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Freitag, 1. März 2024

"Demos II" : Das Profil des nächsten Papstes

La Nuova Bussola Quotidiana veröffentlicht den Text eines Kardinals- Demos II- darüber, was die  Kirche zukünftig braucht und welches Profil der nächste Papst haben sollte. Der Autor und Kardinäle, die an dem Text, der in 6 Sprachen veröffentlicht wird, mit ihm zusammen gearbeitet haben, wollten aus verständlichen Gründen anonym bleiben. Hier geht´s zum Original: klicken

"DAS PROFIL DES NÄCHSTEN PAPSTES: ANMERKUNGEN EINES KARDINALS"

Zwei Jahre nach dem von "Demos" (später als Kardinal Pell enthüllt) unterzeichneten Textes gibt es ein neues Dokument, das mit ihm verbunden ist, das die 7 Prioritäten des nächsten Konklaves definiert, um die Verwirrung und Krise zu heilen, die dieses Pontifikat geschaffen hat.  

Ein Profil des nächsten Papstes: "Demos II, im Herzen der Katholischen Religion"  
von Stefano Fontana

La Nuova Bussola Quotidiana veröffentlicht ein exklusives Dokument in sechs Sprachen, das unter den Kardinälen im Hinblick auf das bevorstehende Konklave und unter den Gläubigen als Denkanstoß über die Prioritäten der Kirche verbreitet werden soll. Der Text wurde hauptsächlich von einem Kardinal verfasst, nachdem er die Vorschläge anderer Kardinäle und Bischöfe zusammengetragen hatte. Aus den im Schreiben erläuterten Gründen haben sie beschlossen, anonym zu bleiben.

                                    DER VATIKAN VON MORGEN

Im März 2022 erschien unter dem Titel "Der Vatikan heute" ein anonymer Text unterzeichnet mit "Demos", der eine ganze Reihe gewichtiger Fragen und Kritikpunkte zum Pontifikat von Papst Franziskus aufwarf. Die Zustände in der katholischen Kirche haben sich seit Erscheinen dieses Textes nicht wesentlich verändert, geschweige denn verbessert. Die hier vorgetragenen Gedanken bauen daher auf diesen ursprünglichen Überlegungen auf und beleuchten die Anforderungen an den Vatikan von morgen.

Die abschließenden Jahre eines Pontifikats, jedes Pontifikats, sind immer ein Anlass, den Zustand der Kirche in der Gegenwart und die Bedürfnisse der Kirche und ihrer Gläubigen in der Zukunft zu bewerten. Es ist offensichtlich, dass die Stärke des Pontifikats von Papst Franziskus in seiner verstärkten Betonung des Mitgefühls gegenüber den Schwächsten in der Gesellschaft liegt, in dem Einsatz für die Armen und Ausgegrenzten, in der Sorge um die Bewahrung der Schöpfung und den daraus resultierenden Umweltfragen, aber auch in den Bemühungen, die Leidenden und Ausgegrenzten in ihrer Not zu begleiten.



Die Schwächen dieses Pontifikates sind ebenso offensichtlich:
 Ein autokratischer, zuweilen scheinbar nachtragend wirkender Regierungsstil; eine Nachlässigkeit in Fragen des Rechtes; eine Intoleranz selbst gegenüber respektvoll geäußerten Differenzen, und - was am schwersten wiegt - ein Muster der Mehrdeutigkeit in Fragen des Glaubens und der Moral, was zu Verwirrung unter den Gläubigen führt. Verwirrung wiederum befördert Spaltung und Konflikte. Sie untergräbt das Vertrauen in das Wort Gottes. Sie schwächt das Zeugnis des Evangeliums. Das Ergebnis ist eine Kirche, die heute stärker gespalten ist, als sie es in ihrer jüngsten Geschichte jemals war.

Die Aufgabe des kommenden Pontifikats wird darin bestehen müssen, jene Wahrheiten zurückzugewinnen und wiederherzustellen, die unter vielen Christen langsam verdunkelt wurden oder verloren gegangen sind. Das umfasst die folgenden Grundlagen, ist aber nicht auf diese beschränkt: (a) Niemand wird gerettet, außer durch Jesus Christus selbst und allein durch ihn, wie er es selbst deutlich machte; (b) Gott ist barmherzig, aber auch gerecht und nimmt sich jedes einzelnen Menschenlebens an. Er vergibt, aber er zieht uns auch zur Rechenschaft. Er ist Erlöser und Richter zugleich; (c) Der Mensch ist Gottes Geschöpf und keine Selbsterfindung des Menschen. Er ist nicht nur ein Geschöpf der Gefühle und Begierden, sondern auch des Verstandes, des freien Willens und mit einer Bestimmung zur Ewigkeit versehen; (d) Es existieren unveränderliche objektive Wahrheiten über die Welt und die menschliche Natur und diese können durch göttliche Offenbarung und die Anwendung der Vernunft erkannt werden; (e) Gottes Wort, niedergelegt in der Heiligen Schrift, ist zuverlässig und hat dauerhafte Gültigkeit; (f) Die Sünde ist real und ihre Konsequenzen sind tödlich; und (g) Seine Kirche hat sowohl die Autorität als auch die Pflicht, „alle Völker zu Jüngern zu machen“. Das Versäumnis, diesen Auftrag der missionarischen, erlösenden Liebe freudig anzunehmen, hat Konsequenzen. Wie Paulus im 1. Korintherbrief (9,16) schrieb: „Wehe mir, wenn ich das Evangelium nicht verkünde.“

