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Freitag, 6. Oktober 2023

Laudate Deum ist kein theologischer, sondern ein politischer Text

A. Gagliarducci kommentiert bei brusselssignal die am 4 Oktober in Rom veröffentlichte Apostolische Exhortation zu Umweltfragen "Laudate deum". 
Hier geht´s zum Original: klicken

"PAPST FRANZISKUS´  LAUDATE DEUM IST EINE POLITISCHE EXHORTATION, KEIN THEOLOGISCHER TEXT"

Acht Jahre nach der Enzyklika Laudato Si´ hat Papst Franziskus ein weiteres Dokument - genannt Apostolische Exhortation publiziert - um zu sagen was getan und was nicht getan worden ist- in Worten des Engagements für die Umwelt in den letzten Jahren. Es zielt darauf ab, die Agenda festzulegen. die  Hoffnung, sogar den Traum für COP 28, (UN-Klimakonferenz)  die im Dezember in den Vereinten Arabischen Emiraten abgehalten werden soll.

Die Exhortation heißt  "Laudate Deum" und präsentiert sich selbst als eines der politischsten Dokumente im Pontifikat von Papst FranziskusEs enthält Daten, Zahlen und Berichte verschiedener internationaler Organisationen, die vom Papst nachdrücklich unterstützt werden. Laudate Deum beklagt sich sogar bitter über bestimmte "verächtliche und unvernünftige“ Meinungen einiger in der katholischen Welt. 

Mit der Exhortation bezieht Papst Franziskus klar Stellung in der Umwelt-Diskussion,und stellt sich und die gesamte Kirche auf die Seite derer, die behaupten, daß der Klima-Wandel menschengemacht ist, so wie er sich durch die Beschleunigung einiger klimatischer Phänomene manifestiert.

Aber tatsächlich geht es noch weiter; der Papst verwirft jede andere Hypothese oder Erklärung für den Klima-Wandel.

Die Vorgängerin Laudatò Si´ wurde während der Vorbereitung zur UNO-Klimakonferenz 21 in Paris 2015 geschrieben. Papst Franziskus  hat einmal gesagt, daß die Idee einer Enzyklika zu diesem Thema bei einer Begegnung mit Ségolene Royal entstanden ist, der damaligen französischen Umwelt-Ministerin, die ihn gedrängt hatte, vor dem Klima-Gipfel in Paris etwas zu schreiben.

2015 beschloss der Papst das in Form einer Enzyklika zu tun,  eines der Dokumente des päpstlichen Lehramtes, das  das  größte Gewicht besitzt.  Enzykliken müssen mit der Katholischen Lehre übereinstimmen und eine Überprüfung durch die verschiedenen Vatican-Ämter durchlaufen, damit das  Geschriebene auf der selben Linie ist wie die universale Lehre der Kirche.

Aus diesem Grund ist Laudato Si´ nicht nur einfach eine Enzyklika über das Klima , sondern eine Enzyklika, die die Umweltproblematik  in ein lehramtliches Rahmenwerk stellt, das von der Verteidigung des Lebens bis zum Schutz der Schöpfung geht und das Konzept einer Human-Ökologie entwickelt. 


Laudate Deum ist dagegen eine Exhortation, ein Dokument, das eigenhändig vom Papst geschrieben wird, etwas Persönlicheres. Der Papst bevorzugt deshalb die leichtere Form eines Textes, um ihn an sich anzupassen und ihn zu personalisieren. Es ist ein Text, der spezifisch den gegenwärtigen Augenblick betrifft. 

Wir finden ein Dokument, das in drei Abschnitte unterteilt ist. 

Im ersten beleuchtet Papst Franziskus Umweltprobleme, spult Daten ab und beklagt, daß angesichts der durch menschliches Handeln beschleunigten Klimakrise nicht genug getan wurde.

Im zweiten Abschnitt schlägt der Papst eine Veränderung der globalen multilateralen Architektur vor,die Ethos und Würde der Person über persönliche Interessen stellt. Papst Franziskus unterstreicht die Notwendigkeit der alten Diplomatie - die aber bgzl. der modernen Herausforderungen überdacht werden müsse.

