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Samstag, 22. Juli 2023

Gallikanismus, Investiturstreit und der Synodale Weg

La Nuova Bussola Quotidiana veröffentlicht einen Beitrag von Aurelio Porfiri über den "Gallikanismus", eine Zeit in der französischen Geschichte - und den Wunsch der weltlichen Machthaber die Bischöfe zu ernennen, den u.a. wir in Deutschland vom Investiturstreit kennen und den heute das chinesische Regime überdeutlich demonstriert. Hier geht´s zum Original: klicken

 "GEGEN DIE VERSUCHUNG DES GALLIKANISMUS"

Zu den Eckpfeilern des Gallikanismus gehörte die Idee, dass der Souverän die Ernennung von Bischöfen kontrollieren sollte. Eine irrige Vorstellung, die überall und seit Jahrhunderten verbreitet ist und die der selige Rosmini zu den »fünf Wunden« der Kirche zählte.

Heute scheinen wir von fernen Dingen zu sprechen, wenn der Gallikanismus beschworen wird. In der Tat ist das ein Trend, der weit in die Jahrhunderte zurückreicht, bereits in der karolingischen Zeit sehen wir autonomistische Tendenzen in der Kirche Frankreichs. Eine Verschärfung dieser Tendenzen ereignete sich natürlich während der Avignon-Zeit, als die Päpste selbst nicht mehr in Rom residierten und französischer Herkunft waren.

Dann, am7. Juli 1438, veröffentlichte Karl VII. die Prammatica Sanzione, in der er sich die Rechte an der Kirche Frankreichs anmaßte. Wenn es stimmt, daß diese Bestimmung unter Leo X. (1513-1521) abgeschafft wurde, so ist es auch wahr, daß die autonomen Tendenzen auf Seiten der Franzosen immer fortbestanden haben und daß der Druck auf ein gewisses Maß an weltlicher, aber auch geistlicher Unabhängigkeit sehr stark war.

Ein Instrument dieser autonomen Politik war der Konziliarismus, die Vorstellung, daß das Ökumenische Konzil eine höhere Autorität haben würde als der Papst. Am 6. April 1415 wurde dieser Gedanke auf dem Konzil von Konstanz in Abwesenheit des Papstes durch das Dekret Haec sancta feierlich verkündet. Letztlich eine Umkehrung der katholischen Lehre. Nach der konziliaristischen Idee könnte ein Konzil Dokumente genehmigen, die dem Willen des Papstes, des obersten Hüters der Tradition, widersprechen.

Im Laufe der Jahrhunderte haben sich dann auch andere Tendenzen ausgebreitet, die dem Gallikanismus ähnlich sind, wie z. B. der Josephinismus, mit dem Joseph II. von Habsburg eine starke Einmischung der weltlichen Macht in das Leben der Kirche vorwegnahm; und dann wieder der Febronianismus, in dem Bischof Febronio auf die Unabhängigkeit der Nationalkirchen hoffte.


In Frankreich vermischten sich autonome Tendenzen mit dem Jansenismus, einer weiteren Häresie, die von Pius VI. mit  der Bulle Auctorem fidei von 1794 feierlich verurteilt wurde und die in Italien die sogenannte Synode von Pistoia (1786) hervorgebracht hat. In diesem Dokument verurteilt Pius VI. folgende Aussage als häretisch: "Darüber hinaus wird der Satz, der festlegt, daß 'der Papst der oberste Minister ist´ so erklärt, daß der römische Papst nicht von Christus in der Person des seligen Petrus, sondern von der Kirche die Vollmacht des Amtes empfängt, das er in der Gesamtkirche als Nachfolger Petri, wahrer Stellvertreter Christi und Haupt der ganzen Kirche, inne hat". Obwohl der Gallikanismus in der napoleonischen Zeit auf dem Rückzug zu sein schien, war dies nicht der Fall, und selbst das Erste Vatikanische Konzil musste sich mit dieser Frage beschäftigen.

Eines der  Ergebnisse des Gallikanismus betrifft die Ernennung der Ex-Coves. Wenn die zivile Macht die Ernennung der Bischöfe kontrolliert, kontrolliert sie natürlich die Ortskirche, die de facto, wenn nicht sogar de jure unabhängig von Rom wird. Erinnern wir uns daran, dass die hierarchische Struktur der Kirche keine Laune der Geschichte ist, sondern von eben dem Herrn Jesus Christus gewollt wurde, der die Kirche Petrus anvertraut hat. Es ist kein Zufall, daß dieser Abschnitt der Heiligen Schrift zu den von den Protestanten am meisten bekämpften gehört. Das bedeutet nicht, dass die Päpste tun und lassen können, was sie wollen, denn sie sind immer noch an die göttliche Autorität gebunden, die sich in der Befolgung dessen zeigt, was in der Schrift und in der Tradition enthalten ist.

Antonio Rosmini veröffentlichte 1846 Delle cinque piaghe della Santa Chiesa. Die vierte Plage betrifft genau die Kontrolle der weltlichen Macht über die Ernennung von Bischöfen. Rosmini bekräftigte unter anderem: "Zu jener Zeit, als die Macht der Laien in ihrem ständigen Unterfangen wuchs, sich in die Wahlen einzumischen, und mit ihnen in die Freiheit der Kirche. Im neunten Jahrhundert (und im darauffolgenden Jahrhundert erreichte die Usurpazióne ihren Höhepunkt; Ein Schritt dieser fortschreitenden Invasion machte es notwendig, zu fordern, daß die Wahl erst nach der Bitte um und die Erteilung der Erlaubnis der Fürsten erfolgen sollte." Diese Worte Rosminis müssen sorgfältig gelesen werden, denn sie vermitteln uns, daß die Tendenz der zivilen Macht, sich in die Ernennung von Bischöfen einzumischen, ein Mittel ist, die hierarchische Verfassung der Kirche zu untergraben. Diese Tendenz hat auch Versionen, die wir als »weich« bezeichnen könnten, die der selige Rosmini bereits gut umrissen hat und für die sich der Papst praktisch »zum Wohl der Ortskirche« darauf beschränken würde, das zu billigen, was bereits von der zivilen Autorität beschlossen wurde, und praktisch eine indirekte Erlaubnis zu erteilen: So wird die kirchliche Freiheit praktisch aufgehoben.

Es ist wahrdaß die katholische Kirche, wenn sie mit bestimmten politischen Regimen konfrontiert wird, gezwungen ist, einige Kompromisse einzugehen. Aber in welchem Ausmaß? Schon gar nicht auf bei ihren Grundprinzipien. Wenn der Kompromiss die von Gott gewollte hierarchische Verfassung der Kirche untergraben würde, wäre das dann zum Wohl der Gläubigen geschehen? Dann wäre die vielleicht am besten geeignete Maßnahme für die Gläubigen die des "japanischen" Typs, d.h. die der japanischen Katholiken, die während der Verfolgungen, die im sechzehnten Jahrhundert begannen und in den folgenden Jahrhunderten andauerten, die Heimlichkeit wählten. Das war sicherlich nicht die beste Situation für die Kirche, aber bei der Unterdrückung durch die politische Macht und einer entstellten Kirche kommt der Moment, in dem man "Zuflucht im Wald suchen" (Ernst Jünger) und seinen geistlichen Kampf mit anderen Mitteln fortsetzen muss."

Quelle: A. Porfiri, LNBQ

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