Samstag, 19. Juli 2014

Sandro Magister: "Der Papst spricht, Scalfari überträgt es und Brandmüller weist es zurück."

So überschreibt Sandro Magister das Tohuwabohu um das Papst(Nicht) Interview, dessen Inhalt E.Scalfari nach eigenem Gutdünken wiedergegeben hat.
Hier geht´s zum Originaltext aus L´ Espresso    klicken

Und Kardinal Brandmüller schrieb einen offenen Brief an E.Scalfari
Als Kirchenhistoriker weist der deutsche Kardinal die These, nach der der Zölibat eine Erfindung des 10. Jahrhunderts sei zurück. Nein-widerspricht er- er hat seinen Ursprung bei Jesus und den Aposteln. Und er erklärt in einem offenen Brief warum.

"Wir Priester, Zölibatäre wie Christus"
von Walter Brandmüller

Sehr geehrter Dottore Scalfari,

auch wenn ich nicht das Privileg habe, Sie persönlich zu kennen, möchte ich mich Ihrer Äußerung über den Zölibat zuwenden, die in der Wiedergabe ihrer Unterhaltung mit  Papst Franziskus am 13. Juli 2014 veröffentlicht und deren Authentizität unmittelbar danach vom Direktor der Sala Stampa dementiert wurde, weil ich Ihnen als "alter Professor", der 30 Jahre an der Universität Kirchengeschichte lehrte, den aktuellen Stand der Forschung zu diesem Thema nahe bringen möchte.

Besonders und hauptsächlich muß unterstrichen werden, daß der Zölibat keineswegs 900 Jahre nach dem Tod  Christi erfunden wurde. Es sind vielmehr die Evangelien nach Matthäus, Markus und Lukas, die uns die entscheidenden Worte vor Augen führen.
Matthäus schreibt (19,29) "Wer in meinem Namen Haus, Brüder, Schwestern, Vater, Mutter, Kinder und Felder verläßt, der wird 100 mal mehr erhalten und das Ewige Leben." 

Sehr ähnlich schreibt auch Markus (10,20) "Wahrlich ich sage euch, wenn einer nicht Haus oder Brüder und Schwestern, oder Vater und Mutter oder Kinder und Felder um meinetwillen verlassen hat, wird er nicht das 100 fache bekommen,"

Noch präziser ist Lukas (18,29f.) "Wahrlich ich sage euch: wer um des Reiches Gottes willen Haus oder Frau, Geschwister, Eltern oder Kinder verlassen hat, wird schon jetzt dafür viel mehr erhalten und in der künftigen Welt das ewige Leben"
Jesus richtet diese Worte nicht an die breite Masse, wohl aber an die, die er beauftragt, das Evangelium und die Ankündigung des Reiches Gottes zu verbreiten. um dieser Mission gewachsen zu sein, ist es nötig, sich von allen irdischen Bindungen zu lösen. Es ist ersichtlich, daß diese Trennung den Verlust dessen bedeutet, was aufgezählt wurde, Jesus verspricht eine mehr als angemessene "Entschädigung".

An diesem Punkt wird behauptet, daß das "alles verlassen" sich nur auf die Dauer der Verkündigung seines Evangeliums beziehe und daß die Jünger danach zu ihren Familien zurückkehren könnten. Aber davon gibt es keinerlei Spuren im Text der Evangelien, vom Ewigen Leben ausgehend, spricht er hingegen von etwas Endgültigem.     
Heute wissen wir, daß die Evangelien in den Jahren zwischen 40 und 70 n..Chr. geschrieben wurden, ihre Autoren hätten sich in ein schlechtes Licht gesetzt, wenn sie Jesus Worte zugeschrieben hätten, mit denen ihre Lebensführung dann nicht übereinstimmte, Jesus verlangte, daß die, die an seiner Mission teilnahmen, auch seinen Lebensstil teilten.


