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Donnerstag, 30. Juni 2022

Mit Desiderio Desideravi will Papst Franziskus den Grabstein auf das Grab der TLM setzen

Luisella Scrosati kommentiert in La Nuova Bussola Quotidiana kritisch das neue Apostolische Schreiben "Desiderio Desideravi" des Papstes. 
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"LITURGIE, NEUE SCHLÄGE GEGEN DIE TRADITION (UND DAS KONZIL)"

Im Apostolischen Brief Desiderio Desideravi zeigt Franziskus, daß er im Namen des Konzils einen Grabstein auf den alten Ritus stellen will, aber man kann nicht ignorieren, daß die Reform weit über die Liturgie-Konstitution hinaus gegangen ist, wenn nicht sogar gegen sie. Und noch schlechter wurde sie umgesetzt.

In Rom scheint man die zunehmende Kritik am motu proprio Traditionis Custodes  nicht gut verdauen zu können. Der Apostolische Brief Desiderio desideravi, den Papst Franziskus gestern, am Hochfeste der Heiligen Petrus und Paulus unterschrieben hat, der der liturgischen Erziehung des Gottesvolkes gewidmet ist, kehrt zum grundlegenden Punkt des motu proprio von vor fast einem Jahr zurück und das ist der Wille, einen Grabstein auf alten Ritus zu setzen. Am Ende des Briefes zeigt der Papst, daß er den Schlag der zunehmenden Kritik gespürt hat, aber auch, daß er versucht Wasser auf die Flammen zu gießen, und drängt dazu, den Streit zu beenden, um "gemeinsam zu hören, was der Hl. Geist der Kirche sagt" (Nr. 65) und die Kommunion zu bewahren. 

Das Problem ist, daß gerade das Apostolische Schreiben den Zündstoff liefert, der die Kontroverse der letzten Monate angeheizt hat, und der die Bedingungen für einen umfassenderen Bruch der kirchlichen Gemeinschaft schafft. Es gibt viele Absätze von Desiderio, die man unterschreiben würde: die Bedeutung des Schweigens (Nr. 52), der ars celebrandi (Nr. 49 ff.), des Vermeidens jeglichen Personalismus im Stil der Feier (Nr. 54). Bemerkenswert ist auch die heitere Reflexion über liturgische Theologie. Aber es gibt einige ernsthafte Probleme, die nicht verschwiegen werden können und die zwangsläufig noch mehr Kritik an der "liturgischen Linie“ dieses Pontifikats hervorrufen werden, vor allem seit Arthur Roche die Zügel des zuständigen Dikasteriums übernommen hat.


Erstes Problem. Laut Franziskus ist das Akzeptieren der Liturgie-Reform die nötige Voraussetzung für das Akzeptieren des II. Vaticanischen Konzils. In der Ablehnung der Reform sieht er ein ekklesiologische Problem: "Es ist hauptsächlich ein ekklesiologisches Problem. Ich sehe nicht, wie man sagen kann, daß man die  Gültigkeit des Konzils anerkennt [...] aber nicht die Liturgie-Reform von Sacrosanctum Concilium, das die Realität der Liturgie als intime Kenntnis der Vision von Kirche ausdrückt, das wunderbar in Lumen Gentium (31) beschrieben wird. Es ist wahr, daß einige glauben, daß die Liturgiereform ein Ausdruck des Zweiten Vatikanischen Konzils ist und daher abgelehnt werden muss; aber wir können nicht so tun, als ob es stattdessen andere Positionen gibt, die zeigen, wie die Reform in Wirklichkeit weit über die Vorgaben von Sacrosanctum Concilium hinausgegangen ist, wenn nicht sogar gegen sie. Und wie die Reform tatsächlich umgesetzt wurde, ist noch schlimmer.

Es wäre schön. wenn man verstehen könnte, wann und wo die Konzilsväter die Abschaffung von Septuagesima, der Oster-Oktav, der Pfingst-Oktav, der Bittmessen, der Vier Zeiten (in Wirklichkeit der Entscheidung ad libitum der Entscheidung der trägen Bischofskonferenzen überlassen), die völlige Erneuerung der Riten des Offertoriums gefordert haben sollen. So wie es auch nicht schlecht wäre, wenn man verstehen könnte, auf welchem Konzilstext der Beschluss beruht, die dem römischen Ritus (SC 116) eigene Lateinische Sprache und die Gregorianischen Gesänge nicht mehr zu benutzen, die zu einem Aschenputtel geworden sind. Auch historisch kann man die Tatsache nicht leugnen, daß eher das Missale von 1965 als das von 1969 die Vorgaben von SC -unabhängig von der Wertschätzung- umgesetzt hat. 

Auf diese Weise tut der der Hl. Vater nichts anderes  als alle jene kritischen Standpunkte zu irgendwelchen Aspekten der Reform , die nicht mit einer Ablehnung des II. Vaticanums verbunden sind, mißzuverstehen, ohne eine konstruktive Auseinandersetzung zu akzeptieren. Bei einigen Texten versteht man nicht, warum sie nicht verbessert und in den nicht-dogmatischen Teilen einer erneuten Prüfung unterzogen werden sollten. Wenn man also die Kontroverse wirklich beenden und die kirchliche Gemeinschaft über die Liturgie wieder aufbauen will, sollte man zumindest auf die gegensätzlichen Positionen hören, sie aber nicht gleich als anti-konziliar disqualifizieren.

