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Freitag, 15. Juli 2022

Gedanken zu den Schlußworten von Desiderio Desideravi

Rorate Caeli veröffentlicht einen Beitrag zur kirchlichen Communio, die Peter Kwasniewski für La Paix Liturgique verfaßt hat. 
Hier geht´s zum Original:  klicken

"KIRCHLICHE KOMMUNION IST NICHT ETWAS VERORDNETES: DER VERGEBLICHE VERSUCH DES APOSTOLISCHEN BRIEFES DESIDERIO DESIDERAVI" 

Der folgende Brief wurde von "La Paix Liturgique" veröffentlicht.  

"Lasst uns unsere Polemik aufgeben, um gemeinsam auf das zu hören, was der Geist zur Kirche sagt, lasst uns unsere Gemeinschaft bewahren": Diese Schlußworte  von Desiderio desideravi (Nr. 61) sind in der Tat das wichtigste – und vergebliche – Anliegen sowohl dieses Apostolischen Briefes, als auch des Pontifikats: eine zerbrochene Gemeinschaft im christlichen Volk neu zu gestalten, man könnte sagen, neu zu verputzen, einen Bruch, den der liturgische Krieg bezeugt.

Einfache Gedanken...

Dieser lange Text wird als eine Art Meditation dargestellt (Nr. 31), wobei der Papst vom ersten Artikel an angibt, dass er "Reflexionen teilen" möchte. Er wiederholt diese Absicht gegen Ende des Textes in Nr. 61: "Ich wollte nur einige Gedanken teilen". Es handelt sich also absolut nicht um einen Text von rechtlicher und normativer Bedeutung. Der Wunsch, alles auf die neue Liturgie zu reduzieren, ist jedoch klar, in einer verhüllteren und  auch positiveren Weise als in Traditionis custodes, einem Text, an den jedoch erinnert wird,  so daß er vorerst der Referenztext bleibt.

Hauptherausgeber des Textes ist offensichtlich ein Professor der Römischen Universität St. Anselmo, der sich der Lehre der Liturgie widmet, oder ein Mitglied der Kongregation für den Gottesdienst, was auf dasselbe hinausläuft, weil der gesamte Kader der Kongregation jetzt aus St. Anselmo stammt und zusammen mit anderen italienischen Klerikern des gleichen Profils einen einzigartiger Schmelztiegel intellektueller Aktivisten bildet.

Hier und da tauchen jedoch autoritäre und zwingende Urteile in einem sehr Papst Franziskus entsprechenden Stil auf, dem sich der Herausgeber oder die Verfasser angepaßt haben, wie es die Regel unter den Text-Entwerfern ist, die Reden oder Texte für hohe Würdenträger vorbereiten oder die von Papst Franziskus selbst hinzugefügt wurden: spirituelle Weltlichkeit, narzisstischer und autoritärer Elitismus, der andere klassifiziert und kontrolliert, Selbstreferenzialität, Neo-Pelagianismus, der uns mit Anmaßungen vergiftet, asketischer Moralismus, äußere Förmlichkeit und gewissenhafte Observanzen ...

Alles in allem wurde ein langes Pamphlet zusammen gestellt, das sowohl modern als auch vom Jargon durchzogen ist, wie seine langen Einführungen in die Kurse für Liturgie oder der Sakramentalen Theologie, die in St. Anselmo oder in italienischen Seminaren gegeben werden, deren Themen – die Wiederentdeckung der Schönheit und des Reichtums der Liturgie zu finden sind; wundern Sie sich! Ars Celebrandi; notwendige Ausbildung usw. – werden von eifrigen progressiven Kolumnisten  oder von Konservativen, die zu geringen Kosten eifrig sein wollen, aufgegriffen.


Es stimmt, daß eine Reihe dieser Überlegungen recht traditionell sind. Kardinal Sarah hätte sie unterschreiben können. Der Brief lehnt, ohne zu sehr ins Detail zu gehen, die Idee ab, daß die Messe ein bloßes Denkmal sei. Er erklärt, daß die Liturgie nicht das Ergebnis persönlicher Forschung ist. Daß die Liturgie in erster Linie ein Lobpreis ist, daß sie Gott die Ehre gibt. Der Papst besteht auf der Bedeutung der liturgischen Stille (sondern eine moderne Stille, die keine liturgische Stille ist: eine einfache meditative Pause während des Rituals, die etwas ganz anders ist). Er weist auf die große Schwierigkeit des modernen Menschen hin, Symbole zu erfassen. Er erinnert daran, daß rituelle Normen im Dienste höherer Realitäten stehen und daß die Kunst des Feierns nicht improvisiert werden kann. Er warnt die Priester davor, "die Aufmerksamkeit von der Zentralität des Altars abzulenken". Schließlich erinnert er an diese tiefe Wahrheit, daß die Liturgie die erste Quelle der christlichen Spiritualität ist.

Eine zweite, sorgfältigere Lektüre deutet auf problematische Ideen hin, insbesondere im Hinblick auf das Wesen des Priestertums und die Erneuerung des Opfers, die Bedeutung und die Rolle der Versammlung. Der Papst widersetzt sich merkwürdigerweise der Anbetung und dem Geheimnis, die er mit der Liturgiereform (Nr. 25) gerne verschwinden sähe. In mancher Hinsicht könnte man Angst haben, einige Erinnerungen an den berühmten Artikel 7 der ersten Version der allgemeinen Präsentation des römischen Messbuchs von 1969 zu finden, der das eucharistische Opfer als eine "Versammlung des Volkes Gottes, die sich unter der Leitung des Priesters trifft, um das Gedächtnis des Herrn zu feiern" zu definieren schien.

