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Freitag, 18. Januar 2019

Magister: Was neu ist beim Osservatore Romano

Sandro Magister analysiert und kommentiert bei Settimo Cielo  den Stand der Dinge beim neu aufgestellten Osservatore Romano.
Hier geht´s zum Original:  klicken

"WER JETZT DEN OSSERVATORE ROMANO LEITET- UND WAS SICH GEÄNDERT HAT" 
Nach der abrupten Auswechslung des Direktors wenige Tage vor Weihnachten wurde geschrieben, daß der Osservatore Romano bald ein Face-lifting bekommen würde.

"Erdbeben in den Vatican Medien. Der Winterfeldzug der Paladine Bergoglios"  klicken

Und tatsächlich ist in den ersten Ausgaben dieses Jahres ziemlich viel neu.
Zu Beginn: die offizielle Zeitung des Hl. Stuhls wurde 2019 mit dem herausgegeben, was eine Art Wort des Tages für die Kirche sein sollte: dem Wort "Brüderlichkeit" - genommen aus der letzten Weihnachtsbotschaft "Urbi et Orbi" von Papst Franziskus, in der es in der Tat nicht weniger als zwölfmal vorkommt, dreimal mehr als die Worte Gott und Jesus zusammengenommen.
Der Veröffentlichung ging eine Vorschau in einem Leitartikel vom neuen Direktor Andrea Monda voraus, in dem angekündigt wird, daß Franziskus diese "Brüderlichkeit" endlich aus dem Schlaf erweckt hat, das die Französisch Revolution so verherrlichte, dann aber sofort zugunsten von "Freiheit" und "Gleichheit" und ihrer Degeneration zu Zügellosigkeit und Gleichmacherei kalt gestellt wurde.

Und um zu zeigen, daß es dem Osservatore Romano ernst ist, folgte in der Ausgabe vom 16. Januar eine vollwertige Neubewertung von "Brüderlichkeit" als neuer Grenze des Christentums, mit einer extragroßen Schlagzeile auf der Titelseite  und im Inneren der Brief, den am Fest Epiphanias an die Päpstliche Akademie für das Leben schickte, vor allem aber ein langatmiger Artikel der die Wahl des Wortes "Brüderlichkeit" zum Wort des Jahres rechtfertigte, als ob es um die Verleihung  eines Nobelpreises gehe.

Autor dieses Artikels ist Antonio Maria Baggio, vor langer Zeit Focolare, der in seiner Jugend bei seinen Lehrern Toni Negri und Luciano Feraari Bravo den Marxismus studierte, dann am Angelicum einen Doktorhut in Philosophie erhielt bevor er Direktor des Magazins "Nuova Umanita" und dann Professor an der Gregoriana und der Focolare-Universität Sophia und schließlich Spezialist für "Brüderlichkeit"  als Grundkategorie für politisches Denken wurde - mit einem in Argentinien gegründeten " Netzwerk für das Studium der Brüderlichkeit", das sich heute über ganz Lateinamerika erstreckt.

Diejenigen, die erwartet hatten, daß der Osservatore Romano dahin zurückkehren würde, den Kurs anzuzeigen, welchen  Weg man in Treue zum aktuellen Pontifikat einschlagen muß, können zufrieden sein. Jetzt erfahren sie aus der Zeitung des Papstes, daß Brüderlichkeit einer dieser Meilensteine sogar für die päpstliche Akademie ist- der für das Leben- die aus einem ganz anderen Grund vor 25 Jahren von Johannes Paul II gegründet wurde- zur Verteidigung des menschlichen Lebens von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod.





Aber das ist nicht alles. In der ersten Ausgabe des neuen Jahres gibt es noch andere Dinge, die sich beim Osservatore Romano geändert haben.

Verschwunden ist die Nebenlinie von Lucetta Scaraffia, die weiterhin die Monatsbeilage "Donne Chiesa Mondo" leitet aber nicht länger zur Chefredaktion gehört, wie es der Fall war, als Giovanni Maria Vian Direktor war.

Dazu ist statt dessen, neben und über dem neuen Direktor Andrea Monda die Nebenlinie von Andrea Tornielli  in seiner Eigenschaft als Chefherausgeber aller Vatican-Kommunikationsmedien und deshalb  auch des Osservatore Romano hinzugekommen.

Jedem das Seine. In einer am 11. Januar als Beitrag des online-Magazins "Formiche" veröffentlichten Analyse des Osservatore Romano - schreibt der frühere Direktor der Nachrichtenagentur der Italienischen Bischofskonferenz Domenico Delle Foglie  Monda die Rolle eines weisen, spirituellen Denkers und Tornielli die eines kirchenpolitischen Standpunktes zu.

Man muß nicht extra sagen, daß der Einfluß dieser beiden sehr unterschiedlich ist. Monda mit seiner feinen Feder in seinen Leitartikeln von Shakespeare bis zu Martin Buber, von Chesterton zu Peguy.
Und am 14. Januar hat er ein neues Format eingeführt "Briefe vom Direktor" - mit einer kurzen autobiographischen Erinnerung, in ihm wiedererweckt durch ein Zitat des Papstes das zwei Tage zuvor durch einen lieben Geschichtsprofessor, dem Jesuiten Giacomo Martina.

Aber es ist Tornielli der and er Spitze bleibt. Nachdem er am 1. Januar seinen Dienst als Direktor angetreten hat, hat er am 3. Januar bei Vatican News eine Exegese des Briefes unterschrieben, den Franziskus zur Frage des sexuellen Mißbrauchs an die US-amerikanischen Bischöfe geschickt hat. Und am nächsten Tag hat der Osservatore Romano die abgedruckt- mit einem Vorwort, daß der zentrale Punkt des Papstbriefes genau der von Tornielli angezeigte ist.

