So nennt Michael Charlier den Hoftheologen des aktuellen Pontifikates- Professor Andrea Grillo und kommentiert bei Summorum Pontificum dessen teilweise groteske Aussagen zur TLM .Wir geben seinen lesenswerten Kommentar hier mit Dank wieder.
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"IMMER WEITER WEG VON CHRISTUS UND DER APOSTOLISCHEN TRADITION. ZUM LITURGIEVERSTÄNDNIS VON ANDREA GRILLO"
"Wäre Andrea Grillo Professor an einer deutschen theologischen Fakultät, könnten wir sein Interview getrost zur Seite legen – irrelevantes Geschwätz, wie das meiste, was von Theologieprofessoren produziert wird. Aber obwohl er sehr gut in das deutsche Umfeld passen würde, verleiht ihm seine Position als Liturgie-Lehrer an päpstlichen Hochschulen und wohl-vernetzter Organisator des Kampfes gegen die liturgische Tradition eine Bedeutung, die nicht zu unterschätzen ist: Er ist einerseits Sprachrohr und andererseits auch Stichwortgeber der drei oder vier Männer an der Spitze des bergoglianischen Pontifikats, die seit Jahren kein anderes Ziel haben, als Liturgie und – man muß das immer zusammen sehen – Lehre der Kirche den Anforderungen des antichristlichen Zeitgeists anzupassen. Immer weiter weg von Christus und der apostolischen Tradition.
Eine Kritik seines Interviews mit – ausgerechnet – Messa in Latino könnte leicht den Umfang eines Taschenbuchs annehmen. So wichtig ist uns diese Stimme eines sterbenden Pontifikats aber auch wieder nicht, und wir beschränken uns daher darauf, einige besonders auffällige Punkte hervorzuheben
Die dümmste und gleichzeitig skandalöseste Äußerung Grillos findet sich am Beginn seiner Antwort auf die 2. Frage des Interviews, ob man die an die 20 000 Teilnehmer der Chartres-Wallfahrt einfach beiseite schieben könne: "Was sind schon 18 000 Menschen im Vergleich zur großen Menge der katholischen Kirche?“ So zu reden ist nicht allein ein Zeugnis erschreckenden pastoralen Gleichgültigkeit, die eine große Gruppe von Gläubigen mißachtet, weil sie dem persönlichen Verständnis von "Kirche“ nicht entsprechen. Dieser Gleichgültigkeit und Arroganz werden wir noch öfter begegnen. Diese Antwort ist aber auch Zeugnis einer für einen akademischen Lehrer absolut unzulässigen Trickserei, eine Gruppe von Menschen, die sich bewußt, absichtlich und teilweise unter Mühen und Opfern an einem Ort zusammengefunden haben, mit der amorphen "Menge der katholischen Kirche“ zu vergleichen. Sicher, diese "Menge“ wird derzeit auf etwa 1,3 Milliarden geschätzt – und jeder Einzelne in dieser großen Zahl von Getauften ist aller Fürsorge und Beachtung wert. Aber wie viele davon sind in dem Maße zu einer "participatio actuosa“ an Leben und Gottesdienst der Kirche bereit wie die Wallfahrer nach Chartres? Wie viele von diesen leben in Gemeinden, deren geistliches Leben so stark ist und so viele Berufungen hervorbringt, wie die Gemeinden, aus denen diese hier so geringschätzig abgetane kleine Zahl der Wallfahrer gekommen ist?
Als Wissenschaftler sollte Grillo ja wissen, was es mit dem Begriff der "inkommensurablen Größe“ auf sich hat und daß man Äpfel nicht mit Birnen vergleichen kann. Aber mit der Wissenschaft hat er es ja nicht so sehr, er ist in erster Linie Ideologe und Agitator. Und Kriterien wie "im Glauben verwurzelte Gemeinden“ und "Priesterberufungen“ haben für ihn nicht wirklich etwas zu bedeuten – es sei denn, er kann sie auf mehr oder weniger abenteuerliche Weise in seinem Sinne umdeuten. Dazu später noch mehr.
