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Montag, 2. Oktober 2023

Zustand und Zukunft des Pontifikates von Papst Franziskus

In seiner heutigen Kolumne in Monday af the Vatican kommentiert A.Gagliarducci den Zustand und die mögliche Zukunft des Pontifikates von Papst Franziskus.
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PAPST FRANZIKUS UND SEIN BLICK IN DIE ZUKUNFT

Sind wir wirklich in der Schlussphase des Pontifikates? Diese Frage zirkuliert seit einiger Zeit und ist noch drängender geworden, seit dem ersten Krankenhausaufenthalt mit der Operation vor mehr als einem Jahr? Papst Franziskus jedoch wollte mit Fakten beweisen, daß sein Pontifikat sich nicht in einer abnehmenden Phase befindet. Er vervielfachte seine Aktivitäten. Er hielt sich nicht zurück. er begann die Entscheidungen zu beschleunigen. Aber sehen wir uns einer langen Schlußstrecke gegenüber oder in einem Pontifikat auf dem Höhepunkt? 

Das sind legitime Fragen, während der Papst ein neues Konsistorium zelebriert und eine apostolische Exhortation über Umweltschutz veröffentlicht. Es sieht so aus, daß Papst Franziskus nie so aktiv war. Dennoch scheinen das die Zeichen ein Pontifikat in seiner Endphase zu sein, das versucht sich auf jede Weise als lebendig, aktiv und präsent zu zeigen. Ein Pontifikat das auf gewisse Weise versucht, die Zukunft der Kirche zu monopolisiseren.

Das Konsistorium vom 30. September, an dessen Ende es 136 Kardinäle, die im Konklave wahlberechtigt sind, gibt ist ein deutliches Signal. Papst Franziskus hat in 10 Jahren seines Pontifikates neun Konsistorien abgehalten, Johannes Paul II neun in 27 Jahren. Der Papst, der vor einem erheblichen Generationswechsel stand, hat den genutzt,, um das Kardinalskollegium zu verändern und umzugestalten. Es geht nicht nur um  rote Hüte. Ganze Episkopate, wie der italienische, haben unter Papst Franziskus einen tiefgreifenden Wandel erfahren.. 

Dieses Konsistorium ist hinsichtlich seines Profils ein klassisches Konsistorium von Papst Franziskus. Die Aufmerksamkeit gilt den Randgebieten (Malaysia) und den Kriegsländern (Südsudan).Zum ersten Mal in der Geschichte gibt es einen in Jerusalem ansässigen Patriarchen. Da sind auch Erzbischöfe von Diözesen, die traditionell als Kardinalsitze gelten (Bogota und Madrid).Und es gibt zwei Nuntien (drei, wenn wir Erzbischof Marchetto mitzählen, der jedoch nicht im Konklave abstimmt), ein Zeichen für die ständige Aufmerksamkeit, die Papst Franziskus seit seiner Wahl der diplomatischen Welt geschenkt hat. Es heißt, daß der Papst vor den Generalkongregationen nicht nur die veröffentlichte Rede hielt, sondern auch eine Intervention zur Rolle der Diplomaten, die von jenen sehr geschätzt wurde, die der Meinung waren, daß unter Benedikt XVI. der diplomatische Teil vernachlässigt oder zumindest untergeordnet worden sei.

Drei Kardinäle der Kurie (Prevost, Gugerotti und Fernandez) werden auch in einem anschließenden Konklave Einfluss haben. Prevost mit allen bischöflichen Dossiers in der Hand und Gugerotti mit seiner erworbener diplomatischer Kompetenz und Kenntnis der Ostkirchen. Fernandez scheint jedoch eine Wahl für die unmittelbare Zukunft zu sein, die durch das Bedürfnis von Papst Franziskus bestimmt wird, einen Freund zu haben, der seine Gedanken interpretiert.


Auffällig beim Konsistorium sind jedoch die Zahlen. Am Ende dieses Konsistoriums gibt es 136 Kardinalwähler, 16 mehr als die von Paul VI. festgelegte Grenze von 120. Die Zahl der Wähler wird erst Ende 2024 wieder unter 120 sinken, dann werden es 119 sein. Davon werden 91 die von Papst Franziskus geschaffenen sein, 22 die von Benedikt XVI. und sechs die von Johannes Paul II . Daher wird Papst Franziskus im nächsten Jahr möglicherweise nicht einmal ein Konsistorium einberufen, weil er den Generationswechsel vollzogen hat und weil jedes zukünftige Konklave immer noch eines mit den von Papst Franziskus gewünschten Mitgliedern sein wird.

