Samstag, 4. August 2012

Der Mosebach-Faktor und der furor teutonicus

Mit nichts kann man besonders die Damen des deutschen Feuilletons so zuverlässig in einen Zustand versetzen, den man nur mit dem schon von den antiken Römern gefürchteten furor teutonicus vergleichen kann, einen Zustand ungezügelten Zorns, als mit Aussagen von Martin Mosebach.
Da werden aus Literaturwissenschaftlerinnen Theologiekoryphäen von eigenen Gnaden, aus Feuilletonistinnen Glaubenswächterinnen, an denen selbst der spanische Großinquisitor Tomás Torquemada seine Meisterin gefunden hätte, wütende Silbenzählerinnen, die jede contenance und jedes Maß verlieren (und schon fällt uns wieder Friedrich Schiller und sein Lied von der Glocke ein - in dem die unsterblichen Worte von den Weibern und den Hyänen zu finden sind.)
Da werden die Glacéhandschuhe ausgezogen und alle Regeln der Fairness über Bord geworfen - bestes Beispiel dafür war Amelie Fried, die im ÖRF das Mosebach-Buch, das sie kritisieren sollte, ungelesen, mit einem Ausdruck ununterdrückbaren physischen Ekels ungelesen (wie sie stolz und trotzig bekundete ) in die Mülltonne warf. Das müsse sie nicht erst lesen, man kenne ja den manirierten Stil des Autors, der ihn und sein Werk zur alsbaldigen Entsorgung prädestiniere.
Kurz das deutsche Feuilleton hat am Büchnerpreisträger keine Freude.
Jüngstes Beispiel dieses kombinierten Contenance-und Denkverlustes ist der Aufsatz der Literaturwissenschaftlerin (?) Claudia Stocker in der im Herder-Verlag erscheinenden Jesuitenzeitschrift " Stimme der Zeit" mit dem vielsagenden Titel
"Feuilletonkatholizismus. Ein Nachruf", dem die Tagespost dankenswerterweise eine kritische Besprechung widmet, die die Dimensionen wieder sortiert und ins rechte Lot bringt.




Er bescheinigt der Verfasserin, dass es ihr um Kirchenkampf  nicht aber um eine Analyse der Mosebach-Texte gehe und es ihr sowohl an theologischer als auch an germanistischer Kompetenz dazu fehle, womit eigentlich schon alles über den Wert ihres Nachrufs gesagt ist.

Womit nun hat Martin Mosebach den Unmut der Dame Stocker provoziert?
Mit seiner bereits 2002 erschienenen Aufsatzsammlung "Häresie der Formlosigkeit"
Da wird nicht lange gefackelt und Frau Stocker schießt ihr gesamtes Munitionsarsenal auf ihn ab - und bezichtigt ihn in bunter, ungeordneter Reihenfolge zunächst des Feuilletonkatholizimus aber natürlich auch des Fundamentalismus (weil er reaktionärerweise an der Opfertheologie festhält), gleichzeitig der Häresie und Kirchenfeindlichkeit wegen seiner Wertschätzung der alten Liturgie und eines "ästhetischen Katholizismus" , überdies sei er Animist ( weil er in der Schöpfung und ihrer Schönheit auch Gott erkennen kann), habe sich eine Patchworkreligion zusammengebastelt und eigentlich gar keine Überzeugung und gar keinen Glauben (man fragt sich unwillkürlich, wie das denn zum zuerst behaupteten katholischen Fundamentalismus passen soll und woher die Dame das Innenleben des Büchnerpreisträgers so genau und intim kennt), es gehe ihm eigentlich nur darum, auf dem "Markt der Möglichkeiten" Aufmerksamkeit und einen Standortvorteil zu erlangen .
Man weiß nicht. worüber man mehr staunen soll - die theologischen Anmaßungen, die in wirklich sehr originellen Behauptungen über den Glauben der Kirche münden, die absolute Abwesenheit von Unvoreingenommenheit und Fairness ihrem "Studienobjekt "gegenüber oder darüber, daß man dieses alles in einer Jesuitenzeitschrift lesen muß.

Quellen: Stimmen der Zeit, Tagespost , Michael Karger

1 Kommentar:

  1. Es ist offensichtlich wirklich so, das man, auch wenn man Literatur studiert hat und was weiß ich wo schriebt, doch gefallener Mensch bleibt und das am Feind leuchtend sieht, woran man selber leidet.
    Oder anders, bildlicher.
    Wer mit einem Finger auf wen anders zeigt, der vergisst, das dabei drei Finger auf einem selber zeigen!"

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