Montag, 24. Februar 2014

Antonio Socci: Zwei Päpste im Petersdom, ein in 2000 Jahren Kirchengeschichte nie zuvor gesehenes Ereignis

 Auf seinem blog "Il Straniero" schreibt A. Socci diesen interessanten Beitrag :

"In der 2000 Jährigen Geschichte der Kirche hat keiner jemals zuvor in Sankt Peter zwei Päpste gemeinsam gesehen, die sich wie Brüder umarmen. Das ist während des Konsistoriums passiert, an dem teilzunehmen Franziskus Papa em. Benedetto XVI einlud.
Franziskus hat die Eingangsprozesssion verlassen, um ihn zu begrüßen ( danach wieder beim Auszug aus der Basilika, um sich ihm zuzuwenden und einige Worte zu wechseln).
Es ist das dritte mal, daß die Medien ihre Umarmung unsterblich machen- zuerst im letzten März, in Castelgandolfo, dann in den Vaticanischen Gärten bei der Segnung der Statue des Erzengels Michael.

Sie sind sich auch zu anderen Gelegenheiten begegnet und sie treffen sich privat zum Essen- weit entfernt von den Journalisten.
Aber gestern- das war ein besonderer Fall, weil es sich um eine feierliche, öffentliche Zeremonie in der Petersbasilika handelte. Es war ein höchst wichtiges Kirchenereignis, weil es sich um die Kreierung von 19 neuen Kardinälen handelte.
Deshalb hatte die Teilnahme Papa Ratzingers eine besondere Bedeutung: es ist das erste mal, seit dem Tag seines Rücktritts, daß er an einer öffentlichen offiziellen Zeremonie teilnahm.
Doppelt bedeutsam war seine gestrige Anwesenheit, weil die Kirche gestern das Fest der Kathedra Petri, also das Fest des Papsttums, feierte.

DAS GEHEIMNIS DES RÜCKTRITTS

Bevor man sich fragt, was dieses Konsistorium der beiden Päpste ( wie es sofort definiert wurde) bedeutet, muß man feststellen, daß Benedikt XVI in guter körperlicher Verfassung erschienen ist.
Über seine  intellektuelle Kraft gibt es keine Zweifel, und wer sie hatte, der sah sie sich im letzten September angesichts der formidablen Antwort, die Ratzinger auf das Buch von Piergiorgio Oddifreddi gegeben hat, zerstreuen.
Eine öffentliche Antwort in der er- mit seiner bekannten Höflichkeit- ihm eine wahre Lektion erteilte.
Wenn man zu den Seiten des Briefes zurückkehrt, kann man feststellen, daß Ratzinger nicht nur die klarste ( und rechtgläubige) Intelligenz der Kirche besitzt sondern auch zu den erleuchteten Geistern unserer Epoche gehört.
Deshalb bringt die Feststellung, daß er in guter körperlicher Verfassung und von perfekter intellektueller Klarheit ist wieder tausend Fragen zu den Motiven seines Rücktritts zurück.
Tatsächlich haben alle Päpste der vergangenen Jahrhunderte die letzten Jahre ihres Pontifikates unter den durch ihr fortgeschrittenes Alter sehr verminderten Kräften gelitten ( es genügt, sich an den großen Johannes Paul  II zu erinnern, der die letzte Phase seines Petrusdienstes zu einem Zeugnis des Kreuzes machte)

So ist dieser "Rückzug" eines Papstes wie Benedetto XVI,  der im Großen und Ganzen gesund und von perfekter Effizienz ist, unerklärlich.
Zieht man den erbarmungslosen Krieg in Betracht, der ihm - auch innerhalb der Kurie und der Kirche- seit seiner Wahl 2005 -erklärt und bereitet wurde, ist es legitim, zu argwöhnen, daß es äußeren Druck gab, der ihn zum Rückzug zwang. Oder auch, daß Bedingungen geschaffen worden sind, die ihm einen Stoß zu diesem Schritt versetzten.





FÜR IMMER PAPST

Kommen wir jetzt zu den Bildern, die wir gestern in Sankt Peter sahen. Einer der Vaticanisti schrieb im Internet daß "Benedetto in Weiß gekleidet in der ersten Reihe saß, wie der Erste unter den Kardinälen"
Nur daß er nicht mehr Kardinal ist - auch nicht "der Erste unter den Brüdern". Das hat auch Staatssekretär Parolin klar ausgedrückt, nachdem er Papst Franziskus begrüßt hatte: "Wir grüßen mit gleicher Zuneigung und Verehrung den emeritierten Papst, Seine Heiligkeit Benedetto XVI, und freuen uns über seine Anwesenheit unter uns....."
Im Übrigen hat ihn eben dieser Papst Franziskus am vergangenen 11. Februar "Seine Heiligkeit Benedetto XVI" genannt. Es sieht so aus, als seien sich viele nicht der Außerordentlichkeit dieser Situation, ihrer Einmaligkeit in der ganzen Kirchengeschichte bewußt. Augenscheinlich verdanken wir sie den Zeiten, in denen die Kirche sich jetzt befindet.
Gestern hat Franziskus sie der ganzen Welt sichtbar gemacht. Wenn man die Bilder sieht, kommen einem die Worte von Benedikt XVI  vom 27. Februar 2013 wieder in den Sinn, jene Worte, die viele anscheinend vergessen haben: "das immer ist auch ein für immer"- es ist keine Rückkehr ins Private. Meine Entscheidung auf den aktiven Dienst zu verzichten, nimmt das ( für immer) nicht zurück."
Gestern war klar zu sehen, daß der aktive Dienst im Petrusamt von Papst Franziskus ausgeübt wird, aber daß dieser Dienst, was Benedikt XVI betrifft, nicht zurückgenommen wurde und "für immer" ist.
Was das aus der Sicht der Kirche bedeutet, kann ich nicht sagen. Aber die Pflicht der Journalisten ist es, die Fakten so zu beschreiben, wie sie sind- und eventuell Fragen zu stellen und Erklärungen zu fordern und zu versuchen zu verstehen.