Bedeutet das, daß ein mögliches Konklave den Anweisungen des Papstes folgen wird? Möglicherweise, aber nicht sicher. Am Ende wird der Papst tot sein (oder auf das Amt verzichtet haben); Daher haben selbst die Kardinäle die Freiheit, über Situationen nachzudenken, die von den vorhergesehenen abweichen. Könnte das Konklave jedoch durch das Pontifikat beeinflusst werden? Das ist natürlich möglich, weil die mediale Aufmerksamkeit für das Pontifikat sehr groß war.

Es war das, was beabsichtigt war. In vielen Fällen wurde die Wahl von Papst Franziskus als eine Art "medialer Erlösungs-Prozess“ für die Kirche dargestellt. Der Papst, der vom Ende der Welt kam, war aufgerufen, angesichts eines befleckten Bildes das Narrativ der Kirche zu ändern. Über die Reform der Kurie hinaus war dies der Auftrag des Papstes. Letztlich ist die unter Papst Franziskus entwickelte Sensibilität gegenüber der öffentlichen Meinung auffällig. Dies ist umso auffälliger, als sie mittlerweile zum Hauptanliegen geworden zu sein scheint.

Wir wissen nicht, ob wir uns in einem zu Ende gehenden Pontifikat befinden, aber wir wissen, daß der Druck der Medien den Papst beeinflusst hat. Von Erzbischof von Paris Aupetit und seinem Rücktritt, der auf "dem Altar der Heuchelei“ (Papst Franziskus dixit) akzeptiert wurde, bis hin zum sensationellen Kurswechsel in Sachen Missbrauch in Chile hat der Papst die öffentliche Meinung immer mit großer Aufmerksamkeit verfolgt. Vielleicht diktiert die öffentliche Meinung nicht die Agenda, aber dennoch hat sie Gewicht.

Das ist ein Thema, das im sogenannten "Jahrhundertprozess“ im Vatikan mit Nachdruck wiederkehrt. Die erste Reaktion des Papstes bestand darin, die Mittel vom Staatssekretariat an die Verwaltung des Erbes des Apostolischen Stuhls (APSA) zu übergeben und ging in der Erklärung sogar so weit, einen Fonds (den Centurion-Fonds) zu erwähnen, um sein Engagement zu demonstrieren und sich von jedem möglichen toten Ast zu trennen, der ein als Risiko den Ruf gefährdet.

In den letzten Tagen haben die Zivilparteien im Vatikan-Prozess Schadensersatz gefordert, das IOR und das Staatssekretariat forderten Schadensersatz für ihren Imageschaden. Ein externes Unternehmen hat den Reputationsschaden bewertet und die Kosten entsprechen den geschätzten Kosten für eine Kampagne zur Wiederherstellung der Reputation. Doch woraus besteht diese Kampagne? Wird es Werbespots geben? Handelt es sich dabei um kostenpflichtige Artikel? Wie kann eine Institution wie das Staatssekretariat beschließen, ihren Medienauftritt erneuern zu müssen? Wie kann ein Gremium wie das IOR sein Image nur durch eine positive öffentliche Meinung wiederherstellen wollen?

Die Bitten sind in gewisser Weise das Symptom dieses Pontifikats. Und so lautet die Antwort vielleicht, daß wir weder am Ende des Pontifikats noch auf dem Höhepunkt angelangt sind. Stattdessen befinden wir uns in einem Moment, in dem der Papst versucht sicherzustellen, daß alle Voraussetzungen dafür geschaffen sind, daß seine Entscheidungen verstanden und umgesetzt werden. Es gibt den Moment des Wartens, den Moment der Vermittlung, den Moment der öffentlichen Präsenz. Wir sind wahrscheinlich in diesem dritten Moment.

So wird Papst Franziskus, nachdem er sich mit dem Konsistorium das Erbe der Kardinäle gesichert hat, einen neuen Appell zum Thema Umwelt veröffentlichen und anschließend eine Synode feiern, die brisant und kontrovers zu werden verspricht. Wenn Papst Franziskus in die Zukunft blickt, sagt er, er wolle Prozesse eröffnen. Es ist unwahrscheinlich, daß diese Prozesse mit dem Ende seines Pontifikats enden werden. Aber es wird wohl ebenso unwahrscheinlich sein, daß sie im "Geist von Franziskus“ vorangetrieben werden."

Quelle: A.Gagliarducci, Monday at the Vatican

 

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