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Sonntag, 19. Februar 2023

Muß das II. Vaticanum erst noch umgesetzt werden?

Dieser Frage geht Côme de Prévigny bei Rorate Caeli nach. 
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"WARTET VATICAN II NOCH DARAUF ANGEWANDT ZU WERDEN? ...EIN VERGLEICH MIT DER REZEPTION VON TRIENT"  - von Côme de Prévigny

Vatican II: Früchte, die Frucht bringen werden, oder verdorbene Früchte?

Johannes XXIII wollte "ein bißchen frische Luft in die Kirche bringen" und vor 60 Jahren versprachen die erhitztesten Gemüter der Katholischen Welt einen richtigen "Frühling", eine unerhoffte Erneuerung, die der bewunderungswürdigen Institution zweifellos Hoffnung und Jugend zurückbringen würde.  Die Massen sollten die Weihestätten füllen, während die Arbeiter ihren Weg zurück in die Taufkapellen finden würden. Offensichtlich sind die Jahrzehnte vorbei gegangen und die Versprechen sind nicht gehalten worden. In den großen Kirchenschiffen nimmt man nur den Geruch von Taubenkot und den Moder von durch die Feuchtigkeit begünstigten Pilzen wahr. Kirchen wurden aufgegeben, Seminare geschlossen und Träume wurden zerstört. Im Lauf der Zeit haben die Propheten guter Vorzeichen die Köpfe furchtbar gebeugt und sie maskieren ihre Falten, um jeden Tag zu suggerieren, daß wir nur noch ein weiteres Jahr warten müssen, um eine neue Morgenröte für das Christentum aufscheinen zu sehen. Bis vor wenigen Jahren wagten gut informierte Beobachter uns zu sagen, daß es 50 Jahre dauern würde, bis man die Früchte des berühmten Konzils ernten könnte. Jetzt sollen wir 100 Jahre warten. "Es ist wahr, daß ein Konzil 100 Jahre braucht, um Wurzeln zu bilden. Wir haben noch 40 Jahre vor uns, damit es Wurzeln schlägt" warnte Papst Franziskus, ohne entmutigt zu sein. Was ist daran wahr? Sollten wir geduldig sein oder wurde die essentielle Botschaft des Aggiornamentos empfangen?  

Vergleich mit dem Konzil von Trient 

Das Haupt-Argument, das die Christen zur Vorsicht auffordert, während sie auf die Erneuerung der Kirche nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil warten, besteht darin, auf die Geschichte des Konzils von Trient zurückzugreifen, das zwei Jahrzehnte lang, von 1545 bis 1563, stattfand und die Energie von fünf aufeinanderfolgenden Päpsten mobilisierte. Als Reaktion auf die große Erschütterung der protestantischen Reformation hat dieses bedeutende Ereignis in der katholischen Welt den Klerus auf seine Sendung neu ausgerichtet, den Glauben in mehreren Punkten der Heilslehre und der Heiligen Eucharistie verdeutlicht, einen erneuerten Katechismus hervorgebracht und das Leben der Kirche erheblich verbessert. Die Erschütterungen, die es in der Institution hervorrief, waren so groß, daß die Heiligen noch Ende des 17. Jahrhunderts vom Atem der Gegenreformation lebten, um das moderne Christentum wiederzubeleben. Wurde in Frankreich nicht auch noch 1610, als Ludwig XIII. den Thron bestieg, das berühmte Konzil von Trient angewandt? Warteten die ersten großen, von den Konzilsvätern bevorzugten Seminare nicht noch Jahrzehnte darauf- Dank der großartigen Intuition des Hl. Vincents von Paul oder der Herren Ollier und Bourdoise gegründet zu werden?


Das ist eine Abkürzung. Zweifellos hatten wir im 16. Jahrhundert keine Presse, kein Radio und noch weniger Internet. Dennoch ließen die Kanons und Dekrete des Konzils nicht lange auf sich warten. Man muss sich nur den Eifer des hl. Karl Borromäus ansehen, um sich davon zu überzeugen. Unmittelbar nach Beendigung des Konzils bat er darum, von seinen römischen Mandaten entbunden zu werden, damit er sich voll und ganz seinen Priestern widmen könne. Er kehrte nach Mailand zurück, um seine Diözesanreisen zu vervielfachen, ein Priesterseminar zu gründen und überall gegen die Auswüchse des schlecht versorgten Klerus zu kämpfen. Viele Bischöfe seiner Zeit ahmten diesen großen Glaubensbekenner des ausgehenden 16. Jahrhunderts nach. Keiner von ihnen hat nicht nur die Lehrpunkte, die die Väter in Trient spezifiziert hatten, nicht behindert, sondern sie haben auch schnell ihre pastoralen Empfehlungen angenommen, um die katholische Spiritualität zu festigen. Eines der Vorbilder dieses besonders unternehmungslustigen Episkopats war der heilige Franz von Sales, der Savoyen in den ersten beiden Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts kreuz und quer durchreiste.

