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Donnerstag, 19. Juni 2025

Unveröffentlichte Predigten Ratzingers

 - nach seinem Amtsverzicht- auszugsweise veröffentlicht von Sandro Magister bei Settimo Cielo - Aus der zweibändigen Ausgabe der Libreria Editrice Vaticana 

"DIE UNVERÖFFENTLICHTEN PREDIGTEN DES VERSTROBENEN RATZINGERS - NACH SEINEM  VERZICHT AUF DAS PAPSTAMT. EIN BEISPIEL"

Sandro Magister:

Die auf dieser Seite mit Erlaubnis des Herausgebers wiedergegebene Predigt Joseph Ratzingers ist eine von bisher 135 unveröffentlichten Predigten, die fast alle zwischen 2013 und 2017 -nach seinem Verzicht auf das Pontifikat datiert sind -so lange es seine schwächer werdende Stimme erlaubet. 

Der erste von zwei Bänden, in denen sie veröffentölicht werden, kommt frisch aus der Druckerei- publiziert von der Libreria Editrice Vaticana- unter dem Titel "Der Herr hält uns an der Hand"  und wurde von Pater Federico Lombardi, dem Präsidenten der   "Joseph Ratzinger- Benedikt XVI" Vatican-Stiftung, 

Seine Homilien sind ein Schlüsselelement des Predigens Ratzingers. Sie zählen Tausende und füllen drei große Bände seiner "opera omnia". Er hat sie auch nach seinem Rücktritt an Sonn-und Feiertagen und in den Ferien gehalten, zuerst in Castel Gandolof und dann in seiner abgeschlossenen Residenz in den Vaticanischen Gärten- vor wenigen Anwesenden, wenigen Gästen- einschließlich mehrmals dem Herausgeber von Settimo Cielo und seiner Familie. 

In der Einleitung des Buches bemerkt Pater Lombardi, daß Benedikt XVI die sonntagspredigt während der gesamten vorausgehenden Woche vorbereitete, die liturgischen Texte las und studierte und sie zum Gegenstand seiner Überlegung und seines Gebetes macht- und Notizen in ein dafür bestimmtes Notizbuch schrieb. "Aber er schrieb sie nicht nieder, weil sein Gedächtnis und seine Kalrheit in freier Sprache außerordentlich waren." Und die jetzt veröffentlichten Texte sind tatsächlich Transskriptionen von Tonaufnahmen, die die Memores Domini gemacht haben. die ihm halfen.

Bereits während seines Pontifikates hatte Settimo Cuielo zwischen 2008 und 2010 seine Statur als großer Prediger herausgestellt-und eine von Scheinweiler in drei Bänden erstellte Sammlung-unterteilt nach dem liturgischen Jahr- herausgegeben-  im Glauben, daß "Papst Benedikt wie Leo der Große wegen seiner Predigten in die Geschichte eingehen wird. "

Diese Predigten aus den Jahren seines "Rückzuges auf den Berg"  bestätigen voll und ganz diese Größe. der erste Band enthält die Predigten zu Advent, Weihnachten, Fastenzeit, Ostern und Pfingsten. Während der zweite Band die der Ordentlichen Zeit umfaßt. 

Und die folgende Predigt wurde an einem Dreifaltigkeits-Sonntag, einem Fest, das in diesem Jahr vor wenigen Tagen gefeiert wurde, gehlatne, über ein Thema, das denjenigen, der predigen muß, auf eine harte Probe stellt, das Ratzinger auch hier mit erstaunlicher Einfachheit und Tiefe entwickelt. 


Doch nun zu ihm: 

"AUF DEM BERG - VERSPRECHEN UND AUFGABE"

Aus den unveröffentlichten Predigten Joseph Ratzingers nach seinem Verzicht auf das Papstamt

31. Mai 2015, Privatkapelle, Trinitäts-Sonntag 
Lesungen: Deuteronomium 4:32-34, 39-40; Psalm 32, Römer-Breif 8:14-17; Matthäus 28: 16-20

Liebe Freunde, das letzte Treffen des Herrn mit seinen Jüngern findet auf dem Berg statt. Es heißt einfach "Berg" ohne nähere Erklärung. Der Berg muß der Berg von Jesu Gebet sein, ein Berg, auf den er sich zurückzieht, hoch über dem Bösen der Welt, auf dem er sich mit dem Vater vereinigt. So scheint in diesem Wort "Berg" auch das Geheimnis der Dreifaltigkeit durch: der Herr, der Sohn, der mit dem Vater spricht,  vereinigt sich mit Ihm im Heiligen Geist. 

