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Mittwoch, 17. Juli 2024

Über die Rolle der Schönheit in Kirchenkunst, Kirchenbau und Liturgie

Dr. Peter Kwasniewski beantwortet bei OnePeterFive Fragen zur Rolle der Schönheit in Kirche und Glauben. Hier geht s zum Original:   klicken

           "KWASNIEWSKI ÜBER DIE SCHÖNHEIT"

REGINA:  Dr Peter, Sie haben in Europa gelebt und gearbeitet  Was hat diese Erfahrung Sie über das pulchrum ( das Schönes als etwas Transzendentales) gelehrt und wie kann die Kirche dieses Mittel am besten benutzen, um zu evangelisieren?

DR K.  Ich hatte das grosse Glück- unter der Göttlichen Vorsehung- sofort als ich meine Schulausbildung beendet hatte, sofort von entstehenden Internationalen Theologischen Institut in Gaming, Österreich angestellt zu werden. Unsere kleine Schule teilte den Campus mit Steubenvilles Österreichischem Programm der Franziscanischen Universität, für das ich später mehrere Semester "Wertschätzung der Musik" gelehrt habe. 

Als meine Frau und ich als Neuvermählte im Dezember 1998 ankamen, lebten wir unter Barock-Decken und gingen durch mittelalterliche Karthäuser-Pforten. Die Kirche, in die wir zum Gottesdienst gingen, wurde im Mittelalter gebaut. Die Pflastersteine hatten die Füsse von Generationen von Katholiken getragen. Es gab ein ungeheures Gefühl von Tiefe, von Sättigung: man fühlte sich selbst als winzigen Teil eines viel grösseren Ganzen, das sich weit über einen hinaus in die Ewigkeit erstreckte. Das,denke ich, ist was die Kombination von Tradition und Schönheit:  die Schönheit spricht die Sinne und den Geist an, aber der spezielle Inhalt der Kunst und Architektur und Musik erzählt Ihnen eine Geschichte über Jesus Christus, denen die an Ihn glauben und versuchen, Ihm zu folgen.

Ich denke, dass was uns in unseren siebeneinhalb Jahren in Österreich am meisten beeindruckte, war, wie jeder Aspekt dieses Landes, seiner Städte, seiner Schreine, seines Kalenders, seiner Feiern vom Katholizismus durchdrungen war. Ja, der Säkularismus hat furchtbare Fortschritte gemacht, aber die "Gestalt" der Welt war die, die der Glaube ihr gegeben hat. Amerika - bei seinen viele Stärken-hat das einfach nicht.

Die Kirche in Europa hatte die Macht der schönen Künste als Werkzeuge der Katechese, der Frömmigkeit und der Mystik genutzt. Sie predigte durch die Musik, die Gemälde, die Skulpturen, die majestätischen Kirchen, die Heiligtümer mit ihren hoch aufragenden Altären. So viel vom Glauben war in den Kunstwerken "verschlüsselt“, dass es wortreiche (und oft langweilige) Erklärungen unnötig machte.

Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil erfasste eine neue Welle des Rationalismus die Kirche und beseitigte viele visuelle und musikalische Kanäle, über die der Glaube weitergegeben wurde, und setzte stattdessen eine eher dürftige Art des Sprechens ein. Das Ergebnis war ein Vakuum der Schönheit, eine wahre Leere – eine Art "reale Abwesenheit“ statt realer Präsenz. Ich denke, der Verlust des Glaubens an die Realpräsenz Christi in der Heiligen Eucharistie wurde teilweise durch den Verlust der Schönheit in Kirchen und in der Liturgie ausgelöst. Es ging nicht mehr darum, auf dieses Mysterium hinzuweisen und zu sagen: "Seht! Seht das Lamm Gottes! Beugt euch vor ihm, vor dem, der all dessen würdig ist, was wir ihm geben können.“ 

Kurz gesagt: Um Gläubige zu katechisieren und Ungläubige zu evangelisieren, ist es am notwendigsten, unseren Glauben mit der Engelsposaune der Schönheit zu verkünden, inmitten einer Liturgie, die reich und voll von Religion ist. Die Tatsache, dass dieser Weg vom Establishment fast nie tatsächlich vorgeschlagen wird, zeigt, daß es fernab der Realität lebt – es lebt immer noch in den Illusionen des Rationalismus.


REGINA: Die moderne Philosophie - beginnend mit Kant- hat Schönheit auf etwas rein Subjektives reduziert. Können Sie ein bisschen was über ihre persönliche Philosophie der Schönheit in der Kunst sagen?

