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Montag, 23. September 2024

Müssen wir für die kommende Synode noch neue Sünden erfinden?

In seiner heutigen Kolumne für Monday at the Vatican kommentiert A. Gagliarducci den Stellenwert, der bei der kommenden Ssynode der Sünde zugesprochen werden wird und das für die Eröffnung der Synode geplante Buß-Ritual für die "Sünde der Doktrin". .
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"PAPST FRANZISKUS: - NARRATIV-WECHSEL BEI DER SYNODE?"

Im Jargon der Vereinten nationen sprechen wir von Menschenrechten der dritten (oder vierten) Generation, nicht angeboren sondern  nach allgemeinem Einverständnis geschaffen als Werkzeug zur Durchsaetzung einer Weltsicht.  Der Hl. Stuhl bemerkt bei jeder internationalen Zusammenkunft daß diesen Rechten und ihrer Terminologie nicht weltweit zugestimmt wird. 

Im Fall des Buß-Ritruals, das für die Eröffnung der Synode geplant ist, sollten wir vielleicht auf Sünden der 2. Generation sprechen. 

Das Buß-Ritual umfaßt eine Bitte  um Vergebung für die "Sünde der Doktrin, die als Stein gegen die Synodalität geworfen wird - und sogar die Sünde gegen die Synodalität, die als der Mangel an Zuhören, Kommunion und Teilnahme aller" charakterisiert wird. 

Wie sollten diese Sünden definiert werden? Uns sind diese Sünden typisch für eine bestimmte Menschheit? Und -vor allem- warum sollten diese Sünden eingeführt werden?

Für die Katholische Kirche sind  neue große Riten zu Buße und Versöhnung nicht neu. Der Tag desvergebens am 12. März 2000 stelt einen wichtigen Präzedenzfall dar. Johannes Paul II wollte wirklich ein ungeheures Buß-Ritual, mit dem die Kirche um Vergebung für die Sünden der Vergangenheit bitten würde. Sogar in dem Fall wurde die Entscheidung breit diskutiert und kritisiert.  Schließlich  sündigt die Kirche nicht. Es sind die Menschen die das tun. Und die Sünde entsteht oft in einem bestimmten Kontext. Papst Franziskushat wiederholt davor gewarnt, auf die Sünden nicht durch diue heutige Brille zu schauen.  Dem Tag der Versöhnung wurde ein robustes theologisches Gerüst gegeben, um die Diskussion zu überwinden. Es wurde ein Dokument formuliert "Erinnerung und Versöhnung: die Kirche und die Sünden der Vergangenheit"  und es gab eine Presse-Konferenz, bei der Kardinal Etchegaray betonte, daß wir vor einem "Diptychon stehen: einer theologischen Studie und einer liturgischen Feier". 

"Unsere Solidarität mit der Kirche von gestern läßt  uns so unsere verantwortung für die Kirche von morgen besser erkennen" betonte Kardinal Etchegaray und erklärte die Bitte um Vergebeung. Und Erzbischof Piero Marini , der damalige Zeremonienmeister der Päpstlichen Feiuern, bestätigte, daß das Beichten unserer Sünden und die jener, die uns voran gegangen sind ein angemessener Akt der Kirche ist, die immer fähig war, die Untreue ihrer Kinder zu erkennen und uns die Wahrheit über die begangenen Sünden zu sagen. " Dennoch betonte er, daß diese "Beichte kein Urteil über jene bedeutet, die uns vorangegangen sind" weil "das Urteil Gott zusteht". 

Sieben Arten von Sünden wurden gebeichtet- alle verbunden mit päpstlichen Dokumenten und Reden.

• Allgemeine Sünden
• Sünden, die im Dienst an der Wahrheitr begangen wurden (Intoleranz und Gewalt gegen Dissidenten , Religions-Kriege, Gewalt und Mißbraucg während der Kreuzzüge, Zwangsmethoden bei der Inquisition
* Sünden die die Einheit des Leibes Christi scvhädigen
* Sünden, die im Zusammenhang mit dem Volk des Erstzen Bundes, Israel, begangen wurden.
* Sünden gegen Liebe, Frieden,. Völkerrecht, Respekt vor Kulturen und andere Religionenim Zusammenhang mit der evangelisierung
* Sünden gegen die Menschenwürde und die Einheit der menschlichen Rasse
* Sünden auf dem Gebiet der fundamentalen Menschenrechte und gegen soziale Gerechtigkeit (die Letzte, Armen, die Ungeborenen, wirtschsaftlich und soziale Ungerechtigkeit , Marginalisation)

 

Diese Liste ist offzielle und die benutzte Sprache unterstreicht den Wunsch die Vergangenheit auszulöschen und die Kirche nicht zu beschuldigen. Die Sündern werden anerkannt, der Kontext identifiziert (wie z.B, die Bemühungen um die Evangelisierung, die früher anders organisiert wurde) und durch die Sprache wird betont, daß diese Sünden nicht systemisch sind. Sie sind Episoden. Sünden oder genau gesagt Irrtümer.

