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Mittwoch, 3. April 2024

Ungenaues, Widersprüchliches, Unwahres in Bergoglios Autobiographie "El sucesor".

Nico Spuntoni kommentiert in La Nuova Bussola Quotidiana kritisch einige der Aussagen, die in Ausschnitten aus der Autobiographie von Papst Franziskus "El sucesor" bekannt geworden sind- und weist Ungereimtheiten, Ungenauigkeiten und Unwahrheiten -speziell was das Verhältnis des Papstes zu seinem Vorgänger angeht- nach, wobei er dem Autor wegen seines Alters Erinnerungslücken zugesteht. Hier geht s zum Original:  klicken

"FRANZISKUS  RACHE AN GÄNSWEIN IST MIT UNGENAUIGKEITEN GESPICKT"

In seinem Buch kehrt Bergoglio zur Beziehung zu seinem Vorgänger zurück - gegen Ratzingers Sekretär, der die Legende von der Harmonie zwischen den beiden Päpsten leugnet. Er sagt auch etwas über das Konklave von 2005  aber seine Rechnung geht nicht auf.

Während er zum Frieden in der Welt aufruft, eröffnet Franziskus neue Kriegsfronten innerhalb der Kirche. Das tut er mit seinen Aussagen in dem Interview, das er dem Spanischen Journalisten  Javier Martinez-Brocal in dem Interview-Buch "Der Nachfolger"  El Sucesor gewährte. In der jetzt veröffentlichten Vorschau spricht der Papst über die Beziehung zu Benedikt XV,  ohne an harscher Kritik an Msgr.Georg Gänswein zu sparen. 

       Photo LaPresse - Stefano Costantino 23/11/2016 Vatican City (VAT)

Der Fehler, den Ratzingers vertrauter persönlicher Sekretär begangen hat, ist ein für allemal in seinem Buch "Nichts als die Wahrheit" dem Narrativ vom harmonischen Zusammenleben des amtierenden Pontifex und seinem Vorgänger, der sich ins Kloster Mater Ecclesiae zurückgezogen hatte, widersprochen zu haben.

"Nichts als die Wahrheit" hatte den Hintergrund für den Rauswurf Gänsweins vom Posten des Präfekten des Päpstlichen Haushalts  2020 enthüllt - vermutlich weil er Benedikt XVI nicht daran gehindert hatte, einen jetzt berühmten Beitrag zu "Aus der Tiefe unserer Herzen" (Cantagalli) zu veröffentlichen, zu einem Text, den Kardinal Sarah kurz nach der Amazonas- Synode geschrieben hatte. Gänswein sagt, daß Bergoglio nicht auf die Bitte seines Vorgängers gehört habe, ihn wieder  als Präfekten des päpstlichen Haushaltes einzusetzen. Die Fakten bestätigen, daß Gänswein, nach Ausbruch des causa Sarah - bei den Generalaudienzen nie an die Seite des amtierenden  Papstes zurückkehrte, obwohl er den Posten der Form nach noch inne hatte. 

Franziskus teilt weiterhin gegen den deutschen Erzbischof aus und erzählt Martinez-Brocal, daß er die Veröffentlichung der Vorankündigung von "Nichts als die Wahrheit" am Tag des Begräbnisses als "Mangel an Noblesse und Menschlichkeit" empfunden habe.



Über die Kritik selbst hinaus, ist es nutzlos, die bestürzte Reaktion vieler auf diese Worte zu verbergen, die die von Bergoglio eingenommene Haltung während der Tage der Aufbahrung und der Beerdigung seines Vorgängers nicht vergessen haben. Franziskus ging nicht in den Peters-Dom, um beim Verstorbenen zu beten, stur blieb er bei der Mittwochs-Generalaudienz in der Aula Paolo VI, gegen den Rat der Kardinäle und Mitarbeiter, die ihn kaum überzeugen konnten, das Begräbnis um einige Tage zu verschieben, um Kardinälen aus aller Welt zu ermöglichen, rechtzeitig nach Rom zu kommen. Jeder erinnert sich an die kurze, unpersönliche Predigt ebenso wie an die Hast des Papstes während der Zeremonie. 

Über das Urteil über doktrinale  und pastorale  Fragen des aktuellen Pontifikates hinaus, zeigten sich bei dieser Gelegenheit diese Charakterzüge, die Franziskus oft dazu brachten, während dieser 11 Jahre bittere, unverständliche Entscheidungen zu treffen . Gänsweins Rauswurf aus dem Vatican einen Monat später, ohne jede weitere Beschäftigung, rundet das Bild ab. 

