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Montag, 20. Februar 2017

Marco Tosatti: Kurienreform oder Parallelkurie?

Marco Tosatti  analysiert für La Nuova Bussola Quotidiana die aktuelle Situation der Kurie und das Vorgehen des regierenden Pontifex in den Kongregationen, kurialen Organisationen und der italienischen Bischofskonferenz. Dabei entsteht kein wirklich positives Bild- eher das eines absolutistischen Renaissance-Hofes....
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           "KURIENREFORM?  EINE PARALLEL-KURIE"
"Der Regierungsstil des regierenden Pontifex ist- um wenig zu sagen- personal. Aber das, was auf den ersten Blick wie Desinteresse an den Regeln, den Vorgehensweisen und der "Maschinerie des Systems" erscheint, könnte sich als Strategie herausstellen. Ausgearbeitet vielleicht nicht vom Kapitän selbst sondern von irgendwelchen Beratern und Regisseuren, die glauben Erfahrungen in der Kurie und der Diplomatie zu haben.
Andererseits ist es kein Geheimnis, daß im Gegensatz zu seinem Vorgänger, Papst Bergoglio eine Schwäche für Diplomaten im Talar hat, die wahre Kaste des Heiligen Stuhls. Und im Gegensatz dazu scheint er die gleiche Liebe nicht für die großen und kleinen Protagonisten der Maschinerie zu haben. Ein bitteres Überbleibsel aus der Zeit als er Erzbischof von  Buenos Aires war und Rom ihm einige Beförderungen verweigerte, wie die des Rektors der Cattolica der argentinischen Hauptstadt? Vielleicht?
Jedoch hat der Papst, der mehrmals bestätigt hat, den Ratschlägen und Vorschlägen aus den Sitzungen der Kardinäle im Präkonklave zu folgen, diese zumindest in zwei Punkten mißachtet.
Eine der vielfach erhobenen Forderungen war die Reform des Staatssekretariates, das als zu mächtig beurteilt wurde. Das ist- wie wir im Fall des Malteser-Ordens sehen- nicht passiert, seine Macht wurde sogar noch größer. Der päpstliche Delegat ist die Nummer 2 der Hierarchie, der Substitut Angelo Becciu.
Der zweite Punkt der Rat-und Vorschläge wird ebenfalls völlig außer Acht gelassen: die Wiederaufnahme der Tabellen-Audienzen. Das sind die Treffen der Verantwortlichen der Kongregationen mit dem Papst, um ihn informiert zu halten und Hinweise zu bekommen- ein Gedankenaustausch. Wir wissen von Präfekten, die nie oder so gut wie nie empfangen wurden und anderen- auch wichtigen- die Monate auf eine Audienz warten müssen. Schon das ist ein Umstand, ein System, das Ungleichheiten schafft -wie leicht verständlich ist.

Eine Bewertung der von der Kurie benutzten Strategie bringt uns dazu, einige Überlegungen anzustellen.
In einigen Punkten ist es offensichtlich, daß er selber oder jemand, der ihn beraten hat, an einigen Stellen, die er für den Lebensnerv hält, brutal für sofortigen Ersatz gesorgt hat. Das war so in der Kleruskongregation, in der Kardinal Piacenza, Poenitentiar, durch den Diplomaten und Vertrauensmann des Pontifex, Kardinal Beniamino Stella ersetzt wurde.
Und in der Apostolischen Signatur, dem Obersten Gericht des Vaticans, Zentrale weil die Fälle und Revisionen alle in diesem Hafen landen. Der Kirchenrechtler und Gesetzesexperte Burke ist durch einen anderen Diplomaten ersetzt worden, Msgr. Mamberti.
Der jüngste Fall der FFI, nach päpstlichem Dekret - erneut unanfechtbar kommissioniert- weil eine Beschwerde bei der Signatur Erfolgschancen gehabt hätte, erklärt, warum das Gericht für so wichtig erachtet wird.