Geringschätzigkeit und Verachtung sind jedenfalls kennzeichnend für die Haltung, die Grillo gegenüber den Anhängern der Tradition zur Schau trägt. In der Antwort auf Frage 7 deutet er an, daß für ihn jede Debatte mit den "unverbesserlichen Indietristen“, wie Franziskus die Traditionalisten gerne nennt. letztlich keinen Sinn mehr hat: "In der theologischen und liturgischen Diskussion gibt es Fälle, in denen der Austausch von Argumenten zum Scheitern verurteilt ist.“
Tatsächlich ist es jedoch Grillo, der sich von Fakten und Argumenten in keiner Weise beeindrucken läßt. Die 4. Frage konfrontiert den päpstlichen Hofastroliturgologen mit dem von den Zahlen her unbestreitbaren Befund, daß im Einflußbereich der reformierten Liturgie – nicht ausnahmslos, aber doch überwiegend – gerade die junge Generation, deren Bedürfnissen diese Liturgie angeblich entgegen kommen sollte, sich der Kirche entfremdet, dem Gottesdienst fernbleibt und immer weniger Berufungen hervorbringt. Ganz im Sinne älterer Hirngespinste deutscher Theologen mag Grillo darin "keine nur negative Erscheinung“ erkennen, sondern deutet die Zeugnisse des Zusammenbruchs um als "Signale notwendiger Anstrengungen“ – nämlich noch entschiedener auf dem Weg voranzugehen, der schon bisher zu nichts geführt hat.
Das Lieblingswerkzeug Grillos und Ausweis seiner – wenn nicht Unfähigkeit, so doch seines Unwillens – auch nur den bescheidensten Ansprüchen an einen Wissenschaftler gerecht zu werden, ist neben seiner Realitätsverleugnung seine Neigung, Begriffen einfach einen anderen Sinn beizulegen als den, in dem sie gemeint sind und hier auch von seinem Interviewpartner gebraucht werden. Von "Tradition“ spricht er nie im Sinne einer Bindung an die Vergangenheit oder der Wahrung von Kontinuität – das ist für ihn verabscheuungswürdiger "Traditionalismus“.
Grillos Verständnis von "Tradition“ ist allein auf in eine in bunten Farben ausgemalte und vom Menschen selbst geschaffenne Zukunft ausgerichtet. Der Wert der Tradition liegt für ihn vor allem in "ihrer Fähigkeit zur Ermöglichung von Veränderungen“ (Frage 6), oder noch krasser zu Frage 7: "Tradition ist nicht die Vergangenheit, sondern die Zukunft.“ Darüber, wie Tradition, Veränderung und Zukunft zusammenhängen und zumindest im Raum der Kirche auch aufeinander bezogen sein müssen, verliert er kein Wort. Braucht er auch nicht, denn Zukunft geht für ihn nicht aus objektiven Entwicklungsprozessen hervor, sondern aus Willen und Vorstellung einer mit höheren Einsicht begnadeten Elite - oder schlicht gesagt: Aus dem Machtwort der Mächtigen. In der Tradition zu stehen, bedeutet für Grillo nicht mehr, als sich dem Willen der Mächtigen zu unterwerfen und ihnen im Gleichschritt dahin zu folgen, wohin sie führen.
Vor der ideologischen Umdeutung von Begriffen scheut Grillo auch da nicht zurück, wo er damit in direkten Widerspruch zum II. vatikanischen Konzil gerät – dem sich zu widersetzen doch einer seiner gröbsten Vorwürfe an die Adresse der Anhänger der Tradition ist. Wo das Konzil ausdrücklich gefordert hatte "Der Gebrauch der lateinischen Sprache soll in den lateinischen Riten erhalten bleiben“ (SC 36,1) wirft der Professor von San Anselmo (Antwort zu Frage 3) den "Traditionalisten“ ohne den geringsten Beleg "nostalgisches Festhalten an einer toten Sprache“ vor. Er gefällt sich auch sonst darin, weder theologische noch pastorale Argumente für das Festhalten am überlieferten Ritus anzuerkennen, sondern alles aus der Geschichte Überkommene schlicht als "Nostalgie“ abzutun – selbst dann, wenn es von einem so großen und bedeutenden Theologen wie Joseph Ratzinger/Benedikt XVI. kommt.
