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Montag, 4. April 2022

Vatican: Wie sehr ist Papst Franziskus in den Immobilien-Prozess verwickelt?

In seiner heutigen Kolumne in Monday in the Vatican kommentiert  A. Gagliarducci die mögliche Verwicklung des Pontifex in den aktuellen Prozess zur Londoner Immobilie.
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"WIE SEHR IST PAPST FRANZISKUS IN DEN LONDON-PROZESS VERWICKELT?"

Die letzte Sitzung des Prozesses um das Management der Gelder der Staatssekretariates läßt erneut eine entscheidende Frage stellen: wieviel wußte der Papst über das Investment des Staatssekretariates und wie sehr war er an den Vorgängen beteiligt? Der Prozess konzentriert sich auf die Investition des Staatssekretariates in eine Luxusimmobilie in London. Aber es geht auch immer noch um andere Vergehen- so daß es wahrscheinlich zu drei weiteren Prozessen  geben wird. 

Im "Topf"  der zehn Angeklagten und vier Unternehmen sind zum Beispiel die Ereignisse der Finanzierung einer Caritas auf Sardinien durch das Staatssekretariat - ein Ereignis, das Kardinal Becciu in seiner früheren Position als Substitut im Staatssekretariat betrifft . Und auch der angebliche Betrug am Staatssekretariat durch einen Berater, ein Fall, bei dem  Kardinal Becciu ebenfalls auf der Anklagebank landet.

Im Zentrum von allem steht jedoch gerade die Investition in das Gebäude in London, das das Staatssekretariat zuerst einem Makler, Raffaele Mincione, und dann einem anderen, Gianluigi Torzi, anvertraute, dem es tausend Aktienanteile an dem Gebäude verkaufte, jedoch die einzigen mit Stimmrecht . Um die Investition zu retten, beschließt das Staatssekretariat, die Anteile von Torzi und die vollständige Kontrolle über das Gebäude zu übernehmen. Nach langen Verhandlungen, die nicht frei von Spannungsmomenten sind, gelingt das, was dazu führt, daß Torzi eine Abfindung von 15 Millionen gezahlt wird. 

Die Anklageseite behauptet, daß Torzi den Vatican erpreßt hat; beteiligte Mitarbeiter sollen  unehrlich gewesen sein, weil sie zu hohen Ausgaben für den Hl. Stuhl Broker beschäftigt hätten, die Broker selbst sollen den Hl. Stuhl getäuscht haben; und daß andere Institutionen des Hl. Stuhls das aus den Augen verloren oder es einfach habe laufen lassen. 

Eine Rekonstruktion die in einem Prozess gezeigt werden sollte, der wegen einer Reihe von Einsprüchen der Anwälte der Verteidigung, die auch den vollständigen Zugang zu allen Dokumenten verlangten, um ihrer Klienten besser verteidigen zu können, nicht begann


Bei der Sitzung am 30. März hörte man die Zeugenaussage von Msgr. Mauro Carlino. Er war Sekretär des Substituten gewesen, sowohl als das Becciu warals auch als es Erzbischof Edgar Pena Parra wurde. 

Carlino erklärte, daß Pena Parra ihn angerufen habe, um über die Affäre zu verhandeln, weil ein "schwerwiegender Fehler" gemacht worden sei, Dieser Fehler war der Vertrag, der Torzi die einzigen Aktien (1000) zusicherte, die die Londoner Immobilie kontrollierten. Dieser Vertrag soll vom damaligen Chef des Verwaltungsbüros des Staatssekretariates, Msgr. Alberto Perlasca ohne Autorisierung durch die Vorgesetzten unterzeichnet worden sein. Und der Vertrag wurde ratifizie

Bei der Befragung von Msgr. Carlino tauchten jedoch einige relevante Details auf. 

1.) Der Papst war immer über jeden Schritt informiert, er wollte den Vermögenswert um jeden Preis retten und deshalb wurde den Verhandlungen mit Torzi von höchster Ebene zugesimmt. Der Papst war  so zufrieden, daß er am Ende via Pena Parra für ein Essen für den Substituten und seine Mitarbeiter bezahlte, um die Lösung in der Affäre zu feiern. 

2.) Als die Immobilie einmal übernommen war, wurde es nötig, die Anleihe zu refinanzieren, die gebraucht wurde um das Gebäude zu renovieren und dann vielleicht zu vermieten. Es ist bekannt, daß das Staatssekretariat einen Vorschuss vom IOR angefordert hatte und daß das IOR zugestimmt hatte, das Geld vorzustrecken, das dann mit Zinsen zurückgezahlt werden sollte. 

