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"HUMANAE VITAE " UNTER BELAGERUNG. ABER ES GEHT NUR ÜBER WOJTYLAS UND CAFFARRAS LEICHEN"
Fünfzig Jahre nach ihrer Veröffentlichung ist die Enzyklika Pauls VI "Humanae Vitae" jetzt zur gründlichen Überholung in der Reparaturwerkstatt, wie Settimo Cielo berichtete.
Und es ist offensichtlich, daß Papst Franziskus die Absicht hat, eine Umkehrung bewirken will, was in der Praxis bedeutet, Kontrazeptiva zu legitimieren, auf möglichst besänftigende Weise -als ob es die Sache einer natürlichen und richtigen Evolution, ohne Ruptur, in perfekter Kontinuität mit dem vorangegangenen Lehramt der Kirche und der "wahren" tiefen Dynamik der Enzyklika selbst.
Wenn man aber ein bißchen dahinter schaut, scheint dieser Kunstgriff nicht leicht realisierbar zu sein. Es sind die Worte von Franziskus´ Vorgängern, die sich wie ein Berg gegen eine Veränderung der Lehre von "Humanae Vitae" erheben.
Es sind Worte, die zu zitieren, die Befürworter einer Änderung sorgfältig vermeiden. Aber sie sind unverrückbar da.
Da ist besonders eine Rede von Johannes Paul II vom 12. November 1988, die allein genügen sollte, den Weg zu blockieren.
20 Jahre waren seit der Veröffentlichung von Humanae Vitae vergangen und Papst Karol Wojtyla nahm die Gelegenheit wahr, sie als ein-für-alle-mal zu verteidigen, und Worte wie die folgenden in Stein zu meißeln:
"Das ist nicht die Sache einer von Menschen erfundenen Doktrin, sie ist durch die schöpferische Hand Gottes in die Natur der menschlichen Person eingescbrieben worden und ist von ihm durch Offenbarung bestätigt worden.
Sie in Frage zu stellen, ist also gleichbedeutend damit, Gott selbst den Gehorsam unserer Intelligenz zu verweigern. Es ist gleichbedeutend, das Licht unserer Vernunft dem Licht der göttlichen Weihsheit vorzuziehen und so in die Dunkelheit des Irrtum zu verfallen und letztendlich andere Hauptfundamente der Christlichen Lehre zu unterminieren.
Vor ihm saßen Bischöfe und Theologen aus aller Welt, die sich in Rom zu einem Kongress über nichts anderes als "Humanae Vitae" getroffen hatten.
Und Johannes Paul II wollte genau die Gründe identifizieren und zurückweisen, die so viele Theologen und Hirten dazu bewogen hatten, abzulehnen, was Paul VI in dieser Enzyklika lehrte.
Der erste dieser Gründe- sagte er- betrifft ein falsches Verständnis von der Rolle des Gewissens.
"Während dieser Jahre -der Bestreitung von Humanae Vitae folgend- wurde die christliche Lehre des moralischen Gewisssens selbst in Frage gestellt und die Idee des Gewissens als eines Schöpfers
der moralischen Norm akzeptiert. Auf diese Weise wurde das Band zum Gehorsam zum heiligen Willen des Schöpfers, in dem die wahre Würde des Menschen besteht, radikal zerrissen.
Das Gewissen ist de facto der Ort, an dem der Mensch durch das Licht erleuchtet wird, das nicht aus seiner erschaffenen und immer fehlbaren Vernunft stammt, sondern aus der wahren Weisheit des Wortes, durch das alles erschaffen wurde.
"Gewissen" wie Vatican II auf wundervolleWeise schreibt, "ist geheimster Kern und geheimstes Heiligtum des Menschen. Dort ist er allein mit Gott, dessen Stimme in seiner Tiefe ein Echo hat." (Gaudium et Spes, 16)
Hieraus- fuhr er fort-entsteht ein falsches Verständnis des kirchlichen Lehramtes.
"Weil das Lehramt der Kirche durch Christus den Herrn errichtet wurde, um das Gewissen zu erleuchten [...] kann man nicht sagen, daß ein Gläubiger fleißig nach der Wahrheit gesucht hat, wenn er nicht beachtet, was das Lehramt lehrt. Wenn er es mit jeder anderen Wissensquelle gleichsetzt, macht er sich selbst zu seinem Richter, wenn er -im Zweifelsfall- statt dessen seiner eigenen Meinung oder der von Theologen folgt und das der sicheren Lehre des Lehramtes vorzieht."
Genauso wie die bindende Kraft der Moralnorm unterminiert wird.
"Paul VI - der den empfängnisverhütenden Akt als in sich verboten qualifizierte- wollte lehren, daß die Moralnorm als solche keine Ausnahmen zulassen kann, kein persönlicher oder sozialer Umstand konnte und kann das oder wird es können, einen solchen Akt in sich selbst zuzulassen.
Das Gegebensein betimmter Normen -in Bezug auf die innerweltlichen Handlungen des Menschen- so kraftvoll verpflichtet- immer und in jedem Fall die Möglichkeit von Ausnahmen auzuschließen, ist die konstangte Lehre der kirchlichen Lehramts, das durch katholische Theologen nicht in Frage gestellt werden kann."
