In seiner montägliche Kolumne kommentiert A. Gagliarducci in "Monday in the Vatican" die möglichen Auswirkungen der geänderten Arbeitsverträge der Mitarbeiter des Hl. Stuhls und des Vaticans. Hier geht´s zum Original: klicken
"PAPST FRANZISKUS - MACHT DIE REFORM DER KURIENJOBS ALLEN ANDEREN GLEICH?"
"Bei den Neuerungen der von Papst Franziskus bei verschiedenen Gelegenheiten bereits in Kraft gesetzten Kurienreformen ist eines bemerkenswert: Priester und Bischöfe können beim Hl. Stuhl nicht länger als zwei 5-Jahres-Perioden arbeiten, das heißt, daß kein Monsignore länger als 10 Jahre im Vatican dienen kann und dann in die Diözese zurückkehren muß, sei es zur Verfügung des Bischofs oder vielleicht mit einer anderen Stellung, vielleicht in den Nuntiaturen, die immer neue Diplomaten suchen oder in Missionen, in denen es einen Priestermangel gibt.
Wie gesagt, Papst Franziskus hat diese Regel bereits mehrmals angewandt, obwohl sie noch nicht offiziell eingeführt wurde. Das hat er auch bei seinen Privatsekretären getan. Das Ziel dieser Regel ist es, den klerikalen Karrierismus zu unterbrechen und gleichzeitig keine Beziehungen in der Kurie zu haben, die zu einflußreich werden könnten.
Das ist eine Regel, die mit der Entscheidung in Zukunft ein Jahr in einem Missionsland in das Studien-Curriculum der zukünftigen "Botschafter des Papstes" aufzunehmen, Hand in Hand geht. Das ist eine Regel, die auch damit Hand in Hand geht, wie Papst Franziskus die neuen Kardinäle auswählt. Bei Papst Franziskus gibt es keine Diözesen oder Stellungen, die mit dem Kardinalat verbunden sind. Da sind die Personen, denen er vertraut, oder die Diözesen, die er nach seinen Wünschen hervorheben will. Es ist unmöglich, die Kriterien des Papstes zu antizipieren, weil die Konsistorien immer plötzlich angekündigt wurden und die neuen Purpurträger überraschten.
Das bedeutet, daß Papst Franziskus kurz gesagt das in die Tat umsetzen will, was er immer "eine Umkehr der Mentalität " genannt hat. Das macht er brutal. Tatsächlich hat er, als er sich vor einiger Zeit mit dem Kommunikations-Dicasterium traf, zugegeben, daß die Reform auf unschöne Weise durchgeführt werden müsse. Am Ende will der Papst, daß die Dinge getan werden und er will, daß sie auf seine Weise getan werden. Wenn das nicht passiert, handelt er entsprechend.
Nehmen wir an, daß der Kampf gegen Karrierismus und ausufernden Protektionismus mancher Kleriker wirklich eine lobenswerte und notwendige Bemühung ist. In dem Fall kann die Reform eine umgekehrte- vielleicht ungewollte- und dennoch verheerende Auswirkung auf die Kirche selbst haben.
Für die Mitglieder des Klerus ist der Hl. Stuhl kein Job., Er ist ein Dienst. Sie nähern sich dem Hl. Stuhl mit der gleichen Einstellung, mit der sie in Missionsländer gehen. In Missionländern muß evangelisiert werden und beim Hl. Stuhl ist es das Ziel, die Werkzeuge für die Evangelisierung bereit zu stellen. Das ist keine oberflächliche Arbeit, Und es ist eine harte Arbeit, weil- wie das Evangelium sagt- "die Ernte ist groß aber es gibt nur wenige Arbeiter" und es einen wirklichen Bedarf an jenen gibt, die sie als Mission betrachten und die mit Leidenschaft und Hingabe fortwährend arbeiten.
Das bedeutet nicht, daß- wenn er das tut- der Kleriker den Bezug zur Realität verliert. Es genügt, sich im Vatican umzusehen, um festzustellen, wie aktiv die Kleriker, die beim Hl. Stuhl arbeiten, Messen feiern, den Gemeinden helfen und die Armen unterstützen. Und es würde genügen, auf die Nuntiaturen zu blicken, um die enorme pastorale Arbeit zu erkennen. die von den Apostolischen Nuntien geleistet wird, als die ersten, die reisen, Einladungen annehmen, helfen, das Sakrament der Firmung spenden und helfen, wenn es Priestermangel gibt und Christus dorthin bringen, wo die Kirche zu schweigen scheint.
