Montag, 25. Mai 2020

Kurienreform (planlos?), päpstliche Finanzreform und das nützliche Narrativ von der Korruption

In seiner heutigen montäglichen Kolumne in MondayVatican analysiert und kommentiert A. Gagliarducci den Stand der Dinge bei der Kurienreform -speziell der Finanzreform des Vaticans.
Dabei widmet er dem so nützlichen Narrativ von der Korruption besondere Aufmerksamkeit.
Hier geht´s zum Original: klicken

"PAPST FRANZISKUS, DAS ZUKÜNFTIGE FINANZRAHMENWERK"

Vielleicht wird das motu proprio mit dem Papst Franziskus das Anlagenmanagement im Vatican regeln will, heute veröffentlicht. Diese Regulierung wurrde auch beim Treffen des Papstes mit den Leitern der Dicasterien am 3.Mai im Vatican diskutiert. Während dieses Treffens wurde darauf hingewiesen, daß das neue Gesetz die Art, wie die Dicasterien bisher gearbeitet haben beeinflussen könnte, aber Papst Franziskus ist entschlossen weiter zu machen. Es geht ihm darum, die Kette der Korruption im Vatican zu durchbrechen. 

Von welcher Art Korruption reden wir?  Das erste Vatileaks begann mit einer Notiz von Erzbischof Carlo Maria Viganò, damals Generalsekretär des Governatorates, der sich über die enormen Ausgaben für den Weihnachtsbaum und die Krippe auf dem Petersplatz beschwerte.
Erzbischof Viganò forderte auch ein transparentes Ausgabenmanagement innerhalb des Vaticans, um generell die Ausgaben zu beschränken.

Diese Notiz wurde benutzt um das Narrativ von Korruption im Vatican zu kreieren. Dieses Narrativ
hatte dann zu Vatileaks 2 und Vatileaks 3 geführt. Hinter der Darstellung der aktuellen Probleme gab es immer den verborgenen Wunsch, den Hl. Stuhl als einen Ort weitverbreiteter Korruption darzustellen.

Dieses Narrativ überrascht nicht.  Hunderte von Texten sind über die Korruption der Kirche und mehr noch über die der Kurie geschrieben worden. Es ist der einfachste Weg, um zu versuchen, die Botschaft des Evangeliums zu schwächen. Wenn die Korruption einiger Kirchenmitglieder bekannt wird, wird sie verallgemeinert. Auf den Verdacht gestützt, daß das Christentum keine gute Sache ist, wenn Christen so korrupt sein können, wird die gesamte Kirchenlehre in Frage gestellt.

Dieser narrative Diskurs ist zu erwarten und Teil des Spiels. Was verblüfft, ist daß selbst die Männer der Kirche sich dem anschließen. Auch Kirchmänner neigen dazu, Einzelfälle zu verallgemeinern. Wirklichkeit beruht jedoch nicht auf Einzelfällen.
In jüngster Vergangenheit hat sich Papst Franziskus sehr darauf fokussiert, die Korruption im Vatican auszumerzen. Das motu proprio über Vertragsmanagement ist nur einer der letzten Schritte des Papstes,





Im Oktober stimmte Papst Franziskus der Durchsuchung der Büros der Finanzaufsicht und des Staatssekretariates zu. Diese Untersuchung führte zu  5 Entlassungen.

Papst Franziskus hat immer das Prinzip der Unschuldsvermutung verkündet. Fakt ist aber, daß 5 Personen ohne formelle Anklage bereits auf irgendeine Weite bestraft wurden: Tommaso di Ruzza, Direktor der Finanzaufsicht, wurde nicht im Amt besätigt, Vincenzo Mauriello und Fabrizio Tirabassi, Mitarbeiter des Staatssekretariates , bleiben bis Juli suspendiert; Caterina Sansone, Mitarbeiterin des Staatssekretariates wurde auf einen anderen Posten versetzt: Msgr. Mauro Carlino, Direktor des Informationsbüros des Staatssekretariates wurde in seine Heimatdiözese zurück geschickt. Trotz der Unschuldsvermutung und sogar obwohl es noch keinen Prozess gegeben hat, fanden sich 5 Leute arbeitslos wieder.

Papst Franziskus wollte auch persönlich das vaticanische Gerichtsjahr eröffnen und hat bei dieser Gelegenheit betont, daß es gut ist, daß auf die Korruptionsepisoden von innerhalb reagiert worden ist. Was passiert, wenn der Prozess zu einem Freispruch für diese Personen führt? Oder selbst wenn nur einer von ihnen nicht angeklagt wird, weil die Untersuchungen zu nichts führen?