Aber wer im Christlichen Volk berufen ist, liturgisch ausgebildet zu werden ("es ist heute sehr wichtig, dieses Wissen über das Universitäts-Milieu hinaus zu verbreiten", Nr.35) wird dieses professorale Pamphlet lesen? Es wird sicher als Ansporn zur Formung von Ausbildungsgruppen dienen, um die pensionierten Männer und Frauen zu stärken, die in den Pfarreien gemeinsam mit den ständigen Diakonen  die sonntäglichen Gemeinden unterhalten. 

Und weil … – wir wagen nicht, der Teufel zu sagen, weil dieses ein Apostolisches Schreiben ist – im Detail steckt, stellen wir fest, daß alle, absolut alle, zum eucharistischen Fest eingeladen sind, wozu "es genügt, das Hochzeitsgewand des Glaubens zu tragen, das aus dem Hören auf sein Wort kommt“(Nr. 5). Der Glaube ist genug; Gnade wird nicht erwähnt.

Nur eine einzige Liturgie, die des II. Vaticanum

Die grundlegende Passage für die das ganze Positive des Textes tatsächlich das Gefäß bildet, ist Nr. 31, deren Ton präziser ist: "Es wäre banal [zu oberflächlich], die Spannungen, die leider um die Feier herum vorhanden sind, als eine einfache Divergenz zwischen verschiedenen Sensibilitäten gegenüber einer rituellen Form zu verstehen. Das Problem ist vor allem ekklesiologischer Natur. Ich sehe nicht, wie man sagen kann, daß man die Gültigkeit des Konzils anerkennt – obwohl ich überrascht bin, daß ein Katholik behaupten kann, dies nicht zu tun – und die aus Sacrosanctum Concilium hervorgegangene Liturgiereform nicht akzeptieren kann, ein Dokument, das die Wirklichkeit der Liturgie in engem Zusammenhang mit der Vision der Kirche zum Ausdruck bringt, die von Lumen gentium bewundernswert beschrieben wird. Aus diesem Grund – wie ich im Brief an alle Bischöfe erklärt habe – hielt ich es für meine Pflicht, zu bekräftigen, daß "die liturgischen Bücher, die von den heiligen Päpsten Paul VI. und Johannes Paul II. gemäß den Dekreten des Zweiten Vatikanischen Konzils verkündet wurden, der einzige Ausdruck der lex orandi des römischen Ritus sind« (Traditionis custodes, Nr. 1).

Die Polemik richtet sich gegen diejenigen, die versichern, daß sie die Gültigkeit des Konzils anerkennen (könnte es anders sein, fragt sich der Papst?), während sie die neue Liturgie ablehnen. Das Wesen der Affirmation ist dann die Wiederaufnahme von Nr. 1 von Traditionis custodes: Es gibt in der nachkonziliaren Kirche nur ein liturgisches Gesetz, das das einzige Glaubensgesetz ausdrückt.

Salz in die Wunde

Solche Aussagen zu machen, bedeutet natürlich nicht, den liturgischen Frieden zu fördern. Aber der argentinische Papst nimmt eindeutig diese Position ein: Er will das Verschwinden einer "nonkonformen" Liturgie oder zumindest für eine gewisse Zeit ihre Verbannung an den Rand: Lefebvrismus oder ghettoisierter Ekklesia-Deismus. Freiwillig streuen der Papst und seine Mitarbeiter daher Salz in die offene Wunde.

Vergeblich. Wir können uns nicht vorstellen, daß der usus antiquior, dessen Praxis trotz Verboten, Verfolgungen, Einschränkungen sechzig Jahre überdauert hat, der dennoch die Kirchen und Kapellen füllt, in denen er mit einem jungen und familiären Publikum gefeiert wird, der zahlreiche Berufungen erzeugt, der Bekehrungen bewirkt, plötzlich verschwinden wird, weil ein Papst mit autoritären Launen und die kleinen Bugnini-Professoren von Sant-Anselmo, die ihn umgeben, es beschlossen haben?

Es ist wahr, daß der Versuch Benedikts XVI., die Einheit um eine "Hermeneutik der Reform in der Kontinuität" durch ein Abmildern des Konzils, gescheitert ist. Aber es ist klar, daß auch die Maximalisierung des Konzils durch Papst Franziskus nicht in besser ist. Der Verlust von Praktizierenden, Priestern, Seminaristen geht unaufhaltsam weiter. Der Individualismus des Glaubens ist zur Regel für Katholiken geworden. Und der Riss im katholischen Körpers hat sich wie nie zuvor vertieft, wie das germanische oder gallikanische Synodenfieber zeigen.

Alle, die über diese Situation nachdenken, um sie zu überwinden, wissen, daß früher oder später, und je früher, desto besser, wissen, daß eine doktrinäre, geistliche und natürlich liturgische Neuausrichtung erreicht werden muss. Aber vorher, nachdem sich diese Seite von Lärm und Wut gegen traditionelle Formen gewendet sein wird, können wir uns eine Zeit vorstellen, (nicht nur die der Traditionalisten, sondern auch der "Restaurationisten" - vgl. das Interview des Papstes mit Vertretern europäischer Jesuitenzeitschriften, 15. Juni 2022), in der allen überlebenden Kräften wohl aber übel eine gesunde Freiheit gewährt wird für diejenigen, die die Früchte  der Weitergabe des Glaubens, der Berufungen und der missionarischen Vitalität hervorbringen. Im Herzen dieser Kräfte, steht derjenige, der die antike römische Messe pflegt, eine von jedem Fehler freie lex orandi."

Quelle: P. Kwasniewski, La Paix Liturgique, Rorate Caeli

 

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