Plötzlich änderte das IOR seine Meinung, und der Generaldirektor des IOR, Gianfranco Mammì, informierte den Generalauditor, was zu der Untersuchung führte, und die Verhandlungssaison eröffnete. 

Warum die IOR ihre Meinung geändert hat, bleibt offen. Monsignore Carlino ließ jedoch wissen, daß Peña Parra selbst eine Art informelle Untersuchung gegen Gianfranco Mammì, den Direktor des IOR, eingeleitet hatte, gerade weil er die plötzliche Umkehr bei der Finanzierung des  Staatssekretariats durch das IOR nicht verstand:

3.) Peña Parra traute nicht einmal Giuseppe Milanese, dem Chef der Kooperative OSA und Freund des Papstes seit ihrer Zeit in Argentinien und hatte darum gebeten, ihn im Auge zu behalten. Der Papst hatte Milanese angerufen, um  über eine Abfindung für Torzi zu verhandeln, und die Verhandlungen hatten um Weihnachten 2018 im Domus Sanctae Marthae stattgefunden. Bei dieser Gelegenheit taucht der Papst auf, begrüßt Torzi und macht ein Foto mit ihm, ein Umstand, der  unter anderem vom Vatikanischen Tribunal in einer offiziellen Antwort an die Associated Press bestätigt wurde. 

Warum vertraute Pena Parra ihm nicht? Weil die Verhandlungen nachdem Milanes sie verlassen hatte, plötzlich stecken blieben. Er hatte den Verdacht, --der sich später als begründet heausstellte- daß Milanese ein Abkommen mit Torzi hattem und prüfen wollte, ob er nach London fahren sollte, um mit dem Broker zu sprechen.

Drei Details die eine Frage in Hintergrund offen lassen: wieviel wußte der Papst? 

Papst Franziskus hatte Milanes gebeten, mit Torzi zu verhandeln und die Sache abzuschließen "mit einer angemessenen Kompensation" das sind Milaneses Worte, aufgenommen vom Italienischen Report-Programm. 

Auf diese Art war Papst Franziskus immer über alle Schritte der Operation informiert. Dennochvertraut er einer Beschwerde von Mammi sofort und stellt einen Millionen-Dollar-Deal, über den er detailliert informiert war, sofort in Frage. Warum? Und wußte der Papst, daß Pena Parra Mammi nicht vertraute

Am Ende scheint Papst Franziskus eine exakte Ansicht vertreten zu haben, obwohl er sich mindestens zwei Jahre lang genau umgekehrt verhalten hat. Tatsächlich hatte der Papst den Wunsch geteilt, kein förmliches Gerichtsverfahren einzuleiten, um den Ruf des Heiligen Stuhls zu schützen.

An dieser Stelle müssen weitere Fragen gestellt werden. Warum trat das Staatssekretariat als Zivilpartei auf, wenn es nur die Investition verteidigte? Warum ist die APSA eine Zivilpartei, wenn man bedenkt, dass ihr die Verwaltung der Fonds erst nach diesen bekannten Ereignissen übertragen wurde? Warum wurde diesen Zivilparteien die Informations- und Finanzaufsichtsbehörde hinzugefügt? Letztere litt vielmehr unter der Enthauptung ihrer Anführer, nicht unter der Blockierung der ersten Operation des Staatssekretariats und der anschließenden Beratung, wie das Verfahren unter Einhaltung der gesetzlichen Grenzen abgeschlossen werde n könnte.

Wer weiß, ob Peña Parra schließlich zustimmen wird, auszusagen. Aber natürlich ist der Prozess etwas anderes geworden, mehr ein Angriff auf eine alte vatikanische Welt als ein Wille zur Gerechtigkeit. Papst Franziskus griff persönlich in den Prozess mit vier Reskripten ein, mit vier Notstandsgesetzen, um der vatikanischen Justiz volle Befugnisse zu verleihen.

Warum war der Papst am Ende so stark in den Prozess verwickelt? 

Das sind brennende Fragen während der Prozess langsam fortschreitet. Diese Fragen betreffen auch das Pontifikat. Soweit der Papst es nicht wusste, hält er sich aus jeglicher Verantwortung heraus. Aber aus rechtlicher Sicht konnte es kein Verbrechen geben, wenn der Papst alles wußte. Auch das ist also ein Denkanstoß."

Quelle: A. Gagliarducci, Monday in the Vatican

 

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