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Montag, 4. Oktober 2021

Papst Franziskus: das Zweite Vaticanische Konzil als universaler Bezugspunkt seines Lehramtes

In seiner heutigen Kolumne in "Monday in the Vatican" analysiert und kommentiert A. Gagliarducci die Antworten und Kommentare von Papst Franziskus auf Kritik an seinem Lehramt.  
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"PAPST FRANZISKUS UND DAS NARRATIV VOM ZWEITEN VATICANISCHEN KONZIL"

Was Papst Franziskus schreibt, muß immer sehr sorgfältig gelesen werden, weil es transversale Botschaften enthält, die uns erlauben, zu verstehen, wie der Papst denkt oder arbeitet und vor allem, welches Bild er mit seinen Aktionen malen will. Z.B. hat Papst Franziskus das Vorwort für den Band "Brüderlichkeit Zeichen der Zeit. Die Soziallehre von Papst Franziskus" von Kardinal Michael Czerny und Pater Christian Barone" geschrieben. Dieses Vorwort ist keine Ausnahme. 

Das Buch faßt die sozialen Statements des Papstes zusammen und gibt ihnen einen Rahmen, um zu erklären, welches die Soziallehre von Papst Franziskus ist und worauf sie abzielt. In seinem Vorwort zeigt der Papst, daß er sich der Kritik gegen ihn sehr bewußt ist und er antwortet direkt. 

Zuerst bezieht Papst Franziskus seine gesamte Soziallehre auf das Zweite Vaticanische Konzil.

Der Papst sagt, daß der Kardinal Michael Czerny Fr. Christian Barone, Brüder im Glauben, für ihren Beitrag dankbar ist, den sie auf diesen Seiten zur Brüderlichkeit leisten, der -während er die Enzyklika Fratelli Tutti einführt, die starke Verbindung zwischen dem aktuellen sozialen Lehramt und den Äußerungen des II.Vaticanischen Konzils beleuchten und betonen soll.

Das Papst erklärt dann, daß die Verbindung zum II.Vaticanischen Konzil manchmal "nicht auf den ersten Blick erscheint." Der Grund liegt für Papst Franziskus in der Tatsache,  daß wir "in der Geschichte Latein-Amerikas -in die ich eingebettet bin- zuerst als junger Jesuit und dann während meines Dienstes- eine kirchliche Atmosphäre geatmet haben, die- enthusiastisch-ihre eigene theologische, kirchliche und spirituelle Sichtweise des Konzils hatte und sie inkulturiert und angewandt hat.

Zuletzt -fährt Papst Franziskus fort, "wurde das Konzil der Horizont unseres Glaubens, unserer Sprachen und unserer Praxis, d.h. und wurde bald unser kirchliches und pastorales Ökosystem, aber wir waren es nicht gewohnt, die Konzils-Dekrete zu zitieren oder uns in spekulativen Überlegungen zu ergehen."


Kurz gesagt, "Das Konzil ist in unsere Art, Christen und Kirche sein zu wollen und- im Verlauf des Lebens- in meine Ziele, Wahrnehmungen eingedrungen und meine Spiritualität wurde durch die Vorschläge zur Doktrin des II. Vaticanischen Konzils geprägt. Deshalb gab es nicht viele Gründe, die Konzilstexte zu zitieren."

Aber heute gibt Papst Franziskus zu, "nach mehreren Jahrzehnten und wo wir uns in einer zutiefst veränderten Welt befinden, ist es nötig, das Schlüsselkonzept des II.Vaticanischen Konzils, das Fundament seiner Argumentation, seinen theologischen und pastoralen Horizont, die Argumente und die angewandten Methoden klarer zu machen."

Praktisch antwortet Papst Franziskus auf Kritik an seinem Lehramt, indem er sagt, daß alles direkt dem II.Vaticanum entstammt und daß er nie daran gedacht habe, es wirklich zu erklären, weil er sicher war, daß das verstanden worden sei. 

Das ist eine direkte Antwort, die für alle Fälle einige Interpretationen zuläßt. Sagt Papst Franziskus also, daß seine Art das Konzil zu leben, die einzig mögliche ist? Lehnt er also jeden anderen Gesichtspunkt ab und weist darauf hin, daß er nicht verstanden worden ist?

Der Bezug zur Realität in Lateinamerika ist ebenfalls interessant und klingt fast wie ein "Ehrenpunkt"
In Latein-Amerika wurde das Konzil besser verstanden und hat deshalb begonnen, zu leben. und wie es aussieht- "ohne Widerstand". Dieses Statement antwortet auf die Notwendigkeit die Latein-Amerikanische Theologie zur "Quell-Theologie" zu machen, wie der Papst oft gesagt hat.

Papst Franziskus betont deshalb erneut seine Weltsicht, antwortet auf die Kritik und nimmt das Narrativ wieder auf, das einem einzigen Gedanken zu entsprechen scheint. Wie er es jedesmal tut, wenn er kritisiert wird, verbindet der Papst seine Handlungen an etwas Vorhergehendes- als ob es unmöglich wäre, die Aktionen aus dem Bezug zu lösen oder ihnen einen anderen Kontext zu geben. Jenen, die sich auf die Tradition beziehen, zeigt der Papst, daß da eine Tradition ist. Jenen, die über eine Ruptur nachdenken, zeigt der Papst, daß es einen Tempowechsel gibt. Bleibt zu verstehen, wie sehr dieser Tempowechsel wahrgenommen wird oder sogar real ist. 

Das andere interessante Element ist, wie der Papst die Zusammenarbeit zwischen Kardinal Czerny und Fr. Barone beschreibt. 

Diese Verbindung- schreibt der Papst- "ist fruchtbar: ein Kardinal- zum Dienst beim  Hl. Stuhl und als pastoraler Führer berufen und ein Fundamental-Theologe. Das ist ein Beispiel dafür, wie Studium, Überlegung und kirchliche Erfahrung kombiniert werden können und zeigt uns auch eine Methode: eine offizielle und eine junge Stimme gemeinsam."

Papst Franziskus schließt: "So müssen wir immer gehen: Lehramt, Theologie, pastorale Praxis, Füghrung. Immer zusammen. Brüderlichkeit wird umso glaubhafter, wenn wir auch in der Kirche beginnen, zu fühlen, daß wir alle Brüder sind und unsere jeweiligen Ämter als Dienst am Evangelium und dem Aufbau des Königreiches Gottes und der Sorge um unser gemeinsames Haus leben."

Was hier verblüfft, ist der Bezug zur "Glaubwürdigkeit der Brüderlichkeit" -wenn uns zuerst alle als Brüder fühlen, das so etwas an das "Beißen und Verschlingen" erinnert, über das Benedikt XVI bei Diskussionen in der Kirche gesprochen hat. Das unterstreicht, daß Päpste sich immer einer Opposition gegenüber gesehen haben. 

Aber Papst Franziskus weist auf die Methode "junge und offizielle Stimmen gemeinsam" hin, die jetzt als entscheidend betrachtet wird, Und vielleicht wird spontane Initiative zur politischen -fast unerläßlichen- Tatsache- auf die der Papst als notwendig verweist. Aber am Ende deutet Papst Franziskus auf die offizielle Stimme als Führerin. Deshalb muß alles ins Zentrum zurückkehren. Das ist Synodalität nicht Kollegialität. Der Führer bleibt immer und er ist der Papst. Das sind keineswegs gemeinsame Entscheidungen. Man arbeitet mit dem Boss zusammen. "

Quelle: A. Gagliarducci, Monday in the Vatican 

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