So titelt Robi Ronza heute bei La Nuova Bussola Quotidiana über die Stimmung in Frankreich und Paris nach dem Massaker. Hoffentlich hat er Recht! Hier geht´s zum Original: klicken
"FRANKREICH WIRD GEGEN SEINEN WILLEN WIEDER CHRISTLICH"
"Leute die auf den Straßen von Paris- offensichtlich ohne den Sinn zu verstehen, "Imagine" singen, die nihilistische Hymne , als vorgebliche Wurzel des universellen Friedens, die später ihr eigener Autor- John Lennon-widerrief. Blumenteppiche, dazwischen brennende Kerzen, ohne jedes Kreuz oder andere religiöse Symbole, die in einem sonst ganz lichtlosen Kampf etwas aufatmen ließen. Das sind die Schlüsselbilder, mit denen die großen Medien auf ihrem planetarischen Parkett das menschliche Klima dieser Tage in der französischen Hauptstadt illustrieren.
Der größere Teil diese Parketts konnte noch nicht wissen, daß z.B. am Sonntag Nachmittag in der Kathedrale Nôtre Dame de Paris vom Erzbischof der Stadt eine Messe für die Opfer des Attentates gefeiert wurde.
Und daß in der dichtbesetzten Kirche-unter anderen- in der ersten Reihe die Pariser Bürgermeisterin, Anne Hidalgo, der Präsident der Nationalversammlung Claude Bartolone, die Ex-Premierminister Francois Filon und Alain Juppé und der Ex-Präsident der Republik Valéry Giscard d´Estaing saßen. Die große Kirche konnte nicht alle aufnehmen, die gekommen waren, viele blieben auf dem Vorplatz oder dem Platz hinter der Kirche- gefüllt mi denen, die die Feier draußen miterleben wollten.
Vielleicht hatte man, weil man einen solchen Zustrom nicht erwartet, keine Verteilung der Eucharistie auf dem Vorplatz organisiert. Das hat- wie die Tageszeitung Le Figaro berichtete -Proteste bei den Draußenstehenden hervorgerufen. Frankreich ist insgesamt weniger säkularisiert als es den Anschein hat ( und wie es die von den kulturellen Eliten und den Medien gewollte Ordnung will) Wie der große orthodoxe französische Theologe, Olivier Clement gesagt hätte "die Gelegenheit läßt die in unterirdischen Läufen verborgenen Ströme der verkarsteten Spiritualität wieder an die Oberfläche kommen".
Auf der anderen Seite- trotz seiner offiziellen postjakobinischen Kultur hat Frankreich in der ganzen arabischen Welt ein christliches Image, das es durch seine Geschichte und sein monumentales Patrimonium immer noch weithin bezeugt.
Im Nahen Osten werden die Bewohner des Westens bis heute allgemein "Franken" genannt, und der große französische Beitrag zu den Kreuzzügen ist hier nicht vergessen. In den europäischen Universitäten, in denen die arabischen Eliten studiert haben, haben sie das traditionelle laizistische Urteil über die Kreuzzüge aufgenommen, das tatsächlich noch zu revidieren ist.
Aus der Vermischung dieser Zutaten entsteht jedenfalls der in den Texten und Aufrufen des Terrorismus wiederkehrenden Gebrauch des Wortes "Kreuzzug" als Epiteton und beleidigendes Synonym des Okzidents.
In einem solchen Rahmen zögert der islamische Terrorismus auch angesichts der Fassade seiner offiziellen heutigen Kultur nicht, Frankreich als "Kreuzzug-Land" zu bezeichnen.
Eine Kultur, die ganz und gar auf diesem autoritären Laizismus beruht, weit entfernter aber beharrliche Erbin der Revolution, kraft derer-und nicht weniger als " im Namen der Freiheit"- nur die laizistischen Kulturen Bürgerrecht haben- während man den Religionen- und da besonders der christlichen- nur den Raum des Privaten zubilligt.