Vorher hatte es einen Fall gegen Paolo Cipriani und Massimo Trulli, den früheren Direktor und den früheren Generalmanager des Institutes für Religiöse Werke (sog. Vatican-Bank) gegeben. Diese wurden des "Mißmanagements" für schuldig befunden und mußten der IOR 47 Millionen Euro zurückzahlen. Zur Zeit läuft der Revisionsprozess. Es gibt jedoch den starken Eindruck, daß Cipriani und Trulli für Fehler bezahlen mußten, die sie nicht selber begangen haben, weil keine Investition des IOR ohne die Einwilligung von oben hätte getätigt werden können. Ihr Prozess und ihre Verurteilung stärken jedoch das vom Hl. Stuhl lancierte Narrativ von der "Transparenz" und dieses Narrativ scheint im Vatican unantastbar zu sein.

Und doch sollte dieses Narrativ zumindest einige Zweifel auslösen. Wenn man auf die Zahlen des IOR schaut, findet man, daß 2012 die höchsten Gewinne erzielt wurden, mit dem alten Management. Danach fielen die Gewinne ständig - auch wegen der Einstellung teurer interner Berater.

Liest man den Moneyval-Report von 2012, findet man heraus, daß der Vatican bereits daran arbeitete, ein den internationalen Standards angepaßtes Finanzsystem zu entwickeln, das zur Mission der Kirche paßte.

Außerdem können wir auf die Zahlen des Berichtes der Finanzaufsicht schauen, die öffentlich sind. Es ist leicht festzustellen, daß die internationale Zusammenarbeit mit der Zeit gewachsen ist. Das war ein Zeichen, daß das Finanzsystem des Hl. Stuhls funktionierte und daß es internationale Glaubwürdigkeit besaß.

Das Narrativ nimmt diese Daten nicht zur Kenntnis, so als sei alles, was zuvor Gutes getan wurde, nichtig. Und so stärkt das Narrativ den Eindruck als sei alles immer von Korruption bedeckt gewesen oder zumindest mit ihrer Duldung.

Der normaler Menschenverstand würde ausreichen, um klar zu machen, daß es so nicht sein kann, einfach weil die Realität viele Nuancen hat. Das neue motu proprio fällt in dieses Narrativ ein und wird innerhalb dieses Narrativs interpretiert werden. 

Die Reformen jedoch scheinen weiterhin vorwärts und rückwärts zu gehen, Letzte Woche z.B. gab es die Nachricht, daß das Datenverarbeitungszentrum der APSA ins Sekretariat für Wirtschaftsbelange verlagert wurde.  Die Aufsicht über das Zentrum hat in den vergangenen Jahren von einer Institution in die andere gewechselt. Es ist der Eindruck entstanden, daß es keinen genauen Plan für die Reform gibt. Die Reform geht statt dessen nach "Versuch und Irrtum" weiter.

Außerdem scheinen die Korrekturen nur rein praktische Antworten auf pragmatische Themen zu sein. während eine umfassende Vision des Hl. Stuhls und des Vatican-Staates verloren ging. Das sind spezielle Realitäten, die nicht mit denen irgendeiner anderen Institution verglichen werden können. Statt dessen  gibt es den fortwährenden Versuch, den Hl. Stuhl weltlichen Institutionen anzupassen- mit der Rechtfertigung zu versuchen, Korruption zu vermeiden.

Das Problem jedoch ist, das Korruption menschlich ist. Man wird Korruption nicht vermeiden, indem man den Hl. Stuhl an die Welt anpaßt. Und unklare Situationen mit eiserner Faust zu handhaben, wird dem Hl. Stuhl nicht helfen. Im Gegenteil. Alles könnte zum Verlust der Glaubwürdigkeit des Hl. Stuhls beitragen, Eine Institution, die ihre Glaubwürdigkeit auf´s Spiel setzt, um mehr Glaubwürdigkeit zu erlangen, wird wahrscheinlich als schwach angesehen werden.

Wir werden sehen, welche Resultate am Ende die Reformen und Prozesse haben werden. Bis jetzt scheint es mehr Fragen als Antworten zu geben, Aber der Prozess geht weiter." 

Quelle: Monday in The Vatican, A. Gagliarducci 



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