Vor allem wird um Vergebung für die Sünden der Vergangenheit gebeten. Es ist ein Akt der Reinigung der Erinnerung. Es besteht keine Vermutung, alle zur Buße zu verpflichten, damit sie Sünden auch dort erkennen, wo sie sie nicht sehen können.

Der Bußritus der Synode umfasst das Anhören von drei Zeugnissen von Menschen, die unter der Sünde des Missbrauchs, des Krieges und der Gleichgültigkeit angesichts des Dramas gelitten haben, das im wachsenden Phänomen aller Migrationen vorhanden ist. Das sind Sünden von heute, und die Gefahr besteht darin, daß es sich um eine emotionale und persönliche Erzählung handelt, die jedoch den Eindruck eines systemischen Problems erweckt, das oft nicht existiert. Denn schließlich begehen die meisten Priester keinen Missbrauch und haben nie Missbrauch begangen, es gibt kaum jemanden, der den Krieg befürwortet, und es ist eine allgemeine Gleichgültigkeit gegenüber Migrationen zu beweisen, wenn man die große Aufnahmearbeit bedenkt, die Christen auf der ganzen Welt leisten

Es wird die Sünde gegen den Frieden bekannt; die Sünde gegen die Schöpfung, gegen die indigene Bevölkerung, gegen die Migranten; die Sünde des Missbrauchs; die Sünde gegen die Frauen, die Familie und die Jugend; die Sünde der Lehre, die als Steine ​​verwendet wird, die man auf die Sünde gegen die Armut; die Sünde gegen die Synodalität/den Mangel an Zuhören, Gemeinschaft und Teilnahme aller.wirft.

Auch hier ist die Sprache die der offiziellen Kommunikation, und man kann eine Verschiebung der Sprache hin zu mehr soziologischen Begriffen feststellen. Es ist keine Vergebung, die Verständnis erfordert; es geht um konkrete Fakten und konkrete Dinge. Es ist wie ein großes öffentliches Bekenntnis und die Schaffung eines Schuldgefühls, das keinen Grund hat zu existieren.

Am Ende wird der Papst im Namen aller Gläubigen die Bitte um Vergebung an Gott und an die Schwestern und Brüder der gesamten Menschheit richten. In der Praxis sind alle Gläubigen aufgerufen, um Vergebung zu bitten, weil die Sünde nicht mehr als individuelles, sondern als kollektives Problem behandelt wird.

Diese Sprache und diese Wahl des Bußritus sind mit vielen Problemen behaftet

Die Idee der „als Steine ​​zum Werfen verwendeten Lehre“ müsste entschlüsselt werden. Es ist ein Thema, das in einigen jüngsten Erklärungen des Dikasteriums für die Glaubenslehre immer wieder auftaucht, wenn es vom Schuldgefühl der Gläubigen gegenüber Pfarrern spricht, die sie mit der Lehre in Verlegenheit bringen (siehe den Brief über die alleinerziehenden Mütter, die „aus Angst vor dem Rigorismus des Klerus und der Gemeindeführer auf die Kommunion verzichten“). Und tatsächlich gibt es Fälle dieser Art.

Es handelt sich jedoch um begrenzte Fälle, um besondere Situationen, die nicht verallgemeinert werden können. Letztlich ist die Lehre als Hilfe, als Kompass und als Hilfe für Christen da, um den Willen Gottes zu verstehen. Es ist jedoch auch wahr, dass persönliche und herabwürdigende Urteile auf der Grundlage der Lehre nicht gefördert werden. Tatsächlich besteht die Aufforderung immer darin, auf die Gläubigen zu hören.

Die Sünde gegen die Synodalität muss wirklich entschlüsselt werden.


Abgesehen von der Tatsache, daß „Synodalität“ ein Begriff ist, dessen ganze Bedeutung nie geklärt wurde, worin besteht diese Sünde? Bedeutet es, daß ein Bischof die synodale Methode nicht anwendet, wenn ein Priester Entscheidungen trifft, ohne auf die Gläubigen zu hören, oder wenn ein Gemeindepfarrer als Gemeindepfarrer handelt, weil er weiß, wie sehr diese Sünde ihn beflecken wird?

Das sind alles Fragen, die uns zum Nachdenken anregen und zu unterschiedlichen Interpretationen führen.

Der erste Teil der Synode, der sich mit Kommunion, Mission und Partizipation beschäftigte, hat gezeigt, daß die meisten Bischöfe an die Lehre und ihren Glauben gebunden sind. Sie verteidigen vor allem die Kirche. Es ist zwar die Rede vom Missbrauchsdrama. Es wird jedoch nicht gesagt, daß das Missbrauchsdrama als systemisch betrachtet werden sollte, und dies wird klargestellt. Im Abschlussdokument der Synode wird auch der Begriff „LGBT“ gestrichen, der im ersten Entwurf enthalten war. Die Vision ist die traditionelle, ebenso wie die Rolle der Frauen in der Kirche und verschiedene pastorale Fragen.