DR. K.: Sogar Kant, obwohl er versuchte etwas von der Objektivität der Schönheit zu bewahren, indem er sie mit der Wertschätzung der Form und dem kultivierten "Geschmack"

Doch selbst Kant versuchte, etwas von der Objektivität der Schönheit zu bewahren, indem er sie mit der Erfassung der Form und dem kultivierten "Geschmack“ desjenigen verband, der mit einem breiten Spektrum der Kunst vertraut ist. Mit anderen Worten, er war weder demokratisch noch relativistisch gegenüber der bildenden Kunst eingestellt, sondern dachte, dass manche Künstler und Kunstwerke tatsächlich besser als andere seien, da sie die Form besser offenbarten. Was meine ich damit? Ganz einfach: Ein Landschafts- oder Pferdemaler wird das, was die Landschaft oder das Pferd ist, besser zum Ausdruck bringen als ein anderer. Kants Darstellung ist unzureichend, aber sie gibt zumindest fast Thomas von Aquins Beharren auf den drei Eigenschaften der Schönheit wieder: Klarheit, Integrität und Proportion oder Harmonie.

Ich habe keine "persönliche Philosophie“, aber hier ist eine kurze Zusammenfassung! Schönheit ist Gottes erster, letzter und wirksamster Botschafter. Wir lernen, dass die Welt gut und geordnet ist, aufgrund der Schönheit der Natur, die wir sinnlich erfahren und die wir erst später intellektuell verstehen. Und so wie wir den persönlichen Gott durch seine göttliche Kunst kennenlernen, sehen wir die innere Schönheit des Menschen vor allem in den großen Werken der menschlichen Kunst. Ein Maler wie Rembrandt hilft uns, die immense, fast herzzerreißende Schönheit des Gesichts eines alten Mannes oder einer alten Frau zu sehen, an dem wir sonst vorbeigehen oder das wir sogar hässlich finden würden. Christus selbst ist "der schönste der Menschensöhne“, wie die Schrift sagt, aber er ließ zu, dass er ein "Mann voller Schmerzen“ wurde, unfassbar entstellt, um uns etwas Unvergessliches über die unsichtbare Schönheit der Liebe, des Opfers aus Liebe, zu erzählen. Die Kirche kann und darf sich daher nicht ihrer Rolle entziehen, der Menschheit diesen unsterblichen Liebhaber vorzustellen, sowohl in den Schönheiten, die unsere Sinne ansprechen, als auch in dem tieferen Geheimnis, das kein Sinn erreichen kann.

REGINA: Die Flut der Moderne führte zur unglücklichen Errichtung vieler hässlicher und dystopischer Kirchengebäude. Was können wir aus den Fehlern der Vergangenheit lernen?

DR. K.: Die ganze alte Architektur -in ihren grossen Lineien und ihren kleinsten Details war von der heiligen Liturgie inspiriert. Die Liturgie gab diesen Kirchen die Form, sie gab ihnen einen Fokus indem sie den Hochaltar ins Zentrum der östlichen Endes setzten, mit Stufen die zu ihm hinauf führten, dem heiligsten Platz, an dem das Opfer des Kalvarienberges erneuert wird, auf den allmächtigen Vater ausgerichtet vom einzigen, gezeugten Sohn durch die Kraft des lebensspendenden Heiligen Geistes. Die alten Riten der Lateinischen Kirche haben die Erkennbarkeit der Kirchenarchitektur geschaffen- sei sie Romanisch, Gotisch, Renaissance oder Barock.Diese Stile können ohne die alte Liturgie, die sie inspirierte, nicht verstanden werden.

Das Krebs-Stadium der Liturgischen Bewegung (ca. 1950 bis 1965), und mehr noch die Konzils-Reform und ihre Implementierung in den späten 60ern und 70-ern  haben die weitverbreitet Gewohnheit einer pathologischen Vereidung jeglichen Ausdrucks des Mysteriums und der Majestät der Messe und speziell seines Wesens des priesterlichen Opfers, das dem Vater auf dem Gipfel des "Berges"- dem Heiligtum im Namen der Menschen dargebracht wird, die sich am  Fusse des Berges versammelt haben. Alle Architektur, die bewusst für den modernen Menschen und seine Neoliturgie gebaut wird, wird unkatholisch, unfokussiert und unvertikal sein.

Was wir hier lernen, ist einfach dies: der moderne Weg ist eine Sackgasse. Der traditionelle Weg öffnet sich zur Ewigkeit, zur Gemeinschaft der Heiligen in der Herrlichkeit Christi, des Königs. Es ist kein Wunder, dass die Mehrheit der neuen Kirchen, die gebaut werden, dem traditionellen Stil folgt. Das ist das Einzige, was für diejenigen Sinn macht, die tatsächlich an den Herrn glauben und die Verbindung zu seiner Kirche über die Jahrhunderte und im Himmel spüren.

