution aufgenommen wurden, aus der Zeit vor dem Rat und manchmal sogar vor dessen erstem Treffen. 

Einerseits hat Papst Franziskus die Idee einer Kirche in Dauersynode gefördert. Andererseits aber endeten die beiden Familien-Synoden von 2014 und 2015 mit Amoris Laetitia, einer apostolischen Exhortation, die mehr zu Diskussionen führte als diese zu beenden. 

Andererseits endete die außerordentliche Synode für die Pan-Amazonien-Regio 2019 mit der post-synodalen Exhortation Ecclesia in Amazonia, die praktisch um fortgesetzte Diskussionen bittet, während auf lokaler Ebene Druck für substantielle Neuerungen zum Thema Priestertum ausgeübt wurde. 

Wenn jedoch alle Diskussionen offen bleiben, gibt es keine andere Autorität als die zentrale, um unangefochten Entscheidungen zu treffen. Der Papst eröffnet alle Prozesse aber dann ist er immer derjenige, der entscheidet, manchmal sogar auf brutale Art. So kann die wahrgenommene Synodalität nicht mit der aktuellen Lage verglichen werden. Es gibt eine offene Diskussion  und es gibt eine, der Entscheidungen trifft, der über die Diskussionen hinaus geht. 

Dann gibt es den Bruch in der Kommunikation. Papst Franziskus macht seine Kommunikation selbst und entscheidet, wem  er Interviews gibt. Es gibt keine Filter, aber das heißt nicht daß nichts gefiltert wird. Punkt ist, daß Papst Franziskus oft spricht und jeder folgen muß. Sonst wird man als Gegner betrachtet. Es ist eine neue Polarisation geschaffen worden, die sich von den vorherigen unterscheidet. Es ist eine Polarisierung, die jene, die als pro-päpstlich wahrgenommen werden, von denen trennt, die als gegen den Papst wahrgenommen werden. 

In den zehn Jahren hat sich die Doktrin vielleicht nicht geändert, sondern der Zugang zur Doktrin, und es wird gesagt, daß das keine positiven Folgen haben wird. Es gibt einen neuen Pragmatismus, der nicht an universale Prinzipien gebunden ist und einfach als eine Wahrnehmung der Realität wahrgenommen wird. 

Welche Kirche wird Papst Franziskus seinem Nachfolger übergeben?  Eine Kirche, die heute in Diskussionen aufgespalten und von der Realität der Menschen abgelöst zu sein. Eine Kirche die evangelisieren muß. aber mit dem Problem konfrontiert ist, das Evangelisieren aufgegeben zu haben und zu sehr auf die Öffentliche Meinung geachtet zu haben. Eine Kirche die vom Papst aufgerufen wird, zu evangelisieren, die aber darum kämpft, ein neues Vokabular zu finden

Am Ende sind viele der Diskussionen der letzten 10 Jahre Debatten, die wesentlich schon in der 1970-ern überwunden waren. Es ist als ob die Kirche - die nach vorn blickt- rückwärts gegangen ist - und fast 40 Jahre Geschichte beiseite gelassen hat. Papst Franziskus zeigt in einigen Fällen, daß er das heilen will, was er als die in diesen 40 Jahren angerichteten Schäden ansieht. Er tut das auch mit symbolischen Gesten, wie mit der Kreierung sogenannter "Sanierungs"Kardinäle , die kein Stimmrecht haben, aber die Vorliebe des Papstes für die Interpretation bestimmter Situationen zeigt. 

Weil Papst Franziskus am Ende die Macht der Symbole kennt. Es ist gerade das, daß der Symbolismus von Papst Franziskus anders ist, weltlicher, pragmatischer und mehr Latein-Amerika und diese Interpretation hat es noch nicht bis in die Öffentliche Meinung geschafft, Dennoch scheint sie für die Interpretation dieses Pontifikates unentbehrlich zu sein."

Quelle: A. Gagliarducci, Monday at the Vatican

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