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Montag, 10. April 2023

Papst Franziskus und die Mission

In seiner heutigen Kolumne für Monday at the Vatican befaßt sich A. Gagliarducci mit dem Zustand des Pontifikats und der Kirche nach der vergangenen Karwoche und stellt am Ende die Frage, was "nach Franziskus kommt". 
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"PAPST FRANZISKUS UND DIE MISSIONARISCHE KIRCHE"

Papst Franziskus hat Zeugnisse aus verschiedenen Kriegs-Szenarien von Menschengesammelt, die am Karfreitag als Zeugen beim Kreuzweg im Kolosseum dienen sollten. Ihre Zeugnisse waren anonym und die Texte wurden nicht wie üblich schon vorher veröffentlicht sondern erst einige Stunden bevor der Kreuzweg begann. Papst Franziskus hat anscheinend versucht,  die Situation im vergangenen Jahr  zu vermeiden, als die Nachricht von einer ukrainischen und einer russischen Frau, die gemeinsam in einem Gebet ausdrücklich um Vergebung beteten, in einer immer noch komplexen Lage eine Reihe von Diskussionen auslöste. Am Ende wurde 2022 beschlossen, den Text nicht zu lesen, sondern einen Moment der Stille zu haben. Es ist nicht das erste mal, daß Papst Franziskus beschließt, Kontroversen zu vermeiden. Z.B. die Grüße nach dem Angelus, die manchmal Appelle enthalten, die den Journalisten zuvor nicht unter Embargo bekannt gegeben werden, als der Papst ein Statement zur Lage in HongKong ausließ und ein Journalist darauf- unter Bruch des Embargos- hinwies. 

Papst Franziskus hat seine Entscheidungen immer persönlich getroffen. Sie kommen oft plötzlich- außerhalb jeder Diskussion, sogar wenn offensichtlich ist, daß der Papst sich vor langer Zeit entschieden hat. Mehrmals hat Papst Franziskus das beklagt, was er Kritik um jeden Preis nennt. Bei der letzten Generalaudienz vor Ostern hat er vor denen gewarnt, die damit fortfahren zu sagen, daß das Alte gut war und sich vor dem Neuen verschließen. 

Und dennoch muß man die Mentalität hinter dieser Art von Papst Franziskus zu handeln verstehen. Indem er sich selbst gegenüber Kritik verschließt, vermeidet er sogar auch, der begründeten Kritik zuzuhören. Außerdem scheint es bei Papst Franziskus eine Diskrepanz zwischen der Wahrnehmung mancher Themen und der Bedeutung der Probleme zu geben.

Es gibt in diesem Pontifikat von Papst Franziskus tatsächlich ein Thema mit dem Risiko zur gleichen Zeit auf paradoxe Art kontrovers ist: ein missionarischer Geist. Für Papst Franziskus muß alles missionarisch sein und die institutionellen Strukturen- beginnend mit denen in Rom- behindern nur die Mission der Kirche. 


In diesem Konzept finden wir viel vom antirömischen Gesfühl in den Kirchen der Peripherie, die sich von Rom schlecht verstanden fühlen. Papst Franziskus hat nicht versäumt, mehrmals zu sagen, daß "man das Zentrum am besten vom Rand aus sehen kann" und mit dem Finger auf die Eliten zu zeigen und eine Kirche fordert, die in Harmonie mit den Gläubigen lebt. 

Dieser Gedanken wird in der von Papst Franziskus gewollten Kurienreform erwogen, mit allen praktischen und philosophischen Konsequenzen. Die Mission wurde zum Zentrum der Mission der Römischen Kurie. Und das ist eine Kopernikanische Revolution- zumindest von einem philosophischen Gesichtspunkkt aus. 

Der Papst -als Institution ist nicht der erste Missionar, sondern der Garant der Einheit der Kirche. Die Kurie hilft dem Papst, die Einheit der Kirche zu bewahren. Der Aufgabe der Kurie ist nicht die Mission sondern sicherzustellen daß alle einzelnen Teile der Kirche einen Treffpunkt haben. einen Leitstern mit dem man Harmonie herstellen mußte. 

Die Kurie kann keine Missionsaufgabe haben, weil der Missionsgeist mit der Verkündigung Christi beginnt,  Die Kurie kann keinen missionarischen Auftrag nicht haben, weil der missionarische Geist von der Verkündigung Christi, aber auch von erfahrungsbedingten Situationen ausgeht. Vor der Lehre schauen wir uns die Menschen an. Aber es ist die einzige Lehre, die es der Kirche ermöglicht, missionarisch zu sein, ein Zentrum zu haben und das Evangelium von Jesus Christus in der Welt zu verbreiten. Die Lehre ist eine Garantie der Einheit, ebenso wie die Institutionen eine Garantie der Freiheit sind. Natürlich muss jede Situation nach Bedarf gehandhabt werden, aber immer daran denken, dass es einen einzigen Bezugspunkt gibt.

