Sonntag, 21. Januar 2024

Wann ist Kritik am Papst legitim?

Tommaso Scandroglio setzt sich in La Nuova Bussola Quotidiana angesichts mit den Turbulenzen, die die Veröffentlichung von Fiducia Supplicans in der Kirche hervorgerufen hat, mit der Frage  auseinander, ob Katholiken den Papst kritisieren dürfen oder nicht
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       "WANN IST KRITIK AM PAPST ZULÄSSIG?"

"Kritik am Papst ist moralisch zulässig, weil auch er Fehler machen kann, ausser wenn es ex cathedra spricht. Die Bibel, das Lehramt und das Kanonische Recht sorgen dafür. Es muss das  Prinzip der Proportionalität respektieren und  durch Vorsicht und Nächstenliebe geleitet werden.

"Keiner kann über mich urteilen, nicht einmal du, nicht einmal  der Papst. Es ist klar.dass das, was die Kirche heute spaltet nicht so sehr ein doktrinaler Irrtum ist, sondern Kritik am Papst. Auf der einen Hand gibt es diejenigen, die es für inakzeptabel halten, den Papst zu kritisieren und dann die anderen, die der vollkommen entgegengesetzten Meinung sind. Das Thema der Zulässigkeit der Kritik am Papst, ist die Hauptursache für die innere Spaltung in der Kirche, sie ist der wahre" Dorn im Fleisch" der kirchlichen Einheit.

Aus diesem Grund, werden Gemeinden und Vereinigungen verlassen, versuchen Menschen an der Sonntags-Messe in einer anderen Kirche teilzunehmen, werden bestimmte Zeitungen nicht mehr  gelesen (einschliesslich unsere),entstehen Brüche in Familien, werden weissglühende schnell in den sozialen Medien veröffentlicht. Das führt dazu, das Problem auf eine zwiespältige Art zuimnterpretieren -für oder gegen den Papst. Aber das Kriterium der Fans ist falsch, weil es um einen anderen Punkt geht und von zwei Fragen ausgeht: ist es legitim den Papst zu kritisieren? Und wenn ja- wann?

Im Hinblick auf die erste Frage, ist Kritik am Papst legitim von einem moralischen Gesichtspunkt aus zulässig - aus einem einfachen, sehr einfachen Grund: auch er kann Fehler machene. Wenn wir das Prinzip des Nichtwiderspruchs respektieren, müssen wir notwendigerweise schliessen, dass es ausserhalb der Petrinischen Unfehlbarkeit auch eine  Petrinische Fehlbarkeit gibt. Es ist die Dogmatische Konstitution Pastor Aeternus selbst, die das bestätigt, wenn auch indirekt. "Wir verkünden und definieren, dass es als Dogma durch Gott offenbart, dass der Römische Pontifex -wenn erex cathedra spricht,d.h., wenn er sein höchstes Amt als Hirte und Lehrer aller Christen ausübt, und kraft seiner höchsten apostolischen Macht eine Doktrin definiert, die den Glauben und die Moral betrifft [...] sich dieser Unfehlbarkeit erfreut, und die Kirche durch den Willen des göttlichen Erlösers durch die definierte Lehre zu Glauben und Morale begleitet wird." Deshalb ist der Papst , wenn er nicht ex cathedra spricht, fehlbar. Natürlich bedeutet das nicht, dass alles, was in dieses Gebiet fällt, gleich fehlbar ist, d.h. daß alles für Kritik offen ist. Wenn ein Papst nicht in seiner Unfehlbarkeit handelt und bekennt, daß Jesus Christus Gott ist, bestätigt er lediglich ein katholisches Dogma ohne das formelle Gewand der Unfehlbarkeit, Wenn er dagegen behauptet, daß alle Migranten unterschiedslos aufgenommen werden müssen, weil das eine Art ist, Gutes zu tun, ist das eine fragwürdige Aussage.