Der Fehler ist so gravierend" fuhr Johannes Paul II fort- daß er die Heiligkeit Gottes in Frage stellt.
"Hier rührt man an den Mittelpunkt der christlichen Lehre Gott und den Menschen betreffend.
Was bei näherem Hinsehen in Frage gestellt wird, ist daß mit Ablehnung dieser Lehre die Idee von der Heiligkeit Gottes selbst. Indem er uns dazu bestimmte, aus seiner sicht heilig und makellos zu sein, hat er uns "in Jesus Christus geschaffen um gute Werke zu tun, die Gott zuvor vorbereitet hat, daß wir in ihnen gehen sollen (Eph 2,10). Diese moralischen Normen sind einfach die Forderung aus der kein geschichtlicher Umstand befreien kann, aus der Heiligkeit Gottes, der im Konkreten teilnimmt und- tatsächlich - nicht im Abstrakten sondern für die individuelle menschliche Person."
Das negiert das Kreuz Christi.
"Nicht nur das, aber diese Verneinung macht das Kreuz Christi (1 Kor, 1:17) überflüssig. Indem das Wort Fleisch wurde, ist dass Wort voll in unsere tägliche Existenz eingetreten, die sich in konkreten menschlichen Handlungen ausdrückt, im Sterben für unsere Sünden, ist er in uns neu erschaffen in ursprünglicher Heiligkeit, die sich in unseren täglichen innerweltlichen Handlungen ausdrückt."
Und schließlich geht es um den Verlust des Menschen.
"Und außerdem führt diese Negation als logische Konsequenz dazu, daß es keine Wahrheit über den Menschen gibt, der vom Fluss des historischen Werdens ausgenommen ist. Die Annullierung des Msteriums Gottes endet- wie immer- in der Nichtanerkennung des Mysteriums des Menschen und der Nichtanerkennung der Rechte Gottes- und endet wie immer- mit der Negierung der Menschenwürde."
Und noch einmal: Diese Negation impliziert, dass es keine Wahrheit über den Menschen gibt, der vom Fluss des historischen Werdens ausgenommen ist. Die Annullierung des Geheimnisses des Menschen und die Nichtanerkennung der Rechte Gottes enden wie immer in der Negation der Würde des Menschen. "
Am Ende seiner Rede drängte Johannes Paul II die Professoren für Moraltheologie, in den Seminaren die Botschaft von Humanae Vitae mit absoluter Treue zu vermitteln.
Insbesondere vertraute er diese Aufgabe dem Päpstlichen Institut für Studien zu Ehe und Familie an, das er wenige Jahre zuvor in Rom gegründet hatte und das 1988 einen ersten Ableger in Washington errichtete.
Leiter des Institutes war damals ein Theologe namens Carlo Caffarra, der auch Konsultant der damals von Joseph Ratzinger geleiteten Glaubenskongregation war- wie auch einer der engsten Mitarbeiter von Papst Wojtyla in Lebens- und Familienfragen.
Caffaras Denken und Feder sind im Text der oben zitierten Rede leicht erkennbar.
Caffarra war von 2003 bis 2015 Erzbischof von Bologna und war einer der vier Kardinäle, die 2016 Papst Franziskus die fünf "dubia"-zur korrekten Interpretation von Amoris Laetitia übermittelten, der postsynodalen Exhortation, die heute als Quelle für einen Paradigmenwechsel in der Interpretation von Humanae Vitae benutzt wird.
"Humanae vitae" im Licht on Amoris Laetitia neu lesen"
Franziskus hat auf die dubia nie geantwortet und den Kardinälen, die sie vorbrachten, auf ihre Bitte , die Caffarra ihm in einem Brief im Frühling 2017 schickte- keine Audienz gewährt.
Caffarra ist am vergangenen 6. September gestorben und auch seither hat der Papst auf jede Geste des Verstehens und der Wetschätzung für ihn verzichtet- sogar am 1. Oktober, als er Bologna besuchte.
Was das Päpstliche Institut angeht, das immer noch den Namen von Johannes Paul II trägt, hat Papst Franziskus es im vergangenen Jahr mit einem neuen Namen neu gegründet "für Ehe-und Familienwissenschaften" und außerdem mit einem neuen Großkanzler in der Person Msgr. Vincenzo Paglias - der damit beschäftigt ist, die Enzyklika "Humanae Vitae" "neu zu denken" und deshalb Kontrazeptive zuzulassen, weil -wie er sagt- "die Normen dazu da sind, menschliche Wesen zu beleben, nicht um Roboter zu bedienen."
(Die obige Rede ist auf jeden Fall nicht die einzige, in der Johannes Paul II die Lehre von Humanae Vitae erneut vorstellte und verteidigte. Eine andere erinnert man vom 5. Juni 1987 -gerichtet an die Teilnehmer eines Studientreffens zur natürlichen Fruchtbarkeitsregulierung. Und noch wichtiger sind die Bezugnahmen auf Humanae Vitae, die er 1981 in die Exhortation "Familiaris Consortio" und 1993 in die Enzyklika "Veritatis Splendor" aufnahm.)
Quelle: Settimo Cielo, Sandro Magister
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