Im Endeffekt haben die grausamen Attentäter des vergangenen Freitags in Paris, französische oder belgische Staatsbürger, in Europa aufgewachsenen Muslime-arabischer Herkunft, uns daran erinnert, daß- wie wir ( Im Artikel:"Das nihilistische Europa zeigt sich ungeschützt) sagten- dieser autoritäre Laizismus antiker jakobinischer Herkunft nicht die Lösung sondern der Kern des Problems ist.
Leider sieht es nicht so aus, als könne die Lehre aus den Tatsachen, einen Eingang in den aus Vorurteilen bestehenden Elfenbeinturm der laizistischen französischen Intelligenzia öffnen, auf deren Spuren sich der Rest Europas bewegt.
Bedeutsam der Blick auf ein Interview, dem die Tageszeitung La Stampa gestern eine ganze Seite eingeräumt hat. Ihr Pariser Korrespondent hat Elisabeth Roudinesco, die bedeutende, gerade aus Italien ( wo sie ihr, bei Inaudi erschienenes Buch "Freud zu seiner und in unserer Zeit" vorgestellt hat) zurückgekehrte Psychoanalytikerin und Historikerin der Psychoanalyse, zu ihrer Wertung der Ereignisse befragt.
Der Interviewer erklärt, daß die Autorin "ihre Angst nicht verbirgt," angesichts einer "radikalen Regression zu den religiösen, den Menschenrechten gegenüber feindlichen, religiösen Phänomenen".
Auf die Aufforderung zu erklären, warum diese Terroristen gerade in Frankreich zuschlagen, antwortet Elisabeth Roudinesco: "Weil es eine Republik ist, die auf dem Fundament des laizistischen Universalismus gegründet ist, auf Toleranz und auf den Rechten eines jeden, im Privaten seine Religion zu haben. Auch Robespierre hat den Kampf gegen den Klerikalismus nicht bis zu Ende geführt. Er sagte "lieber Gott als eine Sekte". Und ich bin einverstanden."
In Rimini hat der Philosoph und Soziologe Edgar Morin- 94 Jahre alt und bei guter Gesundheit-, ein Meisterdenker, bei einer seiner Vorlesungen zum Thema "Islamismus- für unsere Studenten erklärt" anläßlich eines Kongresses des Erickson-Studienzentrums über "Die Qualität der schulischen und sozialen Integration" den cirka 5000 Lehrern, die ihm zuhörten, empfohlen "nicht Religion zu lehren, aber die Kenntnis der Religionen, weil die Religion keine Erfindung der Kurie ist, wie Voltaire behauptete, sondern wie Marx sagte "der Seufzer der unglücklichen Kreatur."
Morin hat dann mit einem Appell geschlossen, "eine Alternative zu dem Gott, der den Tod von mehr Toten heraufbeschworen hat, als wir mit unseren Atomwaffen tun konnten, zu kultivieren."
Eine überraschende Behauptung für einen der Shoah entkommenen, jüdischen Intellektuellen seiner Generation.
Es gab keine andere, weil so ein Völkermord, begangen von einer rigoros laizistischen Ideologie wie dem Nazismus, cirka 25 mal mehr Tote verursacht hat als die beiden Atombomben, die auf Hiroshima und Nagasaki abgeworfen wurden (und zu denen man die übrigen Opfer des 2. Weltkrieges, cirka 65 Millionen Menschen, Soldaten und Zivilisten noch hinzuzählen muß)
Doch abgesehen davon, dass es nicht respektvoll wäre, ein Detail zu betrachten, bleibt die beunruhigende Tatsache, von diese autorisierten Zeugnisse bestätigt: die offensichtliche Unfähigkeit der postjakobinischen laizistischen Kultur adäquate Antworten auf ein Problem zu geben, das bei der Konfrontation zwischen etablierten Lebens-und Denkformen und ganz anderen Denkarten entsteht, das der Relativismus nicht lösen kann sondern noch verstärkt. Und daraus entstehen dann die katastrophalen Konsequenzen der Vortäuschung einer solchen Kultur, die einzige zu sein, die sich damit beschäftigt."
Quelle Robi Ronza, La Nuova Bussola Quotidianaö
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