Freitag, 16. August 2024

Ist Papst Franziskus ein Stratege? Fortsetzung...

Fortsetzung von hier und hier

Die Revolution der Entzäsurisierung

Gegen diese elementare, normative und historisch einhellige katholische Theologie hat sich in der Neuzeit ein mächtiger Widerstand erhoben. Dieser Widerstand beruht vor allem auf zwei miteinander verbundenen Motiven. Erstens ist im Laufe der Neuzeit die Vorstellung einer übernatürlichen, von der alltäglichen Erfahrungswelt unterschiedenen Welt selbst für das religiöse Bewusstsein zunehmend unglaubwürdig geworden. Dieser Skeptizismus artikuliert sich vor allem in der Debatte, ob die Idee des übernatürlichen Reiches Gottes, auch wenn sie als Transformation der Schöpfungswirklichkeit selbst verstanden wird, nicht eine verächtliche Weltferne, einen „Weltpessimismus“, einen persönlichen „Heilsegoismus“ und eine hermetisch abgeschlossene kirchliche Sonderwelt schafft. Seit dem 19. Jahrhundert wurde diese Debatte de facto identisch mit der leidenschaftlich umstrittenen Frage, wie sich die Kirche zur säkularen Moderne mit ihren Leitprinzipien der wissenschaftlichen Rationalität, der moralischen Autonomie und der individuellen Selbstbestimmung verhalten soll.

Die Antwort auf all diese Fragen hängt wesentlich davon ab, wie das grundlegende Verhältnis von Natur und Gnade – das man auch als Verhältnis von Schöpfung, Menschwerdung und Gnade ausdrücken kann – bestimmt wird. Diese Neujustierung ist eines der zentralen Anliegen der französischen Nouvelle Théologie und der Theologie Karl Rahners, die überaus einflussreich geworden sind.[3] Generell kann man sagen, dass das Grundanliegen der modernen Theologie darin besteht, Natur und Gnade, Anthropologie und Christologie, Weltgeschichte und Heilsgeschichte in ein nahtloses Kontinuum zu bringen. Dies geschieht in verschiedenen theologischen Unternehmungen auf unterschiedliche Weise, aber das Bedürfnis nach einer Entzäsuralisierung ist immer vorhanden. Das letzte Konzil war von diesem Unterfangen massiv geprägt.

Das revolutionäre Potential dieser Tendenz wird erst deutlich, wenn wir sie mit einem zweiten Motiv verbinden, das mit dem erwähnten Anliegen der Weltbejahung und der Anbindung an die moderne Gesellschaft untrennbar verbunden ist und das ich sogar für das Hauptmotiv für die Neujustierung des Verhältnisses von Natur und Gnade halte: Jeder muss immer schon und ewig dazugehören. Die Kritik etwa an der Nouvelle Théologie und Karl Rahner an der Tendenz der Neuscholastik, Natur und Übernatur auseinanderzureißen und nur wie zwei äußere Blöcke zusammenzufügen, ist nicht ganz unberechtigt. Dennoch ist das universale Integrationspotential des gesamten klassischen Ansatzes für den Hauptstrang der modernen Theologie zu gering. Der Gedanke, dass es weder ein universal immer schon existierendes anonymes Christentum noch eine garantierte apokatastasis panthon (Wiederherstellung, d. h. Erlösung aller) gibt, ist für diese Theologie zu einem zunehmend unerträglichen Gedanken geworden. Im Interesse einer universalen Inklusion versucht diese Theologie daher, den Unterschied zwischen Schöpfungs-, Menschwerdungs- und Gnadenprozessen sowie die heilstheologische Bedeutung der sakramentalen Ereignisse der Kirche und – bis in den Bereich der Eschatologie hinein – die persönliche Verantwortung für die Freiheit abzuschwächen. Die große Sympathie der Nouvelle Théologie und Rahners für Teilhard de Chardins universal integrative Kosmologie ist von großer Bedeutung.

"An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen.“ So ist es auch hier. Die theologische Achse im Verhältnis von Natur und Gnade, Welt und Reich Gottes hat sich im 20. Jahrhundert schließlich so verschoben, dass die Idee des Supernaturalismus heute ganz verschwunden ist. An ihre Stelle ist eine Spiritualität der „vollen Zeitgenossenschaft“ und des Einsatzes für eine „gerechte Welt“ getreten. Der marxistische Philosoph Theodor W. Adorno registrierte diese weltoptimistische, auf Fortschritt innerhalb der Geschichte setzende Bewegung voller Bedauern mit der Bemerkung, es sei ein großer Verlust, dass die Kirche jede Rede vom „Tal der Tränen“ aufgegeben habe. Während sich in der Philosophie seit den 1940er Jahren die kritische Auseinandersetzung mit der aufklärerischen Moderne und der modernen Rationalität intensiviert hatte, etwa in Adornos und Horkheimers Dialektik der Aufklärung oder Martin Heideggers Zeit der Weltanschauung, sang die Kirche auf dem letzten Konzil ihre Hymnen der Anerkennung auf die moderne Welt. Sie wollte ihre Skepsis gegenüber der Moderne endgültig ablegen und zu ihr gehören. Im Programm des Deutschen Synodalen Weges wird dieser pausbäckige Weltoptimismus voll lebendig. Hier ist die Kirche identisch mit der Welt geworden. Einer der Stars der Nouvelle Théologie, nämlich Pater Henri de Lubac SJ, der von Johannes Paul II. zum Kardinal erhoben wurde, hat vor einigen Jahrzehnten den nachkonziliaren Verfallsprozess scharf kritisiert.[4] Lubac hat aber nie anerkannt, dass es die „neue Theologie“ selbst war, die den Weg zu diesem Horror eingeleitet hat, deren berühmtestes Gesicht Jorge Bergoglio ist.