Die  Glaubenskongregation hat in der Doktrinalen Note, die die Formulierung Professio Fidei  abschließt, wie wir schon vor kurzem erwähnt haben, dass nicht alle Äusserungen des Papstes unfehlbar sind. Und Papst Franziskus hat nie seine eigene Unfehlbarkeit für seine  Statements  beansprucht. Daraus folgt, daß der Papst kritisiert werden kann. Das Lehramt selbst erlaubt es.Lumen Gentium : " Je nach Wissen, Kompetenz und Ansehen, das sie genießen, haben [die Laien] die Befugnis, manchmal sogar die Pflicht, ihre Meinung zu Angelegenheiten kundzutun, die das Wohl der Kirche betreffen. Wenn nötig, sollten sie dies tun.“ durch die zu diesem Zweck von der Kirche eingerichteten Organe und stets mit Wahrheit, Standhaftigkeit und Klugheit, mit Respekt und Nächstenliebe gegenüber denen, die aufgrund ihres heiligen Amtes Christus vertreten“. Ebenso regelt der Kodex des kanonischen Rechts: "In einer Weise, die dem Wissen, der Kompetenz und dem Ansehen, das sie genießen, angemessen ist, haben sie [die Gläubigen] das Recht und manchmal sogar die Pflicht, den heiligen Hirten ihre Gedanken darüber kundzutun.“ was das Wohl der Kirche betrifft, und es den anderen Gläubigen bekannt zu machen, unbeschadet der Integrität des Glaubens und der Moral und der Achtung vor den Hirten, unter Berücksichtigung des Gemeinwohls und der Würde der Menschen“ (can. 212, §3). Auf derselben Wellenlänge befindet sich auch Franziskus, wenn er Parrhesia als Methode der Kritik angibt.

Wie jede gute Tat selbst muss der Beschluss, zu kritisieren aber auch das Prinzip der Proportionalität und Effektivität wahren, mit Bezugnahmen auf Umsicht, Respekt, Barmherzigkeit, Integritätvon Glauben und Moral, Allgemeinnutzen und Würde der Person. Kurz gesagt, wenn Kritik mehr Schaden anrichtet als Gutes tut, ist Schweigen besser. Geben wir ein Beispiel: wir essen mit Freunden, die fast Atheisten sind. Die Diskussion kommt zum aktuellen Papst, Ich vermeide, ihn zu kritisieren, um diesen Kleinen im Glauben keinen Skandal zu bereiten. Zweites Stzenario: ich esse mit einem Gemeinde.-Pfarrer und er plant, schwule Paare zu segnen "weil der Papst darum gebeten hat". Es ist legitim und angemessen, den Beschluss des Papstes zu kritisieren.

Selbst im ersten Beispiel, als ich um eine Meinung zu Segnungen gebeten wurde, konnte ich mich einem deutlich zensierenden Urteil nicht entziehen. Gerade weil der Glaube meiner in moralischen Fragen ohnehin unsicheren Gesprächspartner auf dem Spiel stand. Generell müssen wir feststellen, daß die Quantität und Qualität der heterodoxen Ausflüge von Franziskus viele dazu gezwungen hat, sich öffentlich an die gesunde Lehre zu erinnern, gerade um die Irreführung vieler zu vermeiden. Kurz gesagt, ein Zustand der Not hat viele zur Kritik veranlasst, denn je gravierender der Angriff auf den Glauben ist, desto stärker muss die Abwehrreaktion ausfallen.

Die Legitimität der Kritik am Papst wird durch die Offenbarung und die Geschichte von Paulus und Petrus bezeugt. "Als Kephas nach Antiochia kam, widersetzte ich mich ihm offen, denn er hatte offensichtlich Unrecht“ (Gal 2,11). Papst Honorius wurde exkommuniziert, allerdings postmortal. Dies ist geschehen und kann immer noch geschehen, denn der Papst ist der Hüter der Wahrheit, er ist nicht die Wahrheit. Christus allein ist die Wahrheit, nicht sein Stellvertreter auf Erden. Somit unterliegt der Papst, wie wir alle, der Lex aeterna in ihren beiden Deklinationen positiver Lex divina und Lex naturalis. Auch er steht hierarchisch unter dem obersten Gesetz der Kirche: salus animarum (hier klicken).