WARUM ER ZURÜCKGEKEHRT IST

Jetzt sehen wir uns also mit der Frage nach der Entscheidung Franziskus´ konfrontiert. Warum wollte er Benedetto gestern beim feierlichen Konsistorium dabei haben?
Vielleicht war es eine Höflichkeitsgeste? Aber die Antwort kommt sofort und selbst die banalste Antwort ist unbefriedigend.
Warum geschieht dieses Ereignis ein Jahr nach dem Wechsel? Ein Jahr in dem es viele andere Zeremonien gegeben hat, an denen Benedetto XVI hätte teilnehmen können, beginnend mit der Inaugurationsmessse von Papst Franziskus.
Wenn nach einem Jahr etwas passiert, was nach dem gemeinsamen Willen Bergoglios und Ratzingers die Abwesenheit Benedikts XVI aus der Welt unterbricht ( die als total und definitiv angekündigt worden war), ist das Motiv wohl ein anderes.
Keiner kann in die Köpfe der beiden Päpste sehen, daher ist es nutzlos, Rückschlüsse zu ziehen.
Aber es gibt eine Koinzidenz, die nachdenklich macht. Am Tag zuvor war das Konsistorium von Kardinal Kasper mit den wärmsten Worten bezüglich der kommenden Synode ( zu Fragen der Familie und dem Zugang zu den Sakramenten)  eröffnet worden.
Kasper repräsentiert die progressistische-modernistische  Fraktion der Kirche, die eine substantielle Verwässerung der Doktrin anstrebt- die nach meinem Dafürhalten- zur Selbstzerstörung der Kirche und einer Unterordnung  unter modische Ideologien führen wird.
Ratzinger- vorher als Kardinal- rechter Arm Johannes Pauls II -ist danach als Papst von dieser Fraktion immer als großer Gegner angesehen worden.
Er repräsentierte und repräsentiert nicht nur die Orthodoxie, die Treue zur Tradition der Kirche sondern auch eine außerordentliche katholische Intelligenz, fähig mit der ganzen Welt zu kommunizieren, ohne sich ihr zu unterwerfen und auf diese Weise auch die größte laizistische Intelligenz zu faszinieren und anzuziehen.

DIE KIRCHE UNTER ATTACKE

In den letzten Wochen hat die Kirchenfraktion, die aus der Synode eine Art III. Vaticanisches Konzil machen möchte, viel von sich hören lassen.
Darüber hinaus ist von außen massiver Druck, die katholische Lehre zu "kippen", ausgeübt worden, es genügt, an den ungerechten Angriff der UNO auf die Kirche zu erinnern.

Aber die von Franziskus erbetene Anwesenheit "Seiner Heiligkeit Benedikts XVI" in Sankt Peter ist eine der Tatsachen, die für sich sprechen. Sie soll an den rechten Weg und die richtige Doktrin erinnern. In dem Augenblick in dem die Hauptaufgabe der Papstes die Wahrung des ´Depositum Fidei" ist.

Im Übrigen hatte die gestrige Predigt Franziskus´- um es mal so auszudrücken- Ratzingerianischen Geschmack. Der Papst sagte den neuen Kardinälen : "Die Kirche braucht euren Mut, das Evangelium zu verkünden- bei jeder Gelegenheit, sei sie nun erwünscht oder unerwünscht, um Zeugnis für die Wahrheit abzulegen."
Er fügte hinzu, daß die Straße, die Jesus wählte, die Straße des Kreuzes war. Anders als die Jünger damals, wissen wir, daß Jesus siegte, daß wir das Kreuz nicht fürchten müssen, sondern daß im Kreuz unsere Hoffnung ist, auch wenn wir alle für immer Menschen sind, Sünder und der Versuchung ausgesetzt, nach der Art der Menschen zu denken, nicht nach der Art Gottes. Diese modische Art zu denken, produziert Rivalität, Neid und Ungerechtigkeit."
Der Papst bat die Kardinäle, die Mentalität der Welt zurückzuweisen.
Und er bat und lud die die Hirten der Herde Christi-in vielen Teilen der Erde verfolgt- ein, "gegen jede Diskriminierung zu kämpfen", für jene Gläubigen in der Prüfung zu beten und sie auf jede Weise zu trösten. Franziskus hat wie Benedetto gesprochen."

Hier geht´s zum Originalbeitrag von A. Socci     klicken

2 Kommentare:

  1. Wenn man sich anschaut, wie es ihm vor einem Jahr gegangen ist, kann man annehmen, dass es ihm heute noch schlechter ginge als damals, wäre er nicht zurückgetreten. In der "Rente" hat er sich halt erholen können.
    Und auf die Gefahr hin, dass jetzt ein allgemeines empörtes Aufheulen folgt: Dass man JPII noch als halbe Leiche durch die Gegend geschleppt hat, war ja fast schon peinlich. Ich kann verstehen, dass Benedikt der Welt kein solches Schauspiel bieten möchte.

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  2. Na wenigstens ein Journalist hat die (kirchen-)politische Dimension dieses Ereignisses erkannt. Aber dazu muss der Journalist natürlich wissen, was Kathedra Petri und ein Konsistorium sind - da bleiben dann eh nicht mehr viele übrig.

    Kann Socci nur zustimmen und danke fürs Übersetzen und Posten.

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