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Donnerstag, 30. Mai 2024

Zur Lehre Benedikts XVI über Schöpfung und Umwelt

Der emeritierte Erzbischof von Triest, Msgr. Giampolo Crepaldi hat bei einer Konferenz zu Caritas in veritate" in Budapest einen Vortrag über die Soziallehre und den Umweltgedanken bei Joseph Ratzinger gehalten. La Nuova Bussola Quotidiana veröffentlicht Ausschnitte. 
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DIE UMWELTFRAGE

"RATZINGER: OHNE DIE SCHÖPFUNG WIRD ÖKOLOGIE  ZU IDEOLOGIE" 

Im Rahmen der Bemühung zur Demythologisierung endet die zeitgenössische Theologie damit, eine schöpferische Vernunft beiseite zu legen. Und indem wir den Schöpfer vergessen, lesen wir die Schöpfung im Licht des Umweltschutzes. Bei der Konferenz zu Caritas in Veritate (Budapest 22. Mai 2024) hat Msgr. Crepaldi an die Vorlesung von Benedikt XVI erinnert

Der vollständige Text: Die Umweltfrage bei Benedikt XVI von Msgr. Crepaldi  

Wir veröffentlichen einen Ausschnitt der Lectio, die Erzbischof Giampolo Crepaldi am 22. Mai in Budapest bei der Internationalen Konferenz zu Caritas in Veritate gehalten hat: "Die Soziallehre und der Umweltgedanke bei Papst Benedikt XVI."Die Konferenz wurde von der Ludovica Universität, der Pazmany Universität und dem Ministerium für Technologie und Industrie organisiert. An der Eröffnungsveranstaltung nahm auch Kardinal Peter Erdö, Primas von Ungarn, teil. Der Originaltitel der Vorlesung war "Die Ökologischen Lehren Papst Benedikts". 

"Die Natur steht zu unserer Verfügung, nicht als "ein Haufen beliebig verstreuten Unrats" [Heraklit]  sondern als eine Gabe des Schöpfers, der ihre innere Anordnung geplant hat, so daß der Mensch ihr die nötigen Richtlinien für ihre Bewahrung und Pflege entnehmen konnte.(Gen 2:1)"  Caritas in Veritate 48 Hier stehen wir aber vor dem wichtigen Problem, daß das Thema der Schöpfung in der zeitgenössischen Theologie verlassen wurde. Joseph Ratzinger hat sich in mehreren Schriften mit dem Problem befasst.

Man kann sagen, daß er als Pontifex die Schöpfungsfrage zu einem seiner Hauptthemen gemacht hat, mit vielen Auswirkungen auf viele Gebiete, angefangen mit der Beziehung zwischen Glauben und Vernunft bis zur Grundlage des natürlichen Moralgesetzes und -präzise- der Umweltfrage. Ein Satz, der auf dem Islinger Feld bei München bei seiner ersten Deutschlandreise gesprochen wurde, der zu Recht berühmt geblieben ist, faßt die große Wichtigkeit zusammen, die er dem Thema Schöpfung zumaß: "Am Ende bleibt die Alternative- was existiert am Anfang : Schöpferische Vernunft, der schöpferische Geist der alles wirkt und zur Entwicklung führt oder Irrationalität, die ohne jede Vernunft auf seltsame Weise einen mathematisch geordneten Kosmos und auch den Menschen, seine Vernunft produzert. Das jedoch wäre nur ein zufälliges Resultat von Evolution und deshalb am Ende auch etwas Unvernünftiges". Ich erinnere mich, daß Sätze dieses Inhalts von Benedikt XVI häufig und bei anderen Gelegenheiten verwendet wurde und er darum bat, daß bei einem der Treffen seines Schülerkreises das Thema genau diese Schöpfung sein sollte.

Aber warum ist die Theologie dazu gekommen, das offenbarte Thema Schöpfung zu vernachlässigen oder sogar zu verlassen?  Wenn man diese Frage beantwortet, versteht man sowohl die vielen Zugeständnisse der Katholiken an den ideologischen heutigen Ökologismus als auch Benedikts vorgeschlagene Reaktion auf diese Zugeständnisse. Die zeitgenössische Theologie hat den metaphysischen Rahmen verlassen und ihn durch eine historische, experimentelle und hermeneutische ersetzt. Das führte zu der Überzeugung, daß bestimmte Elemente der Katholischen Lehre für den modernen Menschen nicht länger verständlich seien. Was aber - gemäß dieses Zugangs- das Kerygma lebendig und für den heutigen Menschen wichtig erhält, ist das Vorverständnis - auf Basis der heutigen historischen und kulturellen Situation sollten Elemente, die ihm unverständlich sind, neu formuliert oder entfernt werden. Rudolf Bultmanns Vorschlag zur Entmythologisierung basiert ebenfalls auf diesem Prinzip und er schlug u.a. vor, die Schöpfung zu überarbeiten, um sie von ihren mythologischen Elementen zu reinigen. Angesichts der Tatsache, daß das metaphysische Konzept der Schöpfung nicht länger mit der Mentalität des postmodernen Menschen harmoniert, muss es neu formuliert werden. 


In dieser Hinsicht beschränke ich mich darauf, an den Standpunkt von Karl Rahner zu erinnern, als den höchsten Repräsentanten der zeitgenössischen theologischen Überarbeitung des Schöpfungsgedankens zu erinnern. In seinem berühmtesten Werk schreibt er, daß "die Geschöpflichkeit die Beziehung des Menschen zu seinem transzendenten Fundament ist“, sie bezeichnet nicht einen einzigen Fall kausaler Beziehung zwischen zwei Realitäten, Geschöpflichkeit wird in unserer transzendentalen Erfahrung erfahren. Die Schöpfung ist kein früherer chronologischer Punkt. Sie bezeichnet einen "permanenten Prozess, der immer aktuell bleibt, der in jedem existierenden Ding jetzt genauso stattfindet, wie er es in einem früheren Moment seiner Existenz getan hat“. Geschöpflichkeit ist die radikale Unterscheidung und radikale Abhängigkeit von Gott. Der Ausdruck "aus dem Nichts“ weist auf diese radikale Abhängigkeit von Gott hin. Auf diese Weise ersetzt die Geschöpflichkeit die Schöpfung; erstere ist in der Tat ein existentielles Vorverständnis, in dem der Mensch sein Bedürfnis a priori manifestiert, oder vielmehr transzendental im modernen und nicht-klassischen Sinn des Wortes ist, und letztere ein Ereignis metaphysischer Natur.

Ich möchte darauf aufmerksam machen, daß dieser neue Ansatz der zeitgenössischen katholischen Theologie von der protestantischen Theologie beeinflusst wurde. In protestantischen Kreisen entwickelten sich die beiden gegensätzlichen Visionen der "liberalen Theologie“ mit Harnacks historisch-kritischer Methode und Barths "dialektischer Theologie“. Beide trennen Glauben und Vernunft und verhindern die Aufrechterhaltung der traditionellen Sicht der Schöpfung, entweder indem sie die biblische Exegese des Buches Genesis revidieren, indem sie den Text einer streng rationalistischen Prüfung unterziehen, oder indem sie die Kompetenz in dieser Angelegenheit allein dem Glauben zuschreiben. In beiden Fällen wird die Schöpfung als Mythos betrachtet, der geleugnet und neu überdacht werden muss. Damit wird die Begegnung zwischen Glauben und Vernunft in Bezug auf die Schöpfung aufgegeben."

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