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Freitag, 3. Februar 2023

Heimatlos in der Heimat.

Carl Trueman veröffentlicht bei firstthings einen Kommentar über geplante Programmpunkte bei der für Mai geplanten Krönung von König Charles III in Westminster Abbey.  
Hier geht´s zum Original:  klicken

"IDENTITÄTSPOLITIK BEI DER KRÖNUNG DES KÖNIGS"

Erwachsene Immigranten fühlen sich häufig obdachlos. Nicht obdachlos im wörtlichen Sinne natürlich, sondern kulturell. Das Problem ist leicht festzustellen: Ihr ausgewähltes Land kann niemals wirklich Heimat werden, weil Sie die Instinkte ihres Heimatslandes zu der Zeit, als Sie immigrierten verinnerlicht haben und sich immer ein bißchen wie ein Außenseiter gefüllt haben: aber Ihr Heimatland ändert sich während Ihrer Abwesenheit, so daß es nicht mehr der Ort ist, an den Sie sich erinnern und der Sie zu der Person machte, die Sie sind. Kurz gesagt, sie gehören nirgendwo mehr hin.

Mein altes Land ist jetzt ein anderes Land als das, in dem ich aufwuchs. Das wurde mir letzte Woche so glasklar, als angekündigt wurde, daß bei den Krönungsfeierlichkeiten für den König im Mai ein LGBTQ-Chor auftreten wird.  Um es klar zu sagen-es ist nicht das Make-up des Chores das am verblüffendsten dafür ist. wie Britannien sich von dem Land, das ich kannte, unterscheidet. Wichtiger ist  die Tatsache, daß der Monarch bei seiner Krönung Identitätspolitik berücksichtigt.  In der Tat, ich würde vorschlagen, daß er durch diese Geste- die Monarchie überflüssig macht und die causa des Republikanismus aussichtsreicher macht als jeder zeitgenössische britische Republikaner., ob links oder rechts. Genau in diesem Streben nach Wichtigkeit beweist der Monarch seine Entschlossenheit irrelevant zu sein. 

Als ich aufwuchs, habe ich nie viel über die Institution der Monarchie nachgedacht. Meine Klassenvorurteile waren für öffentliche Schuljungs reserviert (wie die Briten n privaten Elite-schulen nennen). die mit Vorteilen geboren wurden, die mir fehlten. Die Monarchie erschien wie ein Anachronismus aber gutartig. Die Königin war jedenfalls keine Konkurrentin um einen begehrten Platz an der Universität von Cambridge. Und doch kam ich über die Jahre dazu, sowohl die Königin als auch die Institution, die sie verkörperte, zu respektieren. Verglichen mit den Mittelmäßigkeiten und den Scharlatanen, die Republiken routinemäßig als Staatsoberhäupter wählen- ehrgeizig, gierig, schäbig und in den letzten Jahren vulgär und krude- war sie der Inbegriff an Anmut und Zurückhaltung. Ich konnte meine Kinder auf sie hinweisen und sagen: "Das ist das Verhalten und die Haltung, die ihr abstreben solltet, wenn ihr erwachsen seid." Das habe ich z.B. noch nie von einem, amerikanischen oder französischen Präsidenten der jüngeren Vergangenheit sagen können. Und die Institution selbst- oft verschrien- weil sie nicht demokratisch sei- war deshalb zu loben: anders als Politiker, die sich zur Wahl stellen, brauchte sie weder die öffentliche Meinung noch die neuesten politischen Ursachen zu berücksichtigen. Paradoxerweise konnte der Monarch gerade deshalb die Nation repräsentieren,, weil die Monarchie nicht repräsentativ war. Die Königin hielt sich aus der Politik heraus und konnte so daran erinnern, daß die Nation keine Identität hat, die Besonderheiten der Parteipolitik und der Klasse hinausging. 


Der Monarch konnte dies natürlich tun, weil es ein nationales Narrativ gab, das nicht dem Tagesgeschmack oder den aufsteigenden Lobbygruppen unterworfen war. Und deshalb ist die Betonung auf "Inklusivität“ so bedeutsam. Ich habe noch nie eine Krönung erlebt, kann mir aber nicht vorstellen, daß ich mich besonders ausgegrenzt fühlen werde, weil ehemalige Gymnasiasten, Altphilologen oder presbyterianische Geistliche nicht explizit als Kategorie bei den Feierlichkeiten anwesend sein werden. Teil der Nation zu sein, die der Monarch vertritt, einer Nation, deren Identität nicht mit dieser oder jener Identitätsgruppe verbunden ist, sollte – und wird für mich – ausreichen. Aber offenbar hält der Monarch das nicht mehr für ausreichend.

Man kann verstehen warum. Die ständige Demontage des nationalen Narrativs schreitet nun seit mehreren Jahrzehnten voran, ohne daß etwas von gleicher Kohärenz und Macht vorhanden wäre, um es zu ersetzen. Und die Rhetorik der Inklusivität, die jetzt den zeitgenössischen Geist erfasst, ist natürlich ein politischer Vertrauenstrick. "Inklusivität“ ist einfach das rhetorisch mächtige Wort, das verwendet wird, um Menschen auszuschließen, die die „Inklusiven“ nicht gutheißen. Das Gesellschaftsmodell, das diese progressiven Inklusivisten vorschlagen, ist nicht wirklich allumfassender als das, das es ersetzt. Tatsächlich scheint es weitaus exklusiver zu sein, da die Zustimmung zum zeitgenössischen Credo der Identitätspolitik schnell zu einer Bedingung dafür wird, als legitimes Mitglied der Gesellschaft betrachtet zu werden – beispiellos außerhalb schamlos totalitärer Regime. Aus diesem Grund wurde ein Mann, der seinem Land diente – dem alten, nicht inklusiven Land – letztes Jahr mit einer Geldstrafe belegt, weil er nur schweigend vor einer Abtreibungsklinik gebetet hatte. Es ist fraglich, ob es irgendein Chor, der seine Sache vertritt, auf die A-Liste der Gastkünstler bei der Krönung des Königs schaffen wird.

Indem er die Inklusivität legitimiert, die durch die Kategorien zeitgenössischer Identitätspolitik definiert wird, demonstriert der König die Überflüssigkeit der Institution, die er verkörpert. Wenn er sich der Politik beugt, dann wird er nicht wirklich mehr Repräsentant der gesamten Nation sein, als Biden oder Trump Repräsentanten der Vereinigten Staaten sind. Tatsächlich riskiert er, sich selbst nicht zu einer Quelle der Einheit zu machen, sondern zu einer weiteren Spaltung, Ausgrenzung und Polarisierung.

Die Größe der modernen Monarchie liegt genau in ihrer unmittelbaren und beabsichtigten Bedeutungslosigkeit, in ihrer Fähigkeit, auf eine Einheit hinzuweisen, die tiefer liegt als die vergänglichen Themen – und Identitäten – des Tages. Sobald also begeistert von einer Krönung gesprochen wird, die nicht traditionell sein wird, ist das Spiel vorbei. Wenn die Tradition nutzlos ist, etwas, das überwunden werden muss, dann ist der Grund für die Monarchie längst verschwunden. Wie ironisch, daß der König selbst entschlossen zu sein scheint, das republikanische Argument in einer kraftvolleren Form vorzubringen, als wir es seit vielen Jahren gesehen haben. Unter solchen Umständen könnte das britische Volk genauso gut eine Republik werden und die gleiche Art von oberflächlichen, karrieristischen Anhängern wählen, mit denen sich Amerika und Frankreich zufrieden geben mussten."

Quelle: C. Trueman, firstthings

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