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Montag, 3. Juni 2019

Neue Informations-und Kommunikationsstrategien im Vatican?

In seiner montäglichen Kolumne befaßt sich A. Gagliarducci  heute bei Monday in the Vatican mit den Herausforderungen neuer Kommunikations/ Informations-Strategien im Vatican.
Hier geht´s zum Original:  klicken

"PAPST FRANZISKUS, EINE NEUE GENERATION VON INFORMANTEN?"
"Neben der Rumänien-Reise von Papst Franziskus standen in der vergangenen Woche Msgr. Anthnony Figueiredos Enthüllungen über McCarrick  - Figueiredo war McCarricks persönlicher Sekretär gewesen- und das Interview, das Papst Franziskus dem mexikanischen Fernsehsender "Televisa" gab im Mittelpunkt.

Sowohl die Leaks des "Figueiredo-Reports" als auch Papst Franziskus´Antworten scheinen eine neue Frontlinie der Vatican-Kommunikation darzustellen.

Msgr. Figueiredo hat eine neue web-site eingerichtet, um die McCrricks Korrespondenz zu veröffentlichen. Er aktivierte einen sicheren e-mail-account und ein Diskussionsforum.
In seiner Einleitung zu den Dokumenten und später in einem Interview bei CBS unterstrich Figueiredo, daß er beschlossen habe, aus Liebe zur Wahrheit alles zu veröffentlichen, nachdem er erfolglos versucht habe, der Kurie diese Information mitzuteilen.

Msgr. Figueiredo hat sich selbst auch als ein Opfer des Machtmißbrauchs Vorgesetzter vorgestellt und sagte, daß er wegen dieses Mißbrauchs alkoholsüchtig wurde. Er sagt auch, daß er diese Sucht inzwischen überwunden hat.

Die  Veröffentlichung von Dokumenten auf einer bestimmten web-site kann auch als eine weitere Frontlinie des sog. Vatileaks-Phänomens betrachtet werden.

Ganz am Anfang wurden vertrauliche Dokumente an Journalisten versandt,die oft als dem Pontifikat nahestehend angesehen wurden. Das wahre Ziel der Leaks war es, Vorteile in einigen Fragen des Regierens zu erlangen. Das geschah hauptsächlich während des Pontifikates von Benedikt XVI. Es war das erste Vatileaks: es zielte auf Männer und Situationen und versuchte das Papsttum zu schützen,

Die zweite Vatileaks-Phase war etwas anders. Dokumente wurden nach außerhalb der Vaticanisti geliefert. Das Ziel war nicht irgendeinen Wettbewerbsvorteil zu erlangen sondern den Vatican anzugreifen. Diese Leaks hatten die Veröffentlichung von Büchern von Journalisten zur Folge, die oft nichts von der Arbeit des Hl. Stuhls wußten und voller Anti-Vatican-Vorurteile waren. Sie haben die Souveränität des Hl. Stuhls angegriffen. Diese Journalisten hatten kaum Verbindungen im Vatican.





Die dritte Vatileaks-Phase führte zum Vatileaks-Prozess im Vatican.  Es gab weiterhin die  Angriffe auf die Souveränität des Vaticans. Die Leaks waren nicht nur einfach ein bestehende Gewohnheit, Sie wurden zu einem regulären Werkzeug, um den Druck zu erhöhen und Geheimnisse zu enthüllen, um die Welt des Vaticans zu demontieren- Es war der Versuch, den Vatican durch Leute zu leiten, die von außerhalb des Vaticans kamen.

Der Figueiredo-Report hat eine vierte Phase eröffnet: jeder, der ein Dokument hat, versucht es zu benutzen und fühlt sich ermutigt, das zu tun. Die veröffentlichten Papiere bilden ein Narrativ und offenbaren ein bestimmtes Ziel der Autoren. Das bedeutet, daß wir nicht sicher sein können, daß die veröffentlichten Dokumente die ganze Geschichte zeigen. Wenn ausgewählte Papiere veröffentlicht wurden, warum wählte der Autor diese Dokumente und keine anderen?

So sprechen die Dokumente im Figueiredo-Report McCarrick teilweise frei (McCarrick gibt zu, unvorsichtig gewesen zu sein, als er sein Bett mit Seminaristen teilte, sagt aber, nie Sexualverkehr gehabt zu haben) und zeigen gleichzeitig, daß die von Erzbischof Viganò in seinem Zeugnis veröffentlichte Information über die Sanktionen gegen McCarrick richtig war. 

