Bischof Marian Eleganti stellt folgende Überlegungen zur Entwicklung der Ökumene seit dem II. Vaticanischen Konzil an. Von der Ökumene hat er eigene Vorstellungen, die teilweise auch von der der beiden Vorgänger-Päpste von Papst Franziskus abweicht:
"ÜBERLEGUNGEN ZUR ÖKUMENE SEIT DEM ZWEITEN VATICANISCHEN KONZIL"
Ich persönlich mache schon einen Unterschied zw. Vat.I, das eine unfehlbare Dogmatisierung vorgelegt hat und einem Vat. II, das erklärtermassen (nur) ein pastorales Konzil sein wollte. Es ist nachvollziehbar, dass es die Spitzenaussagen des ersten Vat. in die Kollegialität der Bischöfe einbinden wollte, um einen gewissen Ausgleich zu erreichen im Verhältnis zw. Papst und Bischöfen. Das bedeutet ja nicht, dass man inhaltliche Abstriche machen konnte oder kann am Ersten Vatikanum.
Allerdings ist mir schon in der Jugend aufgefallen, dass viele Textpassagen von Vat. II für Auslegungen offen sind und sehr stark den Charakter eines Kompromisses oder einer gewisse Unschärfe aufweisen, die mich schon damals gestört hat. Ich war ein zwanzigjähriger Novize. Als Ministrant habe ich erlebt, wie rabiat und übertrieben eine Liturgiereform durchgesetzt wurde, die weder von den Konzilsvätern so intendiert war, noch den Texten zu entnehmen ist. Als Ministrant wurde ich vom alten in den neuen Ritus umgeschult. Das waren eher die Kommissionen (Bugnini) als die Konzilsväter am Werk. Sicher sind einige nach Hause gegangen vom Konzil, um den Spielraum, den die Konzilstexte bieten, so weit wie möglich auszulegen. Mit der Zeit haben das wohl auch Ratzinger und Wojtyla etwas kritischer gesehen. Heute sehen leider viele von den Texten selbst ab, auch da, wo sie sich an das Konzil halten müssten. Ich denke, dass damals (60er Jahre) wie auch im säkularen Bereich (Fortschrittsglaube) in der Ökumene eine übertriebene Begeisterung und Zuversicht herrschten. Mit dieser Generation ist nicht mehr weiter-zukommen. Die heutigen jungen Gläubigen, das konnte ich als Jugendbischof sehr gut sehen, kennen das Konzil überhaupt nicht und interessieren sich auch nicht dafür. Sie haben kaum einen Text gelesen, fühlen sich aber von der alten Liturgie angezogen, ohne ideologisch zu sein. Auch im jungen Klerus gibt es als Reaktion auf die letzten 50 Jahre «Kirchenreform» eine klare, konservative Wende.
Ich glaube, dass die Päpste Johannes Paul II. und Benedikt XVI. noch viel zu stark mit dem Vat. II biographisch verwoben waren, um der Generation von morgen mit einer grösseren inneren Freiheit gegenübertreten zu können. Ich sehe einige Dinge im Pontifikat und Charakter von Joh. Paul II. und von Benedikt XVI. durchaus kritisch. Letzterer hat aber mit seiner Forderung einer Hermeneutik der Kontinuität gegenüber jener des Bruches das Problem seit dem Vat. II klar erfasst. Kard. Suenens sprach von einer Revolution ähnlich der französischen, die die katholische, gesellschaftliche Ordnung des «Ancien régime» zerstört hat.
In der Ökumene teile ich den Optimismus des Konzils schon lange nicht mehr. Die Bemühungen haben nur die Atmosphäre verbessert, aber keine Einheit gebracht. Auch haben wir überall viel von unserer kath. Substanz abgebaut und zur Disposition gestellt, ohne dass wirkliche Kircheneinheit entstanden wäre. Die Spaltungen gehen sogar immer weiter (vgl. Anglikanische Kirche; Ausstieg der koptischen Kirche seit Fiducia supplicans; der Bruch zw. griech. Orthodoxen (Bartholomäus) und russisch-Orthodoxe Kirche (Cyrill); Ukraine/Kiew und Moskau/Cyrill; die Spaltungen innerhalb der kath. Kirche unter diesem Pontifikat (vgl. z.B. die Reaktionen ganzer Bischofskonferenzen auf Fiducia supplicans). Das alles kann noch schlimmer werden.