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Freitag, 31. März 2017

Ein Weckruf an den Papst: Memorandum gegen die "Beinahe-Häresie" des neuen Jesuitengenerals

Sandro Magister kommentiert kurz das Memorandum von Pater Roberto Bertacchini, das dieser Papst Franziskus und Kardinal Müller wg. der Äußerungen des neuen Jesuiten-Generals über die Zuverlässigkeit der Evangelien was die Worte Jesu und deren Gültigkeit für die heutige Zeit hat zukommen lassen. Dann läßt er eine Zusammenfassung dieses Memorandums folgen. Man darf auf die Antwort des Pontifex und/oder des Kardinals auf die von Pater Bertacchini gestellten Fragen neugierig sein-  wenn es denn eine Antwort geben wird.
Hier geht´s zum Original bei Settimo Cielo:  klicken


"AUF DEM TISCH DES PAPSTES- EIN MEMORANDUM GEGEN DEN ORDENSGENERAL DER JESUITEN WEGEN "BEINAHE" HÄRESIE"

"Unter den Priestern der Diözese von Carpi, mit denen sich Papst Franziskus am kommenden Sonntag in dieser Stadt in der Region Emilia-Romagna zu einem Gespräch-ohne Journalisten oder Fotografen, hinter verschlossenen Türen- treffen wird, ist einer, der ihm eine harte Nuß zu knacken gegeben hat.

Sein Name ist Roberto A. Bertacchini. Er ist früherer Jesuit, der in der Schule von drei anderen hochrangigen Jesuiten ersten Ranges geformt wurde: den Fratres Heinrich Pfeiffer, Kunsthistoriker und Professor an der Gregoriana, Francesco Tata, früherer Provinzial der Societa Iesu in Italien und Piersandro Vanzan, prominenter Mitarbeiter von "La Civiltá Cattolica".

Letzte Woche hat Pater Bertacchini Franziskus und Kardinal Gerhard L. Müller, dem Präfekten der Glaubenskongregation, ein 6 Seiten starkes Memorandum geschickt, in dem er sich äußerst kritisch mit den Ideen auseinander setzt, die der neue Ordensgeneral der SJ, der Venezuelaner Arturo Sosa Abascal, der dem Papst sehr nahe steht, in einem kürzlich erschienenen Interview präsentierte.

Das sind Ideen, schreibt Pater Bertacchini "von solchem Gewicht, daß sie nicht stillschweigend übergangen werden können, ohne sich zu ihrem Komplizen zu machen",  weil sie drohen "zu einem Christentum ohne Christus zu führen."

Den gesamten Text des Memorandums kann man hier lesen- (wenn man Italienisch versteht) : Promemoria…
Das von Pater Bertacchini kritisierte Interview mit dem Ordensgeneral der Jesuiten, ist das mit dem Schweizer Vaticanista Giuseppe Rusconi, das dann auf dem blog "Rossopurpura" am 18. Februar 2017 veröffentlicht wurde.
Hier eine Zusammenfassung des Memorandums

MEMORANDUM
"Über das Interview mit dem General der Jesuiten über die Zuverlässigkeit der Evangelien."
von Roberto A. Maria Bertacchini

Im Februar hat der General der Jesuiten ein Interview gegeben, in dem er behauptet, daß die Worte Jesu über die Unauflöslichkeit der Ehe theologisch nicht stabil sind, sondern eher ein Ausgangspunkt für Doktrinen, die dann angemessen entwickelt werden müssen. Wenn man das zu Ende denkt, könnte es sogar dazu führen, das Gegenteil zu beweisen oder zur Vereinbarkeit der Scheidung mit einem Christlichen Leben. Diese Initiative hat meiner Ansicht nach eine explosive Situation hervorgerufen.




Natürlich ist Arturo Sosa Abascal, SJ, sehr vorsichtig, um nicht in eine klare Häresie zu verfallen. Und das ist in einem gewissen Sinn sogar noch schlimmer. Deshalb ist es notwendig, diesem Gedankenstrang nachzugehen.
Die Frage, die er stellt ist, ob die Evangelisten vertrauenswürdig sind und er sagt dann: man muß differenzieren.
Es steht also nicht fest, daß sie es sind. Ein derartig schwerwiegendes Statement sollte in Tiefe und Breite diskutiert werden sollte, weil es in der Tat möglich ist, Irrtümer in Details der Erzählung zuzugeben; aber die Wahrhaftigkeit doktrinaler Lehren Jesu in Frage zu stellen, ist eine andere Sache.

Es kann aber sein, daß unser Jesuit nicht direkt verwickelt ist, sondern sehr geschickt- an den Papst appelliert. Und weil der Papst -wenn er sich über getrennte Paare etc äußert- bis zur Zeit des Interviews noch nie Passagen zitierte, in denen Jesus sich auf die Unauflöslichkeit der Ehe bezieht, war die unausgesprochene Botschaft unseres Jesuiten ganz klar: "wenn der  Papst diese Passagen nicht zitiert, bedeutet das, daß er "differenziert" hat und denkt, daß sie nicht von Jesus stammen. Deshalb können sie nicht bindend sein."
Aber alle Päpste haben das Gegenteil gelehrt! Was bedeutet das? Sie müssen sich irren. Oder sie müssen Dinge gesagt und gelehrt haben, die zu ihrer Zeit richtig waren, aber nicht mehr in unserer.