Das zentrale Problem der modernen Entzäsuralisierungstheologie besteht darin, dass sie immer die Christologie angreift. Dies gilt vor allem für die beiden Punkte, die ich hervorgehoben habe, nämlich die ontologische Nichtableitbarkeit der Neuschöpfung in Christus und den individuellen Gnadenprozess als wechselseitigen Freiheitsprozess, in dem Christi Erwählungsakt immer Vorrang hat. Beide Aspekte stellen eine unausweichliche Bedrohung für den universellen Inklusivismus dar. Deshalb haben moderne theologische Theorien einen eigentümlich mechanistischen, leblosen Charakter. Das haben sie mit der modernen Metaphysik gemeinsam, die sich ebenfalls vor allem um Vereinheitlichung, Vorhersehbarkeit, Gewissheit und Zusicherung bemüht. In den vereinheitlichenden Strukturen der modernen Theologie verschwindet die Freiheit, d. h. das Unableitbare und Unkontrollierbare. Nichts geschieht mehr, weil nichts geschehen darf. Die prominenteste Wendung ist „immer schon“. Das Heilige verschwindet aus solchen theologischen Kontexten und mit ihm die Heiligkeit und der Heilige, der der lebendige Christus selbst ist, der seinen Auserwählten Anteil an seiner Heiligkeit gewährt. Aus diesem Grund trifft Martin Heideggers Satz besonders auf die moderne Theologie zu, die sich die Gottheit angeeignet und sie zum anthropozentrischen Prinzip einer universellen Akzeptanz von allem und jedem gemacht hat: „Der Mensch kann weder zu diesem Gott beten noch ihm Opfer darbringen“. Der Mensch kann vor diesem Gott nicht mehr „ehrfürchtig auf die Knie fallen“.



Karl Rahners transzendentaltheologische Theorie, die die Christologie in das evolutionäre Weltbild integriert und eine begriffliche Totalsynthese anstrebt, stellt den ambitioniertesten Versuch einer inklusivistischen Theologie dar. Eine theoretisch einfachere, aber politisch ebenso wirksame Variante des inklusivistischen Universalismus formulierte Karol Wojtyła; auf seine Weise gelangte auch Wojtyła zum „anonymen Christen“. Wojtyłas Position basiert, wie oben bereits angedeutet, zentral auf der Idee der Inkarnation, die er dahingehend interpretiert, dass alle Menschen immer schon zu Christus gehören, weil Gott sich in seiner Inkarnation mit jedem Menschen vereint hat. Inkarnation und Gnade sind hier streng genommen ein und dasselbe. Dies ist nach Wojtyła die „a priori Offenbarung“. Es ist die theologische Legitimation der Begegnung von Assisi, bei der aus Wojtyłas Sicht nicht einfach Heiden auf Christen trafen, sondern unbewusste Christen auf bewusste Christen. Die Besonderheit der selbstbewußt gewordenen Christen besteht nur darin, daß sie von der „a posteriori Offenbarung“ berührt worden sind, also von jener geschichtlichen Offenbarungsrede und -verkündigung, in der das, was allen Menschen schon immer auf Grund der a priori Offenbarung zuteil geworden ist, ausdrücklich artikuliert und angenommen wird. Alle gehören ihrem Sein nach Christus an und bilden deshalb immer schon die eine universale Kirche, die sowohl die über sich selbst Aufgeklärten als auch die über sich selbst noch nicht Aufgeklärten als ihre Mitglieder einschließt. Das ist Wojtyłas Begriff der „Katholizität“. Und nur auf dieser Grundlage ist neben seinem fanatischen Ökumenismus auch Wojtyłas sonst völlig absurde Aussage „der Weg der Kirche ist der Mensch“ verständlich. Für den Papst ist dieser Satz streng identisch mit der Aussage, der Weg der Kirche sei Christus.

