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Montag, 18. September 2023

Das Papstgeheimnis und die Diskussion über die Synode

In seiner heutigen Kolumne für Monday at the Vatican kommentiert A. Gagliarducci die angekündigten Vorkehrungen für die kommende Bischofs-Synode. 
Hier geht´s zum Original:  klicken

"PAPST FRANZISKUS, DAS GEHEIMNISN UND DIE DISKUSSION ÜBER DIE SYNODE" 

Die Nachricht, daß Papst Franziskus das päpstliche Geheimnis in die Debatte einführen könnte, hat für Aufregung gesorgt. Bisher sind die Regeln für die Synode noch nicht veröffentlicht worden und es könnte einige Änderungen am Prozedere geben,  speziell bei der Teilnahme an der Diskussion und dem Abstimmen. Aber die Tatsache, daß die ersten offizielle Bekanntgabe über die Synode, daß jedes Interview mit den Synoden-Vätern zuerst per e-mail beim Kommunikations-Manager des  Generalsekretariats beantragt werden muß, hat die Debatte über die Transparenz des Synodalen Prozesses ausgelöst.  Die Indiskretionen bzgl. des Papst-Geheimnisses haben zu weiterer Agitation geführt.

Wir müssen das Feld von jeglicher Einflußnahme räumen. das Papst-Geheimnis bzgl. der Meinung anderer und die Diskussion wurden bereits in den früheren Regeln für die Synode vorhergesehen. Paul VI wollte so viel Diskussion wie  möglich zulassen und diese Entscheidung ist werden von Johannes Paul II noch von Benedikt XVI geändert worden. Die  Abstimmungen über das Schlußdokument der Synode waren ein Beispiel dafür. Es wurde über Paragraph für Paragraph abgestimmt und wenn ein Paragraph nicht die Zustimmung der Synode (d.h. eine Zweidrittelmehrheit) erreichte, wurde er nicht veröffentlicht. 

Nehmen wir an, es habe die Frage der Geheimhaltung von Anfang an gegeben. In diesem Fall muß gesagt werden, daß die Kommunikation der Synoden-Bischöfe, die sich unter der Leitung dvon Joaquin  Navarro-Valls Pressebüro entwickelt hat, von Anfang an von jeder möglichen Einmischung geklärt hat.  Es gibt bei einer Synode nichts, das geheim gehalten zu werden, verdient, - über alle Diskussionen wurde durch die Veröffentlichung der Zusammenfassungen der Beiträge in 6 verschiedenen Sprachen berichtet, mit einem genauen System von Codes und Farben, die es ermöglichten, im Moment, in dem sie erschienen, sofort die Originalsprache und den Übersetzer zu erkennen.

Deshalb gab es jeden Tag ein informelles Briefing in Sprachgruppen, das allen Journalisten erlaubte, Neuigkeiten vom Fortschritt des Prozesses zu erfahren. Die Synoden-Väter wurden oft als Gäste zu diesen Briefings eingeladen und behandelten die Journalisten mit großer Offenheit. 

Papst Franziskus hat die Kommunikation der  Synode zentralisiert und auf ein einziges, mehr formales Briefing reduziert, wobei weder Texte noch Zusammenfassungen der Texte verteilt werden. Aber bei Papst Franziskus´ erster Synode hatte der damalige Generalsekretär der Synode,  Kardinal Lorenzo Baldisseri die Entscheidung die Texte nicht formal auszuteilen mit der Tatsache begründet, daß die Synoden-Väter frei waren, mit wem auch immer sie wollten, zu sprechen und also die Entwürfe ihrer Reden zu verbreiten.

Was hat sich jetzt verändert? Das Klima hat sich drastisch verändert.  Das Problem ist nicht länger die formale Frage ob das Papstgeheimnis auf die Synoden-Diskussion zutrifft oder nicht. Eher daß in den vergangenen Jahren Worte benutzt wurden, die ihrer vollen Bedeutung beraubt waren oder unterschiedlich interpretiert wurden. Das Problem ist zu allererst ein linguistisches. Aber es wird ein praktisches.  


