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Dienstag, 7. November 2023

Missverständnisse und eine zerrüttete Beziehung...Papst Franziskus und die Kirche in den USA

Jayd Henricks kann die kritischen Aussagen des Hl. Vaters über die US-amerikanische Kirche nicht so stehen lassen und widerlegt sie bei Firstthings aus seiner eigenen Erfahrung.
Hier geht s zum Original:  klicken

"DER VATICAN VERSTEHT DIE US-AMERIKANISCHE KIRCHE NICHT"

Letztes Jahr habe ich einen Text geschrieben, in dem ich respektvoll argumentierte, dass der Hl.Vater die Kirche in den USA versteht. Ich wünschte, dass ich sagen könnte, dass ich Unrecht habe, aber der Text hat sich bewährt. Papst Franziskus scheint die Kirche in den USA nicht zu verstehen, besonders ihre Beziehung zum II. Vaticanischen Konzil. Ein  kürzliches Interview mit seinem diplomatischen Repräsentanten in den USA, S.E. Kardinal Christophe Pierre scheint etwas Licht auf die Missverständnisse des Hl. Vaters zu werfen. 

In einem vor kurzem erschienenen Interview mit America Magazine behauptete Kardinal Pierre, daß "es einige Priester und Ordensleute und Bischöfe gibt [in den USA], die sehr gegen Franziskus sind, als ob er der Sündenbock für das Versagen der Kirche und der Gesellschaft sei." Er fuhr fort "In der Kirche sind wir in einem Epochenwechsel. Und das kann der Grund für die meisten jungen Priester sein, die heute davon träumen, die Soutane zu tragen und die Messe auf die traditionelle [präkonziliare] Weise zu zelebrieren. 

In dem Interview konzentriert er sich vorher auf die Erfahrung in Südamerika, speziell auf das Apareceida-Dokument, das für die Kirche eine neue Art zu evangelisieren schuf, die -wie Kardinal Pierre sagte, nicht vom damaligen Kardinal Bergoglio (jetzt Papst Franziskus) erfunden wurde, der damals  der Vorsitzende des Redaktionsausschusses war, sondern durch den Heiligen Geist. Kardinal Pierre behauptete, die Bischöfe von Südamerika und Mexiko hätten „eine Art Dynamik der Zusammenarbeit und der gemeinsamen Suche nach Lösungen entwickelt, um besser zu evangelisieren, worum es bei der Synode [zur Synodalität] geht.“ Nichts anderes: Bessere Evangelisierung. Und sie begleiteten die Menschen in ihrem Leid, in ihren Schwierigkeiten und ihren Herausforderungen.“ Er behauptete weiter, dass die Bischöfe der Vereinigten Staaten von dieser außergewöhnlichen Entwicklung südlich von ihnen überhaupt nichts wussten, was implizierte, dass die Kirche hier in den USA weniger evangelisch sei als in Mexiko und Südamerika.

Der Kardinal stellte dann die außerordentliche Behauptung auf, daß fast niemand in den USA mehr in die Kirche kommt. ..also sagte Papst Franziskus "verlasst die Kirche". Aber wir bleiben in der Kirche."

Er verunglimpfte die Art und Weise, wie die Kirche in den Vereinigten Staaten Einwanderer willkommen heißt. "Sie klopfen an die Tür und werden abgelehnt, weil das heutige Amerika kein Amerika ist, das Menschen aufnimmt, weil es hier eine Krise gibt. . . . Die Kirche veranstaltet für sie eine Messe, aber was dann? Helfen wir ihnen als Kirche dabei, beispielsweise den Übergang vom Katholizismus in Mexiko zum Katholizismus in den Vereinigten Staaten zu vollziehen?“

Anschließend behauptete er, die US-Kirche isoliere sich und sei gegen Papst Franziskus. " Ist die Kirche ein Zufluchtsort? Wenn man sie als Zufluchtsort betrachtet, isoliert man sich selbst. Die Kirche ist missionarisch. Sie ist nicht für Menschen reserviert, die sich zusammen wohl fühlen.“ Er fährt fort: "Das Problem besteht darin, daß Journalisten, selbst in den USA, weiterhin über abweichende Lehren sprechen, sie sprechen nur über Homosexualität und die Ehe von Priestern, und halten so die Zweideutigkeit aufrechterhalten.“ Aber darüber reden wir nicht. Das habe ich sieben Jahre lang den Bischöfen gesagt.“

Er behauptete, daß die Bischöfe in sich selbst verschlossen seien. Er ermutigte die Bischöfe der USA: "Veranstalten Sie Treffen nicht nur über die Verwaltung. Hören Sie einander zu. Schauen Sie sich die Realität an. Betet gemeinsam, erkennt und entscheidet.“ Und schließlich zum Heiligen Vater: "Er ist der Mann, den der Heilige Geist für diese Zeit wollte.“ Er ist der Papst, den der Geist für dieses Mal wollte.“


Wo soll man da anfangen ?