Papst Franziskus hat zehn Studiengruppen zu den umstrittensten Themen eingerichtet.
Diese Gruppen werden auch nach der Synode weiterarbeiten und ihre Themen werden nicht Teil der Debatte auf der Synode sein.

Dennoch betrachteten einige Synodenmitglieder das Treffen als politische Plattform. Nach der Arbeit im vergangenen Oktober hieß es, daß einige Antworten gegeben werden müssten, weil das Volk Gottes sonst enttäuscht wäre.

Letztlich umgeht dieser Bußritus das Problem. Man bittet um Vergebung für den Missbrauch, indem man die Sichtweise derjenigen in der Kirche überwindet, die zeigen, daß das Problem des Missbrauchs nicht als systemisch betrachtet werden kann und daß die Wahrnehmung dieses Systems stattdessen aus der Bildung einer „sozialen Panik“ gegenüber der Kirche selbst resultiert.

Die Lehre wird in negativen Begriffen definiert, wie dies bereits in dem Brief der Fall war, mit dem Papst Franziskus die Ernennung von Kardinal Fernandez zum Präfekten des Dikasteriums der Glaubenslehre begleitete. Auf diese Weise wird die Idee derjenigen umgeworfen, die die Bedeutung einer klaren Lehre gezeigt und betont haben, und dabei haben sie auch einige Programme der sogenannten „Innovation“ blockiert. Papst Franziskus würde sie „die Rückfälligen“ nennen, aber – auch in politischer Sprache – haben sie oft von „Widerstand“ gesprochen.

Vor allem zwingt uns dieser Ritus, über Synodalität gemäß einer von der Synode selbst definierten Modalität nachzudenken, und versucht damit tatsächlich, eine Debatte darüber abzuschließen, was wahre Synodalität ist und auch darüber, wie Synodalität in den Ostkirchen interpretiert wird, wo sie nur die Bischöfe betrifft.

Hier kommen wir zum zweiten Motiv: Es definiert ein Narrativ.

Es ist bekannt, daß die Kirche keine wesentliche Mehrheit mehr darstellt und daß die Randgebiete der Welt unter dem marginalisierten Katholizismus leiden, ist eine logische Konsequenz. Bis jetzt haben wir jedoch versucht, dem Narrativ einer bösen Kirche nicht nachzugeben, weil sie an der Macht ist.

Benedikt XVI. lobte die „Entweltlichung“ (ital. demondanizzazione, ein Neologismus und ein Fachbegriff, der sich im Englischen kaum wiedergeben lässt), weil sie es einer reineren Kirche ermöglichte, sich von ihren Strukturen zu lösen. Das heutige Ergebnis ist jedoch eine Struktur, die sich selbst als rein definiert und die in Wirklichkeit zustimmt, mit der Vergangenheit zu brechen, ohne sie auch nur in Betracht zu ziehen. Sie tut dies, weil sie beschlossen hat, das ihr von außen aufgezwungene Narrativ zu akzeptieren.

Es ist keine Bitte um Vergebung, um die Erinnerung zu reinigen. Es ist eine Bitte um Vergebung, die das Risiko birgt, eine Erinnerung zu rekonstruieren. Die Rückkehr zur Wahrheit der Tatsachen wird sehr schwierig sein, wenn all dies geschieht.

Der dritte Grund ist schließlich, daß die Bitte um Vergebung, die eher soziologischer als theologischer Natur ist, auch eine Kirche zeigt, die im Grunde den Begriff des Sakraments verloren hat. Die Rolle des Priesters wird zu der eines sozialen Akteurs, der dazu berufen ist, die Fehler der Vergangenheit zu beheben, vielleicht mit der Vergangenheit Schluss zu machen. Die Beichte wird kollektiv, weil sich jeder seiner eigenen Sünden und einiger besonderer Sünden bewusst werden muss.

Am Ende gibt es einen Papst, der um Vergebung bittet, und eine Kirche um ihn herum, die bereit ist, um Vergebung zu bitten, auch wenn es nichts zu entschuldigen gibt. Wird dies eine große prophetische Tat sein und wird es der letzte Schrei einer Kirche sein, die der Welt gegenüber anfällig ist?

Tatsächlich erscheint die Synode wie eine große Operation des Abschneidens von der Vergangenheit, bei der wir uns auf Details konzentrieren und den Blick für das „große Ganze“ verlieren. Um es im UN-Jargon auszudrücken: es schafft Raum für neue Sünden, Sünden 2.0, Sünden der dritten und vierten Generation."

Quelle: A. Gaglaiucci, Monday-at-the-Vatican

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