Die Fortsetzung von  § 31 wirft das zweite große Problem des Apostolischen Schreibens auf: "Aus diesem Grund fühlte ich mich – wie ich in dem an alle Bischöfe gerichteten Schreiben erklärt habe – verpflichtet, zu bekräftigen, daß “die von den Heiligen Päpsten Paul VI und Johannes Paul II. promulgierten liturgischen Bücher in Übereinstimmung mit den Dekreten des Zweiten Vatikanischen Konzils der einzige Ausdruck der lex orandi des Römischen Ritus sind." (Motu Proprio Traditionis custodes, Art. 1)". Bei allem Respekt vor der päpstlichen Autorität kann der Papst die Realität nicht mit einer einfachen Erklärung auslöschen. Denn früher oder später wird man einige elementare Fragen beantworten müssen: Wenn die Bücher, die aus der Liturgiereform hervorgegangen sind, der einzige Ausdruck des Römischen Ritus sind, was sind die liturgischen Bücher von 1962, die auch mit ausdrücklicher Genehmigung des jetzigen Papstes verwendet werden? Was sind sie? Was drücken sie aus? Und was haben diese liturgischen Bücher vor der Reform ausgedrückt? Daß der Römische Ritus nicht mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil beginnt, ist eine Tatsache, mit der wir früher oder später Frieden schließen müssen. Und auch die fälligen Konsequenzen ziehen.

Drittes Problem. Bei den beiden oben wiedergegeben Inhalten nimmt Franziskus eine Position des endgültigen Bruchs mit dem Pontifikat von Benedikt XVI ein.  Der wird unter anderem im Apostolischen Schreiben kein einziges Mal erwähnt, obwohl er die liturgische Frage zum Kern seines Pontifikats gemacht hat. Besser so, als ihn an der Soutane zu ziehen, wie es in Traditionis Custodes getan wurde, um zu bekräftigen, daß das Handeln im diametral entgegengesetzten Sinne zu dem, was Benedikt tat, nicht bedeutet, gegen die von ihm verfolgte Linie zu verstoßen. Ein fehlgeschlagener Versuch, ein geistiges Gleichgewicht zu finden. Wenn das Motu proprio der Linie von Papst Benedikt tatsächlich den Kopf abgeschnitten hat, dann will Desiderio seinen Körper begraben. Wie können Sie also ein Ende der Kontroverse fordern, um die kirchliche Gemeinschaft wiederzuentdecken? Wie kann ein Papst, wenn er beschließt, völlig mit seinen Vorgängern zu brechen, dann zur Kommunion aufrufen? Wie kann ein Papst, der missachtet, was der Geist seinen Vorgänger eingegeben hat, dann dazu aufrufen, auf den Geist zu hören?

Schließlich gibt es noch das Problem der Verhältnismäßigkeit. Zum zigsten mal fügt Franziskus den "Spitzenklöpplerinnen" einen Schlag zu und bekräftigt, daß "die ständige Wiederentdeckung der Schönheit der Liturgie nicht die Suche nach einem rituellen Ästhetizismus ist, der sich nur an der Pflege der äußeren Formalität eines Ritus erfreut oder mit gewissenhafter Beachtung der Rubriken zufrieden ist." (Nr. 22). Nachdem der Stein geworfen wurde, zieht er sofort seine Hand zurück und erklärt, daß "diese Aussage keineswegs die gegensätzliche Haltung gutheißen will, die Einfachheit mit schlampiger Banalität, Wesentliches mit ignoranter Oberflächlichkeit, die Konkretheit rituellen Handelns mit einem sorgfältigen praktischen Funktionalismus verwechselt“. In der Tat muss "jeder Aspekt des Zelebrierens beachtet [...] und jede Rubrik beachtet werden“ (Nr. 23).

Sehr gut. Diese Aufmerksamkeit für Formen und Rubriken sollte jedoch in etwas Konkretes übersetzt werden. Während auf der anderen Seite bis heute nur eine systematische Strenge gegenüber denen herrscht, die mit einem Ritus anhängen, der eine Jahrhunderte alte Geschichte kennt, hat sich stattdessen kein Finger bewegt, um die ständigen liturgischen Missbräuche einzudämmen, die auf allen Seiten in dem vorkommen, von dem er glaubt, es sei die Konzils-Messe: Bischöfe, die in die Kirche radeln, geänderte Worte des Messbuchs, freiwillig gemachte liturgische Gewänder, Predigten von Laien und vielleicht sogar von Schwulen, als Clowns verkleidete Priester, Tänze verschiedener Art, architektonische und musikalische Schrecken. Wenn der Papst die Hälfte der Entschlossenheit, die er bei der Verfolgung von "Traditionalisten“ anwendet, aufwenden würde, um das Problem der Missbräuche zu lösen, wären wir auf einem guten Weg. Und die Aufrichtigkeit seiner Aussagen wäre glaubwürdig. Statt dessen für die schweren, wiederholten und wachsenden liturgischen Missbräuche nur ein zaghaftes Zupfen an den Ohren; für diejenigen, die die alte Messe lieben, die Verurteilung zur Auslöschung."

Quelle: L. Scrosati, LNBQ

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