Erstens - wenn die Kirche aufgerufen ist an die Ränder hinaus zu gehen, dann hoffe ich auch in diese Kategorie zu gehören, als Stimme für einige der Katholiken in den Kirchenbänken, die sich marginalisiert fühlen. Mir ist auch die Situation der Kirche in den USA nicht unbekannt. Ich habe in 8 Staaten gelebt, in vielen verschiedenen Städten und Orten. Ich bin bis auf einen in unsere 50 Bundesstaaten gereist, habE jahrzehntelange in und im der Umgebung  der institutionellen Kirche gearbeitet, komme aus einem ausgesprochen nicht-traditionellen Katholischen Umfeld, habe höhere Abschlüsse in Theologie und bleibe glücklich in der modernen Zeit engagiert.

Es ist einfach falsch, aber es gibt Bischöfe, die Papst Franziskus als Sündenbock für die Krankheiten unserer Kultur  benutzen, wie Kardinal Pierre andeutet. Ich kenne keinen einzigen Bischof, der das behauptet. Die kulturelle Krise, die wir erleben, ist nicht vom Papst gemacht. Anzudeuten, daß es Bischöfe gibt, die das behaupten, viel weniger stellen sie das ausdrücklich fest, ist gegenüber den US-Bischöfen unfair. Wie entmutigend mu? es sein, zu lesen, was ihre Repräsentanten beim Hl. Stuhl über sie denken. 

Die Behauptung, daß die meisten jungen Priester von der Soutane begeistert sind, ist auch glatt falsch, das ist die Ausnahme, nicht die gelebte Erfahrung des typischen jungen Priesters. Es ist seltsam sich darauf zu fokussieren, wenn es dringendere Probleme für die Kirche gibt (wie den Klerikalismus, der immer noch Missbrauchtäter schützt oder teure Treffen,  bei denen die begrenzten Kirchenmittel verbraucht werden, um nur zwei zu nennen).

Seine Eminenz stellt fest, daß "fast keiner mehr in die Kirche kommt" in den USA. Das ist auch fern jeder Realität. Ja, die Zahlen nehmen ab, aber es gibt viele blühende Gemeinden im ganzen Land, die grösser werden. Ich habe es gesehen, ich weiß nicht,  warum der Nuntius sich dessen nicht bewusst ist. Das macht mich traurig, besonders weil es in seinem eigenen Hinterhof, der Erzdiözese Washington und der Diözese Arlington zahlreiche Beispiele für eine blühende Kirche gibt. Vielleicht sollte er weniger zu Treffen und mehr in Pfarrgemeinden gehen. Ich würde ihn gern incognito begleiten.

Diese Kommentare seiner Eminenz sind mehr als nur ein bißchen ironisch, wenn man den Massen-Exodus aus den Kirchenbänken in Europa und Süd-Amerika, besonders Frankreich und Argentinien, um nicht von Deutschland zu sprechen. Wenn die Bemühungen zur Evangelisierung durch das Treffen von Aperecida inspiriert wurde, das wiederum den Synodalen Weg  inspirierte,  der Weg vorwärts ist, warum geht es dann den örtlichen Kirchen in Südamerika schlechter als denen in den USA? (Seltsamerweise begann kurz nach dem Treffen von Aparecida 2007 die Zahl der Priester stark abzunehmen - ein Trend der bis heute anhält.)  Nach vielen Maßstäben ist die Kirche Südamerikas- einschließlich Argentiniens-sklerotisch und  es geht ihr dramatisch schlechter als der Kirche in den USA. Erklären Sie das bitte, Eminenz. 