Seien wir klar: der hervorragende Jesuit sagt das nicht "apertis verbis", sondern er deutet es an, er läßt es uns verstehen. Und so bietet er einen Interpretationsschlüssel für den pastoralen Zugang des Papstes zur Familie. der von der traditionellen Lehre abweicht. In der Tat "wissen wir" heute, daß Jesus nie gelehrt hat, daß die Ehe unauflöslich ist. Es ist der Evangelist, der das falsch verstanden hat.

"Den Ehemännern ....

To the husbands I order, not I but the Lord: the wife may not be separated from the husband, and if she separates, let her remain without remarrying or let her be reconciled with the husband, and the husband may not repudiate the wife” (1 Cor 7:10-11

Die Übereinstimmung dieser Passage mit den Texten der synoptischen Evangelien über das Verstoßen und den Ehebruch ist völlig klar. Und es wäre absurd, sich vorzustellen, daß sie auf Paulus beruhen und nicht auf der vor-österlichen Überlieferung.

Und nicht nur das. Im Brief an die Epheser 5:22-33 kehrt Paulus zu dieser Lehre Jesu zurück und bekräftigt sie noch. Er kehrt zu ihr zurück, weil er die selbe Passage aus der Genesis zitiert, die auch von Jesus angeführt wird, weil Christus die Kirche auf eine unauflösliche Weise liebt- so sehr, sein Leben zu geben, und über das irdische Leben hinaus. Und Paulus macht diese Treue zum Modell für die eheliche Treue.

Es ist also ganz klar, daß es eine offensichtliche Kontinuität zwischen dem vorösterlichen und dem nachösterlichen Predigen gibt, ebenso klar ist der Bruch zum Jüdischen Glauben, der an der Institution des Verstoßens festhielt. Wenn aber der Hl. Paulus selbst diesen Bruch bei Christus feststellt, macht es dann Sinn, die Evangelien in Frage zu stellen? Woher kommt also dieser Sprung, der zur Praxis der Alten Kirche führte, wenn er nicht von Christus kommt

Man sollte bedenken, daß Scheidung in der griechisch-römischen Welt ebenfalls zugelassen war und daß es dort zusätzlich die Institution des Konkubinats gab, das leicht zu einer folgenden ehelichen Verbindung führen konnte, wie es z.B durch die Erfahrungen des Hl. Augustinus bestätigt wird. 
Und in der Geschichtsschreibung gilt das Prinzip, daß kulturelle Trägheit sich nicht grundlos ändert. Was könnte also diese historich verbürgte Änderung verursacht haben, wenn nicht Jesus? Wenn es denn also Christus war. warum die Zuverlässigkeit der Evangelien anzweifeln?

Und schließlich- wenn Jesus diese Worte nicht ausgesprochen hat, was ist die Quelle für den drastischen Kommentar der Jünger ("aber dann ist es besser, nicht zu heiraten") bei Mt.19:10? Matthäus war einer jener Jünger und sie zeigen sich von keiner guten Seite, sie sind langsam im Verstehen und der Tradition verbunden, die Jesus herausfordert. Vom Standpunkt der Geschichtsschreibung ist die Perikope von Mt.19:3-12, vollständig zuverlässig, sowohl aus Gründen der Kritiken von innen und als auch von außen.

Der dogmatische Kontext
Darüberhinaus zu behaupten, daß nicht bekannt ist, ob Jesus diese Worte wirklich gesprochen hat und daß sie nicht bindend sind ist "de facto" eine Häresie, weil es eine Verleugnung der Inspiration der Schrift ist. 2 Tim, 3 ist ganz klar: "Die ganze Schrift ist von Gott inspiriert und nützlich für die Lehre, das Überzeugen, Berichtigen und zur Einübung des Rechtseins."

"Die ganze" schließt auch Mt. 19:3-12 ein. Sonst würde behauptet, daß es ein anderes Wort gibt, das über der Schrift steht und über ihrer Inspiration. Die Unzuverlässigkeit mancher Worte Jesu zu behaupten, ist wie einen Riss im Damm des "fides quae" zu öffnen, einen Riss, der zum Zusammenbruch des ganzen Dammes führen kann.
Ich illustriere das:

a) Wenn Jesus diese Worte nicht ausgesprochen hat, sind die Evangelisten nicht zuverlässig. Wenn sie nicht zuverlässig sind, wenn sie nicht wahrhaftig sind, können sie auch nicht vom Hl. Geist inspiriert worden sein.

b) Wenn Jesus diese Worte nicht ausgesprochen hat, muß er dann alles das, was wir für gut halten, gesagt haben? Kann jemand, der bei einer innovativen Frage nicht zuverlässig ist, es bei anderen sein, wie bei der Auferstehung? Und wenn es darum geht, das Frauenpriestertum einzuführen, Civiltá Cattolica nicht zögert, das als unfehlbar erklärte Lehramt in Frage zu stellen, wird es kein Chaos geben?