Aus den obigen Betrachtungen und Auflistungen ergeben sich einige praktische Schlussfolgerungen:

Erstens: Echte Autorität wird durch eine autoritäre Ausübung von Autorität beschädigt. Der Papst ist ein Nachfolger Petri und der Garant der Einheit der Kirche. Er ist jedoch kein Alleinherrscher. Er kann die Lehre der Kirche nicht verändern, und er darf die Ordnung der Kirche nicht beliebig neu erfinden oder verändern. Er leitet die Kirche in Kollegialität mit seinen bischöflichen Brüdern in den örtlichen Diözesen und das immer in treuer Kontinuität mit dem Wort Gottes und der Lehre der Kirche. „Neue Paradigmen“ und „unerforschte neue Wege“, die davon abweichen, sind nicht von Gott. Ein neuer Papst muss die Hermeneutik der Kontinuität des katholischen Lebens wiederherstellen und das Verständnis des Zweiten Vatikanischen Konzils hinsichtlich der Rolle des Papsttums erneut bekräftigen.

Zweitens: Ebenso wenig wie die Kirche eine Autokratie ist, ist sie auch keine Demokratie
. Die Kirche gehört Jesus Christus. Es ist Seine Kirche. Sie ist der mystische Leib Christi bestehend aus zahlreichen Gliedern. Wir haben nicht die Autorität, ihre Lehren so umzugestalten, dass sie angenehmer in diese Welt passen. Darüber hinaus ist der katholische Sensus Fidelium keine Sache von Meinungsumfragen und auch nicht die Ansicht einer getauften Mehrheit. Er kommt nur von jenen, die wirklich glauben und aktiv den Glauben und die Lehren der Kirche praktizieren oder zumindest aufrichtig danach streben.

Drittens: Mehrdeutigkeit entspricht weder dem Evangelium noch ist sie einladend.

Sie nährt vielmehr Zweifel und schismatische Impulse. Die Kirche ist nicht nur eine Gemeinschaft des Wortes und der Sakramente, sondern auch des klaren Bekenntnisses. Das, woran wir glauben, hilft, uns zu bestimmen und zu erhalten. Lehrfragen sind somit keine Bürden, die von gefühllosen "Gesetzeshütern" auferlegt werden. Sie sind auch keine vergeistigten Nebenschauplätze des christlichen Lebens - ganz im Gegenteil. Sie sind von grundlegender Bedeutung für ein authentisches, christliches Leben, weil sie sich mit der Anwendung der Wahrheit befassen, und diese verlangt Klarheit, nicht ambivalente Schattierungen. Das derzeitige Pontifikat hat sich von Beginn an der Kraft des Evangeliums und der intellektuellen Klarheit seiner unmittelbaren Vorgänger widersetzt. Die Demontage und Neuausrichtung des Päpstlichen Instituts Johannes Paul II. für Studien zu Ehe und Familie in Rom und die Marginalisierung von Texten wie Veritatis Splendor deuten darauf hin, dass "Barmherzigkeit" und Gefühle auf Kosten von Vernunft, Gerechtigkeit und Wahrheit in den Vordergrund gerückt werden. Für eine Glaubensgemeinschaft ist dies sowohl ungesund als auch zutiefst gefährlich.

Viertens: Die katholische Kirche ist nicht nur eine Gemeinschaft des Wortes, der Sakramente und des Glaubens, sondern auch des Gesetzes. Das Kirchenrecht ordnet das Leben der Kirche, bringt ihre Institutionen und Abläufe in Einklang und garantiert die Rechte der Gläubigen. Zu den Merkmalen des gegenwärtigen Pontifikats gehört, dass es sich zu sehr auf das Motu Proprio als Instrument der Kirchenleitung verlässt und eine generelle Nachlässigkeit und Abneigung gegenüber kanonischen Details zeigt. Ebenso, wie die Mehrdeutigkeit der Lehre, unterminiert die Missachtung des kanonischen Rechts und des ordnungsgemäßen kanonischen Verfahrens das Vertrauen in die Klarheit der kirchlichen Mission.