Aber was will uns dann Paulus sagen, wenn er im Ersten Brief an die Korinther (9,5) schreibt : "Bin ich nicht frei? Bin ich nicht ein Apostel? Haben wir nicht das Recht zu essen und zu trinken? Haben wir nicht das Recht ein glaubende Frau an unserer Seite zu haben, genau so wie die anderen Apostel und die Brüder des Herrn und Kephas? "
Zeigen diese Fragen und Beteuerungen  nicht, daß die Apostel von ihren Frauen begleitet wurden?
Hier muß man vorsichtig vorgehen. Die rhetorischen Fragen des Apostels beziehen sich auf das Recht, daß derjenige, der das Evangelium verkündet, auf Kosten der Gemeinde leben darf und das gilt auch für seine Begleitung.
Und hier stellt sich offen die Frage, wer sind diese Begleiter?
Die griechische Bezeichnung " adelphén gynaika" muss erklärt werden. "adelphe" bedeutet Schwester. Und hier  versteht darunter die Schwester im Glauben, die Christin,  während "gyne" mehr allgemein eine Frau, ob Jungfrau oder Ehefrau, kurzum ein weibliches Wesen ist.
Das macht es unmöglich, zu beweisen, daß die Apsotel von ihren Ehefrauen begleitet wurden. Warum hätte man- wenn es denn so gewesen wäre- ausdrücklich von einer adelphe- einer Schwester, also Christin sprechen sollen?
Was nun die Ehefrau betrifft, muß man wissen, daß der Apostel sie in dem Moment verlassen hat, in dem er in die Gruppe der Jünger eintrat.

Das 8. Kapitel im Lukasevangelium hilft da Klarheit zu schaffen. Man liest: "Jesus wurde von den 12 und von einigen Frauen begleitet, die er von Krankheiten und bösen Geistern geheilt hatte: Maria Magdalena, aus der 7 Dämonen ausgefahren waren, Johanna, die Frau des Cuza, eines Funktionärs des Herodes, Susanna und viele andere. Alle dienten Jesus, die Jünger mit allem was sie besaßen."
Aus dieser Beschreibung kann man logischerweise schließen, daß sie dem Beispiel Jesu folgten.

Im Übrigen empfehle ich Ihre Aufmerksamkeit auf den emphatischen Appell zum Zölibat und zur Abstinenz des Apostels Paulus (1.Korinther, 7, 29f.) zu lenken : "Ich sage euch- die Zeit ist kurz. Deshalb -wer eine Frau hat, soll so leben, als ob er keine habe."  Und dann : "Die Zölibatäre sollen sich um die Fragen Gottes kümmern, sollen dem Herrn Freude bereiten. Der Verheiratete kümmert sich um die weltlichen Belange, er will seiner Frau gefallen, er endet dann zweigeteilt." Es ist klar, daß sich Paulus mit diesen Worten an die Priester und Bischöfe wendet Er selbst hat sich an diese Ideale gehalten.

Um zu beweisen, daß Paulus oder die Kirche zu Zeiten der Apostel den Zölibat nicht gekannt hätten, werden die Briefe an Timotheus und Titus herangezogen, die sogenannten pastoralen Briefe.
Und tatsächlich wird im ersten Brief an Timotheus (3,2) von einem verheirateten Bischof gesprochen.  Und wiederholr wurde der griechische Text so übersetzt: "Der Bischof sei der Gemahl einer Frau" , das wurde als Anweisung betrachtet. Aber es würden schon  rudimentäre Kenntnisse des Griechischen genügen, um richtig zu übersetzen: "deshalb kann der Bischof nicht dispensiert werden, sei er auch nur einmal verheiratet (und müßte der Ehemann einer Frau sein) und er soll nüchtern und enthaltsam sein." Und im Brief an Titus liest man: " Ein Alter ( Priester oder Bischof) soll unbestechlich sein und nur einmal verheiratet."
Das sind Hinweise darauf, daß man die Möglichkeit, daß ein Priester-Bischof geweiht werden konnte, der nach dem Tod seiner Frau noch einmal heiratete ( sukzessive Bigamie) ablehnte . Weil- abgesehen davon, daß ein wiederverheirateter Witwer damals nicht gern gesehen war,  sich für die Kirche die Überlegung anschloss, daß ein solcher Mann keine Garantie geben konnte, die Abstinenz zu wahren, die ein Bischof oder Priester beeiden mußten.