Der Papst ist König, aber nicht einmal er kann immer alles zur gleichen Zeit tun. Es gibt Köpfe, die wenn sie fielen, zu viel Lärm machen würden. In dem Fall müssen neue Strategien gefunden werden, die geeignet sind, den Leitenden zu entmachten und durch Spannungen im Inneren die Einheit der Kongregation zu schwächen.
Das ist ein Ziel, das auch sofort bei der Kleruskongregation angestrebt wurde. Kardinal Mauro Piacenza, ein erklärter Ratzingerianer, wurde fortgeschickt um die Pönitenzeria zu leiden. Der Sekretär, der Spanier Celso Morga Uruzubieta, seit Jahrzehnten mit der Kongregation vertraut und dem Opus Dei nahe stehend, wurde nach 3 Monaten (die nötig waren, um in Spanien eine Diözese zu finden) wurde nach Merida-Badajoz geschickt.
Stillschweigend wurden bemerkenswert viele Mitarbeiter und Beschäftigte entlassen oder dazu gedrängt, "freiwillig" zurückzutreten.

Zusammen mit der Kleruskongregation, Lebensnerv der sich auch um die Seminare kümmert, ist die Bischofskongregation ein anderer Zentralpunkt der Administration und der päpstlichen Politik, Präfekt ist Kardinal Ouellet, ein unabhängiger Mann mit klaren Vorstellungen. Der Papst- das erkennt man an den Nominierungen- wünscht, daß progressistische Bischöfe gewählt werden.
Die gegenteiligen Fälle sind an einer Hand abzuzählen. Als ich mich bei einem Schwätzchen mit einem Experten über die Ernennung eines Prälaten eines anderen klerikalen Stils für Asien wunderte, wurde mir geantwortet, daß es wahrscheinlich keinen anderen gegeben habe.





Das Problem wurde auf eine doppelte Weise gelöst. 
Erstens: die Mitglieder der Vollversammlung als Konservative beurteilten, sind durch die der regierenden Linie Treue ersetzt worden (wie Kard. Baldisseri, Synodensekretär).
Zweitens: Msgr. Jesus Montanari, Herzensfreund des persönlichen Sekretärs des Pontifex, Msgr. Pedacchio (der jedoch in der Bischofskongregation arbeitet und der seit Jahren Auge und Ohr Kardinal Bergoglios in Rom war) wurde in einem außerordentlichen Sprung von einer bescheidenen Rolle in der Kongregation auf die des Sekretärs gehoben.
Die Arbeit wurde durch die Ersetzung der Mitglieder der Kongregation vollendet. bei der die Personen der Ratzinger-Linie durch solche des neuen Kurses ersetzt wurden, wie Stella und Baldisseri.

So, daß wenn in der Vollversammlung der gewollte Kandidat nicht akzeptiert werden sollte, man trotz der Machtverhältnisse (und das ist mehr als einmal passiert) sicher sein konnte, daß am nächsten Tag der Sekretär kommt und sagt: der Papst hat diesen gewählt. Und der Fall ist abgeschlossen, wenn vielleicht auch der bei der 2/3 Mehrheit Führende-in der Meinung aller-einschließlich des Nuntius- gut war, und der Ausgesuchte dagegen nicht. Es ist offensichtlich, daß die Rolle des Präfekten in der Substanz auf eine formale äußere Hülle reduziert wurde.

In der Liturgiekongregation hat der Pontifex als Präfekten den Ratzingerianer Kardinal Sarah eingesetzt. Eine Pflichternennung -sagen sie- weil kein anderer Posten frei war nach dem Verschwinden von Cor unum, das in einem neuen Organismus aufgegangen ist.
Sarah bekam die Position von Antonio Canizares, traditionsverbunden, mit dem Namenszusatz:"kleiner Ratzinger", der sofort nach Spanien geschickt wurde. Der Kardinal aus Guinea, Sarah favorisiert die "Reform der Reform" , also eine Rückkehr zu einigen liturgischen Modalitäten, die von postkonziliaren Neuerungen überholt wurden. Das ist etwas, das der Pontifex nicht mit besonderer Zustimmung zu betrachten scheint.
Wie seine Rolle aushöhlen? Eine seiner Erklärungen zur Reform der Reform wurde offiziell dementiert (auch wenn Sarah sagte: aber der Papst hatte mir seine Zustimmung gegeben...)

Im Inneren aber war es leichtes Spiel (nach bewährtem Modell) angesichts der Tatsache, daß aeit 2012 Erzbischof Arthur Roche Sekretär der Kongregation ist, sicher kein Traditionalist- der dem Briten Murphy O´Connor, einem der großen, diskreten und inspirierenden Berater des Papstes, sehr nahe steht. Und tatsächlich wurde ihm- und nicht Kardinal Sarah, wie erwartbar gewesen wäre - die Aufgabe anvertraut, eine Kommission zu leiten, die die Übersetzungen der Liturgie überwachen und die Instruktion "Liturgiam authenticam" (De usu linguarum popularium in libris liturgiae Romanae edendis) von 2001 modifizieren sollte. Sarah ist darüber- wie man mir sagte-völlig im Dunkeln gelassen worden.

