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Freitag, 21. April 2017

Fall für Fall- mit Karl Rahner via Kardinal W. Kasper zur Synode

Stefano Fontana kommentiert bei LaNuovaBussolaQuotidiana die Konferenz, die morgen in Rom zum Thema "Amoris Laetitia" beginnt und bei der diverse katholische Gruppen Klarheit zu den widersprüchlichen Punkten fordern. Dabei weist er besonders auf den Einfluß Rahners und seiner Moraltheologie auf die Rede Kardinal Kaspers und auf die Synoden 2014 und 2015 hin. Dabei zitiert er auch aus seinem Buch "Die neue Kirche von Karl Rahner".
Hier geht´s zum Original: klicken

"FALL FÜR FALL, BARMHERZIGKEIT FÜR ALLE, PLURALISTISCHES GEWISSEN. DIE SAAT RAHNERS HAT DIE SYNODE BEEINFLUSST."

"Die Themen, die im Verlauf des internationalen Kongresses den La NBQ und IlTimone für morgen organisiert haben angesprochen werden sollen, haben ihren Ursprung in der Familien-Synode von 2015 haben. Aus diesem Grund veröffentlichen wir mit Zustimmung  des Herausgebers ein Kapitel aus dem Buch von Stefano Fontana "Die neue Kirche von Karl Rahner", das in diesen Tagen bei "Fede e Cultura" erscheint

Während der langen Periode der Familiensynode -sowohl der außerordentlichen Synode im Oktober 2014 als auch der ordentlichen Synode im Oktober 2015 konnte man viele Elemente erkennen, die dem Einfluß Rahners zugeschrieben werden konnten. Man könnte auch sagen, daß die wichtigen Gegenpositionen, die während der beiden Synoden geäußert wurden, aus der Kontroverse zwischen den Lagern Rahners und seiner Gegenspieler stammen.

Sehr "rahnerische" Elemente waren bereits in der von Kardinal Walter Kasper im Februar 2014 im Februar 2014 vor den Kardinälen gehaltenen Einführungsrede zur Synode aufgetaucht.
Denken wir vor allem an den Gedanken, daß man eine Situation objektiver und öffentlicher Sünde, in der die wiederverheirateten Geschiedenen leben, nicht erkennen könne.
Nach der von Kasper vorgetragenen These, daß es keine wiederverheirateten Geschiedene gäbe sondern nur geschiedene Wiederverheiratete.
Die Realität aber zeigt keine tragenden und universalen Strukturen sondern nur individuelle Einzelsituationen. Diese Sichtweise ist nominalistischen Ursprungs, davon ausgehend, was William von Occkam im 15. Jahrhundert sagte und was dann auch die Luthers Philosophie und generell die der Protestanten wurde, weil sie der bessere Weg war, Vernunft und Glauben zu trennen.

Wenn es in Wirklichkeit keine universalen Strukturen gibt, die die Vernunft aus eigener Kraft erkennen kann, kann man natürlich auch weder von den Dingen auf Gott schließen, noch kann man sich der Sprache der Vernunft bedienen, um alles zu verstehen. Die Vernunft wäre nominalistisch, man könnte einzelne Dinge erfahren, denen man-weil sie einander ähneln- einen gemeinsamen Namen geben kann, aber nur einen Namen, der sich außer auf die einzelnen Dinge auf keine andere Realität bezieht. Der Glaube würde Fideismus.Gott ist allmächtig, er ist der völlig Andere, er ist Willen aber nicht Wahrheit.
"Veritatis splendor" von Johannes Paul II besagt das Gegenteil dessen, was Kasper behauptete, aber diese Enzyklika beruht auf einer anderen Philosophie.
Auch für Rahner gibt es nur Einzelfälle, die einzeln behandelt werden müssen, weil die Realität der Welt komplex ist, es keine Doktrin gibt, die man anwenden könnte und man nie erkennen kann, ob man sich vor einer mehr oder weniger sündhaften Situation befindet.
Angesichts eines Paares geschiedener Wiederverheirateter sollte die Kirche verstehen, annehmen und begleiten-in einem von Fall-zu-Fall-Vorgehen und mit der nicht genau definierten Differenzierung arbeiten.
Genau das hat Kardinal Kasper vorgeschlagen.

