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Sonntag, 23. Oktober 2022

Mount Athos: sensationeller Fund griechischer Manuskripte aus dem 14. Jahrhundert

Associated Press berichtet über den sensationellen Fund einer Vielzahl mittelalterlicher Dokumente in byzantinisch-griechischer Sprache in der Bibliothek eines der Athos-Klöster aus der Frühzeit der Osmanischen Besatzung Nordgriechenlands, noch vor der Eroberung Konstantinopels. 
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"GRIECHISCHE KLOSTER-MANUSKRIPTE ERZÄHLEN EINE NEUE GESCHICHTE ÜDER DIE OSMANISCHE HERRSCHAFT"

MOUNT ATHOS, Griechenland: Eine Kirchenglocke läutet, das Staccato, das Hämmern eines Hammers auf einem Blech ruft die Mönche zum Nachmiuttags-Gebet, tiefe Stimmen erheben sich zum gemeinsamen Gesang. Und hoch im großen Turm des Pantokrator-Klosters schwingt die metallene Tür der Bibliothek auf. Dort, tief im Inneren des befestigten mittelalterlichen Klosters der Christlich-Orthodoxen Gemeinde auf dem Berg Athos, fanden Forscher zum ersten Mal einen praktisch unbekannten Schatz- tausende Manuskripte aus der osmanischen Ära, darunter die Ältesten der Welt ihrer Art.. 

Die Bibliotheken der autokephalen Gemeinschaft, die vor 1000 Jahren auf der nordgriechischen Athos-Halbinsel gegründet wurde, sind eine Fundgrube für seltene, jahrhunderte-alte Werke in  unterschiedlichen Sprachen, einschließlich Griechisch, Russisch und Rumänisch. 

Viele sind gründlich studiert worden, aber nicht die türkischen Osmanischen Dokumente, Erzeugnisse einer Besatzungs-Bürokratie, die in Nordgriechenland vom späten 14. Jahrhundert regiert wurde, lange bevor die Byzantinische Hauptstadt Konstantinopel 1453 den Osmanen in die Hände fiel- bis ins frühe 20. Jahrhundert, als das Gebiet wieder griechisch wurde. 

Der Byzanz-Spezialist Jannis Niehoff-Panagiotidis sagt, daß es unmöglich ist, die Wirtschaft und Gesellschaft von Mount Athos unter der osmanischen Herrschaft zu verstehen, ohne diese Dokumente zu konsultieren, die die Interaktionen der Mönche mit den säkularen Autoritäten regelten. 

"Osmanisch war die offizielle Landessprache" sagte er gegenüber Associates Press in der Bibliothek des Pantokrator -Klosters, einem von 20 auf der dicht bewaldeten Halbinsel. 

Niehoff-Panagiotidis, Professor an der Freien Universität Berlin, sagte, daß das älteste der rund 25.000 osmanischen Werke, die in den Klosterbibliotheken gefunden wurden, datier ins Jahr 1374 oder 1371. Das ist älter als jedes andere auf der Welt Bekannte, sagte er, un fügt hinzu, daß in Istanbul- wie die Osmanen Konstatinopel nannten, als sie es zu ihrer eigenen Hauptstadt machten. gehen die ältesten Archive nur auf das späte 15. Jahrhundert zurück. 

Die ersten Dokumente, die Licht auf die erste Periode der Osmanischen Geschichte werfen, wurden hier auf dem Mount Athos bewahrt" sagte er- während er an einem mit Dokumenten und Büchern beladenen Tisch saß. Andere- seltenere- werden in großen hölzernen Schubladen bewahrt. Dazu gehören üppig geschmückte Erlasse des Sultans, oder Dekrete, Eigentums-Titel und Gerichtsentscheidungen. 


Die überwiegende Mehrheit sind juristische Dokumente" sagte Anastasios Nijopoulos, Jurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter der Freien Universität Berlin, der während der letzten Monate mit Niehoff-Panagiotidis an diesem Projekt zusammen gearbeitet hat. 