Es ist jedoch üblich festzustellen, daß die Kanons des Konzils in Frankreich auf starken Widerstand stießen und die parlements sie tatsächlich nie vollständig offiziell gebilligt haben. Der Grund dafür war keineswegs doktrinärer Widerstand in unserem Land, sondern gallikanischer Stolz darauf, die zeitliche Kontrolle über die Krankenhäuser zu behalten. Dieses Detail, verbunden mit der Sorge der französischen Könige, die hugenottischen Partisanen im Herzen eines von den Religionskriegen verwundeten Landes nicht zu verärgern, ließ die Parlamente lange Zeit zögern, die Kanons des Konzils von Trient zu ratifizieren , während Legaten und Nuntien sich um die Bestätigung der römischen Beschlüsse bemühten. Tatsächlich wurden die Dekrete des Konzils jedoch bereits in den 1580er Jahren von den französischen Bischöfen angenommen, und viele der neuen Maßnahmen wurden von König Karl IX. in der Verordnung von Blois im Jahr 1579 und im Edikt von Melun im Jahr 1580 übernommen. Man kann also sagen, daß das Konzil von Trient bereits im 16. Jahrhundert weltweit angewendet wurde, beginnend mit Italien und Spanien. Auch im gallikanischen Frankreich hatte sich die Gegenreformation in den Diözesen etabliert. Ihre Früchte waren zu spüren, und fünfzig Jahre nach Abschluss der Sitzungen war die religiöse Praxis erheblich gestärkt worden-

Wurde das Konzil falsch interpretiert?

Es ist unvorstellbar, daß das Zweite Vatikanische Konzil nach den Sitzungen, die zwischen 1962 und 1965 zweitausendfünfhundert Väter zusammenbrachten, nicht angewendet wurde. Die Mobilität der Bischöfe, die in wenigen Stunden die Welt durchquerten, und die Kommunikationsmittel die die gesamte katholische Welt über die großen Entscheidungen informierten, erleichterten die Durchdringung der Geister erheblich. Außerdem ließen die getroffenen Maßnahmen nicht lange auf sich warten. Die bedeutendste, was die Liturgie betrifft, war die Verkündung eines neuen Messbuchs, das nur fünf Jahre nach Abschluss des Konzils an Diözesen in der ganzen Welt verteilt wurde. Insofern war die Anwendung des Zweiten Vatikanischen Konzils so massiv, daß von diesem Zeitpunkt an Priester, die sich weigerten, die heiligen Mysterien nach der erneuerten Form zu feiern, nacheinander verurteilt wurden, es sei denn, sie konnten ein fortgeschrittenes Alter geltend machen. Ebenso wurden die alten Katechismen verboten, um den erneuerten Büchern Platz zu machen. Auch das Kirchenrecht wurde reformiert. Alle Aspekte der Kirche waren betroffen, von der religiösen Kleidung bis zu heiligen Liedern, von den Beziehungen zu den Staaten bis zum Dialog mit anderen Religionen und der Organisation von Religionsgemeinschaften. Innerhalb weniger Jahre hatte das Konzil das Gesicht der Kirche verändert.

Angesichts der verursachten Umwälzungen bemerkten viele Menschen Übertragungsfehler. Anlässlich dieses großen Ereignisses gestand Paul VI., er habe das Gefühl gehabt, "daß derRauch Satans durch einen Spalt in den Tempel Gottes eingedrungen war“. In einer berühmten Rede versuchte Benedikt XVI., das echte Konzil, dessen Hauptdarsteller die Bischöfe waren, von dem falschen Konzil zu unterscheiden, von dem die Medien phantasiert und das sie gewissermaßen der ganzen Welt aufgezwungen hatten: " Es gab ein Konzil der Väter – das wirkliche Konzil – aber es gab auch das Konzil der Medien. Es war fast ein eigenes Konzil , und die Welt nahm das Konzil durch sie wahr, durch die Medien. Also das Konzil, das sofort wirksam war , das die Menschen erreichte, war das der Medien, nicht das der Väter." Daß das Zweite Vatikanische Konzil aber unmittelbar nach Ende der Debatten in den Seminaren umgesetzt wurde, lag nicht an den Medien. Wurden in Rekordzeit Texte zur Reform der Liturgie erlassen, wurde bereits in den 1960er Jahren die Aktualisierung des Gemeindelebens beschlossen, so waren die Prälaten der Kurie und die Diözesanbischöfe federführend, nicht die Journalisten.

Fortsetzung folgt...

Quelle: Côme de Previgny, Rorate Caeli

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