In seiner heutigen Kolumne bei Monday at the Vatican zieht A. Gagliarducci noch einmal Bilanz über die 10 Jahre Pontifikat -die Reformpläne und den Regierungsstil von Papst Franziskus.
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"PAPST FRANZISKUS: HAT DIE KIRCHE IHN UMARMT?"
Die Nachricht von der Verschlechterung des Gesundheitszustands des Papstes hat zu Spekulationen über verschiedene Szenarios geführt. Der Punkt ist jetzt, nicht mehr länger einen Nachfolger für Papst Franziskus zu identifizieren, sondern zu verstehen, wie man die Regierungsprobleme lösen kann, die während seines Pontifikates aufgetreten sind.
Papst Franziskus hat wiederholt gesagt, daß er mit dem Auftrag gewählt wurde, um Reformen durchzuführen. Aber werden diese Reformen wirksam, willkommen und verstanden? Oder bestehen sie aus Übergriffen und deshalb das nächste Pontifikat dazu veranlassen, si--e zu korrigieren und zu ändern?
Es geht nicht darum, für welche es eine einfache Antwort gibt. Papst Franziskus hat auf viele Arten versucht, Veränderungen zu erreichen. Aber bis jetzt war sein Papsttum anti-institutionell und informal und ein zentralisierendes Papsttum, das in der Lage ist, Entscheidungen gegen alles und jeden zu treffen.
Der Papst hat keinen Zirkel von Loyalisten. Wann immer er die erforderlichen Verbündeten um sich schart, um ein Ziel zu erreichen, steht er immer im Mittelpunkt. Wenn Sie Papst Franziskus mit den klassischen Kategorien lesen, können Sie ihn nicht verstehen. Stattdessen sollte er unter anderen Maßstäben gelesen werden, die über die Kriterien hinausgehen, die die Kirche immer geleitet haben.
Manchmal ist es notwendig, mit alten Gewohnheiten zu brechen, und tatsächlich dachten die Kardinäle, als sie Papst Franziskus wählten, daß dies ein notwendiger Ruck sei. Sie wussten wahrscheinlich nicht, wie weit diese Überholung gehen würde.
Sogar Papst Franziskus bemerkte kürzlich in einem Interview fast ironisch, dass sie wahrscheinlich nicht darüber nachgedacht hätten, worauf sie sich einließen. Viele dachten jedenfalls an ein kurzes Pontifikat. Im Vorkonklave erinnerte sich Andrea Tornielli, einer der wenigen, der den Namen des Erzbischofs von Buenos Aires als möglichen päpstlichen Kandidaten in einem seiner Texte vor dem Konklave erwähnte, an einen Ausspruch, daß "drei oder vier Jahre Bergoglio sein würden nützlich." Zehn Jahre sind vergangen.
Papst Franziskus hinterlässt nach zehn Jahren zunächst ein um fast zwei Drittel erneuertes Kardinalskollegium. Schon jetzt wird über ein weiteres Konsistorium im Laufe des Jahres spekuliert, da die Zahl der Kardinalwähler bis Ende des Jahres auf 114 sinken wird. Dieses Kardinalskollegium ist jedoch gespalten, wird selten konsultiert, außer aus persönlichen Gründen oder Sympathien, und besteht vor allem aus Kardinälen, die außerhalb kirchlicher Kreise schwer zu erkennen sind.
Es hat keinen wirklichen Generationswechsel gegeben, und große Charaktere sind den großen Persönlichkeiten nicht nachgefolgt, was alles unsicherer macht. Weil die Kardinäle mit seltenen Ausnahmen für diejenigen stimmen, die sie kennen und für maßgeblich halten.
Bergoglio war keine Ausnahme, weil die Kampagne für ihn viel früher begonnen hatte, obwohl die Kandidatur gegenüber den Medien unterschwellig gehalten wurde. Ja, vielleicht ist das der wahre Grund.
