Sandro Magister veröffentlicht bei Settimo Cielo die Gedanken und Wünsche Kardinal Brandmüllers zum zukünftigen Konklave.
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"WENIGER WÄHLER UND MEHR KANDIDATEN. KARDINAL BRANDMÜLLERS TRAUM"
Die neuen Kardinäle, die Papst Franziskus "in pectore" hat, werden bald die Zahl derer vergrößern. die seinen Nachfolger wählen, aber nichts dazu beitragen, die Qualität des Kardinalskollegiums zu verbessern, das zunehmend geographisch zersplittert ist, voller unbekannter Persönlichkeiten, die einander nicht bekannt sind und sich seit Februar 2014 nicht mehr bei Konsistorien treffen.
Es ist deshalb keine Überraschung, daß die Vermutungen über das Ergebnis eines künftigen Konklaves auch von Vorschlägen für eine Reform des Papstwahlsystems begleitet werden.
Der neueste und vielleicht am besten begründete dieser Vorschläge wird heute bei Settimo Cielo veröffentlicht. Er trägt die Unterschrift von Kardinal Walter Brandmüller, 92, langjähriger Kirchenhistoriker und von 1998 bis 2009 Präsident des Päpstlichen Komitees für Geschichtswissenschaften.
Brandmüller schlägt vor, daß das zur Wahl des Nachfolgers Petri bestimmte Konklave seinen historischen Ursprüngen und seiner theologischen Grundlage besser entsprechen solle. Der Papst ist vor allem Bischof von Rom und sollte deshalb von einem Kollegium gewähl werden, das nur aus Kardinälen besteht, die wirklich "römisch" sind. Aber er ist auch der oberste Hirte der Universalen Kirche und deshalb sollte der Kreis der Kandidaten auf Bischöfe der gesamten Kirche erweitert werden.
Weniger Wähler und mehr Kandidaten. Das ist in der kürzesten Zusammenfassung sein Vorschlag. Ein schlankeres und römischeres Konklav und eine längere und universalere Kandidatenliste.
Aber mit der Einschränkung, daß nur diejenigen wählbar sind, die mindestenw einige Jahre in Rom gelebt und eine wichtige Rolle in der Römischen Kurie gespielt haben.
Diese Beschränkung könnte einigen einschränkend erscheinen, oder sogar irritierend. Brandmüller erklärt seine Gründe. Auf alle Fälle sind die nicht weit von der Realität entfernt. Eine Rolle in der Römischen Kurie gespielt zu haben, war für fast alle Päpste des vergangenen Jahrhunderts Voraussetzung gewesen: Benedikt XV, Pius XI, Pius XII, Johannes XXIII, Paul VI, Benedikt XVI. Das gilt auch für einige Papabili, die jetzt im Gespräch sind- die Kardinäle Luis Antonio Gokim Tagle, Marc Ouellet und Pietro Parolin.
Aber überlassen wir Kardinal Brandmüller das Wort, Gute Lektüre!
"DIE WAHL DES PAPSTES IM SPANNUNGSFELD ZWISCHEN ZENTRUM UND PERIPHERIE: EIN VORSCHLAG"
von Walter Brandmüller
In einer Kirche, die so wie die Katholische; die ganze Welt umfaßt, wird die Spannung zwischen dem römischen Zentrum und der geographischen Peripherie auf besondere Weise aktiviert, wenn ein Papst gewählt werden soll. Das beruht darauf, daß der Nachfolger Petri, der Papst, sowohl Bischof von Rom ist als auch oberster Hirte der Universalen Kirche.
Nach der Wahl von Papst Nikolaus II, 1059, war die Wahl des Pontifex den Römischen Kardinälen vorbehalten, der Rang eines Kardinals und Wählers wurde auch oft Mönchen und Bischöfen wichtiger eruopäischer Sitze verliehen. So blieb es auch nach der großen missionarischen Ausdehnung in die Neue Welt, die im 15. Jahrhundert begann- bis Pius IX und Leo XIII den Kardinalspurpur 1875 dem Erzbischof von New York John McCloskey und 1905 dem Erzbischof von Rio de Janeiro Joaquim Arcoverde de Albuquerque Cavalcanti verliehen.
Diese beiden Ernennungen leiteten einen Prozess ein, der zur Vergrößerung der Zahl der Kardinäle führte, die zuvor von Sixtus V auf 70 festgelegt worden war. Tatsächlich markierten sie den Beginn der Internationalisierung des Hl. Kollegiums, bei der Papst Franziskus noch weiter in die Peripherie der Kirche gegangen ist- sodaß es jetzt 30 Kardinäle aus Asien und Ozeanien gibt. Andererseits sind die Inhaber der traditionell mit dem Kardinalat verbundenen Sitze in Europa -wie Mailand, Turin, Venedig, Neapel, Palermo und Paris ohne Purpur geblieben. Es wäre -auch aus ecclesiologischen Gründen- nützlich, zu untersuchen welche Motivation und Ziele hinter diesem klar erkennbaren Manöver stecken.