In seiner Antwort auf Frage 5 schafft er es doch tatsächlich, das auch von uns hochgehaltene und von Benedikt ausführlich theologisch begründete Prinzip: "Was früheren Generationen heilig war, bleibt auch uns heilig und groß.“ mit der (Nicht-)Begründung abzutun, es komme "nicht aus der Theologie, sondern von nostalgischem Gefühl für die Vergangenheit.“ Damit verläßt Grillo dann endgültig den Raum der Wissenschaften und wandert in Lewis Carolls Wunderland, in dem der überaus selbstgefällige Humpty Dumpty Alice aufklärt: "Wenn ich ein Wort gebrauche, dann bedeutet es genau das, was ich damit sagen will.“ Das war freilich vor des Eierkopfes Sturz von der hohen Mauer, bei dem er in tausend Stücke zersprang.
Doch zurück zu Humpty Grillo: Die im Zitat oben ausgedrückte Geringschätzung, ja sogar Verachtung gegenüber Papst Benedikt, ist kein einzelner Ausrutscher, sondern durchzieht seine Einlassungen geradezu wie ein roter Faden. Bereits in der Antwort auf Frage 1 erteilt der Supertheologe Grillo Benedikt die Zensur, das Motu Proprio "Summorum pontificum“ sei ja vielleicht gut gemeint gewesen, beruhe jedoch auf einer "völlig verfehlten Beurteilung“. Und weiter: "Dort wurde ein ritueller Parallelismus (von Novus und Vetus Ordo) eingeführt, der keine theoretische oder praktische Grundlage hat. Er ist theologisch unhaltbar und erzeugt größere Spaltungen, als das zuvor der Fall war.“
Grillos Verachtung gilt nicht nur Benedikt, sondern auch dessen Vorgänger Johannes Paul II. dem er (in Antwort 4) ebenfalls "Nostalgie“ vorwirft und den er beschuldigt, ebenso wie Benedikt das Treiben der Traditionalisten nicht rechtzeitig unterbunden, sondern sogar noch gefördert zu haben. Erst mit Franziskus, der sich erfreulicherweise dem anschließt, was Supertheologe Grillo schon immer gewußt und gesagt hat, kommt die Welt wieder in Ordnung.
Die Bedenkenlosigkeit, mit der Grillo das Lehramt Benedikts, Johannes Pauls und natürlich auch vieler anderer Vorgänger des gegenwärtigen Pontifex betrachtet und verwirft, läßt jedem Katholiken, dem "Tradition“ mehr bedeutet als ein Wieselwort zur Bemäntelung von Beliebigkeit, kalte Schauer über den Rücken laufen. Aber – um hier eine Denkfigur Grillos zu parodieren – auch darin können nun wir wiederum nicht nur eine "negative Erscheinung“ erkennen. Indem Grillo zur höheren Ehre seines Wunschpapstes Franziskus die Vorgänger des gegenwärtigen Inhabers des Stuhles Petri herabsetzt und für irrelevant erklärt, leistet er einerseits einer bedenklichen "Dekonstruktion“ des Papstamtes insgesamt Vorschub.
Andererseits legt er Grundlagen dafür, daß ein späterer Inhaber des Petrusamtes sich darin frei sehen kann, das bergoglianische Pontifikat seinerseits als eine Periode des Irrtums und einer verfehlten Theologie zu betrachten und dessen verhängnisvolle Hinterlassenschaft wieder aus dem Erbe der Kirche zu tilgen. Entweder durch offizielle Erklärung oder durch schweigende Nichtbeachtung. So manches, was frühere Päpste (und Konzilien!) an oft politisch bedingter Zeitgeisterei feierlich verkündet haben, hat nie zum apostolischen Erbe der Kirche gehört und dementsprechend schon seit Jahrhunderten jede Relevanz verloren. Trotzdem hat die Kirche sich selten die Mühe gemacht, derlei ebenso feierlich wieder "abzuschaffen“. Sie hat es einfach vergessen.
Es ist erstaunlich, daß Grillo und die anderen führenden Bergoglianer nicht bemerken, daß ihre Bestrebungen zur Herabsetzung der Vorgänger ihres modernistischen Idols und zum Umsturz bisher als unumstößlich geltender Lehren nur dazu beitragen, schon mittelfristig ihre eigen Pläne zunichte zu machen und wieder umzukehren, was sie doch mit aller Gewalt unumkehrbar machen wollen."
Quelle M Charlier, Summorum Pontificum
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