Die von Papst Franziskus gewählten neuen Kardinäle scheinen jedoch nicht vollständig zu liefern. Auf lokaler Ebene haben die Bischofskonferenzen im Allgemeinen keine von Franziskus kreierten Kardinäle ausgewählt, um sie zu leiten oder als Bezugspunkte, oder mit seltenen Ausnahmen.
Dies gilt nicht nur für Orte, die, wie die Vereinigten Staaten, widerspenstig“ erscheinen. Die Ernennung von Bischof Mariano Crociata zum Präsidenten der COMECE (der Kommission der Bischofs-konferenzen der Europäischen Union) war ein Zeichen dafür, daß auch die Bischöfe in Europa, wo die reformatorischen Impulse von Franziskus genutzt werden, sich anderswo umsehen. Fünf Jahre lang war Kardinal Angelo Bagnasco mit großer Zustimmung Vorsitzender einer anderen europäischen Bischofsgruppe, dem Rat der Europäischen Bischofskonferenzen, obwohl allen klar war, daß der Papst ihn nicht liebte.
Seit einiger Zeit versuchen die Institutionen in der Kirche "stille Revolutionen“, um bestimmte Situationen zu handhaben. Das ist ein Modell des Selbstschutzes, das sich dem Papst nicht widersetzt, sondern dem Papst zeigt, welche Linien es für richtig hält.
Sie nehmen das vom Papst an, was sie für passend halten, versuchen aber einen ruhige, nicht-revolutionären Regierungsstil, der die Institutionen stark erhält. In einer Welt ohne herausragende Intellektuelle, wären die Bischöfe mit guten Bischöfen und nicht mit Helden zufrieden.
Das ist ein ausgezeichnetes Thema: Werden Vorkämpfer der Reform, große Verkünder der Revolution gebraucht oder einfache Priester? Und führt nicht vor allem das Ausrufen von Reformen um jeden Preis dazu, keine Reformen zu machen oder Reformen nur um ihrer selbst willen?
Die Frage gilt auch für die Reformen des Papstes. Zufälligerweise gibt es in der Woche, in der sich der Papst krank fühlt, auch den lautstarken Austritt des Jesuiten Hans Zollner aus der von ihm gegründeten Päpstlichen Jugendschutzkommission. Über die allgemeinen und persönlichen Probleme hinaus wurde in einer Erklärung Zollners die Frage hervorgehoben, daß die Kommission selbst in das Dikasterium für Glaubenslehre aufgenommen wurde, ohne daß etwas über ihre Arbeit und Abhängigkeit von ihm festgelegt worden sei.
Kurz gesagt, es gibt eine unvollendete Reform, die auf dem Papier gut funktionierte, aber diverse Verbesserungen benötigten. Und die sind es, über die der Papst nicht nachdenkt. Er ist nicht einmal darüber besorgt, daß einer Kommission bei einem Dicasterium, ein Kardinal vorsteht, der den gleichen Rang einnimmt wie der Leiter des Dicasterium.
Papst Franziskus kümmert sich- wie wir wissen- nicht um solcher Details. Aber es sin Details, die die Sprache der Institutionen bestimmen und das ist eine Sprache, die über die Jahrhunderte geformt wurde.
Auf diese Weise scheint die Institution im Namen eines Generationswechsel übergangen worden zu sein, der nicht aus der Institution kommt und nicht für sie entworfen worden zu sein. Das Ergebnis ist auch ein Wechsel des Vokabulars, der Zeremonie aber auch real und deshalb ein Unterschied in der Substanz.
Nur daß alles ohne Wurzeln zu sein scheint, außer einige Spontan-Statements von Papst Franziskus.
Kurz gesagt, es bleibt die Tatsache, daß die Kirche vielleicht die Botschaft von Papst Franziskus nicht ganz verstanden hat. Aber hat er sich selbst verständlich gemacht? "
Quelle: A. Gagliarducci, Monday at the Vatican
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