Ich habe bereits festgestellt, daß Papst Franziskus  Sätze und Phrasen aus dem Kontext reißt, sie aus einer Rede extrapoliert und sie einzigartig interpretiert. Das Problem trifft auch auf das Konzept der Synodalität zu. Papst Franziskus hat immer erklärt, daß die apostolische Exhortation Evangelii Nuntiandi Pauls VI sein Bezugspunkt ist. Und da- in dieser Exhortation- lädt Paul VI uns ein, von der Synodalität der Ostkirchen zu lernen.

Aus seine Weise hat Paul VI nicht versucht, die Paradigmen der Kirche zu verändern. Er hat versucht, zu verstehen, wie die Kirche in der modernen Zeit existieren könnte. Er hat großen Wert auf die Synode gelegt, so sehr, daß einer der Reformvorschläge des Konklaves vorsah, den Generalsekretär der Synode zusammen mit allen Mitgliedern des Generalsekretariats der Synode in die Wahl eines Papstes einzubeziehen. Er ließ die Idee fallen, weil die Wahl eines Papstes die Kardinäle betrifft, die der Papst selbst ernennt, eine tiefe spirituelle Bedeutung hat und daher nicht auch an Bischöfe und Erzbischöfe delegiert werden kann, die vom Papst ernannt werden, aber eine vorübergehende Funktion haben. Die Wahl eines Papstes ist kein demokratischer Prozess, an dem diejenigen teilnehmen, die ein vorübergehendes Amt innehaben.

Allein diese Anekdote – die Benny Lai vor dem Konklave 2005 erzählte – zeigt, daß Paul VI. die Synodalität nicht als alternative Regierungsform, als Teil einer Kirchenreform betrachtete, sondern vielmehr als ein Debattenmodell, das die Konzilsdiskussion lebendig aufrechterhalten würde. Papst Franziskus hat diese Idee vorangetrieben. Er umging das Problem der Einbeziehung des Generalsekretärs der Synode in das Konklave, indem er alle seine Generalsekretäre zu Kardinälen der Synode ernannte. Anschließend startete er einen synodalen Prozess, der in seinen Augen der Überwindung alter Machtmuster dient. Die Debatte auf der Synode muss neue Meinungen und Standpunkte hervorbringen, aber auch in der Lage sein, die bisherigen Leitungsmodelle in Frage zu stellen. Schließlich spricht der Papst immer von seinen Erfahrungen als Generalberichterstatter der Synode 2001 und davon, wie die Texte seiner Meinung nach manipuliert oder jedenfalls vorprogrammiert waren.

Um Manipulationen zu überwinden, wendet der Papst die Methode an, die er immer benutzt hat: maximale Vertraulichkeit und Transparenz nur am Ende des Entscheidungsprozesses. Die Reden werden nicht veröffentlicht; die Bischöfe können sprechen, werden aber entmutigt konkret über die Diskussion zu sprechen, aber dann werden alle Stimmen gezählt und bekannt gemacht. Das Schlußdokument der Synode wird so völlig gleich mit den Paragraphen, die keine Zustimmung gefunden haben und so jede Vorherplanung überwinden.

Zur gleichen Zeit aber spricht der Papst von der Synode als Synonym für die Kirche. Er bezeichnet den Synodalen Prozess als neues Modell. Er spricht von Transparenz und Diskussion der Entscheidungen. Da erhebt sich ein linguistisches Problem. Synodalität ist ein abstraktes Konzept, das in den Dokumenten des II. Vaticanischen Konzils niemals benutzt wurde, genau weil es keine konkrete Basis hatte. Das Modell der Synodalität der Ostkirchen, das Ines Murzaku im Catholic world Report gut beschrieben hat, ist nicht frei von Problemen, beginnend mit der exzessiven Nationalisierung oder auch der Unmöglichkeit für einen Patriarchen, zu entscheiden ohne von äußeren Faktoren beeinflußt zu werden, die seine eigene Synode beeinflussen.

