Donnerstag, 26. Mai 2022

China und der Hl. Stuhl, Jimmy Lai, Kardinal Zen und das Schweigen des Vaticans

George Weigel kommentiert und kritisiert in einem Beitrag für FirstThings die Reaktionen des Vaticans auf die Verfolgung, Inhaftierung und Verurteilung des emeritierten Bischofs von Hong Kong, Kardinal Zen. 
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                                 "DER KARDINAL UND JIMMY"

Tertullian, der erste große Christliche Theologe, der in Latein schrieb, soll die Maxime Semen est sanguis Christianorum geprägt haben, die typischerweise (und ziemlich frei) als "das Blut der Märtyrer ist der Same der Kirche" übersetzt wird. Märtyrer -so denken wir gewöhnlich- sind die, die wegen des Hasses auf den Glauben ihr Blut vergießen": die von der vaticanischen Heiligsprechungs-Kongregation benutzte Definition. Aber eine alte christliche Tradition - wahrscheinlich so alt wie Tertullian- betrachtet jene, die als Christen schwere Verfolgung erleiden, als Märtyrer oder präziser "Märtyrer-Bekenner". 

Nach diesem Standart sind im Mai 2022 die beiden prominentesten Märtyrer-Bekenner der Kirche der emeritierte Bischof von Hong Kong, Kardinal Joseph Zen, S.D.B. und der Hong Konger Journalist, Unternehmer und Freiheitskämpfer Jimmy Lai. 

Jimmy ist sein Monaten im Gefängnis; Kardinal Zen könnte dahin unterwegs sein, obwohl der 90-jährige Kirchenmann entlassen wurde, nachdem er am 11. Mai unter dem drakonischen neuen nationalen Sicherheitsgesetz Hong Kongs verhaftet worden war. Es spricht Bände über die bösen Männer in Peking, die China zum häßlichen Gesicht des zeigenössischen Totalitarismus gemacht haben, daß sie so große Angst vor dem Kardinal und Jimmy haben. Und warum fürchten sich Chinas scheinbar allmächtige Männer? Weil Joseph Zen und Jimma Lai glauben, daß wir für die Freiheit gemacht sind und besonders die Freiheit, Gott zu kennen, zu lieben und zu verehren. Nachdem sie ihr Leben wegen dieser Überzeugung auf´s Spiel setzten, haben sich Kardinal Zen und Jimmy Lai geweigert sich vor kommunistischen Drohungen zu verbeugen- und beide haben Verfolgung, Schikanierung und Haft erlitten, weil Hong Kong von Führungspersonen wie Carrie Lam und John Lee erstickt wurde, die die Frechheit besitzen, sich selbst "Katholiken" zu nennen. 

Der hassenswerte Thomas Cromwell war wenigstens so anständig, klarzumachen. daß er zu einer anderen Mannschaft gehörte als Thomas Morus. 

Ich schulde Kardinal Zen große Dankbarkeit dafür, daß er sich nach Kräften bemüht hat, die beiden Bände meiner Biographie von Johannes Paul II., "Zeuge der Hoffnung" und "Das Ende und der Anfang", ins Chinesische zu übersetzen und in Hongkong zu veröffentlichen – ein langwieriger, schwieriger Prozess im Jahr 2020, kurz bevor die Pekinger Schurkokratie und ihre lokalen Apparatschiks begannen, das unabhängige Verlagswesen in dieser pulsierenden Stadt zu schließen. Papst Johannes Paul hatte mich gedrängt, eine chinesische Übersetzung von "Witness to Hope" anfertigen zu lassen; Ich glaube, er stellte sich vor, das Buch in der Volkssprache Chinas nach China zu bringen, sei eine Möglichkeit für ihn, in ein Land zu reisen, das er zu besuchen gehofft hatte, aber wusste, daß er es wohl nie tun würde. Kardinal Zen ehrte mich und das Projekt, indem er selbst die Übersetzungen von "The End and the Beginning" anfertigte. Der Kardinal war besonders entschlossen, daß seine chinesischen Landsleute die ganze Geschichte des kommunistischen Angriffs auf Johannes Paul verstehen sollten, die ich in diesem Band aus Quellen der Geheimpolizei des Warschauer Pakts dokumentiert habe. Er wusste, daß es eine warnende Geschichte für chinesische Katholiken war; damit hatte er sicherlich Recht.


Jimmy Lai und ich sind Freunde, seit er mich vor Jahren in meinem Washingtoner Büro besuchte und ich bekam aus erster Hand ein Gefühl für die Angstlosigkeit dieses großen Mannes- körperlich groß und groß in jedem bewundernswerten Sinn des Wortes. Anders als andere prominente Katholische Universitäten,die die Vorschläge ignorierten, bei den Eröffnungszeremonien in diesem Jahr Jimmys Zeugnis mit einer Ehrendoktorwürde zu ehren, hat die Katholische Universität Amerikas das am 14. Mai getan, dafür der CUA alle Ehre. In einem Beitrag für die New York Sun dieses Tages schrieb Jimmys Sohn Sebastian, daß "mein Vater, dadurch daß er in Hong Kong blieb und sein Plädieren für die Menschenrechte, obwohl er die wahrscheinlichen Konsequenzen kannte, mich lehrte- und er lehrt es mich an jedem Tag, der vergeht- es es heißt, an seinen Prinzipien festzuhalten und nicht jemand zu sein, der käuflich ist."

Schüchterne Universitäten, die große Geldsummen aus China annehmen könnten über dieses Zeugnis eines Sohnes nachdenken.

Die Zurückhaltung des Vaticans unmittelbar nach der Verhaftung von Kardinal Zen- flüsterte das Pressebüro des Hl. Stuhls, daß der Vatican besorgt sei und die Entwicklung mit "äußerster Aufmerksamkeit" verfolgen würde- spiegelt das öffentliche Schweigen des Hl. Stuhls während der Verfolgung, Verurteilung zur Gefängnisstrafe von Jimmy Lai wieder. Das ist beschämend. Der gute Hirte verteidigt seine Schafe, öffentlich, weil er weiß, daß das helle Licht der öffentlichen Aufmerksamkeit die Totalitaristen aufhalten kann. Wir mögen hoffen, daß der Hl. Stuhl  hinter den Kulissen seinen "Dialog"Partnern in Peking starke Vorstellungen gemacht hat, Aber stiller Protest ist nicht genug, wenn man es mit einem Mann die Chinas Xi Jinping zu tun hat, der Völkermord an den Uiguren begeht und ganze Städte mit seiner verrückten Anti-Covid-Politik im lock-down einschließt. 

Das Megaphon des Vaticans war einmal etwas, mit dem man rechnen mupte. Seine Macht schwindet wegen Nichtgebrauchs. "

Quelle: G.Weigel, FirstThings