Jorge Bergoglio hingegen vermittelt Inklusivismus auf die einfachste Art und Weise. Zwar zitiert er gelegentlich Karol Wojtyłas Lieblingssatz aus Gaudium et Spes, insbesondere in Weihnachtsreden, doch er diskutiert ihn nie auf der Grundlage der komplizierten Unterscheidung zwischen a priori und a posteriori Offenbarung. Mit anderen Worten, er versucht nicht einmal, eine christologische Grundlage für den theologischen Inklusivismus zu bieten. Stattdessen behauptet Franziskus ständig, dass alle Menschen als menschliche Wesen bereits „Kinder Gottes“ sind und daher die „Familie Gottes“ bilden, d. h. die universelle Gemeinschaft, die, wie er in seiner Fastenbotschaft dieses Jahres [2024] sagte, das „gelobte Land“ ist, auf das Gott einzig und allein sein Augenmerk gerichtet hat. Die Idee, dass wir nur in Christus „Söhne im Sohn“ werden, weil wir auch vom fleischgewordenen Logos gnädig in seine ewige Beziehung zum Vater aufgenommen werden müssen, ist kein wesentlicher Bestandteil des bergoglianischen Pontifikats mehr. Was bleibt, ist der Horizont der bloßen Schöpfungstheologie.

Die Nähe zu Rahner und Wojtyła ist freilich unverkennbar. Zum einen wird es nicht nur Rahner, sondern auch Wojtyła kaum gelingen, etwa das 17. Kapitel des Johannesevangeliums zu integrieren, in dem Jesus in Bezug auf seine Jünger zum Vater sagt: „Für sie bitte ich; nicht für die Welt bitte ich, sondern für alle, die du mir gegeben hast; denn sie sind dein.“ Der hier auftretende, in Gottes unergründlichem Erwählungswillen wurzelnde Exklusivismus wird in diesen neuen Theorien nicht nur faktisch nicht mehr abgebildet, er soll gerade durch sie überwunden werden. Für Bergoglio wie für seine Vorgänger dienen das Wort der Offenbarung und die Mission der Kirche nur dazu, das gelobte Land, das schon immer „alles, alles, alles“ umfasste, bekannt zu machen und zu verteidigen – unabhängig davon, ob dieses Land im Kontext der „Selbstmitteilung Gottes, die mit der Weltgeschichte koexistiert und koextensiv ist“ (Rahner), der Offenbarung a priori von Wojtyła oder des bergoglianischen Verständnisses der natürlichen Menschheit verstanden wird, das einfach als identisch mit der Sohnschaft Gottes angenommen wird.

Um es so klar wie möglich zu sagen: Jorge Bergoglio braucht Christus nicht mehr für sein Modell der universellen natürlichen Brüderlichkeit. Und meiner Meinung nach ist dies in der Tat die geheime Flugbahn der gesamten Dekauralisierungstradition. Bergoglio bringt es auf den Punkt: Wenn man sich von der klassischen kirchlichen Position mit ihren harten Zumutungen abwendet und sich der Entwicklung harmonisierender Synthesen zuwendet, kann man es Jorge Bergoglio gleichtun: den christlichen Diskurs auf ein paar einfache Aussagen zur Schöpfungstheologie reduzieren und damit die Christologie auf eine bloße Jesusologie reduzieren, in der der Jesus der Zärtlichkeit sichtbar macht, was ohnehin schon der Fall ist, nämlich dass „alle, alle, alle“ immer schon bedingungslos von Gott angenommen sind. Gott liebt dich und geht mit dir auf allen Wegen. Alle Wege – seien sie buddhistischer, hinduistischer, amazonisch-mythologischer, islamischer, christlicher, ja sogar säkularer Art – sind gleichermaßen Heilswege, weil sie vom identischen Zentrum der a priori universalen Gottessohnschaft ausgehen und dorthin zurückführen. Die entscheidende Wahrheit ist allein diese Brüderlichkeit, und deshalb sind die verschiedenen religiösen Traditionen in der Einschätzung des Papstes „Reichtümer“, haben aber nur sekundären Charakter. Es spielt keine Rolle, welchen konkreten Weg man einschlägt. Es gibt nur einen Weg, den Sie niemals einschlagen sollten, denn dieser führt ins Verderben: den Weg der spaltenden Rückständigen (Indietristi), d. h. unseren spezifisch und untrennbar katholischen Weg.

Das Zeitalters des Gleichmachens

Ein bedeutender Aufsatz des Philosophen Max Scheler mit dem Titel „Der Mensch im Weltzeitalter der Gleichmachung“ stammt aus den späten 1920er Jahren.[6] Ich erwähne Schelers Aufsatz hier, weil ich deutlich machen möchte, dass die theologische Bewegung der Entzäsuralisierung, die uns herausfordert, keine Kleinigkeit ist, sondern Teil eines großen und überaus mächtigen Zusammenhangs ist, der sich auch in ihr manifestiert. Scheler prophezeit in diesem Aufsatz den Anbruch eines Weltzeitalters, dessen Struktur maßgeblich von der Versöhnung der bisherigen Gegensätze bestimmt sein wird – der verschiedenen Rassen, des Kapitalismus und Sozialismus, der körperlichen und geistigen Arbeit, der männlichen und weiblichen Mentalität sowie der verschiedenen Nationen und Kulturräume mit ihren unterschiedlichen Menschen-, Welt- und Gottesbildern. Scheler zufolge entsteht eine globale Welt, in der das alte Weltzeitalter mit seinen Spannungen und Unterschieden durch die Parameter der umfassenden Einheit, Verbundenheit, Harmonie und Gleichheit ersetzt wird. Diese globale Entwicklung wird auch massive Auswirkungen auf die Religionen haben, die sich im Zuge des Gleichmacherprozesses viel stärker durchdringen und so ihre klassischen Profile relativieren werden.

