Das fragt A. Gagliarducci heute in einem Sonderbeitrag für Monday at the Vatican und fügt ihr eine sehr kritische Beurteilung des Pontifikates hinzu. Hier geht´s zum Original: klicken
"PAPST FRANZISKUS - DIE FINALE PHASE? "
Papst Franziskus arbeitet mit Schlagworten. Seine bevorzugte Methode ist es, sie in einem Interview oder einEm Frage-Antwort-Dialog fallen zu lassen.
Seine Methode hat ihre Fans und Unterstützer. Während der Präsentation des Buches der gesammelten Dialogen des Papstes mit den Jesuiten in aller Welt, hat Antonio Spadaro SJ die Weigerung des Papstes gepriesen, vorbereitete Reden zu halten, sondern sofort damit zu beginnen, dem Gesprächspartner Fragen zu stellen.
Kardinal Jean Claude Hollerich SJ - ein C9-Mitglied und religiöser Mitbruder und seit mehreren Jahren der Mann des Papstes in Europa - sagte, es ist schön, einen Papst mit so viel Vertrauen zu haben.
Es gibt vielleicht eine andere Perspektive, die bedacht werden sollte.
Fragen zu stellen, ist eine faule Art, sich selbst dem anderen voran zu stellen. Papst Franziskus muß Themen studieren und vorbereiten und eine breite Kommunikation mit den Menschen vor ihm herzustellen. Er reagiert auf Fragen; oft wiederholt er Reraktionen auf bereits bekannte Konzepte, bereits erzählte Anekdoten und Themen, die schon bei anderen Gelegenheiten angesprochen wurden.
Dreimal während der letzten beiden Wochen hat Papst Franziskus die vier Prinzipien von Evangelii Gaudium wiederholt.:
Zeit ist größer als Raum
Wirklicheit ist größer als Ideen
Einheit geht über Komflickt
Das Ganze ist größer als ein Teil
Das erstemal als er sich vor dem Treffen mit den Autoritäten in das Goldene Buch im Großherzoglichen Palast in Luxemburg eintrug. Das zweitemal, als er vor dem Treffen in der Katholischen Universität Leuven, dem flämischen Teil der Universität von Louvain in das Goldene Buch schrieb. Das drittemal war in einem motu proprio - eine weitere Überraschung-als er noch einmal die Organisation der Diözese Rom änderte, indem er den Weihbischof für den zentralen Bereich abschaffte, d.h. für die Altstadt oder das historische Zentrum.
Diese drei Momente sind irgendwie unterschiedlich und doch miteinander verbunden, indem sie einen präzisen Eindruck hinterlassen. Und der ist, daß Papst Franziskus irgendwie die fundamentalen Prinzipien seines Pontifikates bestärken will, indem er diesen letzten Reformen Substanz verleiht, die der Kirche endgültig das Gesicht verleihen sollen, das er für angemessen und passend hält.
Warum gehören diese drei Momente zusammen?
Das Treffen mit der luxemburgischen Regierung war ein Moment, in dem der Papst eine Botschaft an Europa senden wollte, und er tat dies in einer anschließenden Rede an die Autoritäten, in der er Europa aufforderte, nicht in die Fehler der Vergangenheit zurückzufallen, insbesondere in Bezug auf Konflikte.
Die Unterschrift im Goldenen Buch der Universität Löwen war stattdessen mit einem besonderen intellektuellen Moment in einer feindlichen Umgebung verbunden. Die Änderung der Struktur der Diözese Rom beendet die Revolution im Vikariat von Rom.
Papst Franziskus hat bereits das Amt des Kardinalvikars beschnitten, das derzeit vakant ist und das auf alle Fälle dem eines Weihbischofs gleichkommt. Nachdem er jetzt den Punkt erreicht hat, daß es in Rom 8 Weihbischöfe gibt, schafft er das Weihbischofsamt für den wichtigen Bereich des historischen Zentrums ab. Und das tut er am Vorabend des Jubiläumsjahres, das heißt, in dem Augenblick, in dem das Zenrum mit Wahrzeichencharakter am meisten Aufmerksamkeit und die Nähe zu seinem Bischof braucht.
Staat, Kultur, Diözese: Die Botschaft von Papst Franziskus richtet sich also an alle Ebenen der Gesellschaft, und zwar mit einer Beharrlichkeit, die noch nie in so krasser Weise vorgekommen ist. Das geschieht während einer Bischofssynode, die Revolutionen versprach, in Wirklichkeit aber könnte es sich um eine bloße Diskussion handeln, die keine wesentlichen Veränderungen bringen wird.
Nur der Papst wird entscheiden können, und der Papst selbst hat gesagt, wir sollten nicht nach „trendigen“ Lösungen suchen. Er hat auch gesagt, die Synode sei in jedem Fall Sache der Bischöfe, und sich beschwert, dass jeder, der etwas anderes behauptet, in gewisser Weise Opfer von „Geschwätz“ geworden sei.