Wie das Zeugnis von Erzbischof Viganò
ist der Figueiredo-Report eine Teilgeschichte, aus einer speziellen Perspektive. Was berichtet wird, mag richtig sein, aber niemand weiß, ob auch die ganze Wahrheit gesagt wird. Wenn nicht- warum haben sie beschlossen, nur diesen Teil der Wahrheit zu zeigen?

Der Figueiredo-Report könnte eine Büchse der Pandora geöffnet haben und es werden bald weitere Dokumente veröffentlicht. Es wird zu Leaks ermutigt und sie werden manchmal sogar belohnt.

Nicht alle Leaks sind allerdings willkommen,- wie man im Interview von Papst Franziskus mit Televisa verstehen kann. Wie es seine Gewohnheit ist, hat sich Papst Franziskus nicht geweigert, Fragen zu beantworten.

Papst Franziskus hat über den Fall von Gustavo Zanchetta gesprochen, den der Papst in den Vatican berief, um auf einem extra für ihn geschaffenen Posten in der Verwaltung des Apostolischen Stuhls zu dienen. Gegen Zanchetta wird jetzt wegen angeblichen Mißbrauchs ermittelt. Papst Franziskus sagte, es werde ein Urteil geben und gab zu, er sei sich bewußt, daß Zanchetta wegen Autoritarismus und Mismanagement beschuldigt werde, aber stellte auch fest, daß eine Überprüfung seiner Persönlichkeit keinerlei Probleme gezeigt habe.

Papst Franziskus sprach auch über die causa McCarrick: es sagte, er habe nichts über Mccarrick gewußt und beklagte auch indirekt, daß Erzbischof Viganó vielleicht nicht glaubwürdig sei (der Papst wies indirekt auf einen Prozess in einer familisären Erbsache gegen Viganó in Mailand hin).

Papst Franziskus sprach auch über den sexuellen Mißbrauchsskandal in Chile und sagte, daß er sich der Schwere der Lage erst bewußt geworden sei, als es aus Chile zurückkehrte und deshalb entschied, einen Spezialgesandten zu schicken.

Außerdem versicherte Papst Franziskus, daß er handeln könne, ohne Schritt für Schritt erklären zu müssen, was er tue. 

Am Ende gibt es keine Pflicht zur Transparenz. Es gibt die Verpflichtung zur Gerechtigkeit, was etwas grundlegend anderes ist. 

Die allgemeine Diskussion dieser Themen konzentriert sich dagegen meistens auf die Transparenz. Papst Franziskus fordert jeden dazu auf, frei- mit Parrhesia- zu sprechen, Der Papst spricht oft über die Auswirkungen des "Terrors des Tratschens". Das ist ein reales Thema. Andererseits weiß der Papst sehr wohl, daß Klatsch manchmal gebraucht wird, um die Dinge zu verstehen.

Wie der Papst vertraulich zugab, ist das Klima um ihn herum angespannt geworden. Die Smartesten wollen den Informationsfluß lenken, während die Loyalsten versuchen, die Institution zu bewahren. Die Smartesten bekommen die Schlagzeilen.

Diese Situation bringt eine neue Generation von Informanten hervor, die keine Angst haben, an die Öffentlichkeit zu treten, Das coming out verbessert ihr Image. Die Medien sind am Ende dazu berufen, Informationen zu liefern und Geschichten zu konstruieren -und das Bild eines Charakters der Transparenz fordert, funktioniert immer. Keiner fragt jemals, warum diese Person Transparenz fordert.

Aus diesem Grund steht die Vatican-Kommunikation vor einer neuen Herausforderung: die Institution davor zu bewahren, die Anforderungen für Transparenz erfüllen zu müssen. 
Papst Franziskus´Interview mit Televisa könnte und sollte das letzte dieser Art sein: es zu schwer, die Kommunikation zu managen, wenn der Papst selber seine Entscheidungen vage rechtfertigt und erklärt.

Bei der  Herausforderung dieser neuen Generation von Informanten geht es darum, die Art der Fragen zu ändern. Wenn es Leaks gibt, ist das Hauptproblem: stimmt es?
Das Thema sollte eher sein: warum berichten sie über diese Fakten? Und über welche Fakten wurde nicht berichtet? "

Quelle: Monday in the Vatican, A. Gagliarducci 

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