Als ich diesen Text zum ersten Mal las, hatte ich das Gefühl, ein Déjà-vu zu erleben. Denn den von Scheler beschriebenen Gleichmachergeist, der das neue Weltzeitalter bestimmt, kannte ich bereits, nur unter dem etwas abgewandelten Namen „Der Geist des Konzils“. Dieser von der linken Revolutionsgarde ständig beschworene Geist durchdringt das Konzil tatsächlich. Meiner Ansicht nach ist es im Wesentlichen das Bedürfnis der Revolutionsrechten nach Selbstvergebung, das sie dazu bringt, diesen „Geist des Konzils“ als Erfindung der Linken zu erklären; mit der „Hermeneutik der Kontinuität“ verschließt sie sich der Unversöhnlichkeit der Widersprüche, an deren Produktion sie selbst beteiligt ist.

Man darf sich von der großen Vehemenz, mit der die Ratzingerianer die „Hermeneutik der Kontinuität“ zum sakrosankten Dogma erklären, nicht beeindrucken lassen. In Wahrheit ist es ganz einfach zu erkennen, wie der Geist des neuen Weltzeitalters auch an der theologischen Dekauralisierungsbewegung, am letzten Konzil und an den Konzils- und Nachkonzilspäpsten seine Spuren hinterlassen hat. Am schamlosesten hat sich das Bergoglianische Pontifikat in den Dienst des „Weltzeitalters der Gleichschaltung“ gestellt. Dies ist auch der Grund für das Bündnis, das Bergoglio mit den globalistischen Eliten eingegangen ist. Dieses Pontifikat radikalisiert jedoch nur, was bereits im Jahrhundert davor angelegt wurde.

Bei Bergoglio ist eine Revolution der Denkweise zum Tragen gekommen, die in ihrer philosophischen Substanz darin besteht, einen neuen Identitätsbegriff zu etablieren. Dieser Begriff begreift das, was das klassische Identitätsverständnis als logisch nicht integrierbar ansieht, als inneres Moment der Identität selbst. In all seinen Varianten geht es bei diesem Identitätsbegriff um die endgültige Verflüssigung aller Unterschiede.

Dass dieser neue Identitätsbegriff das Pontifikat Bergoglis prägt, zeigt sich besonders deutlich bei der letztjährigen Synodalsynode und ihrer Vorbereitungszeit. Im Folgenden, lieber Wanderer, werde ich auf Ihren wichtigen Aufsatz „Die große Umkehrung“ eingehen, in dem die betreffende Synode eine prominente Rolle spielt. Der Aufsatz konzentriert sich vor allem auf zwei Texte, nämlich eine kurze Bibelexegese des Jesuitenpaters Spadaro und das erste Vorbereitungsdokument für die Synode.

Betrachten wir zunächst Spadaro SJ. Sein Text interpretiert die Episode aus dem Matthäusevangelium 7, 24-30, in der eine Kanaaniterin Jesus um Hilfe für ihre Tochter bittet, die von einem Dämon geplagt wird. Jesus weist die Bitte der Heidenfrau zunächst mit der Begründung zurück, er sei nur zu den verlorenen Schafen Israels gesandt. Da sich die Frau jedoch nicht abweisen lässt, sondern dem Herrn ihren großen Glauben zeigt, erbarmt sich Jesus schließlich ihrer und erfüllt ihre Bitte. Es ist leicht zu erkennen, was die Absicht des biblischen Textes ist: Es geht um eine Theologie des Glaubens, darum, dass die Erfüllung unserer Bitten entscheidend von der Demonstration des Vertrauens in Christus abhängt. Korrelativ dazu werden im Neuen Testament die Angehörigen seines eigenen Volkes von Jesus ständig wegen ihres Mangels an Glauben scharf kritisiert; ihnen werden die Werke der Erlösung vorenthalten.