Hier in den USA hat es in den vergangenen 20 Jahren eine meßbare Zunahme an Berufungen gegeben. Wir haben Evangelisierungs-Initiativen,  die es sonst nirgends  auf der Welt gibt, wie die Fellowship of Catholic University Students, Christen in der Stadt und Creatio, unter einem Dutzend anderer nur in meiner Heimat-Diözese Denver.  Wir haben kleine katholische Colleges und Universitäten, die zur Zeit Studenten im Glauben formen, ebenso wie blühende Studenten-Zentren in säkularen Hochschulen. Die Bischöfe haben die Seminare von Grund auf reformiert, den theologischen und moralischen Zwiespalt, der einer Generation eigen war. Wir haben caritative Organisationen, die die am meisten verwundbaren und marginalisierten unserer Gesellschaft versorgen, mit zehn-oder vielleicht hundert Millionen von Nichtregierungs-Dollars und unzähligen lebenden Heiligen, die diese caritative Arbeit machen. Wir haben katholische Schulen, die  Katholiken wie Nicht-Katholiken dienen und eine Alternative für die jetzt an öffentlichen Schulen übliche woke Erziehung. Wie haben eine dynamische katholische Presse, die die Gläubigen mit Büchern und Medien formt und die es einfach nirgendwo sonst gibt. Ich bin versucht weiter zum machen, aber ich denke, daß ich mich klar ausgedrückt habe.  Die Kirche in den USA ist weit davon entfernt, ideal zu sein, aber sie ist nicht die dürre, sterbende Institution, die Kardinal Pierre abbildet. 

Hinsichtlich der Immigrationsfrage, kenne ich kein anderes Land , das großzügiger ist als die USA. Unsere Armen (und Grenzen) sind offen für die Flüchtlinge , Immigranten (legal oder nicht) und diejenigen, die ein besseres Leben suchen. Es ist eine Verleumdung anzudeuten, daß wir eine geschlossene Gesellschaft oder geschlossene Kirche sind.  Gehen Sie durch jede größere Stadt und sie ist ein Schmelztiegel der Kulturen mit Katholischen Kirchen, die jeden begrüßen. Die Bischöfe selbst leiten größere Einwanderungs-und Flüchtlingseinrichtungen und sind Partner bei anderen. Sie sollten dafür gefeiert und nicht herabgesetzt werden. 

Und diese Wahrnehmung, daß amerikanische Bischöfe auf Sexualität fixiert sind, ist auch falsch. Es sind die Leiter der Synode zur Synodalität und viele vom Papst ernannte Delegierte, die auf Homosexualität, Ehe und priesterliche Weihen konzentriert sind. Die Hauptpriorität der USCCB ist die Eucharistische Wiederbelebung, die versucht, die Katholiken zurück zum Zentrum des Katholizismus zu führen. Kaum eine Fixierung auf Sex. 

Viele Bischöfe sind Fr. James Martins und der anderen überdrüssig, die ihnen die LGBTQ-Diskussion aufzwingen wollen, besonders auf eine Weise, die rein katholische Apostolate wie Mut nicht einschließt. Meine Lektüre der Diözesansynodalberichte lässt darauf schließen, dass die nationalen und kontinentalen Synodaldokumente diese Themen überproportional hervorheben, wenn man bedenkt, wie wenig sie auf Gemeindeebene diskutiert werden. Schande über diejenigen, die den Synodalprozess nutzen, um den Gläubigen Spaltungsbemühungen zur Anpassung an die Heterodoxie aufzuzwingen und dann zu suggerieren, dass es die Bischöfe der Vereinigten Staaten seien, die auf Sex fixiert seien.

Abschließend kann ich nicht umhin, die von Kardinal Pierre vertretene Ekklesiologie und die wachsende Zahl von Ultramontanisten zu kommentieren, die der Meinung sind, dass alles, was vom Heiligen Vater ausgeht, vom Heiligen Geist kommt. Die Geschichte lehrt uns etwas anderes, und es ist gefährlich, gegenüber dem Heiligen Stuhl eine solch unkritische Haltung zu vertreten. So wie ich es verstehe, erfordert Synodalität Unterscheidungsvermögen, einschließlich der Erkenntnis, wo der Heilige Geist wirkt und wo nicht. Mir wurde gesagt, dass dies für alle Katholiken gelten sollte, womit vermutlich der Heilige Vater gemeint ist, sowie für Bischöfe und Gläubige.

Es bereitet mir keine Freude, diesen Artikel zu schreiben. Aber Kommentare wie die Seiner Eminenz können nicht unwidersprochen bleiben. Es geht um Gerechtigkeit gegenüber den Bischöfen der Vereinigten Staaten, den vielen Priestern und Ordensleuten, die ihre Gelübde treu und evangelisch leben, und den unzähligen Laien, die heldenhafte Opfer bringen, um den Glauben hier voranzutreiben. Möge der Heilige Geist mit ihnen und allen Gläubigen sein und möge er dem Heiligen Stuhl die Augen für die Realität der Kirche in Amerika öffnen."

Quelle: J.Henricks, Firstthings

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