Auf welche biblische Autorität kann man sich berufen, wenn die Exegeten selbst immer mehr und dauernd untereinander gespalten sind? Das ist die Weise, in der der Damm bricht.

Und das ist noch nicht das Ende, weil- wenn man den Zweifeln des Jesuiten-Generals folgt-nicht nur der Hl. Paulus zertreten wird, sondern auch das II.Vaticanische Konzil. Tatsächlich ist es das, was in "Sacrosanctum Concilium" 7 festgestellt wird:

"Christus ist in seiner Kirche immer anwesend [...],  er ist anwesend in seinem Wort, weil er es selbst ist, der in den Hl. Schriften spricht, die in der Kirche gelesen werden."

Seit die Passagen über die Unauflöslichkeit der Ehe bei der Messe gelesen werden und um genau zu sein: Mk 10:2-12 am Freitag der 7. Woche des Kirchenjahres und am 27. Sonntag von Lesungsjahr B, Mt.19:3-12 am Freitag der 19. Woche und Mt. 5:27-32 am Freitag der 10. Woche, folgt daraus, daß Vatican II auf gewisse Weise diesen Worten die Autorität Jesu beimißt.

So verleugnen, die die den Zweifeln des Jesuiten-Generals folgen, nicht nur Vatican II und darüber hinaus eine dogmatische Konstitution, sie zweifeln auch die Tradition an, bis zu dem Punkt, daß sie die Autorität Jesu selber als Lehrer abstrahieren und unzugänglich machen. Wir sehen uns also einem Flächenbombardement gegenüber, dem gegenüber die festeste Reaktion absolut nötig ist.

In der Folge ist der Übergang von einer Religiosität des Gesetzes zu einer der Differenzierung sakrosankt, aber voller Fallgruben. Er erfordert eine exzellente Christliche Bildung, die heute unglücklicherweisen selten ist. Und man muß dem Göttlichen Wort gegenüber wahre Liebe und Ehrerbietung haben.

Auf jeden Fall, wenn man zum Wohl der Welt eine falsche Front eröffnet, mit dem einzigen Ziel, Konflikte und Verfolgung zu vermeiden, ist das nicht nur feige sondern auch völlig außerhalb des Evangeliums, das Klarheit und Stärke bei  der Verteidigung der Wahrheit fordert. Jesus fürchtete das Kreuz nicht, ebensowenig taten das die Apostel. Der Hl. Paulus ist ganz klar:

"Wenn die .......“It is those who want to make a good showing in the flesh that would compel you to be circumcised, and only in order that they may not be persecuted for the cross of Christ” (Gal 6:12).

Beschnitten zu werden, bedeutete einerseits zur damals von Rom als legitim anerkannten Religion zurück zu kehren, auf der anderen Seite, sich der Mentalität der Zeit anzupassen. Der Hl. Paulus weiß. daß die wahre Beschneidung die des Herzens ist und er gibt nicht nach.
Carpi, 19. März 2017
                                                        *  *  *  *  *  *

Ein Kommentar: Im komplexen Text des Memorandums schreibt Pater Bertacchini, daß Papst Franziskus am 24. Februar, einige Tage nach der Veröffentlichung des Interviews mit Fr. Sosa, "die Position des Jesuiten-Generals zensiert habe" in dem sein ganze Predigt in Santa Marta- der Passage aus dem Markus-Evangelium mit den sehr klaren Worten Jesu zu Ehe und Scheidung widmete, etwas was er nie zuvor getan hatte. 

Nach Bertacchini hat Franziskus Fr. Sosas Zweifeln widersprochen und betont, daß "Jesus den Pharisäern zur Frage des Verstoßens geantwortet hat und die Evangelisten deshalb zuverlässig sind."

Im Klartext sind die Kommentare von Papst Franziskus zu dieser Passage des Markus-Evangeliums aber eher gewunden, wenn man nach der autorisierten Wiedergabe der Predigt, die von Radio Vatican und dem Osservatore Romano veröffentlicht wurde, urteilt.

An einem bestimmten Punkt geht der Papst sogar so weit zu sagen, daß "Jesus nicht antwortet, ob das (das Verstoßen) zulässig ist oder nicht."

Und sogar da, wo der Papst gegen das argumentiert, -richtig, wie Pater Bertacchini schreibt- was er "Kasuistik" nennt, entsteht ein Widerspruch. Weil was ist anders an der Forderung von "Amoris Laetitia" nach einer von Fall-zu-Fall Beurteilung, wen man zur Kommunion zuläßt und wen nicht, von denen die wiederverheiratet und geschieden sind oder "more uxorio" leben? 

Quelle : Settimo Cielo, Sandro Magister



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