Was nun sagt Pater Spadaro SJ aus dieser Perikope? Sie wird zu einer Lektion über die Bekehrung Jesu selbst. Erst die kanaanäische Frau, diejenige, die nicht dazugehört, erweicht den hartherzigen Herrn. Durch die heidnische Frau wird er von der ausgrenzenden Starrheit seiner Orthodoxie zu einer authentisch religiösen Haltung der Einbeziehung und zärtlichen Menschlichkeit befreit. Im Koordinatensystem des oben skizzierten neuen Identitätsbegriffs, das Spadaro offensichtlich als selbstverständlich voraussetzt, lässt sich die moralisch schlechte Position, die Jesus zunächst vorfindet, als das Beharren auf einer unflexiblen Identität beschreiben. Dieses Identitätsverständnis erfasst das Fremde noch nicht als etwas, das in Wahrheit

Spadaros Erklärung entspricht genau den Ausführungen im Vorbereitungsdokument der Synodalsynode, das die praktische Umsetzung des oben beschriebenen neuen Identitätsbegriffs darstellt. Auch dieses Dokument spricht zwar nicht von der Bekehrung Jesu, verweist aber ebenfalls auf biblische Dialoge, in denen sich der Widersacher der universalen Identität unerwartet in Jesu heilendes Gespräch mit den unverzichtbaren Anderen einschleicht. Dieser Widersacher ist der teuflische Feind, den das Dokument als den orthodox-fanatischen Rigoristen entschlüsselt, der aufgrund seines alten Identitätsverständnisses den fruchtbaren Dialog verhindern will. Das Dokument erkennt also zwei Klassen von „Anderen“ an. Einerseits erkennt es die „Anderen“ an, die kirchlich Fremde oder Entfremdete sind, analog zur Kanaanäerin, irgendwie Außenseiter, aber gerade deshalb diejenigen, die dazugehören und bereichern. Und andererseits identifiziert es jene anderen „Anderen“, die zwar formal dazugehören, in Wirklichkeit aber die böse Gruppe der Glaubensfeinde bilden. „Die ‚Antagonisten‘, die ‚Dämonen‘ der neuen Kirche sind wir, die Katholiken, die der Lehre der Apostel treu sind, die uns von unseren Vätern vermittelt wurde. Wir sind es, die gekommen sind, um den Dialog zwischen der Kirche und der Welt zu spalten und zu behindern. Wir sind Teufel, und als solche müssen wir verfolgt werden. (...) Das ist die große Umkehrung. Die Wahrheit ist nicht mehr in der Kirche Christi, sie ist außerhalb von ihr. Sie darf nicht mehr diejenige sein, die lehrt, sondern diejenige, die sich belehren lässt. Sie ist nicht mehr diejenige, die heilt, sondern diejenige, die geheilt werden muss.“[7]

Es ist verständlich, dass diese Umkehrung vielen Gläubigen äußerst beunruhigend, ja sogar verrückt erscheint. Dennoch ist dies genau der Punkt des großen historischen Bogens, von dem ich gesprochen habe. Das Weltzeitalter der Gleichstellung bringt seine eigene Moral hervor, die Moral der Gleichstellung: Alles, was der Synthese, der Gleichheit und der Vereinigung, der integrativen Brüderlichkeit und der Förderung der Übereinstimmung, der Inklusion dient, ist gut. Böse dagegen ist alles, was sowohl Zäsuren und Differenzen formuliert als auch betont, dass es logisch unvereinbare substantielle Unterschiede gibt, die nicht in eine übergreifende Einheit aufgelöst werden können. Böse ist vor allem das „Anathema“ der früheren Kirche; wer heute irgendetwas an den Pranger stellt, befindet sich noch immer in dem unmoralischen Zustand, in dem sich Jesus laut Pater Spadaro SJ vor seiner Bekehrung durch die Kanaanäerin befand.

Das bergoglianische Pontifikat verfolgt die kirchliche Verankerung der Gleichstellungsmoral vehement – ​​nicht zuletzt durch personalpolitische Entscheidungen. Insofern lässt sich kaum leugnen, dass Bergoglio ein Stratege ist. Und wer wollte leugnen, dass dieses Projekt in der Kirche bereits gute Fortschritte gemacht hat? Wer es heute noch wagt, die Ereignisse von Assisi, die Amazonassynode oder das Abu Dhabi-Dokument zu kritisieren, wer heute noch von „konfessionsgemischten“ statt „konfessionsverbindenden“ Ehen spricht, wer die Ökumene in ihren vielen Ausprägungen problematisiert und darauf beharrt, dass nicht „alle, alle, alle“ zum „Tisch des Herrn“ zugelassen seien, wer eine bestimmte Tradition als die wahre beansprucht, der gilt im Kontext der in der Kirche dominant gewordenen Versöhnungsethik nicht nur als Gegner mit anderer Position, sondern als zu eliminierender Feind, als moralisches Monster.

