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Donnerstag, 9. März 2023

Das Reskript, Lumen Gentium, Autorität und Synodalität und die Bischöfe

George Weigel veröffentlicht bei FirstThings einen Kommentar über die Streitigkeiten um das Reskript von Kardinal Roche zur Umsetzung von Traditionis Custodes und seine Auswirkungen auf das Bischofsamt im Lichte von Lumen Gentium und das Wiederaufflammen des Ultramontanismus. 
Hier geht´s zum Original:  klicken

"DER NEUE ULTRAMONTANISMUS UND DAS "DISSEN" DES II. VATICANISCHEN KONZILS"

In seiner dogmatischen Konstitution zur Kirche (Lumen Gentium) tritt das II. Vaticanische Konzil fest auf die Bremse des Ultramontanismus, der überhitzten Theorie der päpstlichen Suprematie, die die Ortbischöfe auf Abteilungs-Manager reduziert, die Anordnungen des Aufsichtsrates der Katholischen Kirche GmbH  in Rom ausführt. Der Gnadenstoß für das verzerrte ultramontanistische Konzept der kirchlichen Autorität kam mit § 27 der dogmatischen Konstitution: 

 "Die Bischöfe leiten die ihnen zugewiesenen Teilkirchen als Stellvertreter und Gesandte Christi94 durch Rat, Zuspruch, Beispiel, aber auch in Autorität und heiliger Vollmacht, die sie indes allein zum Aufbau ihrer Herde in Wahrheit und Heiligkeit gebrauchen, eingedenk, daß der Größere werden soll wie der Geringere und der Vorsteher wie der Diener (vgl. Lk 22,26-27). Diese Gewalt, die sie im Namen Christi persönlich ausüben, kommt ihnen als eigene, ordentliche und unmittelbare Gewalt zu, auch wenn ihr Vollzug letztlich von der höchsten kirchlichen Autorität geregelt wird und im Hinblick auf den Nutzen der Kirche oder der Gläubigen mit bestimmten Grenzen umschrieben werden kann. Kraft dieser Gewalt haben die Bischöfe das heilige Recht und vor dem Herrn die Pflicht, Gesetze für ihre Untergebenen zu erlassen, Urteile zu fällen und alles, was zur Ordnung des Gottesdienstes und des Apostolats gehört, zu regeln..."

Eine der vielen Merkwürdigkeiten dieses katholischen Augenblicks  ist, daß im Namen eine "Synodalität", die als Erfüllung der Verheißung des Zweiten Vatikanischen Konzils verkündet wird – was vermutlich die Lehre des Konzils über die Autorität der Ortsbischöfe als wahre Stellvertreter Christi einschließt – die "Oberste Autorität der Kirche“ die bischöfliche Autorität ernsthaft untergräbt, indem sie mit harter Hand die Verwendung der Außerordentlichen Form des Römischen Ritus (der sogenannten "Traditionellen Lateinischen Messe“ oder TLM) unterbindet. Das jüngste Beispiel für diesen neuen Ultramontanismus kam in einem Reskript vom 21. Februar, als "die höchste Autorität der Kirche“ festlegte, daß Bischöfe von nun an die Erlaubnis von Kardinal Arthur Roche und vom Dikasterium für den Gottesdienst einholen müssen, bevor sie den Gebrauch des Außerordentlichen Form in Gemeindekirchen erlauben und bevor sie den nach dem 16. Juli 2021 geweihten Priestern genehmigen, die TLM zu feiern.

Das journalistische Sprachrohr des jetzigen Pontifikats, Amerikas Gerard O’Connell, applaudierte diesem Diktat zuverlässig, weil es "deutlich gemacht habe, daß Bischöfe das Gesetz nicht selbst in die Hand nehmen können“. Im Gegenteil: Das Reskript vom 21. Februar widerspricht der Lehre von Lumen Gentium 27 über die Rolle des Ortsbischofs als oberstem Liturgiker seiner Diözese. Es versäumt auch, den "Vorteil [für] die Kirche oder [für] die Gläubigen“ der Ausübung der päpstlichen Alleinherrschaft durch das Reskript zu definieren. So werden Bischöfe wieder einmal zu befehlsausführenden Dienern des Römischen Global HQ reduziert.


Mit einer Ironie, die ihnen zu entgehen scheint, entgegnen Apologeten des neuen Ultramontanismus, daß dieses Niederknüppeln der örtlichen Bischöfe notwendig war, weil liturgische Traditionalisten die Autorität des Zweiten Vatikanischen Konzils leugnen. Das trifft auf einige zu. Aber konziliare Leugner sind ein winziger Bruchteil dieser kleinen, aber lebenswichtigen Minderheit von Katholiken, die ihre Anbetung durch die Außerordentliche Form des Römischen Ritus verbessert finden. Sollte "die höchste Autorität der Kirche“ die gemeinsame Aufmerksamkeit nicht besser auf den katastrophalen Zusammenbruch des Messebesuchs in der gesamten westlichen Welt richten? Oder auf den regelmäßigen Missbrauch der liturgischen Praxis in Ländern wie der Schweiz und Deutschland? Wie kann es zum "Vorteil der Kirche oder . . . der Gläubigen“ sein, diejenigen, die jeden Sonntag in der Kirche sind, als liturgisch Aussätzige zu verachten – und dann ihre Bischöfe anzuweisen, daß solche Missetäter fortan zur Messe in die Turnhalle der Gemeinde verbannt werden sollen?

Das Roche-Reskript wirft auch die ernsthaftesten Fragen zur "Synodalität“ auf und verstärkt die Besorgnis, daß dieser undefinierte, ungeschickte Begriff ein Deckmantel für einen koordinierten Versuch ist, der gesamten Weltkirche eine katholische Light-Interpretation des Zweiten Vatikanischen Konzils aufzuzwingen. Dieser Versuch wird scheitern. Aber dabei wird viel pastoraler Schaden angerichtet und eine Gelegenheit verpasst, die Rezeption der authentischen Lehre des Zweiten Vatikanischen Konzils durch die Kirche zu vertiefen.

Ich bin ein Novus Ordo-Mann. Jeder, der bezweifelt, daß der Novus Ordo mit der Ehrfurcht und der Ehrerbietung gefeiert werden kann, die TLM-Katholiken in der außerordentlichen Form finden, könnte sich die Feier des feierlichen Pontifikal-Requiems für Kardinal George Pell in Sydney, Australien, oder die Videos der Sonntagsmesse von St. Mary's, der Katholische Kirche in Greenville, South Carolina ansehen. Ich lehne auch die Donnerbüchse gegen Vatikan II. ab und ja ich bedauere die Polemik einer marginalen Minderheit von liturgischen Traditionalisten, die ihren römischen Feinden törichterweise eine geladene Waffe überreicht haben.

Nichtsdestotrotz, als enger Schüler des Konzils und Autor von "To Sanctify the World", scheint es mir, daß das Roche-Reskript sowohl gegen den Buchstaben als auch gegen den Geist dessen verstößt, was Lumen Gentium lehrt, während es nichts dazu beiträgt, die ordnungsgemäße Umsetzung der Konzils-Konstitution über die heilige Liturgie zu fördern. Diese Angelegenheiten und Kardinal Roche werden bei der Synode 2023 im Oktober – und bei den Generalkongregationen vor dem nächsten Konklave – im Mittelpunkt beträchtlicher Aufmerksamkeit stehen."

Quelle: G.Weigel, FirstThings

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