Ebenso will der Papst die Rolle der Politik nicht unterschätzen, weil politische Bemühungen selbst den ärmsten Staaten eine Stimme zugestanden haben.

Seine Analyse ist jedoch präzise: wenn wir nicht über den Klima-Wandel sprechen, wenn stattdessen Projekte, die schreckliche Umwelteinflüsse haben, im Namen des Fortschritts entwickelt werden, geschieht das aus rein wirtschaftlichen Interessen.

Der Papst argumentiert, daß das Nichtbeachten der Umwelt sich gegen die Menschen auswirkt, die in Armut leben.

Papst Franziskus blickt nach vorn- direkt zur UN-Klimakonferenz COP28, die in den Vereinten Arabischen Emiraten stattfinden wird. "Ich glaube an die menschlichen Fähigkeiten, ihre kleinen Interessen zu überschreiten und groß zu denken...wir können nicht aufgeben, zu träumen, daß COP28 zu einer entscheidenden Beschleunigung der Energie-Wende führt, mit meßbaren, effektiven Bemühungen.

Kurz gesagt, COP28 "kann ein Wendepunkt" sein, aber nur, wenn wir "die verantwortungslose Spötterei beenden, die das Thema nur als "grüne Umweltromantik" präsentiert, häufig aus wirtschaftlichen Interessen". Geben wir schließlich zu, daß das in weiterem Sinn auf verschiedenen Ebenen ein menschliches und soziales Problem ist. Das erfordert jedermanns Mitwirkung."

Diese Worte zeigen, daß diese Exhortation am Ende ein Text mit einem Zweck ist, ein Dokument für sofort, um die Diskussion hier und jetzt -im Vorfeld des COP 28- Treffens in den Vereinten Arabischen Emiraten zu befeuern.

Der dritte Teil des Dokumentes von Papst Franziskus erklärt das katholische Engagement für die Umwelt. Seltsamerweise erscheint das wie eine Nebenbemerkung, ein notwendiger Akt in einem päpstlichen Dokument, das etwe Katholisches sagen muß.

Laudate Deum bietet Themen an, die über die Erwartungen an COP 28 hinausgehen.

Das Interessanteste daran ist die neue "multilaterale Architektur". Das ist für den Hl. Stuhl nichts Neues. Seit einiger Zeit fordert der Hl. Stuhl eine Reform der Vereinten Nationen. die den globalen Süden besser repräsentiert. Die sogenannten G-Treffen (G8, G20) sind als exklusive Clubs kritisiert worden, in dem die Kleinen keine Stimme haben.

Das geht auf vor Franziskus zurück. Tatsächlich wird in der Enzyklika Caritas in Veritate von Benedikt XVI nach einer "Weltautorität mit universalen Kompetenzen" gefragt, die das finanzielle und ökonomische System korrigieren und ermöglichen soll, das globale Ungleichgewicht zu überwinden

Die Tatsache, daß Papst Franziskus das Thema wieder aufnimmt, könnte eine echte Gelegenheit sein, die globale diplomatische Architektur zu überdenken. Es ist ein dramatisch aktuelles Thema, insbesondere in einem durch den Krieg in der Ukraine zerrissenen Europa, in dem regionale geopolitische Krisen nur durch die Mitwirkung aller gelöst werden können.

Von hier aus wird die Diplomatie des Heiligen Stuhls mit der Ausarbeitung der Leitlinien beginnen, die sich in naher Zukunft auf die diplomatischen Beziehungen auswirken werden. Die Umweltfrage wird weiterhin ein zentrales Diskussionsthema bleiben. Die Diplomatie des Vatikans wird ein Gleichgewicht zwischen den Positionen von Papst Franziskus und einer gemäßigteren Herangehensweise an die Themen Umwelt und Global Governance anstreben."

Quelle: A.Gagliarducci, brusselssignal



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