Nur so lässt sich die Intensität der Konflikte verstehen, die wir heute in der Kirche erleben. In früheren Zeiten war die Konfliktlinie meist deutlicher, etwa als die von der atheistischen Aufklärung beeinflussten Gegner des Christentums den von der Kirche artikulierten Glauben als den genuin christlichen Glauben akzeptierten, von dem sie sich distanzierten. Heute ist diese klare Opposition zerfallen. In den Köpfen der traditionellen Gläubigen bleibt sie jedoch bestehen. Dies führt zu vielen Fehleinschätzungen im Hinblick auf den aktuellen Konflikt. Der Konflikt ist deshalb so intensiv, weil es sich um einen veritablen innerkirchlichen Glaubenskrieg handelt. Die Gegner des traditionellen Glaubens treten nicht mehr als Ungläubige auf, sondern umgekehrt als echte Christen nach ihrem kuratierten Selbstbild, die meinen, sie hätten die Mission, den menschenfeindlichen „Antichristen“ wie Kardinal Burke oder Bischof Strickland entgegenzutreten.

Wer bin ich, um zu urteilen?

Wie sehr das bergoglianische Pontifikat strategischer Natur ist, zeigt sich an der systematischen Verknüpfung der verschiedenen theologischen Themen. Die Familiensynode mit Amoris laetitia, die Amazonassynode, die Synodalitätssynode, die Abu Dhabi-Erklärung, Evangelii gaudium, Fratelli tutti, Laudato si, Laudate Deum, Fiducia supplicans sind keineswegs bloße Einzelereignisse, sondern koordinierte Momente im Programm zur umfassenden Umsetzung der zentralen bergoglianischen Ideologie.

Zum Schluss möchte ich noch auf einen Aspekt eingehen, der für die Verwirklichung der universellen Inklusion wesentlich ist und der von Bergoglio und seinem Gefolge konsequent zur Geltung gebracht wurde, insbesondere im Rahmen der Synode über die Familie und die Synodalität. Er ist so etwas wie die erkenntnistheoretische Grundlage des Projekts der universalen Inklusion.

Die Zerstörung der Moral beginnt mit der Entmachtung der Reichweite der Vernunft. Je mehr die Vernunft vom „An-sich-sein“ der Dinge abgeschnitten wird, desto größer muss der inhärente Anteil subjektiver Setzungen an der Konstitution der Objektwelt sein. In seiner radikalen Form wird dieses An-sich-sein gänzlich geleugnet und das, was wir „Realität“ nennen, ist bloß ein sprachliches Phänomen, d.h. ein System von Zeichen, dessen interpersonale Gültigkeit ausschließlich von kulturellen Vereinbarungen abhängt. Der französische Dekonstruktivismus von Foucault oder Derrida hat genau diese Position als seine erkenntnistheoretische Prämisse. Nach Foucault dürfen wir uns nicht einbilden, die Welt präsentiere uns ein lesbares Gesicht. Wir schaffen die Ordnung der Dinge selbst; unsere Welten und die Schemata ihrer Konstitution sind sogenannte Diskurse. Es kann keine Kontinuität zwischen den epochalen Diskursen geben. Das würde einen objektiven Bezugsrahmen und Urteilsmaßstäbe voraussetzen. So ist das, was wir „Geschichte“ nennen, nichts anderes als ein Kategorienkonstrukt. Folglich erscheinen alle Begriffe von Wahrheit und Moral als bloße kulturelle Konstrukte: Sie sind Szenen in einer mehr oder weniger imaginativen Aufführung, und Kategorien wie das Naturrecht sind Erfindungen innerhalb eines solchen Drehbuchs. Zwar bezieht sich Foucault noch auf die alten Moralen. Aber er rekonstruiert sie nie so, wie ihre Vertreter sie verstanden, sondern interpretiert sie als Techniken einer sich selbst inszenierenden Subjektivität.

Nun wäre es übertrieben, Jorge Bergoglio einen reflektierenden Dekonstruktivisten zu nennen. Die intellektuellen Voraussetzungen dafür fehlen ihm. Dennoch bedient er sich des dekonstruktivistischen Werkzeugkastens. Und zwar, indem er den Begriff der „Unterscheidung“ verwendet, auf den er und sein Umfeld ständig verweisen. Franziskus verwendet diesen Topos, der aus der ignatianischen Spiritualität stammt, um seine Ansichten über die Unmöglichkeit – in Bezug auf Wahrheit und Erkenntnistheorie – objektiver moralischer Urteile wohlklingend zu formulieren. Mit anderen Worten: Die bergoglianische Unterscheidung will die rückständigen Unterscheidungen nicht betonen, sondern verfolgt die entgegengesetzte Absicht, „alle, alle, alle“ notwendigerweise zu integrieren.

Der Gedanke, der der Bergoglianischen Rede von Urteilsvermögen zugrunde liegt, kann nominalistisch genannt werden: Wir verfügen über keine faktisch adäquaten begrifflichen Einsichten; zwischen unserem vermeintlich theoretischen Wissen bzw. unseren auf Allgemeinheit zielenden Kategorien (die sich nach dieser Lesart als bloße Funktionen der Weltbewältigung entschlüsseln lassen) und der in zahllosen Einzelheiten sich ereignenden Wirklichkeit besteht eine unüberbrückbare Kluft. Das heißt, auch in moralischen Zusammenhängen sind Einzelumstände keine Fälle einer Allgemeinheit, von der aus eine genaue objektive Beurteilung möglich wäre. Sie bilden absolute Singularitäten, die als solche nicht mehr von außen her standardisiert, sondern nur von innen, unter empathischer Berücksichtigung der verschiedenen Umstände, angegangen werden können.