Seit einiger Zeit  muss es jetzt diejenigen geben, die-in Missachtung des Offensichtlichen und teilweise lächerlich, dem Papst geraten haben, ein ganz anderes Narrativ über seine Beziehung zu Ratzinger zu präsentieren, und ihn von den "Ratzingerianern" zu unterscheiden, die den Emeritus gegen ihn benutzt haben sollen. Sogar Msgr. Gänswein, der Mann, der bis zum Ende an seiner Seite und sein Testamentsvollstrecker war, endete in diesem Kreis. Dieser Wunsch, eine Beziehung zu präsentieren, die sich wahrscheinlich von der Realität unterscheidet, ist vielleicht der Ursprung der vielen Widersprüche des Interviewten im Interviewbuch "El sucesor". Franziskus hat nicht gezögert seine Sicht des Konklaves von 2005 zu erzählen.

Das Bild eines Papstes, der anfängt Details aus den beiden letzten Konklaves zu enthüllen- zusätzlich eines seiner Lieblingsthemen mit Journalisten und Biographen-  Kraft seines legibus solutus- Status- ist nicht sehr überzeugend. Noch schlimmer ist, daß die angeblichen Enthüllungen bestehenden Informationen und von ihm selbst zuvor gemachten Äußerungen widersprechen.

Bergoglio behauptet, er sei von den Kardinälen "benutzt" worden, die nach dem Tod Johannes Pauls II die Wahl des Favoriten Ratzingers blockieren wollten und daß er Ratzinger favorisiert habe, indem  er zurückgetreten sei, nachdem er 40 Stimmen erhalten habe.  Auf der Basis detaillierter Berichte über das Konklave, die vor 19 Jahren bei Limes vom Vatican-Korrespondenten Lucio Brunelli -einem Bewunderer Bergoglios und einem der wenigen, der 2013 vorhersah - veröffentlicht wurden, wissen wir, daß der damalige argentinische Kardinal im dritten Wahlgang 40 Stimmen bekam. Der Papst erzählte Martinez-Brocal, daß "wenn sie weiterhin für mich gestimmt hätten, [Ratzinger] die nötige 2/3 Mehrheit, um zum Papst gewählt zu werden, nicht hätte erreichen können." An diesem Punkt habe der Argentinier zu Kardinal Dario Castrillon Hoyos gesagt: "Spielt nicht mit meiner Kandidatur herum, weil ich jetzt sage, daß ich nicht annehmen werde, eh?  Lasst mich hier bleiben."  Und da wurde Benedikt gewählt." Deshalb- sei laut dem amtierenden Pontifex sein Schritt zurück entscheidend gewesen, den Stillstand zu entblocken und für die Wahl Ratzingers. 

Aber diese Version ruft mehr als nur einen Zweifel hervor. Tatsächlich scheint , basierend auf dem von Brunelli veröffentlichten Tagebuch des anonymen Kardinals, daß die Stimmen für Bergoglio im vierten Wahlgang nicht auf Null gesunken sind, wie ein "angekündigter“ Rückzug des Kandidaten hätte vermuten lassen, sondern seine Zahl sank auf 26 Präferenzen, der Rest ging an den deutschen Favoriten, der damit Papst geworden war. Daß es sich bei der Kandidatur von Bergoglio bereits 2005 um eine echte Kandidatur handelte und daß seine Niederlage nicht die Folge eines freiwilligen Rückzugs war, scheint der bittere Kommentar des belgischen Kardinals und seines Unterstützers Godfried Danneels gegenüber der flämischen Zeitung De Morgen zu belegen, in dem er sagte, das Konklave habe "gezeigt, daß es noch nicht die Zeit für einen lateinamerikanischen Papst sei“. Darüber hinaus erscheint es sehr unwahrscheinlich, daß Kardinal Castrillón Hoyos, eines der konservativsten Mitglieder des gesamten Kollegiums und damals rechte Hand Benedikts, im Dialog mit der Priesterbruderschaft St. Pius,-Standartenträger der Anti-Ratzinger-Fraktion gewesen ist.