Das Gleiche passierte am 7. Januar im Hinblick auf die Rede des Papstes an das Diplomatische Corps mit einem Kommentar von Tornielli, der darauf abzielte, die kritikwürdigste Passage der Rede -über das Abkommen zwischen dem Hl. Stuhl und China zu den Bischofsernennungen zu rechtfertigen und zu lobpreisen.

Und das passierte wieder am 11. Januar auf einer noch größeren Bühne, mit einem Leitartikel Torniellis  auf der Titelseite, der darauf abzielte, das exzessive Medien-Interesse am vom Papst für Februar einberufene Gipfeltreffen zum sexuellen Mißbrauch zu zerstreuen, als ob es mitten zwischen einem Konzil und einem Konklave stehe und sich nur mit Regeln, Gesetzen, Codices und Prozeduren beschäftigen sollte, während diese niemals genügen könnten- ohne eine Änderung von Herz und Mentalität- bei denen, die gerufen sind, sie anzuwenden.

Insgesamt ist das Layout des Osservatore Romano soweit unverändert geblieben, mit internationalen Nachrichten auf den ersten drei Seiten und Kultur auf den nächsten beiden. Aber der Fokus wird häufiger auf bestimmte Krisenherde gelegt. Und am 11. Januar erschien dann auch ein Brennpunkt über ein spezielles Krisengebiet, der eine ganze Seite einnimmt, der Fall Venezuela, mit weiteren up-dates in den folgenden Tagen, einschließlich eines Statements des Interimsdirektors des Vaticanischen Pressebüros, Alessandro Gisotti, zur Rechtfertigung der Anwesenheit des Chargé d´affaires der Apostolischen Nuntiatur in Caracas bei der Amtseinführung von Präsident Maduro, die von fast allen Regierungen als illegitime Regierung angesehen wird - mit folgender harscher Kritik von rund zwanzig Staatsoberhäuptern- die meisten katholisch und Lateinamerikaner-an der Nachgiebigkeit des Vaticans.

Ein weiterer ganzseitiger Brennpunkt wurde am 7. Januar dem Zustand des Brexit-Chaos zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU gewidmet.

Auf alle Fälle muß man anerkennen, daß während der ersten Tage 2019 auch Artikel unbestrittener Bedeutung im Osservatore Romano erschienen sind. z.B. diese drei:

- am 10.Januar ein Titelseiten-Artikel von Fabrizio Contessa über das historische Statement von 500 muslismischen Imamen aus Pakistan zur Unterstützung der Religionsfreiheit und der Minderheitenrechte.

- am 11.Januar ein Kommentar von selterner Tiefe zu Humanae Vitae durch die deutsche Philosophin  Hanna-Barbara Gerl_Falkowitz, exemplarisch darin, die unkonventionellen, unbequemen und explosiven Elemente dieser Enzyklika vpn Papst Paul VI zu TAge zu fördern aber zugleich an ihrer Lehre festzuhalten.

-und ebenfalls am 11. Januar die von den meisen Medien ignorierte Nachricht über einen terroristischen Angriff auf eine Koptische Kirche in Kairo, der von einem Imam verhindert wurde, der indem er von einem nahegelegenen Minarett einem Alarm auslöste, der es ermöglichte den Sprengstoff zu entschärfen und so das Leben der in der Kirche versammelten Christen zu retten.

Zu den Kuriositäten der neuen Phase des Osservatore Romano kann man auf Folgendes hinweisen:

- am 14. Januar ein Exklusiv-Interview mit der Bürgermeisterin von Rom Virginia Raggi, die ankündigte, daß die Caritas die Erträge - mehr als eine Million € im Jahr- der Münzen bekommt, die Touristen in die Brunnen Roms werfen.

-und am 16. Januar ein Auszug aus der reichen Korrespondenz  zwischen der Hl. Theresa von Kalkutta und Giulio Andreotti, der anläßlich des 100. Geburtstages des Staatsmannes - der zu Lebzeiten der verleumderischsten Beschuldigungen war- von Mord bis zur Komplizenschaft mit der Mafia- der aber dennoch sowohl ein glühender Gläubiger als auch von 199 bis 2012 Direktor des Katholischen Magazins "30 Giorni" war.

Tatsache ist, daß -wenn man zum Kern der Frage zurückkehrt- der neue Kurs des Osservatore Romano die Diagnose bestätigt, die ein anderer Spezialist für Vatican-Themen, Luigi Accatoli, in  "Formiche" formuliert hat:

"Die Richtung, in die der Papst die Dinge bewegen will, ist einen einzigen Manager für die Vatican-Medien, Dikasterium, dem Paolo Ruffini vorsteht, und eine koordinierende journalistische Stimme, Andrea Tornielli, dem alle folgen müssen.  Deshalb werden die organisatorischen und institutionellen Entscheidungen  durch den Leiter des Dikasteriums getroffen, während die journalistischen Entscheidungen von Tornielli gemacht werden.
Die anderen müssen diese politischen und journalistischen Direktiven in die Praxis umsetzen.
Ich glaube, daß das ohne irgendwelche Schwierigkeiten gemacht werden kann, weil es nicht länger den Widerstand des [alten] Direktors des Osservatore Romano und des Pressebüros gibt.
Jetzt sind da Menschen, die willens sind, die Richtlinien der Mitarbeiter des neuen Organismus´zu befolgen. "

Quelle: Settimo Cielo, S. Magister

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