REGINA: Ja! Wir erleben heute tatsächlich eine veritable Renaissance der Katholischen Kunst Können Sie uns Ihre persönlichen Ansichten zu den drei Haupt-Stilen verraten: Romanik, Gotik und Barock?

DR. K: Das ist eine grosse Frage. Aber ich kann Ihnen sagen, dass Sie Ihren Ratzinger gelesen haben weil er in "Der Geist der Liturgie" argumentiert das die Stile, die Sie erwähnen, mit dem ikonographischen Ziel der sakralen Kunst kompatibel sind während der Humanismus und Naturalismus der Renaissance im Widerspruch dazu stehen oder zumindest in Spannung zu ihm stehen. Dies ist ein Punkt, dem meine Freundin Hilary White in ihrem Text „The Sacred Images Project“ viel Aufmerksamkeit gewidmet hat. Kurz gesagt, die Romanik ist immer noch eng mit dem mittelalterlichen ikonografischen Konzept verbunden, das sie mit der byzantinischen Welt teilt, und die Gotik ist eine natürliche Weiterentwicklung der Romanik, die immer noch denselben Prinzipien treu bleibt.

Das Barock dagegen ist etwas ganz anderes; es folgt auf die Abweichungen der Renaissance und ist grundsätzlich von ihrem Humanismus geprägt. Dennoch gewinnt das Barock den Sinn für Gottes transzendentes Mysterium und die zugleich schattenhafte und leuchtende Welt des Menschen, das flackernde Bild Gottes, zurück. Es verherrlicht die Schöpfung im Namen der Menschwerdung; es lehnt den Pessimismus des Calvinismus ab und erinnert uns daran, dass die materielle Welt vom guten Gott kommt, der sie nutzt, um uns zu heiligen. Die Barockkunst scheint in ihrer besten Form zu sakramentaler und ikonografischer Dienerschaft fähig zu sein, und in dieser Hinsicht war sie in der Lage, katholische Dogmen und Spiritualität gegen protestantische Verirrungen durchzusetzen.

REGINA: Schöne Katholische Kirchen und Liturgien und Kunst können diejenigen, die nicht katholisch sind oder abgefallene Katholiken sind so ausrichten oder beeinflussen, dass sie potentielle Konvertiten werden. Welche Rolle spielt Ihrer Meinung die sakrale Kunst im Prozess der Konversion oder Reversion?

Dr. K. Oh, das geht aus unzähligen Anekdoten klar hervor. David Clayton, der zu einem großen Befürworter der katholischen Sakralkunst geworden ist, führt seine Bekehrung auf seine erste Erfahrung mit einer feierlichen Messe im London Oratory zurück, bei der die Massivität der Architektur, die Pracht der vom Chor gesungenen Polyphonie, die Pracht der liturgischen Zeremonien, die fromme Haltung der Menschen – all das verschwor sich, um seine Seele mit der Botschaft zu verfolgen: „Es gibt noch etwas mehr, unendlich mehr, als Sie bisher in Ihrem Leben Platz geschaffen haben. Öffnen Sie sich dafür. Werden Sie größer, indem Sie weniger werden.“

Ich habe im Laufe der Jahre so viele Menschen getroffen, die sich zum Katholizismus hingezogen fühlten, weil sie eine feierliche Messe besuchten, den gregorianischen Gesang hörten, all die Dinge, die Clayton an diesem Tag erlebte. Wie könnte uns das überraschen? Die göttliche Vorsehung war offensichtlich nicht unbeteiligt an der langsamen Entwicklung der Schönheit der Liturgie. Der Herr hat sie mit einer magnetischen Kraft ausgestattet, um Seelen anzuziehen – um Seelen zu erheben und zu trösten, die bereits gläubig sind, und um Seelen aufzuwecken und zu überzeugen, die noch nicht glauben.

REGINA: Ein großes religiöses Problem der modernen christlichen Welt ist im Wesentlichen die Plage des Indifferentismus. Sagen Sie uns, wie Ihre Meinung nach Schönheit in den liturgischen Künsten eingesetzt werden kann, um diese Flut einzudämmen?