Wenn das Ziel der Kurie missionarisch wird, treten praktische Bedürfnisse in den Mittelpunkt. Aber wenn spezielle Bedürfnisse zum Leitstern werden, besteht das Risiko, daß es zur Zersplitterung kommt

Papst Franziskus beschreibt die Kirche als die "Heilige hierarchische Mutter". Aber wie kann diese Hierarchie wirksam werden, wenn es kein Zentrum gibt? Der Papst hat bereits bei seiner ersten Rede auf der Benediktions-Loggia am 13. März 2013 betont, daß die Kirche allen anderen Kirchen in Barmherzigkeit vorsteht. Aber wie kann sie in Barmherzigkeit vorstehen. wenn sie sich an die örtlichen Situationen anpassen muß?

Diese zugrunde liegende Philosophie führt Papst Franziskus dazu, der erste Missionar zu sein. Papst franziskus spricht nicht als Papst sondern als universaler Hirte der Welt. Deshalb bedenkt er nicht seine diplomatische, soziale, politische oder kulturelle Rolle- außer er findet in dieser Rolle einen Weg, daß zu verwirklichen, was er als eine Mission betrachtet. Sein Leitprinzip ist, in bestimmten Situationen Nähe zu zeigen, gegen jede andere Meinung oder Möglichkeit. Außerdem will der Papst keine Kritik hören. weil er sich in seiner Mission als universaler Hirte nicht verstanden fühlt. Aber gleichzeitig versteht er - Kritik vermeidend- nicht, wie dieses Vorgehen das Papsttum beeinflussen kann. 

Die Verwirrung könnte in den Peripherien beginnen, wenn das Zentrum missionarisch wird und deshalb andere Aufgaben erledigt als die, für die es verantwortlich war. China hat zum zweiten mal nach der zweiten Verlängerung eines Abkommens über die Ernennung von Bischöfen, den Hl. Stuhl brüskiert, indem es einen Bischof von Shanghai, Joseph Shen Bin, ohne zuvor die Zustimmung des Papstes einzuholen. Zuvor hat China einen Weihbischof in einer große >Diözese installiert, die nur durch die Aufteilung der von Peking und nicht vom Hl. Stuhl geplanten Diözese besteht.

Das Problem ist nicht die Vereinbarung- ähnliche Vereinbarungen wurden auch mit anderen Osteuropäischen Ländern während des Kalten Krieges getroffen, wie mit Ungarn- aber gerde die Tatsache.weil es kein Zentrum gibt und wir einen Papst haben, der religiöses und persönliches Engagement über alles stellt. weiß Peking, daß es eine kleine Öffnung gibt und man nur wenige Proteste auslösen wird  wenn überhaupt.

Der Synodale Weg in Deutschland wurde mit der Absicht begonnen, bindende Entscheidungen in lehramtlicher Hinsicht zu treffen. Er bewegt sich trotz des Widerspruchs aus dem Vatican und von Papst Franziskus weiter. Und er kann sich leisten, weiter zu gehen, weil er eben im Kern missionrisch ist, und das Risiko viel geringer wird. Außerdem haben - wenn das Zentrum missionarisch ist- die unterschiedlichen nationalen Gemeinschaften ein größeres Gewicht als die Universale Kirche. Das ist auch wichtig. 

Dann sind da die unterschiedlichen Interpretationen für Amoris Laetita , die Frucht des Gedanken einer "immer offenen Synode" sind, die am Ende keine Antworten gibt sondern Fragen stellt. Papst Franziskus will offene Prozesse und das tut er immer. Die Realität ist, daß diese dauernd offenen Prozesse uns den Blick auf den wahren Zweck der Kirche verlieren lassen. 

Papst Franziskus scheint nicht verstehen zu können, daß er nicht länger für sich als Person spricht, sondern im Namen der Kirche. Er ist kein Individuum, das in eine Regierungsstellung berufen wurde, sondern eine spirituelle Aufgabe hat, die wesntlich mehr ist, ale eine Mission und sicher über sein Bild von sich selbst hinausgeht.

Jedes Wort des Papstes ist dazu bestimmt, Gewicht zu haben und dieser letzte Kreuzweg wird es zweifellos haben. Dennoch  hat Papst Franziskus gezeigt, daß er die öffentliche Meinung fürchtet, indem er entscheidet, die Texte nicht vorher zu verteilen. Kritiken werden als persönlich empfunden, nicht an der Rolle des Papstes. Der Weg sie zu vermeiden, ist das zu verbergen, was getan wird, bis es beendet ist und es dann allen als fait accompli  zu präsentieren.

Und dennoch scheint diese missionarische Kirche und dieses Feldlazarett dieses Gefühl für die Einheit verloren zu haben. Sie wird zu einer Gruppe von nationalen Kirchengemeinschaften, mit all ihren Besonderheiten wird sic sich nicht mehr von der Orthodoxen Welt unterscheiden.  Wenn der Weg voran getragen wird- beginnend mit den Bischofskonferenzen, wird es ein Weg von einem pragmatischen Gesichtspunkt aus sein, der nicht der der Universalen Kirche sein kann. 

Das sind Überlegungen, in die es wert ist, sich zu vertiefen, wenn man bedenkt, daß jede Geste des Pontifikats  ein Zeichen ist und zu versuchen, zu verstehen, was nach Franziskus kommen wird. 

Quelle: A. Gagliarducci, Monday at the Vatican 


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