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Montag, 28. Dezember 2020

Die Weihnachtsansprache an die Kurie...ist der Papst ein Provokateur?

In seiner montäglichen Kolumne kommentiert A. Gagliarducci die traditionelle Weihnachtsansprache des Papstes an die Kurie und interpretiert sie kritisch als charakteristisch für das Pontifikat
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"PAPST FRANZISKUS, ENTZIFFERUNG SEINER REDE AN DIE KURIE" 

Was, wenn die Weihnachtsansprache an die Römische Kurie die letzte von Papst Franziskus    gewesen ist? Einige Tage nach der Veröffentlichung dieser Rede, verbreitete sich das Gerücht, daß Papst Franziskus zwischen Weihnachten und Neujahr auf sein Papsttum verzichten könnte, so wie es Benedikt XVI schon getan hatte. Die Gerüchte wurden durch einen angeblichen Kommentar von Austen Ivereigh gestützt, der sich selbst als den Biographen des Papstes betrachtet und der ein Interview-Buch über ihn geschtieben hat. Ivereigh hat übrigens geleugnet, das jemals kommentiert zu haben. Am Ende waren es fake news. 

Auf alle Fälle lohnt es sich, auf diese Hypothese einzugehen, die zugleich sowohl realitätsfern als auch suggestiv ist. Auch wenn es wahr ist, daß als Bergoiglio gewählt wurde, Gerüchte von "drei oder vier Jahre Bergoglio" sprachen, "genug um die Kirche zu verändern" und daß Papst Franziskus die Entscheidung Benedikts XVI als prophetisch erachtete. Es ist auch wahr. daß Papst Franziskus nicht die Art Persönlichkeit zu sein scheint, die auf ihr Pontifikat verzichten würde und das auch nicht tun zu wollen scheint, solange Benedikt XVI lebt. 

Alles in allem ist es aber eine suggestive Hypothese, die auch einlädt aus verschiedenen Blickwinkeln auf Papst Franziskus´ Rede an die Kurie zu schauen: was würden wir über diese Rede sagen, wenn sie als sein Erbe anzusehen wäre? 

Papst Franziskus hat die Ansprachen an die Kurie zu einer Gelegenheit gemacht, zu ...wen der Papst angreifen will. Seit der Rede über die 16 Krankheiten hat der Papst die Linie beibehalten, die Kurie wegen verschiedener Themen zu reizen. Nicht nur. Die Weihnachtsansprachen sind auch Antworten auf die an ihn gerichtete Kritik. Z.B. war das so bei der Rede von 2016, in der er Punkt für Punkt die Reformen, die durchgeführt worden waren, umriss. 

Die Rede vom vergangenen 21. Dezember antwortet ebenfalls auf zahlreiche Beobachtungen. Es wurde gesagt, daß der Papst, wenn er die Kurie angreift, ebenso die vielen guten Menschen, die dort arbeiten, angreift. Aber der Papst preist die Kurienmitarbeiter. auch wenn das in den Zeitungen nicht erwähnt wird. 

Und wieder: ist die Idee der Kurienreform wegen der Art , wie sie in letzter Zeit ausgeführt wurde, kritisiert worden? Der Papst warnt davor, sich bei der Definierung der Kurienreform nur auf den Entwurf einer Apostolischen Konstitution zu verlassen. 

Wird Papst Franziskus beschuldigt, einen Konflikt heraufzubeschwören? Der Papst erklärt, daß er Krisen liebt, weil Krisen Gelegenheiten bieten, zu Akzeptanz zu führen, aber daß Streitigkeiten vermieden werden müssen. Für den Papst bringt eine Krise etwas auf den Weg, während Konflikte zu Klatsch und Selbstbezogenheit führen. 

Das Sprichwort sagt: "In  cauda venenum" - das Gift ist am Ende. Und tatsächlich bittet der Papst am Ende des Tages die Kurienmitglieder um das Weihnachtsgeschenk einer "großzügigen und leidenschaftlichen Mitarbeit an der Frohen Botschaft, besonders gegenüber den Armen."


Und dann: "Daß niemand absichtlich das Werk behindert, das der Herr zur Zeit tut und wir bitten um die Gabe der Demut des Dienstes, damit Er größer und wir kleiner werden mögen." 

Das sind die beiden Sätze, die den Ton einer programmatischen Rede aufweisen. Einerseits bittet er um Mitarbeit und setzt dabei voraus, daß es Widerstand gegen seine Ideen gibt. Andererseits "exkommuniziert" Papst Franziskus in einer kategorischen Formulierung de facto jede Art von Kritik. 