Die Zahl der im Konklave wahlberechtigten Kardinäle wurde von Johannes Paul II auf 120 festgesetzt. Diese Vergrößerung zielte und zielt darauf ab, die geographische Ausdehnung der Kirche auch durch die Zahl und die Ursprungsländer der Kardinalwähler auszudrücken. Ein Effekt davon jedoch ist, daß die 120 Wähler insofern sie aus der Peripherie kommen, sich erst bei den dem Konklave vorausgehenden Konsistorien begegnen und deshalb wenig oder nichts über das Kardinalskollegium und die Kandidaten wissen - und ihnen so eine fundamentale Voraussetzung fehlt, im Konklave verantwortungsvoll abzustimmen.
Dazu kommt die offensichtliche Spannung zwischen dem römischen Zentrum- der päpstlichen Kurie- und den Ortskirchen, die machnmal auf eher emotionale Weise ausgelebt wird und einen gewissen Einfluss auf die Wahl hat.
Diese Beobachtung führt zu einer Reihe von Fragen bzgl. der Konzeption und der Struktur des Kardinals-Kollegiums, die auch die Wähler und die Papabili betreffen. Ich werde jetzt versuchen, -mit einem Blick in die Geschichte-einige Antworten auf diese Fragen zu geben.
Das Kardinalskollegium, das aus den Bischöfen der angrenzenden suburbicarianschen Diözesen bestand, hat seinen Ursprung im Klerus der Stadt Rom, den Priestern mit römischen "titulus" und den Diakonen der Diakonien der Stadt. Es war Papst Nikolaus II, der 1059 nach den Turbulenzen des "dunklen Jahrhunderts" zum erstenmal mit der Bulle "in nomine Domini" die rechtlichen Normen für die Wahl eines Pontifex festlegte. Laut dieser Anordnungen wählten die Kardinal-Bischöfe den Papst, nachdem sie die Kardinal-Priester und Kardinal-Diakone konsultiert hatten- danach stimmte der Rest des Klerus -gemeinsam mit dem Volk- der Wahl per Akklamation zu.
Daß das Amt des Papstes mit dem Bischofssitz von Rom verbunden ist, folgt aus der Tatsache, daß der Erste der Apostel in dieser Stadt das Martyrium erlitt und begraben ist. Aber daß Petrus dort das Martyrium erlitt und begraben wurde, ist nicht einfach nur Zufall. Das gläubige Auge sieht darin die Hand der göttlichen Vorsehung. Auf jeden Fall sind das Martyrium und das Begräbnis Petri in Rom von erheblicher theologischer Bedeutung. Der Bischof und Märtyrer Ignatius voin Antiochia war schon im 2. Jahrhundert davon überzeugt und schrieb in seinem breit diskutierten und kontroversen Brief an die Kirche von Rom, daß diese der Agape vorsteht, ein Wort, das korrekterweise mit "Kirche" übersetzt werden sollte- wie der Gebrauch dieses Wortes in anderen Briefen von Ignaitus beweist, wenn er z.B. schreibt "die ágape´von..." gefolgt vom Namen der Stadt" grüßt dich" . Hier jedoch, ist ´agape´ ohne Namen einer Stadt geschrieben, und bezieht sich so auf die Kirche allgemein- der die Gemeinde von Rom vorsitzt.
Auf gleiche Weise hat der Hl. Irenaeus von Lyon -um das Jahr 200- der Kirche Roms, weil sie von Petrus und Paulus gegründet wurde, eine "potentior principalitas" - d.h. eine starke Vorrangstellung zuerkannt. Alles in allem ist die Verbindung zwischen dem Petrus-Amt und der Stadt mit den Gräbern der Apostel- nicht als Hauptstadt des Imperiums- die ursprüngliche Überzeugung der Kirche und wurde tatsächlich bis ins 16. Jahrhundert nicht in Frage gestellt.
Das Kardinalskollegium hat deshalb seine Wurzeln im Klerus der Stadt Rom und wählt deshalb- beginnend mit Nikolaus II- den Bischof von Rom, der zugleich der oberste Hirte der ganzen Kirche ist.
Bis jetzt haben die Päpste immer versucht, diese historische Voraussetzung zu erfüllen, indem sie den neuen Kardinälen von den verschiedenen Kontinenten eine Titularkirche in Rom zugesprochen und sie so in den Klerus der Stadt Rom inkardiniert haben. Auf dieses Weise sind die wichtigen Bischofsitze der Welt mit Rom verbunden. Dennoch erfordert dieses Ziel keineswegs diese rituelle Fiktion, weil die Verleihung des Palliums durch den Papst an die Inhaber der Metropolitansitze der Welt schon genügt, um das Band zwischen Rom und der Einheit der Universalen Kirche auszudrücken."
Fortsetzung folgt....
Quelle: S. Magister, Settimo Cielo
Muss wohl heissen:
AntwortenLöschen"... deshalb sollte der Kreis der Wähler auf Bischöfe der gesamten Kirche erweitert werden."
Nein, eben nicht. Kardinal Brandmüller argumentiert, dass Kardinäle, die die Kurie nicht aus eigener, langjähriger Anschauung kennen, unzureichend befähigt sind, einen geeigneten Kandidaten zu identifizieren. Hingegen sollen bei der Wahl tatsächlich alle Bischöfe der Welt in den Blick genommen werden - was formell schon jetzt möglich ist, auch wenn es sehr lange her ist, dass ein Nicht-Kardinal zum Papst gewählt wurde.
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