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Dienstag, 20. Februar 2024

Die Liturgie-Reform: Papst Franziskus - ein Meister der Ironie?

Fr. RIcardo Cipolla kommentiert bei Rorate Caeli die Worte, die Papst Franziskus an die Teilnehmer der Vollversammlung des Liturgie-Dicasteriums bzgl. der Liturgie-Reform gerichtet hat- und die er als meisterhaft ironisch beschreibt. Hier geht´s zum Original:  klicken

"LITURGIE - PAPST FRANZISKUS: DER MEISTER DER IRONIE" 

"Mit großem Interesse lese ich die Bemerkungen, die Papst Franziskus vor ihrer jährlichen Vollversammlung gegenüber den Mitgliedern des Liturgie-Dicasteriums gemacht hat. Was mich besonders berührt hat, waren Papst Franziskus´ Worte: "ohne liturgische Reform gibt es keine Reform der Kirche."

Als ich diese Worte erwog, wurde ich von einem Gefühl der Verwirrung überwältigt. Hat des Papst sich auf das vom II. Vaticanischen Konzil  promulgierte Dokument Sacrosanctum Concilium bezogen und auf die Liturgie-Reform, zu der es in den Jahren nach dem Konzil kam? Und wenn es so ist, was bedeutet hier das Wort "Reform" genau? Wie sollen wir den Gebrauch des Wortes verstehen? 

Die erste Möglichkeit ist dieses englische Wort von Anfang an zu benutzen: als re-form. Aber das kann nicht die Bedeutung in der Exhortation des Papstes sein, weil die Kirche nicht in diesem Sinne re-formiert werden kann, weil die Kirche in der Welt aus dem Blut und Wasser, das aus der Seite Christi floß, als er starb, geformt wurde und durch den Hl. Geist am Tag von Pfingsten in- formiert wurde. Also kann es  nicht sein, daß der Papst sich auf die Notwendigkeit eines fortwährenden Neuanfangs bezog, als ob jedem Zeitalter mit seinen eigenen besonderen Augenblicken der Geschichte irgendwie durch eine "neue Kirche" begegnet werden kann, die die speziellen Nöte dieses speziellen Augenblicks ansprechen könnten. Und es wäre umwerfend, zu versuchen, zu verstehen, wie diese Kirche des Augenblicks Teil der In Ewigkeit triumphierenden Kirche sein kann. 

Wir müssen dann zu einem zweiten Verständnis des Wortes "Reform“ übergehen, um den Worten von Papst Franziskus einen besseren Sinn zu geben. Es gab eine Zeit, in der junge Menschen, die sich in der Vergangenheit schlecht benommen hatten, wozu oft auch Kriminalität gehörte, in eine "Erziehungsschule“ geschickt wurden, wo ihnen beigebracht wurde und sie lernten, erstens, daß ihr Verhalten nicht den Standards einer guten Gesellschaft entsprach, und zweitens, daß ihnen die Regeln und Erwartungen einer Gesellschaft beigebracht würden, die auf Gerechtigkeit und Respekt für andere Menschen basiert. Diese Regeln sind die Grundlage des "Gemeinwohls“. Dieses Reformverständnis ist die Antwort auf die Frage: "Wie können wir angesichts der aktuellen Situation die Dinge verbessern?“ Die Änderungen der Verfassung (amendments) der Vereinigten Staaten sind in ihrer Art ein Beispiel für die Reform, die den Bedürfnissen einer Gesellschaft im Laufe ihrer Geschichte gerecht wird. Diese Änderungen fungieren auch als Ergänzungen zur Verfassung selbst, die ebenfalls in jedem Zeitalter einer Interpretation bedarf.