Fünftens: Die Kirche ist, wie Johannes XXIII. sie so schön beschrieben hat, mater et magistra, "Mutter und Lehrmeisterin“ der Menschheit, nicht ihre gehorsame Anhängerin; sie ist Beschützer des Menschen als Subjekt der Geschichte, nicht dessen Objekt. Sie ist die Braut Christi; ihre Natur ist personal, übernatürlich und vertraut, nicht rein institutionell. Sie lässt sich niemals auf ein System der flexiblen Ethik oder der soziologischen Analyse reduzieren und so umgestalten, dass sie den Instinkten und Begierden (und sexuellen Verwirrungen) eines bestimmten Zeitalters entspricht. Einer der wesentlichen Mängel des gegenwärtigen Pontifikats ist die Abkehr von einer überzeugenden „Theologie des Leibes“ und das Fehlen einer überzeugenden christlichen Anthropologie - und das explizit zu einer Zeit, in der die Angriffe auf die menschliche Natur und Identität, angefangen vom Transgenderismus bis hin zum Transhumanismus, zunehmen.

Sechstens: Das weltumspannende Reisen entsprach einem Hirten wie Papst Johannes Paul II. deshalb so gut, weil er über einzigartige persönliche Gaben verfügte und es der damaligen Zeit entsprach. Zeiten und Umstände haben sich jedoch geändert. Die Kirche befindet sich in Italien und ganz Europa - der historischen Heimstätte des Glaubens - in einer Krise. Der Vatikan selbst benötigt dringend eine Erneuerung seiner Moral, eine Reinigung seiner Institutionen, Verfahrensweisen und seines Personals sowie eine gründliche Reform seiner Finanzen, um sich auf eine herausfordernde Zukunft vorzubereiten. All das sind keine Kleinigkeiten. Sie erfordern die Anwesenheit, die unmittelbare Aufmerksamkeit und den persönlichen Einsatz eines jeden neuen Papstes.

Siebtens und letztens: Das Kardinalskollegium hat die Aufgabe, den Papst zu beraten und nach seinem 
Tod seinen Nachfolger zu wählen. Dieser Dienst erfordert Männer mit reinem Charakter, einer fundierten theologischen Ausbildung, ausgereifter Führungserfahrung und persönlicher Heiligkeit. Er erfordert auch einen Papst, der bereit ist, Rat einzuholen und dann auch zuzuhören. Es ist unklar, inwieweit dies auf das Pontifikat von Papst Franziskus zutrifft. Das derzeitige Pontifikat legte den Schwerpunkt auf die Diversifizierung des Kollegiums, versäumte es aber, die Kardinäle in regelmäßigen Konsistorien zusammenzubringen, um echte Kollegialität und Vertrauen unter den Brüdern zu entwickeln. Infolgedessen werden sich im kommenden Konklave viele der Stimmberechtigten untereinander nicht wirklich kennen und könnten daher für Manipulationen anfälliger sein. Wenn dieses Gremium in Zukunft seinen Zweck erfüllen soll, brauchen die Kardinäle, die ihm angehören, mehr als ein rotes Zucchetto und einen Ring. Das heutige Kardinalskollegium sollte sich eigeninitiativ darum bemühen, sich gegenseitig kennenzulernen, um seine jeweils besondere Sichtweise auf die Kirche, die Situationen der einzelnen Ortskirchen und ihre Persönlichkeiten besser zu verstehen - was ihre Überlegungen hinsichtlich des nächsten Papstes prägen wird.

Der Leser wird sich zu Recht fragen, warum dieser Text anonym verfasst ist. Die Antwort sollte aus dem derzeitigen Tenor des römischen Umfeldes ersichtlich sein: Offenheit ist nicht erwünscht, und ihre Folgen können unerfreulich sein. Und doch ließen sich diese Gedanken noch viele weitere Absätze fortsetzen, wobei insbesondere die starke Abhängigkeit des gegenwärtigen Pontifikats von der Ordensgemeinschaft der Jesuiten, die jüngste problematische Veröffentlichung des Leiters der Glaubenskongregation, Kardinal Victor Manuel Fernández, und das Entstehen einer kleinen Oligarchie von Vertrauten mit übermäßigem Einfluss innerhalb des Vatikans zu erwähnen wären - und das alles trotz des eigenen Anspruchs einer dezentralisierten Synodalität.

Gerade deshalb können die hier angeführten Überlegungen in den kommenden Monaten durchaus hilfreich sein. Es ist zu hoffen, daß dieser Beitrag dazu dient, die dringend benötigten Gespräche darüber zu beginnen, wie der Vatikan im kommenden Pontifikat beschaffen sein sollte.

Demos II

Quelle: La Nuova Bussola Quotidiana, S. Fontana, Demos II

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