Während der synodalen Diskussionen haben viele Bischöfe gesagt, daß auch in einer homosexuellen Beziehung die Gnade Gottes anwesend ist. Vor, während und nach der Synode haben sich viele Bischöfe und Kardinäle dafür ausgesprochen, Homosexuellen Kirchenämter anzuvertrauen, auch wenn sie in ihren Beziehungen bleiben und die Anerkennung von Zivilehen zwischen homosexuellen Personen durch die Politik zu unterstützen. Es ist offensichtlich, daß diese Stellungnahmen zur Abschaffung des Naturrechts und der natürlichen Moralgesetze führen und nicht der Notwendigkeit Rechenschaft tragen, Natur und ihre Gesetze zu respektieren, wenn man dem Übernatürlichen und der Gnade gefallen will. Zu sagen, daß  Gnade auch in einer homosexuellen Beziehung ist, bedeutet- mit Karl Rahner- zu sagen, daß die Gnade immer allen gegeben ist, weil sie der Welt gegeben wurde, in der es keine Umstände außerhalb der Gnade Gottes gibt.

Man kann auch gut erkennen, daß die Einladung zur Parrhesia an die Synodenväter einen Rahner-Akzent hat. Sie bedeutet die Akzeptanz des Pluralismus innerhalb der Kirche, im Sinne moderner Gedankenfreiheit. Dieses Konzept der Gedankenfreiheit unterscheidet sich aber von der Freiheit im katholischen Sinn.
Parrhesia besteht aus dem Mut, die Wahrheit zu sagen, ohne Angst und ohne Zurückhaltung oder ohne die Sorge zu retten, was zu retten ist. Sie kann nicht bedeuten, in einem so wichtigen Kontext wie einer Synode für die Gläubigen skandalöse oder beunruhigende Ideen auszudrücken, oder solche, die Zweifel an der fundamentalen Wahrheit des bekannten Glaubens auslösen. Die Welt ist sicher pluralistisch, aber die Kirche kann das nicht sein. Aber wenn die Kirche Teil der Welt ist, wird sie auch pluralistisch sein, wie Rahner fortwährend versicherte.





Aber der Hauptbeweis für die Anwesenheit der Rahner-Theologie bei der jüngsten Familien-Synode betrifft den Zugang zur Kommunion für die geschiedenen Wiederverheirateten, also von Personen in öffentlicher und objektiver Sünde. Wenn die Sünde als ontologischer Tod (also des eigenen Seins) der Seele ist, kann man nicht denken, daß es möglich ist, die Kommunion zu empfangen, wenn die  Seele vorher durch das Sakrament der Buße wiedergeboren wird.
Wenn man die Sache derer, die sich der Kommunion nähern dürfen, aber nicht aus ontologischer sondern aus existentieller Sicht betrachtet, bleiben sie in in einer objektiven Situation der Sünde.
Hier gibt es die saubere Trennung zwischen Leben und Tod, zwischen Gut und Böse, zwischen Gnade und und Sünde, zwischen Dogma und Häresie nicht mehr sondern eine existentielle Situation persönlicher und kirchlicher Differenzierung. Im Leben ist alles umkehrbar, nicht ist unwiderruflich.
Trägt man dem, was schon gesagt wurde, Rechnung trägt, sieht man die Unmöglichkeit für Rahner sei es die objektive und öffentliche oder die persönliche Situation zu erkennen.
Für ihn gibt es die Gesetze Gottes, aber Gott- sagt er- ist nicht der Gott der Gesetze.

Wir können nicht leugnen, daß von der Familiensynode keinerlei Hinweis auf die Keuschheit noch auf darauf, daß sexuelle Handlungen außerhalb der Ehe Sünde sind, gegeben wurde. Johannes Paul II wurde oft zitiert, aber in zwei besonderen Punkten nicht: das Verbot für geschiedene Wiederverheiratete die Eucharistie zu empfangen und die Ausübung sexueller Handlungen außerhalb der Ehe, dem Punkt bei dem sich entscheidet, ob man das Erbe von "Humanae Vitae" von Paul VI akzeptiert oder ablehnt.
Karl Rahner war unter den Hauptkritikern dieser Enzyklika von Paul VI, wenn auch sicher nicht der einzige, und deshalb kann man verstehen, daß die Synode 2014 und 2015 einen wichtigen Kondensationspunkt für diese jahrzehntelange Opposition gegen die Sexualmoral der Enzyklika Pauls VI gefunden hat.
Nach Rahner soll die Kirche nicht "moralisieren", nicht  Vorschriften, Normen, Prinzipien, Regeln vorgeben, sondern die Gewissen formen.
Daß sie die Gewissen formen sollte, ist sicher wahr, aber die Gebote Gottes sind mild und sein Joch ist leicht, aber die Gesetze Gottes drücken das Wohl des Menschen aus und stehen dem Gewissen nicht entgegen. Die Vorschriften Gottes sind nicht abstrakt, so daß das Gewissen sie am Konkreten messen muß. Gebot und Gewissen entsprechen einander.
Die Moraltheologie Rahners unterscheidet sich von der Johannes Pauls II in "Veritatis Splendor"  und bei der Familien-Synode ist das bewiesen worden."


  

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