Gleichzeitig scheint auch eine andere Geschichte hindurch: ein anderer Berg, der Berg der Versuchung, von dem Matthäus in seinem Bericht über die Versuchungspricht (Mt 4:8-11)  Der Teufel hatte den Herrn auf einen sehr hgohen Berg geführt, von dem aus alle Königreiche der Erde und die Glorie dieser Königreiche zu sehen waren und hatte gesagt: "All das ist dein, wenn du mich anbetest" . Das war das Angebot der Mcht über die Erde und das schein genau der Inhalt der "Erlösung" zu sein, die Satan anbietet: die Macht in dieser Welt zu haben. 

Aber Jesus sagte nicht "ja" weil er Satan nicht anbetet, d.h. er betet keine militärische oderökonomische Macht an, oder die Öffentlichen Meinung als ultimative Macht; er erkennt sie nicht als die wahre Macht an; er will die Macht der Welt, die materiellen dinge nicht anbeten. Die Antwort des Teufels war Jesu Verurteilung zum Tode und so hätte das Gaze geendet. Aber Jesus ist  auferstanden und kann nun sagen "alle Macht im Himmel und auf Erden ist mir gegeben" . Was ist der Unterschied zwichender vom Teufel angebotenen Macht un dieser "alle Macht" des Herrn? 

Sofort scheint der erste Unterschied auf: die Macht des Herrn ist "die Macht im Himmel und auf Erden". Während der Teufel den ganzen Glanz wirtschaftlicher Macht etc, anbietet, aber nichts im Himmel, verfügt Jesus nun über alle Macht im Himmel und auf Erden.  Jetzt- ist also nur eine Macht auch über den Himmel wahre Macht: eine Macht, die gegenüber dem Himmel völlig verschlossen ist, ist eine destruktive Macht; nur eine Macht, die mit dem Himmel vereint ist,  offen für den Himmel , ist wahre Macht für das wahre Glück des Menschen.

Natürlich kann ein säkularer Staat heute kein religiöser Staat sein; doch selbst wenn er neutral bleibt, kann er sich den großen Grundwerten, den großen Beschreibungen des Himmels und der menschlichen Natur nicht verschließen; in diesem Sinne muss er stets offen sein für diese andere Macht.

Der zweite konkrete Unterschied besteht darin, dass die Macht des Herrn die Macht des Gekreuzigten ist, eine Macht, die durch das Kreuz geschenkt wird. Ihr Berg ist der Berg des Kreuzes, ihre Höhe ist die Höhe des Kreuzes, das heißt die Höhe der geschenkten Liebe, der Liebe, die wahre Macht ist, auch wenn sie getötet werden muss. Mehr noch, es ist die Macht der Wahrheit, die sich dem Herzen nicht mit Mitteln der Herrschaft aufdrängt, sondern nur durch freie Überzeugung. Dies ist die Macht Jesu, die Macht des Gekreuzigten; dies ist die wahre Macht, die siegt, die wahrhaft erlöst, auch wenn es uns nicht passt.

Aufgrund dieser Macht – weil er alle Macht im Himmel und auf Erden hat – kann Jesus nun seine elf Apostel in alle Teile der Welt, zu allen Völkern senden, um alle Völker zu seinen Jüngern zu machen: Nur diese Macht ermöglicht dies.