DR. K: Die Seuche kommt eigentlich vom Nihilismus, von der Atmosphäre in der modernen Zeit, in der nichts wirklich ernst, nichts endgültig und unverhandelbar ist. Diese Atmosphäre infiziert sogar die Kirche, obwohl sie sie offiziell auf dem Papier erwähnt. Mir scheint, dass die übertriebenen Ausgaben für Schönheit, die wir in der gesamten Kirchengeschichte beobachten, die enormen Anstrengungen, die unternommen werden, um die Kirchen und ihre Liturgien so großartig wie möglich zu machen, ein Fehdehandschuh sind, der diesen Nihilismus hingeworfen wird.

Wenn wir Zeit, Mühe, Geld und Kunstfertigkeit darauf verwenden, alles Schöne zu kultivieren, sagen wir im Wesentlichen: "Wir lassen uns nicht von der Lüge täuschen, dass alles gleich ist oder dass alles bedeutungslos ist“ (das läuft auf dasselbe hinaus).Wir werden Gott unser Bestes geben und indem wir das tun, tun wir auch das Beste für uns selbst, da wir nach Seinem Bild geschaffen sind. Er verdient Schönheit, wir hungern nach Schönheit und werden von ihr genährt. Die liturgische Schönheit widerlegt ganz von selbst die egoistischen und selbstzerstörerischen Tendenzen der Moderne. Ich persönlich glaube, dass sie deshalb von denen, die das Glück haben, sie empfangen zu haben, als Balsam empfunden wird.

REGINA: Sie haben eine unglaubliche Anzahl an Büchern geschrieben. Können Sie ein oder zwei empfehlen, die das Thema Schönheit als transzendental behandeln? DR. K: Ich weiß nicht, ob es unglaublich ist, aber mit Gottes Hilfe versuche ich, zu tun, was ich kann! Von all meinen Büchern sprechen Noble Beauty, Transcendent Holiness (Angelico Press, 2017) and Good Music, Sacred Music, and Silence am meisten über das Schöne. 

REGINA: Sie sind viel durch die Welt gereist. Können Sie uns ein paar Einblicke oder Highlights zu dem geben, worauf Sie sich bei Ihrer bevorstehenden Regina-Insiderreise nach Sizilien am meisten freuen?

DR. K: Die Pilgerreise nach Sizilien ist etwas, wovon ich seit Jahrzehnten träume, sogar seit ich erfahren habe, dass John Henry Newman dort fast an einem Fieber gestorben wäre und dass sich seine gesamte Lebenseinstellung geändert hatte, als er sich erholte. Er kehrte nach England zurück, um das zu beginnen, was später als „Oxford-Bewegung“ bezeichnet wurde. Heute bin ich ziemlich sicher, dass niemand ein lebensbedrohliches Fieber erleiden wird, aber für mich verleiht die Verbindung mit Newman, einem meiner Lieblingsautoren aller Zeiten, der Insel einen romantischen Glanz.

Ich war noch nie dort, aber alles, was ich über die kulturellen Schätze gelesen habe, fasziniert und begeistert mich. Siziliens einzigartige Verschmelzung byzantinischer, normannischer und arabischer Stile ist eine große Attraktion. Jeder, der sich einen Moment Zeit nimmt, um sich die Reiseroute anzusehen, wird erkennen, was für eine ununterbrochene Reise voller Wunder das ist! Kurz gesagt, ich kann es kaum erwarten, dorthin zu kommen und diese transzendenten Kunstwerke mit den anderen Pilgern auf der Reise zu erleben.

Wie Sie vielleicht wissen, habe ich am Wyoming Catholic College unter anderem Kunstgeschichte unterrichtet. Dies war der Ausgangspunkt einer lebenslangen Leidenschaft für die Künste – bereits in der High School studierte ich Kunstgeschichte. Meine Frau ist Malerin und Ikonenmalerin. Mein Sohn ist ebenfalls Künstler. Meine Kinder sind Musiker. Wir leben und atmen Kunst! Das ist ein Teil von mir, und ich werde mein Wissen über Kunst und die Inspiration, die ich daraus ziehe, mit jedem teilen, der uns auf dieser Pilgerreise begleitet.

REGINA: Danke Dr. K, für dieses Interview. Wir hoffen, das es unseres Leser inspirieren wird, sich unserer Pilgerfahrt anzuschliessen, bei der wir durch die wundervolle Insel Sizilien reisen und dem "Sizilianischen Barock" besonderes Aufmerksamkeit widmen werden. 

DR. K: Um ganz ehrlich zu sein, ich freue mich jeden Tag auf diese Pilgerfahrt und darauf das mit allen zu erleben, die mitkommen." 

Quelle: Dr. P. Kwasniewski, OnePeterFive 

Mehr Informationen über die Reise oder zur Registrierung bitte hier klicken


Eingestellt von Damasus um 09:00:00
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