Samstag, 28. Mai 2022

Beim Vatican-Prozess: die Sonderrolle des Staatssekretariates

A. Gagliarducci hat bei CNA einen Artikel über den Vaticanischen Prozess um die Finanzen des Staatssekretariates veröffentlicht.
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"DER VATICANISCHE FINANZPROZESS WIRFT EIN LICHT AUF DAS STAATSSEKRETARIAT"

Mit den 10 Angeklagten wäre der vaticanische Finanzprozess vielleicht besser in drei verschiedenen Prozessen zu handhaben. Dennoch gibt es einen gemeinsamen Faden: die Rolle des Staatssekretariates, des mächtigsten Dikasteriums im Vatican. 

Die drei letzten Verhandlungen fanden in der vergangenen Woche statt. Am 18. und 19. Mai hat Kardinal Angelo Becciu Fragen des vaticanischen Staatsanwaltes, der Nebenkläger und anderer Anwälte beantwortet. 

Während der langen Befragung, bei der es nicht an Augenblicken von Spannung fehlte, unterstrich Becciu an einem Punkt, daß er "stark bezweifle, daß der [vaticanische] Generalrevisor von den Konten des Staatssekretariates wußte." 

Es lohnt sich, daran zu erinnern, daß die Ursprünge des Verfahrens in einem Bericht des Generalrevisors liegen, der für die Buchprüfungen der Abteilungen des Vaticans verantwortlich ist. 

Becciu argumentierte, daß der Revisor die Situation nicht im Detail kennen konnte, weil "das Staatssekretariat vom finanziellen Standpunkt vollkommen unabhängig war".

"Um seine Autonomie verletzten zu können, mußte man ein spezielles Mandat des Papstes haben" sagte Becciu, "aber das ist nie vorgekommen. In dcr Tat wurde uns 2016 ein Reskript von Kardinal Parolin übergeben, das diese Autonomie bestätigt."


2016 war ein kritisches Jahr. Es kam zu  wachsenden Spannungen zwischen dem Staatssekretariat und dem Wirtschaftssekretariat, das damals von Kardinal George Pell geleitet wurde. Ein spezieller Spannungspunkt war der Beschluss des Wirtschaftssekretariates, einen Buchprüfungsvertrag mit PricewaterhouseCoopers anzuschließen, der dem Unternehmen erlaubte, auch die Konten des Staatssekretariates zu prüfen. 

Das Staatssekretariat erfreut sich einer speziellen finanziellen Unabhängigkeit, vor allem einer Vertraulichkeit seiner finanziellen Entscheidungen. Deshalb gab es sehr starke Spannungen bis der Hl. Stuhl die Bedingungen des Buchprüfungsvertrages neu verhandelte. 

Später im Jahr 2016 verfaßte Papst Franziskus das motu proprio "I beni temporali" ("Die irdischen Güter"). Das versucht, die Überwachungs- und Verwaltungsfunktionen innerhalb des Vaticans besser zu trennen, indem es dem Wirtschaftssekretariat einige Veranwortungsbereiche entzog und sie der Verwaltung des Patrimoniums des Hl. Stuhls (APSA) zurück gab. 

"Das Staatssekretariat war ein Dikasterium, aber ein Dikasterium sui generis [einzigartig]" erkärte Becciu. "Die Normen kamen von ihm; deshalb konnte es die Normen nicht unterlaufen."

Papst Franziskus hat dieser Sonderstellung des Staatssekretariates 2020 praktisch ein Ende bereitet, als er beschloss die Verantwortung für die Verwaltung der Fonds und Investitionen des Staatssekretariates der APSA zu übertragen. Dieser Schritt hat wohl den Regierungsapparat geschwächt. 

Aber der Regierungsapparat spielte auch eine besondere Rolle dabei, der Römischen Kurie zu helfen Während der vorangegangenen Befragungen, betonte Becciu, daß die Kollekte des jährlichen Peters-Pfennigs rund 50 Millionen € einbrachte. Aber das Defizit des Hl. Stuhls war größer. Es war deshalb notwendig, schlug er vor, Investitionen zu tätigen, um dem Hl. Stuhl eine größere Liquidität zu geben.  

Über die Investitionen wachte das Verwaltungsbüro des Staatssekretariates, das über die Jahre eine komplexe finanzielle Struktur aufgebaut hatte und dabei verschiedene Konten benutzte-einschließlich einiger im Ausland befindlichen - und immer auf der Suche nach Investitionen der besonderen Art. Das 
war auch der Fall bei der Investition in eine Londoner Luxus-Immobilie im Zentrum des Prozesses, die vom Verwaltungsbüro beaufsichtigt wurde. "Wenn es kritische Themen gab und [sein Stellvertreter Msgr. Alberto] Perlasca hat mir nicht erzählt, daß er eines schwerwiegenden Fehlers schuldig war," sagte Becciu. 

Der Peters-Pfennig war nicht die einzige Quelle unserer Fonds, benutzt wurde um die Löcher im Vaticanischen Budget aufzufüllen. Das Institut für die Religiösen Werke (IOR) - allgemein als Vatican-Bank bekannt- macht jährlich eine Spende an den Hl. Stuhl. Während mehrerer Jahre betrug der Scheck des IOR 50 Millionen €, die hauptsächlich dazu bestimmt waren "die Ausgaben von Vatican Radio und den Nuntiaturen abzudecken."

Aber 2012 als die Vermögenswerte des IOR 86,6 Millionen € betrugen begannen die Beiträge gemeinsam mit den Erträgen weniger zu werden und endeten schließlich bei 30 Mio €.
Das Staatssekretariat als Zentralorgan des Hl. Stuhls wurde war nicht nur dazu berufen, dem Hl. Stuhl zu helfen, finanziell zu überleben. Dennoch war er für diese verantwortungsvolle Ausgabe nicht ausgerüstet."

Quelle: A. Gagliarducci, CNA

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