Den anderen großen Knoten bildet die Glaubenskongregation. Hier ist die Situation komplexer. Ich glaube, daß der Pontifex ernsthaft gedacht hat, er könne sich in der Vergangenheit von Müller befreien, aber sich dann bewußt wurde, daß eine solche "Enthauptung", ohne ihm einen adäquaten Posten anbieten zu können, einen großen Skandal ausgelöst hätte.
Das 5-Jahresmandat von Müller läuft im kommenden Juli aus. Wird er (im Amt) bestätigt werden?
Dann stellt sich die Frage, wie man seine Rolle begrenzen kann.
Außer sich nie auf ihn zu beziehen, wenn man über Theologie spricht, sondern Kasper und Schönborn vorzuziehen- kann man immer noch die gleiche Politik anwenden wie gegenüber den Bischöfen der Liturgiekongregation.  Und das ist die Aushöhlung des Inneren des mit dem Präfekten verbundenen Apparates.
In diesem Sinn muß man sowohl die unbegründete Entlassung der Theologen und Beamten als auch die Nominierung eines neuen Untersekretärs, Msgr. Morandis, sehen, der dem Präfekten der Kleruskongregation, Kardinal Beniamino Stella sehr nahe steht und der für viele das wahre "master mind" der pontifikalen Eroberung der Kurie ist.
In der Zwischenzeit ist die Kongregation praktisch blockiert, sie leidet an Personalmangel und die Auswahl neuer Mitarbeiter wird nicht durch die Kongregation selbst bestimmt. Im Fall von Amoris Laetitia sind Hunderte von genauen Anmerkungen ignoriert worden. Ohne Antwort.
Auch hier wird sich des Modells der Aushöhlung von Innen bedient, bei der das Äußere intakt gelassen wird.

Und die gleiche Strategie wird bei der Italienischen Bischofskonferenz angewendet. Von dem Augenblick an, als ihr Präsident, Kardinal Bagnasco, klar seinen Wunsch ausgedrückt hatte, bis zum Ende seiner Amtszeit im Amt zu bleiben und nicht höflich beiseite zu treten, hat der Pontifex Msgr. Galantino ernannt, den er als Referenten nutzt und ihn mit voller Macht ausstattete, besonders der die Kommunikationsmittel der Bischöfe zu verwalten, TV 2000 und Avvenire.
Die Nominierungen der italienischen Bischöfe werden nicht mehr mit Hilfe des Nuntius in Italien gemacht, Erzbischof Bernardini- von 2003 bis 2011 Nuntius in Argentinien- der von Bergoglio nicht geliebt wird, wie man sagt.
Über die neuen Bischöfe wird von etwas entschieden, was man eine  "Schattenkommission" nennen könnte, deren Vorsitzender der Sekretär der CEI ist, der dann dem Papst berichtet,

Bei anderen Punkten von geringerer Bedeutung war das Vorgehen leichter und direkter.
So wurde bei der päpstlichen Akademie für das Leben der spanische Bischof Ignacio Carrasco de Paula, vom Opus Dei am 15. August 2016 durch Erzbischof Vincenzo Paglia , Bischof von Terni, ersetzt, dessen Diözese ein finanzielles Desaster erlebte. Paglia, der immer der Gemeinschaft von Sant´ Egidio verbunden war, wurde zum Präsidenten der Akademie und zum Großkanzler des päpstlichen Johannes Paul II-Institutes ernannt.
Zur selben Zeit wurde Msgr. Livio Melina von CL durch den Theologen, Schriftsteller und Musiker Periangelo Sequeri  als Präsident ersetzt, sicher mit einer Sensibilität, die sehr verschieden von der des Vorgängers war.
Zum augenblicklichen Zeitpunkt hat die Akademie keine Mitglieder: alle früheren Mitgliedschaften wurden gelöscht. Einschließlich der von hochrangigen, erfahrenen Persönlichkeiten, die der von Johannes Paul II inspirierten Linie verbunden waren....."

Quelle: Marco Tosatti, La Nuova Bussola Quotidiana

  

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