Wie alles in diesem Pontifikat wurde auch die Synode etwas überbewertet.
Zehn Studiengruppen diskutieren die umstrittensten Themen, und ihre Zwischenberichte bezeugen nicht nur, dass die Bischöfe der traditionellen Praxis verhaftet sind, sondern auch, dass sie in manchen Dingen lieber zurückgehen würden. So betonten die Bischöfe etwa die Bedeutung von Diözesangerichten und die Möglichkeit, Entscheidungen in Ehe-Nichtigkeitsfällen zu delegieren. Damit konterten sie wirksam die Forderung des Papstes, dass der Bischof die Verantwortung für die Beurteilung von Fällen übernehmen solle, und zwar nicht nur in verkürzter Form.
Die Wiederholung der vier Kardinalprinzipien des Pontifikats ist nicht nur eine Möglichkeit, wieder auf Linie zu kommen.
Nach den alten Kommunikationsprinzipien schafft die Wiederholung von Schlagworten eine Mentalität. Vielleicht sehen wir hier einen weiteren Grund, warum Papst Franziskus die scheinbar spontanen, aber in Wirklichkeit sehr gut geführten Frage-und-Antwort-Runden bevorzugt: Sie ermöglichen es dem Papst, zu rechtfertigen, dass er nicht immer auf die Details der Themen eingeht, sich versteckt, wenn er nicht sprechen möchte, und Antworten vermeidet.
Am Ende zeigt der Papst nie wirklich seine Karten.
Er sagt, was er denkt, aber er verrät nicht seine Strategie. Er zeigt Selbstvertrauen, aber am Ende ist klar, dass alle Entscheidungen immer und ausschließlich über ihn laufen. Daran ist nichts auszusetzen; das ist klar, aber es könnte hilfreich sein, das Narrativ zu ändern, in dem man stattdessen einen Papst zeigt, der im Dialog entscheidet. Der Papst ist der Papst, wie es sich gehört.
Wenn Papst Franziskus vor vorbereiteten Reden steht, neigt er dazu, vom Skript abzuweichen, um zu ihm angenehmere Gebiete zu wechseln oder auf die öffentliche Meinung zu reagieren. Seit seiner Asienreise hat er dies mehrmals bei Reden an die Autoritäten getan, und das war eine ungewöhnliche Entscheidung: es sind Reden mit diplomatischem Gewicht, bis ins kleinste Komma gemeißelt und einer offiziellen Übersetzung unterworfen. Diese Reden zu ändern ist, kurz gesagt, äußerst riskant.
Papst Franziskus zeigt also eine Vorliebe für Improvisation, die positiv sein kann, aber auch zu Problemen führen kann. Die Reise nach Belgien endete beispielsweise mit einem Protest der UC Louvain University (der französischen Abteilun) und der gereizten Reaktion des Papstes in einer Pressekonferenz im Flugzeug. Aber der Papst verwendete auch sehr harte Worte gegen die Abtreibung und wollte König Baudouin von Belgien, der vorübergehend au den Thron verzichtete , um das Abtreibungsgesetz nicht zu unterzeichnen, als Beispiel nehmen. Das genügte dem belgischen Premierminister De Croo, um den Nuntius, Erzbischof Coppola, zu Erklärungen vorzuladen.
Natürlich war dies in Belgien vorhersehbar, wo die Regierung und die öffentliche Meinung im Allgemeinen nicht als katholischen Glaubens gelten können. Daher wäre es besser gewesen, die Erklärungen und Antworten auf die vorhersehbaren Reaktionen sorgfältig vorzubereiten. Das geschah nicht.
Der Papst hat jedoch die vier Grundprinzipien seines Programmdokuments Evangelii Gaudium neu aufgelegt und damit eine besondere (und sogar bewundernswerte) Hartnäckigkeit gezeigt, mit der er seinen Glauben verfolgt, ohne sich um die Außenwelt zu kümmern.
Jetzt rechtfertigen diese vier Prinzipien einen epochalen Wandel innerhalb der Diözese Rom. Man fragt sich, ob der Papst diese Prinzipien wiederholt, um die letzte Phase seines Pontifikats zu skizzieren. Papst Franziskus rechtfertigt seine Arbeit, reagiert auf die Krise mit einem Aufruf zur Einheit und fordert alle auf, sich an seine Prinzipien zu halten. Einfach ausgedrückt glaubt Papst Franziskus, dass das der richtige Weg ist.
Es gibt jedoch keine Dikussion.
Der Papst stellt die Prinzipien vor und interviewt dann diejenigen, die sich für ihn interessieren, so wie und wann er es will. Die letzte Phase seines Pontifikats ist also durch größere Aufmerksamkeit und soziale Sichtbarkeit gekennzeichnet.
Ob das eine gute oder eine schlechte Sache ist, wird die Zeit zeigen."
Quelle: A. Gagliarducci, Monday at the Vatican
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