Eine weitere Ungenauigkeit betrifft die Aussage über die "Zweidrittel der für die Wahl erforderlichen Stimmen“, die der Deutsche nicht erreicht hätte, wenn Bergoglio nicht zurückgetreten wäre. In Wirklichkeit hatte die seit 1996 geltende apostolische Verfassung Universi Dominici Gregis das Quorum einer Zweidrittelmehrheit außer Kraft gesetzt (das später von Benedikt im Jahr 2007 wiederhergestellt wurde): Wenn die Anti-Ratzingerianer Widerstand geleistet hätten, hätten seine Anhänger also nur bis zum 34. Wahlgang gehen müssen, um mit absoluter Mehrheit zu gewinnen. Der Papst ist 87 Jahre alt und seit diesem Konklave sind fast zwanzig Jahre vergangen, daher könnte ihm die Erinnerung einen schlechten Streich gespielt haben.

Eine weitere Vorwegnahme aus dem Buches "El sucesor“, die dazu bestimmt ist, für Diskussionen zu sorgen, betrifft die Verteidigung seines Nachfolgers, die der inzwischen emeritierte Benedikt XVI., gegenüber einigen Kardinälen formuliert haben soll, die sich bei ihm über Bergoglios Äußerungen zu Lebenspartnerschaften beschwert haben sollen .
Hier die Worte des Papstes: "Ich hatte ein sehr schönes Gespräch mit ihm, als einige Kardinäle, überrascht von meinen Worten über die Ehe, ihn besuchten und er war ihnen gegenüber sehr klar, er half ihnen, die Dinge zu differenzieren (... ) So hat er mich verteidigt.“ Der Hinweis bezieht sich wahrscheinlich auf die Kontroverse, die aus einem Auszug eines Interviews entstand, das in einem Dokumentarfilm des Regisseurs Evgeny Afineevsky ausgestrahlt wurde, in dem sich der Papst positiv über ein Gesetz über eingetragene Lebenspartnerschaften äußerte. Daß der betagte und inzwischen emeritierte Benedikt sich mit seinem Nachfolger gegenüber Kardinälen, die ihn aufsuchten, um sich bei ihm zu beschweren, einig war, scheint fast ein Topos zu sein, den Franziskus bereits vorher verwendet hat, etwa auf dem Rückflug aus Armenien - als Antwort auf eine Frage der Journalistin Elisabetta Piqué. Die apostolische Reise geht jedoch auf das Jahr 2016 zurück, also vier Jahre vor dem Sturm der Entrüstung über die Worte in der Dokumentation. Hat der emeritierte Papst mehr als einmal die Kardinal-"Kritiker“ aus Mater Ecclesiae ausgeschlossen, um seinen Nachfolger zu verteidigen, oder handelt es sich dabei eher um ein narratives Mittel von Franziskus, etwa so, als hätte er mehr als einmal erzählt, daß seine Sekretärin einen kleinen Hund gesehen hätte, oder einen Kinderwagen, der die Szene von Zeit zu Zeit in ein schwer fassbares "neulich“ versetzt? Woher weiß der amtierende Pontifex vom Inhalt dieser angeblichen Gespräche Benedikts XVI. mit einigen Kardinälen? Als er ein "sehr schönes“ Gespräch erwähnte, das er im Anschluss an diese angebliche Episode mit ihm geführt hatte, schien er darauf hinzuweisen, dass es Benedikt XVI. selbst war, der ihm davon erzählte.

Man kann sich das nur schwer vorstellen, denn soweit wir wissen, hat Ratzinger während seiner Zeit im Kloster Mater Ecclesiae nicht aufgehört, die Kardinäle zu treffen und denen zuzuhören, denen das derzeitige Pontifikat am unangenehmsten war. Was die Gesetze über eingetragene Lebenspartnerschaften anbelangt, berichtet jedenfalls mehr als eine Episode - mehr als ein Jahr nach dem Tod der direkt betroffenen Person, darüber, was Joseph Ratzinger 2003 in einem offiziellen Dokument der Glaubenskongregation geschrieben hat: "Der Glaube – die Überlegungen zu den Projekten zur rechtlichen Anerkennung von Verbindungen zwischen homosexuellen Personen – wird bezeugt, in dem es heißt: "Jede Art formeller Zusammenarbeit bei der Verkündung oder Anwendung solch schwerwiegend ungerechter Gesetze und, soweit möglich, in materieller Zusammenarbeit.“ bei der Durchsetzung“ ist zu unterlassen."
 
Quelle: N.Spuntoni, LNBQ

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