In der Praxis wird jede Kritik an der Arbeit des Papstes als ein Akt fehlender Demut betrachtet und als Hindernis für das Werk des Herrn. Andererseits hat Papst Franziskus immer gesagt, daß  als er wahrnahm, daß er zum Papst gewählt werden würde- ihn sofort Friede überkam. Er ist überzeugt, daß die Wahl eine Art Legitimation seiner Arbeit durch den Heiligen Geist ist. 

Die Tatsache, daß der Heilige Geist auf einen Papst hinweist, besagt nicht, daß der Papst sich nie irren kann, sondern einfach nur, daß der Papst in der Lage ist, die Kirche in die Zeit führen, die ihm gegeben ist. Wenn der Papst das tut, bleibt das sichtbar. Aber die Führugn durch den Heiligen Geist betrifft die Kirche- nicht die Person des Papstes. 

Es hat eine Art Identifikation zwischen Papst und Institution stattgefunden, die mehr als ein Problem verursacht hat. Es gibt ein ständiges Reden über einen Papst Franziskus, der sich jeder Art von Widerstand gegenüber sieht. Aber welcher Papst tat das nicht? Der Unterschied dabei ist, daß bei Papst Franziskus jeder Widerstand als Verrat betrachtet wird. 

Die Forderung in seiner Rede an die Kurie von einer Logik des Konflikts zu einer der Krise überzugehen, ist interessant. Sie erscheint fast wie ein Widerspruch, weil offensichtlich ist, daß viele der entstandenen Streitigkeiten von Papst Fraanziskus gewollt waren. 

Als Jesuit ist Papst Franziskus ein Provokateur; er will offene Prozesse und bevorzugt deshalb Diskussionen. Er hat das z.B: bei den beiden Familien-Synoden getan, weil Amoris Laetitia den Gedanken einer Synode immer offen gelassen hat. Er tat das bei der Auswahl der Reformen, indem er völlig verschiedene Reformprozesse - bis zu einer Synthese.- autorisierte. Das tat er, als er beschloss, einige Männer zu behalten und andere zu versetzen, und die alte Garde zu ersetzen. 

Z.B. stehen die Entscheidung die Kardinäle Odilo Scherer und Petr Erdö in den Wirtschaftsrat zu berufen und die Entscheidung, Kardinal Robert Sarah an der Spitze der Liturgiekongregation zu bestätigen, im Gegensatz zum früheren Beschluss, ebenso Kardinal Scherer von der wichtigen Position, die er hatte, zu entfernen oder zur Marginalisierung von Kardinal Sarah in der Diskussion  über die Autorisierung der Übersetzung litugischer Bücher. 

Papst Franziskus verursacht die Krise, aber in Wirklichekeit wäre die Krise von Papst Franziskus eher als Konflikt zu bezeichnen. Es gibt keine einheitliche Interpretationslinie, weil der Papst sie alle für gültig hält. Wenn er ein Ziel erreichen will, läßt er mehrere Leute auf verschiedene Weise daran arbeiten. Erst am Ende wird Papst Franziskus den Weg wählen, den er für passend hält. Das bedeutet, daß alle anderen, die einen anderen Zugang gewählt haben, feststellen, daß ihre Arbeit vergeblich war. 

Daraus entsteht Spaltung. Sogar die bloße Tatsache, daß erwartet wird. daß die Ansprache an die Kurie der Zeitpunkt des Jahres ist, an dem der Papst einige Haltungen der Kurie angreift, zeigt, daß der Papst Spaltung hervorruft und im Konflikt lebt und fordert, daß das akzeptziert wird. Er ist ein Papst, der wiederholt bestätigt, daß er das Kommando hat und Synodalität nicht als ein kollegiales Führen interpretiert,sondern als eine Führung, bei der hochgestellte Berater das Oberhaupt beraten. 

Das sind  nur Eindrücke und vielleicht sieht Papst Franziskus sein Handeln anders. Aber alles, was er sagt und tut, weist auf dieses Regierungsmodell hin. Wenn der Papst zurücktritt, würde er eine von ihrem Führer unterworfenen Kirche hinterlassen. Niemand kann entscheiden, weil niemand weiß, wohin der Papst strebt. Offene Prozesse bedeuten auch, daß es keine genaue Richtung gibt. Das wäre am Ende eine Kirche in der Krise, so wie Papst Freanziskus es mag. Das ist ein Thema, das bei einem zukünftigen Konklave nicht unterschätzt werden darf. "

Quelle Monday in the Vatican, A. Gagliarducci 

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