Moraltheoretisch führt dies zu einer Position der Situationsethik, in der das Gewissen nicht bloß – wie die ganze Tradition lehrt – die höchste subjektive moralische Instanz ist, die sich aus der Teilhabe der Vernunft am ewigen Gesetz ergibt, sondern das einzelne Subjekt selbst zum Gesetzgeber und Richter in eigener Sache wird.
„Wer bin ich, dass ich urteilen kann?“: Dieser berühmte Satz von Franziskus bringt genau die nominalistische Grundhaltung zum Ausdruck, die die Seelsorge von der Doktrin befreit oder die Doktrin durch die heute einzig mögliche Praxis ersetzt: die „Unterscheidung“. Und weil die Doktrin erkenntnistheoretisch nur Ideale und kluge Ratschläge formulieren kann – über deren Umsetzung nur das konkrete Subjekt selbst entscheiden kann –, muss die Form des Gesetzes verschwinden, in der die Doktrin bisher erschienen ist. „Es ist nicht leicht, die Wahrheit zu begreifen, die wir vom Herrn empfangen haben. Und es ist noch schwieriger, sie auszudrücken. Deshalb können wir (das apostolische Lehramt des Papstes und der Bischöfe) nicht behaupten, dass unsere Art, diese Wahrheit zu verstehen, uns dazu ermächtigt, eine strenge Aufsicht über das Leben anderer auszuüben.“[8] Diese Worte von Papst Franziskus fassen den erkenntnistheoretischen Hintergrund des „Wer bin ich…?“ perfekt zusammen.

Demnach lässt die „schwache Vernunft“ es sogar theoretisch unmöglich erscheinen, Lebensentwürfe moralisch auszuschließen – mit einer Ausnahme freilich. Die Indietristi mit ihrem anmaßenden Vernunftbegriff müssen ausgeschlossen werden. Sie sind nicht nur psychologische und moralische Monster, sie sind auch philosophische Monster, die sich nicht durch erkenntnistheoretischen Skeptizismus aufklären lassen. Demgegenüber lobt sich die päpstliche schwache Vernunft für ihre Bescheidenheit, die einen ganz neuen Spielraum für Toleranz weit öffnet und dazu führt, dass sich die Kirche von einer doktrinären Autorität zum zuhörenden Begleiter, von einer urteilenden Institution zum inklusiven und mitfühlenden Weggefährten, vom weisungsgebenden und missionierenden Meister zum begleitenden und dialogischen Dauer-„Schüler des (zeitgenössischen) Menschen“ wandelt.

Deshalb ist die von Bischof Eleganti beschriebene bergoglianische Agenda der Überwindung der priesterlichen Autorität konsequent Wenn erkenntnistheoretisch nur individuelle Einzelfallentscheidungen möglich sind, kann der Beichtvater nur Begleiter auf dem Weg zu diesen situativen Einschätzungen des einzelnen Subjekts sein. Ironischerweise hat Erzbischof Koch von Berlin dies beispielsweise im Hinblick auf den Kommunionempfang von Nichtkatholiken in sogenannten konfessionsgebundenen Ehen gesetzlich kodifiziert: Wenn Menschen nach ihren persönlichen Urteilen zu dem Schluss gekommen sind, dass sie die Kommunion empfangen dürfen, hat der Priester, der ausdrücklich auf eine beratende Funktion reduziert wurde, keine Befugnis mehr, die Kommunion zu verweigern

Unsere Aufgabe

Wie reflektiert Jorge Bergoglio als Stratege ist, kann ich nicht beantworten. Aber das ist auch gar nicht nötig. Tatsächlich ist sein Pontifikat geprägt von der sukzessiven Umsetzung der Agenda der Differenznivellierung und universellen Inklusion, die die beherrschende Obsession unseres Weltzeitalters ist. Die gesamtkirchliche „Queerpolitik“, die für den postchristlichen linken Flügel der Kirche geradezu zum Zentrum des Projekts der neoreligiösen Sinnstiftung geworden ist, ist ein direkter Reflex dieser Obsession. Bergoglio selbst ist vermutlich vor allem von einem tiefsitzenden Ressentiment gegen die klassische Lehre des Supernaturalismus getrieben. Dieses Ressentiment hat ihn dazu gebracht, Geister zu beschwören, die eine unwiderstehliche Eigendynamik entfalten. Sie sichern ihre Macht, indem sie eine systemische Eigendynamik entwickeln. Der Ressentiment Bergoglios wird wahrscheinlich am stärksten durch den Elitismus des Satzes hervorgerufen worden sein: „Eng ist die Pforte und schmal der Weg, der zum Leben führt, und wenige sind es, die ihn finden“ (Mt 7,13f). Was könnte besser illustrieren, wie genau dieser Satz durch die Inklusionstheologie überwunden werden soll, als Bergoglios Verteidigung von Judas Iskariot und seine Ermächtigung aller zwielichtigen Tucho-artigen Kreaturen, die ihn umgeben? Es ist das Ressentiment, das verkündet: „Gott nimmt dich an, wie du bist.“