Äußerlich erscheint es lächerlich, dass diese Elf in die Welt gehen und alle Völker der Erde zu Jüngern Christi machen wollen. Sie sprechen nur eine Sprache, sie sind Menschen ohne höhere Bildung, sie sind wahrhaftig vom Herrn als Schafe unter Wölfe gesandt, denn sie erscheinen in den Augen der Akademiker „wie Schafe“, die die ganze Philosophie, die ganze Kultur der Welt nicht kennen, während sie nur Jesus kennen. Sie erscheinen auch in dem Sinne als „Schafe“, dass sie dann Opfer von Gewalt werden. Und dennoch ist das Unglaubliche, das Unbegreifliche, dass es diesen Elf tatsächlich gelingt, Jünger Christi in der Welt zu machen, die Wahrheit Christi zu verbreiten, die Wahrheit des Gekreuzigten, des Gottes, der sich im Sohn und im Heiligen Geist offenbart

Auch heute besteht dieselbe Situation. Wir Christen wirken im Vergleich zur heutigen „aufgeklärten“ Kultur wie Schafe, die in unsere Ecke auf den Höhen des Tempels gesperrt sind – Schafe, die im Namen der Macht getötet werden müssen. Doch gerade heute sind wir uns sicher, dass die wahre Macht die Macht der Wahrheit und nicht der Lüge, die Macht der Liebe und nicht die des Hasses ist. Äußerlich erscheinen die Macht des Hasses und der Lüge viel stärker, doch am Ende siegen die Schafe und nicht die Wölfe.

Der heilige Johannes Chrysostomus sagte einst im Licht der Erfahrung des christlichen Byzantinischen Reiches: Wir Christen sind immer versucht, uns in Wölfe zu verwandeln, um uns unseres Sieges sicher zu sein. Doch sobald wir uns als Wölfe zeigen, haben wir bereits verloren, denn wir tragen nicht mehr die unbesiegbare Liebe in uns, nicht mehr die Wahrheit, die keine Gewalt braucht und sie nicht akzeptiert. So sendet uns der Herr auch heute und sagt uns, dass wir sicher sein sollen, dass am Ende nicht die Wölfe siegen, sondern die Schafe, dass am Ende der Gekreuzigte siegt und nicht der, der sagt: „Das alles gehört mir…“  

Am Ende des Evangeliums, am Ende von Jesu irdischem Leben, steht eine Verheißung und ein Auftrag.

Die Verheißung: „Ich bin bei euch alle Tage bis ans Ende der Welt.“ Das ist die große Gewissheit: Der Herr ist auch heute gegenwärtig. Manchmal sehen wir ihn nicht, aber in Wirklichkeit ist er gegenwärtig, seine Verheißung ist wahr, und das ist die große Freude der Christen: Er ist bei uns bis ans Ende

Der Auftrag: „Tauft alle Völker im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.“ „Taufen“ bedeutet eintauchen, den Menschen in den Ozean Gottes eintauchen. Das ist die wahre Wirklichkeit: Das Christentum lässt uns endlich in den Ozean der Liebe und Wahrheit eintauchen, und gerade indem wir uns diesem stellen und in gewisser Weise uns selbst entsagen, leben wir wahrhaft

„Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“: Jesus zeigt uns den dreifaltigen Gott, der Sohn begegnet uns, führt uns, vereint uns mit dem Vater im Heiligen Geist. Die Schönheit, die Gott letztlich ausgießt, ist keine Monade, sondern Liebe, und wenn Liebe die letzte Wirklichkeit ist, impliziert sie wesentlich Beziehung; daher impliziert sie das trinitarische Mysterium, und weil Gott Beziehung ist, kann er auch mit uns in Beziehung treten, ja, er muss seine Schönheit geradezu anderen schenken.

Das ist die Schönheit dieses Tages. Hier kommen mir die Worte Nehemias in den Sinn, die er zu den Israeliten sprach, die traurig aus dem Exil in ihr Land zurückkehrten, nun arm, mittellos und ohne Hilfe: „Die Freude an Gott ist unsere Stärke!“ (Neh 8,10). Ja, die Freude an Gott ist unsere Stärke! In diesem Sinne leben wir das Fest der Heiligsten Dreifaltigkeit: mit der Freude Gottes. Er, der trotz allem gegenteiligen Anschein die wahre Macht besitzt und uns wahre Freude schenkt, denn wahre Freude ist Liebe und Wahrheit. Danken wir dem Herrn für seine Revolution, danken wir Gott und beten wir aufrichtig zum Herrn: „Deine Freude sei immer in uns und unsere Kraft.“ Amen!"

Quelle: S. Magister, Settimo Cielo, LEV, Pater F. Lombardi

  

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