Die Praxis der Kirche in der nachapostolischen Zeit

Die ursprüngliche Form des Zölibats sah also vor, daß der Priester oder Bischof das Familienleben fortführten, aber nicht  das Eheleben. Auch deshalb zog man es vor, ältere Männer zu weihen.
Die Tatsache, daß das alles auf antike und heilige apostolische Traditionen zurückzuführen ist, bezeugen auch die Schriften von Kirchenmännern wie Clemens von Alexandrien und der nordafrikanische Tertullian, die im 2. und 3. JH nach Chr. lebten.
Ebenfalls Zeugen für die hohe Wertschätzung der Enthaltsamkeit bei den Christen sind eine Reihe erdachter Romanzen über die Apostel in den sog. apopkryphen "Atti degli Apostoli", die im 2. JH geschrieben wurden und sehr verbreitet waren. Im folgenden 3. JH vervielfältigten sich besonders im Osten die immer expliziter werdenden Dokumente über die Abstinenz der Kleriker.
Hier z.B,. eine Passage aus der sog. "Didaskalia siriaca" "Der Bischof soll, bevor er geweiht wird, auf die Probe gestellt werden, um festzustellen ob er keusch ist und seine Kinder in der Furcht Gottes erzogen hat."
Auch der große Theologe Origines von Alexandria ( 3. JH) kannte einen Zölibat mit rechtsverbindlicher Keuschheit, einen  Zölibat den er in verschiedenen theologischen Werken erklärte und vertiefte. Man könnte noch andere Dokumente zur Unterstützung zitieren, etwas was hier aber offensichtlich nicht möglich ist.


Das erste Gesetz über den Zölibat
Es war das Konzil von Elvira von 305-306 das dieser Form einer Praxis mit apostolischen Wurzeln Gesetzesform gab. Mit dem Kanon 33 verbietet das Konzil  Bischöfen, Priestern, Diakonen und allen anderen Klerikern eheliche Beziehungen mit der Frau und verbot ihnen gleichfalls Kinder zu bekommen.
Zu der Zeit dachte man also, daß eheliche Abstinenz und Familienleben miteinander vereinbar seien.
So schrieb der heilige Papst Leo, Leo der Große, um 450 herum, daß die Geweihten ihre Ehefrauen nicht wegschicken sollten. Sie sollten mit ihr zusammen bleiben , aber so "als ob sie sie nicht hätten", schreibt Paulus im ersten Brief an die Korinther (7,29)
Quelle: www.chiesa, Sandro Magister L´Espresso
  
Fortsetzung folgt



1 Kommentar:

  1. Also es ist im Grunde eine total absurd Situation:
    ein nicht wahlberechtigter Kardinal muss per offenem Brief, einem Journalisten erklären, dass der Papst keine Ahnung hat, wovon er redet, und das, damit die verwirrten Gläubigen wenigstens ein bisschen Halt finden.

    AntwortenLöschen

Mit dem Posten eines Kommentars erteilen Sie die nach der DSGVO nötige Zustimmung, dass dieser, im Falle seiner Freischaltung, auf Dauer gespeichert und lesbar bleibt. Von der »Blogger« Software vorgegeben ist, dass Ihre E-Mail-Adresse, sofern Sie diese angeben, ebenfalls gespeichert wird. Daher stimmen Sie, sofern Sie Ihre email Adresse angeben, einer Speicherung zu. Gleiches gilt für eine Anmeldung als »Follower«. Sollten Sie nachträglich die Löschung eines Kommentars wünschen, können Sie dies, unter Angabe des Artikels und Inhalt des Kommentars, über die Kommentarfunktion erbitten. Ihr Kommentar wird dann so bald wie möglich gelöscht.