Doch die Agenda des Ressentiments geht noch weiter. Gott sollte nicht nur die egozentrischen Handlungen des Menschen akzeptieren, sondern diese Handlungen selbst sollten zu den bevorzugten Orten werden, an denen man Gott selbst erfahren kann. In einer kongenialen Vorwegnahme von Kardinal Tuchos orgasmischer Mystik sprach ein geistlicher Leiter eines deutschen Priesterseminars vor Jahrzehnten in seinen „spirituellen Ermahnungen“ davon, wie Seminaristen „sich in Gott hinein masturbieren“ und Gottes eigene Freude daran spüren sollten. Die Seligkeit des Himmels wird in der tuchoesken Theologie der Lust im Paradigma der Masturbation interpretiert. Es ist die verächtliche Ressentimentmoral der schwachen Seelen, die in der modernen Kirche zum Maß aller Dinge geworden ist, jener weichen und lüsternen Geschöpfe, die sich, um Nietzsche zu paraphrasieren, nicht selbst befehlen und nicht selbst gehorchen können.

Dass sich all diese Prozesse systematisch verselbständigen, finde ich das eigentlich Erschreckende an ihnen. Die Macht des neuen Weltzeitalters lässt sich auch konsequent durch Jorge Bergoglio realisieren. Der Philosoph Martin Heidegger entschlüsselt diese Macht als Macht der Technik. Damit meint Heidegger nicht die Maschinentechnik, sondern den Geist einer totalisierten Machination (manipulative Beherrschung), die alle qualitativen Unterschiede und Hierarchien nivelliert und zu einer radikalen Massenkultur führt. Alle Dinge, alle natürlichen Vorgaben und historisch gewachsenen Traditionen verflüssigen sich im Schmelztiegel dieser Machination zu bloßen Momenten einer Herrschaft, deren einziges Ziel die Herrschaft ist. Das Ergebnis ist eine einheitliche Welt, in der die Dinge wie auf einer unendlichen Fläche jede Distanz und damit jeden Bezug und jede Bedeutung verlieren. „Etwas rast um den Erdball“, sagt Heidegger über die Macht der Machination. Es ist schwer zu übersehen, dass der Geist dieser Machination der Geist des neuen Weltzeitalters ist, von dem Scheler spricht, und dass er auch die katholische Kirche voll erfasst hat.

Christen identifizieren die Macht der von Heidegger beschriebenen Machination mit einem bestimmten Namen. Diese Macht hat das Netz ihrer alles einigenden Ideologie um den gesamten Erdball geworfen, weil sie mit eindrucksvoller moralischer und spiritueller Rhetorik eine gewisse Besonderheit unkenntlich machen will. Diese Besonderheit ist Christus, der in seiner Absolutsetzung der lästigste Störfaktor aller Gleichmacher- und Inklusionsbemühungen ist. Die Erinnerung an ihn soll aus dem Gedächtnis der Welt getilgt werden. Die Kirche ist dieser Macht seit einiger Zeit sehr behilflich, weil sie neben offensichtlichen Fällen liturgischen und künstlerischen Bildersturms den allumfassenden Jesus der Zärtlichkeit gegen Christus in Stellung bringt, Assisi-Treffen, Amazonas-Synoden und Abu Dhabi-Dokumente organisiert und den Weltfrieden, die natürliche Brüderlichkeit aller, den Dienst am politischen Gemeinwohl und die neomythologische Sorge um „Mutter Erde“ zu den entscheidenden Anliegen des Christentums erklärt. Dieser Macht geht es im Moment sehr gut.

Ich denke, wir müssen aufpassen, diesen grundlegenden Prozess bei all unseren Analysen nicht zu übersehen. Alle Grausamkeiten der allgemeinen kulturellen und theologischen Entwicklung der letzten Jahrhunderte, einschließlich der Verwässerung religiöser Unterschiede und des atemberaubenden liturgischen Verfalls, sind nur Momente im umfassenden Programm der Christusvergessenheit. In einem Ihrer Aufsätze, lieber Wanderer, stellen Sie angesichts des Abfalls der Kirche die fast verzweifelte Frage "Was sollen wir tun?“. Politisch können wir sehr wenig tun. Aber wir können in einem gemeinsamen Kampf mit den uns zur Verfügung stehenden geistigen Waffen dem teuflischen Projekt der Auslöschung des Antlitzes Christi entgegentreten. In Zeiten, die der Feierlichkeit angemessener waren, hätten wir gesagt: Er ruft uns in die Schlacht."

Ihr Vigilius

Quelle: Vigilius, The Wanderer

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