Nachdem wir festgestellt haben, daß selbst der Papst fehlbar und daher zugänglich für Kritik ist, wenden wir uns nun der zweiten oben genannten Frage zu: Wann sollte man ihn kritisieren? Wenn seine Worte oder Taten in Übereinstimmung mit dem oben erwähnten Grundsatz der Wirksamkeit offensichtlich im Widerspruch zur Lehrmeinung der Kirche aller Zeiten stehen. Zum Beispiel: Wird Homosexualität von der Kirche verurteilt? Ja. Sind Segnungen für gleichgeschlechtliche Paare erlaubt? Der Papst musste also den Segen für Homosexuelle nicht gutheißen. Das ist alles dazu.

Nachdem das alles gesagt ist, kommen hier die Einwände. Erstens untergräbt dies die Einheit der Kirche. Antwort: Die Einheit der Kirche ist ein Gut, aber sie ist nicht das höchste Gut, und es gibt andere, wichtigere Güter, wie zum Beispiel die Wahrheit. Oder wollen wir alle lieber schweigen und so den Fehler gutheißen, um uns nicht zu spalten? Auch Jesus sprach Klartext, und wie das Johannesevangelium in Kapitel 6 berichtet, führte dies dazu, dass einmal ein großer Teil seiner Anhänger das Land verließ. Sollte er schweigen? Wenn Ihre Tochter wegen eines Familienmitglieds zur Prostitution gezwungen würde, würden Sie idann nicht mit ihr darüber sprechen? Nur ein Narr würde einwenden, dass dies die Familie in zwei Teile spaltet und daher Schweigen vorzuziehen wäre. Heutzutage gibt es diejenigen, die die Kirche und ihre Lehre prostituieren: Wenn ihre Verteidigung Spaltungen mit sich bringt, ist dies derzeit ein zulässiger und sogar notwendiger Preis.

Zweiter Einwand: Papst Franziskus, in Wirklichkeit haben Sie nie Urteile geäußert, die im Widerspruch zur gesunden Lehre standen. Im Fall der Segnungen für Homosexuelle sagte der Papst laut Fazio beispielsweise, dass "der Herr alle segnet“, er sagte jedoch nicht, dass schwule Paare gesegnet werden können. Bezüglich des Zugangs der wiederverheirateten Geschiedenen bekräftigte er, dass die Doktrin der Ehe unverändert bleibe. Über die Tatsache, dass es einige gute Verhaltensweisen gibt, die für manche unmöglich sind, sagte Franziskus einmal, dass „alle Dinge mit Glauben möglich sind“. Zum Proselytenverbot unterhielt uns der Papst lange mit einer seiner Katechesen, deren Titel bereits alles erklärt: Die Leidenschaft für die Evangelisierung: Der apostolische Eifer des Gläubigen. In Wirklichkeit, antworten wir, handelt es sich um eine „jesuitische“ Taktik. Alles Gesagte ist das Gegenteil von allem. Fördern Sie Häresie und lehnen Sie sie dann sofort wieder ab. Auf diese Weise werden, wie der Papst immer wieder zugegeben hat, Prozesse in Gang gesetzt: In der Verwirrung schleicht sich das Böse ein. Darüber hinaus kann man sich immer auf orthodoxe Aussagen berufen, um sauber herauszukommen, und im Durcheinander widersprüchlicher Aussagen nach einer suchen, die zum Sachverhalt passt. Das ist einfach listig. Aber man kann Gott nicht täuschen."

Quelle: T. Scandroglio, LNBQ

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