Und die Manuskripte erzählen eine Geschichte, die dem traditionellen Verständnis der osmanischen Verwüstungen in den neu eroberten Gebieten Griechenlands nach der Eroberung der Gebiete in Griechenland- durch Beschlagnahme der reichen Immobilienbestände der Klöster auf dem Berg Athos- widerspricht. Stattdessen nahmen die neuen Machthaber die Gemeinde unter ihre Fittiche, wahrten ihre Autonomie und schützten sie vor Eingriffen von außen.

Die Erlasse des Sultans, die wir in dem Turm gesehen haben... und die Entscheidungen des Osmanischen Staatsgerichts zeigen, daß die kleine Mönchs-Demokratie den Respekt aller Besatzungsmächte gewinnen konnte" sagte Nikopoulos. "Und das, weil der Mount Athos als Wiege von Frieden und Kultur gesehen wurde...wo Völker und Zivilisationen friedlich koexistierten."

Nikopoulos sagte, daß eine der ersten Amtshandlungen von Murad II, dem Osmanischen Herrscher, der Thessaloniki - die dem Mount Athos am nächsten gelegene Stadt- eroberte, war es, 1430 ein Rechts-Dokument zu verfassen, das die Gemeinschaft schützte.

 "Das sagt eine Menge. Der Osmanische Sultan persönlich stellt sicher, daß das Verwaltunssystem von Mount Athos beibehalten und bewahrt wurde" sagte er. 

Sogar vorher -fügte Niehoff-Panagiotis hinzu- hatte ein Sultan strenge Strafen für Eindringlinge festgelegt, nachdem eine Bande marodierender Soldaten kleinere Diebstähle in einem der Klöster begangen hatte. 

"Es ist merkwürdig, daß die Sultane den Berg Athos, den letzten Überrest von Byzanz, halb unabhängig hielten und ihn nicht berührten“, sagte er. "Sie haben hier nicht einmal Truppen stationiert. Sie hatten höchstens einen örtlichen Vertreter, der wahrscheinlich im (Verwaltungszentrum der Gemeinde, Karyes) übernachtete und Tee trank.“ Eine weitere unerwartete Enthüllung, sagte Niehoff-Panagiotidis, sei, daß etwa in den ersten zwei Jahrhunderten der osmanischen Herrschaft keine Anstrengungen unternommen wurden, um das islamische Recht auf dem Berg Athos oder in nahe gelegenen Teilen Nordgriechenlands durchzusetzen. "Der Berg Athos war so etwas wie eine Fortsetzung von Byzanz“, sagte er. Der Gemeinde wurde erstmals 883 n. Chr. durch einen Erlass des byzantinischen Kaisers Basilius II. Selbstverwaltung gewährt. Im Laufe seiner Geschichte war Frauen der Zutritt verboten, ein Verbot, das immer noch besteht. Diese Regel wird "Avaton“ genannt und die Forscher glauben, daß sie jede Form externer administrativer oder weltlicher Eingriffe betrifft, die den Berg Athos betreffen könnten.

Pater Theophilos, ein Pantokrator-Mönch, der bei der Forschung hilft, sagte, die Dokumente zeigen den weitreichenden Einfluss des Berges Athos. "Ihre Studie beleuchtet auch Beispiele dafür, wie Menschen miteinander leben können, Prinzipien, die der ganzen Menschheit gemeinsam sind, die Keime der Menschenrechte und deren Respekt, Demokratie und die Prinzipien des sozialen Zusammenlebens“, sagte er gegenüber Associated Press. Das Forschungsprojekt soll noch mehrere Monate, ja sogar Jahre andauern. "Was sich langfristig ergeben könnte, werde ich sagen können, wenn wir alle Dokumente katalogisiert und digitalisiert haben“, sagte Niehoff-Panagiotidis. "Im Moment weiß niemand, was sich hier verbirgt. Vielleicht sogar noch ältere Dokumente.“

Quelle: Associated Press

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