Wenn jedoch die Arbeit beim Hl. Stuhl für Mitglieder des Klerus zu einem zehnjährigen Zwischenspiel wird, dann ändert sich alles. Es ist nicht länger ein Dienst sondern ein Job. Schlimmer noch- es trennt ihn von seinem regulären Job, das auszuführen, was als bürokratische Stellung und nichts anderes betrachtet wird.
Was kann man von einem Kleriker verlangen, der weiß, daß seine Arbeit beim Hl. Stuhl kein Dienst ist, sondern ein Job, den er ausüben muß, weil er den Ruf, das zu tun, nicht ablehnen kann. Welche Langzeit-Projekte kann er entwickeln?
Der Hl. Stuhl ist eine komplexe Maschinerie, die nicht leicht zu verstehen ist. Es braucht Jahre, um in den Mechanismus zu gelangen, die Prozeduren zu verstehen. Die werden als mühselige Prozeduren angesehen und vielleicht sind sie es. Sie dienen dazu, die Kirche zu schützen, den Priestern Garantien zu geben. Alle muß im kleinsten Detail durchdacht werden, von Gerichtsprozessen zu sozialen Dokumenten. Nichts darf oberflächlich sein.
Um zu vermeiden, oberflächlich zu sein, muß man an der Kirchengeschichte festhalten, an der Tradition, die entstand, um den Schwächsten zu helfen. Eine Kirche, die kein anachronistischer Hof ist, sondern die Entwicklung eines lebenden Organismus, berufen, die Priester und die Gläubigen der Welt zu unterstützen und sich selbst gegen die Angriffe der Welt zu verteidigen.
10 Jahre sind kaum genug, um alles das zu lernen. Die Mitarbeiter des Hl. Stuhls wurden einst mit Tradition und Geschichte durchdrungen und durch sie, kamen Erneuerungen und Ideen. Der Papst wurde nicht verleugnet. Eher bauten sie auf die Vergangenheit. Und das taten sie, weil die Kirche fühlte, auf Ewigkeit aufgebaut zu sein, nicht auf dem hier und jetzt.
Das Subsidiaritätsprinzip entstand daraus, daß der Hl. Stuhl generelle Richtlinien herausgab. Zur selben Zeit mußten die Diözesen diese Richtlinien konkret umsetzen und sorgfältig auf ihren theologischen Inhalt schauen.
Heute denkt der Hl. Stuhl mehr über konkrete Dinge nach, als generelle Richtlinien herauszugeben, von denen jeder profitieren konnte, wie man daran sehen kann, wie sich die jüngsten Interessen entwickelt haben. Als warten die Personen, die mit pastoralen Themen betraut sind, darauf, daß der Hl. Stuhl ihnen sagt, wie sie die pastorale Versorgung organisieren, Migranten helfen und über die Armen sprechen sollen. Die Bischöfe gehen - generell- ihren Weg , der so pragmatisch ist, wie der des Papstes und so getrennt voneinander, wie es jedem von ihnen richtig erscheint.
Aber das zeigt den Vatican so, als ob er wie jeder andere Arbeitsplatz wäre. Außerhalb von dem, was ich den "Verborgenen Vatican" nenne, gibt es nicht länger den Stolz, dem Hl. Stuhl zu dienen. Es gibt die Annehmlichkeit einen Büro-Job zu haben, eine Klammer in einem Leben, das dann von Gemeinde zu Gemeinde, von Diözese zu Diözese verbracht werden wird.
So riskiert das edle Ziel, den Karrierismus bekämpfen zu wollen, kontraproduktiv zu werden.Sollen Laien-Mitarbeiter auch auf einen Dienst in 10-Jahres-Perioden beim Hl. Stuhl beschränkt werden? Wahrscheinlich nicht, außer sie sind in Spitzenpositionen. Wenn die Grenze nicht angewandt wird, werden wir Laienmitarbeiter ohne pastorale Erfahrung finden, manchmal sogar auch ohne jede theologische Kompetenz (die zu Recht von ihnen nicht gefordert wird) die aber- im Dikasterium über ihren Vorsitzenden stehen werden. Um Klerikalismus zu vermeiden, kommt es zum gegenteiligen Phänomen: zur Laisierung.
Eine Laisierung, die jedoch den Hl. Stuhl nur als Job ansehen wird. Zu diesem Punkt wird alles in den Händen weiniger Helden bleiben, die die Bedeutung der Institution noch verstehen. Der Hl. Stuhl läuft Gefahr, von seinen Angestellten als eine NGO behandelt werden. Etwas, das Papst Franziskus.-wie er sagte- niemals will. "
Quelle: A. Gagliarducci, Monday in the Vatican
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