War es diese Bedeutung von "Reform“, die Papst Franziskus im Sinn hatte, als er diese Worte an diejenigen richtete, die mit dem liturgischen Leben der Kirche betraut sind? Daß die Form der Liturgie in jedem Zeitalter von denjenigen, die in der Kirche für solche Dinge verantwortlich sind, geändert werden muss, um den Erwartungen derjenigen gerecht zu werden, deren Verständnis der Welt und von sich selbst einen bedeutenden Wandel erfahren hat? Ist es die Aufgabe des Dikasteriums für den Gottesdienst, ständig Umfragen durchzuführen, um herauszufinden, wie die "Welt“ im Denken und im Verständnis dessen, was es bedeutet, ein Mensch zu sein, Fortschritte macht, und dann die Liturgie anzupassen, um diesen "Fortschritt“ widerzuspiegeln? Wird die Kongregation für den Gottesdienst dann zum inspirierten Agenten des Heiligen Geistes? Das kann sicherlich nicht sein, weil der Heilige Geist nicht durch eine menschliche Kraft kontrolliert werden kann. Dieses Szenario anzunehmen, ist für den Katholiken offensichtlich nicht möglich oder wurde zumindest in den letzten zweitausend Jahren als unmöglich angesehen.

Das würde auch die Liturgie in dieser Zeit und an diesem Ort verankern, als wäre die Messe lediglich eine Versammlung von Menschen, die sich versammeln, um durch Brotessen und Weintrinken an etwas zu erinnern, das vor zweitausend Jahren geschah. Die Messe auf ein solches Ereignis zu reduzieren, scheint der Lehre der Kirchenväter und Konzile zu widersprechen, die alle auf der transzendentalen Natur der Messe beharren.

Es besteht kein Zweifel, daß der Heilige Geist die Kirche ständig prägt. Aber man muss immer daran erinnert werden, daß sich die Liturgie nicht durch Erlasse von Päpsten, Königen oder gesetzgebenden Ausschüssen entwickelt hat, sondern sich vielmehr im geheimen Raum des Schoßes der Kirche durch einen Prozess entwickelt hat, der trotz der unsicheren Behauptungen von Fachleuten, die diese studieren und über diese Dinge Bescheid wissen, stattgefunden hat, war chaotisch und seltsam und wunderbar und ist das Herzstück des göttlichen Geheimnisses der Kirche. Für den gläubigen Katholiken ist es unmöglich, davon auszugehen, daß dies alles im Hinblick auf die Entwicklung der Liturgie oder auch nur im Hinblick auf die Entwicklung der Lehre geklärt ist.

Was meinte Papst Franziskus dann, als er den Mitgliedern des Dikasteriums für Gottesdienst und Sakramentenordnung sagte, daß "es ohne liturgische Reform keine Reform der Kirche gibt“? Meine These ist – und das mag für fromme Ohren ein wenig schockierend sein –, daß er mit dieser Aussage wunderbar ironisch ist und was er wirklich meint, ist, daß es keinen Sinn der liturgischen Reform im Verhältnis zur Reform der Kirche gibt: daß diese Begriffe verba nuda sind, die verwendet werden, um etwas zu verstehen, das scheinbar unmöglich zu verstehen ist. Dies ist ein brillanter Trick des Papstes, der uns allen helfen soll, das Dokument der Liturgiereform in Form einer Apostolischen Konstitution zu verstehen, die der heilige Papst Paul VI. am 3. April 1969 veröffentlicht hat und eine neue Form des Römischen Ritus verkündet, der nicht das Produkt des heiligen Schoßes der Heiligen Mutter Kirche war, sondern das Produkt eines Komitees, das eine Momentaufnahme einer bestimmten Zeit und eines bestimmten Ortes war – eine Erfindung. Und es ist keine Ironie oder gar Ironie in der x-ten Potenz, daß das Ergebnis dieses Versuchs, den Schoß zugunsten eines Komitees abzuschaffen, in der objektiven Tatsache mündete, daß 70 % der Katholiken heute nicht mehr an die reale Gegenwart Christi in der Eucharistie glauben. So etwas kann man sich nicht ausdenken, und so nutzt der Papst Ironie auf neuartige Weise, um das Unerklärliche zu erklären, und schließt sich damit den großen Ironisten der westlichen Welt an, darunter Sophokles, Shakespeare, Jane Austen und Jerry Seinfeld.

Wir danken Papst Franziskus für diesen brillanten Einsatz von Ironie, um den offensichtlich unerklärlichen Zusammenhang zwischen der Reform der Liturgie und der Reform der Kirche zu erklären. Jetzt ist es an Papst Franziskus, dem Meister der Ironie, uns zu sagen, quod nunc faciendum est, was jetzt für eine echte Reform der Kirche getan werden muss." Fr. Richard Cipolla

Quelle: Rorate Caeli, Fr. R. Cipolla

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