Diese Schwierigkeiten erscheinen nicht in den Äußerungen des Papstes, in deren Nuancen er sich nicht ergeht, sondern sorgt stattdessen für eine allgemeine Bedeutung der Dinge, wenn er spricht. Wenn die Sprache nicht präzise ist, ist alles möglich. Und so haben sich die großen Erwartungen an die Synode entwickelt. Selbst bei denen, die dem Papst am nächsten stehen, gibt es den Glauben, daß die Strukturen der Kirche geändert werden müssen. aber es ist nicht klar, ob der Papst zustimmt und es ist nicht sicher, daß der Papst eine Reform unter diesen Bedingungen will.

Vom Kommunikations-Standpunkt aus müssen wir denken, daß eine Synode ein transparenter Porzess sein sollte und deshalb mit Teilnahme von Journalisten. In der Praxis ist die Synode wie die öffentliche Sitzung eines Parlamentes, bei der die öffentliche Meinung jede Rede prüfen kann. Das ist nicht das, was der Papst will - und das hat er klar gemacht- aber die Äußerungen und Gesten sind so weit gegangen, daß es das ist, was jetzt erwartet wird.

Deshalb wird jedes Wort bis zur Verzweiflung bedacht und schafft eine polarisierte und spekulative Debatte. Die Spaltung zwiscen Progressiven und Konservativen gibt es nicht mehr, weil die Sorgen sich ähneln, namentlich, daß der Papst etwas anderes wollen könnte als allgemein geglaubt wird. Das wird bei der nächsten Synode wahrscheinlich auch so sein.

Mitten in dieser Polarisierung beleuchtet ein Interview mit dem baldigen Kardinal Victor Fernández, Präfekt des Dicasteriums für die Glaubenslehre, daß dieses Problem de facto sowohl auf der Seite der Progressisten als auch der Konservativen besteht, warnt aber auch davor, eine Position einzunehmen, die ein Schisma erzeugen könnte. Weil- das ist sein Argument- der Papst ein dynamisches Charisma hat und nur er die richtige Interpretation der Lehre kennt. Worte- auch hier- die riskieren, die Lehre auf das päpstliche Urteil zu reduzieren. Das ist wahrscheinlich nicht das, was Fernández meint, weil er in einer anderen Passage des Interviews von einer Doktrin spricht, die sich nicht ändert und ein Evangelium das bereits Offenbarung ist. Aber sogar in diesem Fall führt die Reaktion auf die eine Verzweiflung zur anderen.

Das Problem der kommenden Synode wird weder das Papstgeheimnis sein, das es immer gegeben hat, noch die Kommunikation, weil die Bischöfe immer sprechen können werden. Es wird mehr um das Verstehen der Terminologie gehen. Es wird notwendig sein, zur Originalbedeutung der Worte zurück zu kehren, ihre historische Bedeutung ihrer gegenwärtigen Bedeutung gegenüber zu stellen und die Spaltung zwischen Barmherzigkeit und Lehre und zwischen dem christlichen Ideal und Realität zu überwinden, die die Wirklichkeit nicht wiedergibt. Und das ist, daß das christliche Leben eine ganzheitliche Berufung ist. Die Lehre dient dazu, zu dieser Berufung zu helfen und Sünde ist eine besondere menschliche Begrenzung, aber eine Grenze, die mit der Gnade Gottes überwunden werden kann.

Wahrscheinlich ist es das, was der Synodalen Diskussion helfen wird. Der Rest riskiert einfach nur, eine Überdehnung zu sein."

Quelle: A. Gagliarducci, Monday at the Vatican
 

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