Dienstag, 22. September 2020

S. Magister erteilt Kardinal Willem Eijk das Wort

Sandro Magister stellt bei Settimo Cielo das neue Buch des Erzbischofs von Utrecht, Kardinal Willem Eijk "Gott lebt in den Niederlanden" vor, in dem der Kardinal die Geschichte des Glaubensverfalls in der niederländischen Gesellschaft analysiert.
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"ENDE DES CHRISTENTUMS? EIN KARDINAL ANALYSIERT DEN FALL DER NIEDERLANDE"

Wenn es eine Nation gibt, die mehr als alle anderen das Verschwinden des Christlichen Glaubens im Westen repräsentiert- meisterlich analysiert vom Historiker Roberto Pertici im vorigen post-, dann ist das die nierderländische.

Bis Anfang der 1960-er gehörten die Niederlande zu den christlichsten Nationen- was die Zahl der praktizierenden Gläubigen und ihre expansive Energie betraf. 12 % der katholischen Missionare in der Welt waren Niederländer. 

Dann- sehr schnell der Kollaps. Bis dahin, daß die Niederlande eines der entchristlichsten Länder in Europa ist. Heute gibt nur einer von vier Niederländern an, zu einer Katholischen oder Protestantischen Kirche zu gehören. Bei einer Bevölkerung von 17 Millionen ist die Zahl der Katholiken, die sich als solche bezeichnen auf 3,5 Millionen gesunken und von denen gehen nicht mehr als 150.000 am Sonntag zur Messe, die meisten von ihnen sind Einwanderer. Ungezählte Kirchen -sowohl katholisch als auch protestantisch -wurden geschlossen und in profane Gebäude verwandelt. 

Ein Buch,.das im Fall der Niederlande maßgeblich Zeugnis ablegt, ist gerade in Italien erschienen- verlegt von Ares. Es ist ein Interview von Andrea Galli mit dem Erzbuischof von Utrecht Kardinal Willem Jacobus. Eijk, das aus mindestens zwei Gründen von erheblichem Interesse ist: wegen der Schärfe, mit der er die Gründe des Zusammenbruchs identifiziert aber auch wegen des Vertrauens, das er auf eine beginnende Wiedergeburt -Dank der verbliebenen kleinen Herde von Gläubigen setzt, die eine personlichen Beziehung zu Christus haben- trotz der Tatsache, daß jeder "der den Mut findet, heute die Katholische Lehre anzubieten- besonders zu Ehe und Sexualkethik- verrückt genannt wird." 

Auf dem Umschlag des Buches steht die verstörende Frage Jesu: "Wird der Menschensohn, wenn er kommt, Glauben auf der Erde finden?" (Luk 18:8). Aber der Titel "Gott lebt in den Niederlanden" drückt genau dieses zuversichtliche Setzen auf den kleinenn Rest der Gläubigen aus, auf den Generationswechsel, der an Stelle des revolutionären Sturms der 60-er und 70-er heute schon in der Feier der Liturgie:lex credendi, lex orandi" einen wirklich katholischen Charakter sieht. 

Unten folgen einige Passagen ais dem Interview mit Kardinal Eijk, in dem er den Verfall des Christentums hauptsächlich auf die "hyperindividualistische" Kultur zurückführt, die sich im Westen seit Beginn der 60-er behauptet, intolerant gegenüber einem "Wesen, das sie transzendieren würde- sei es die Familie, der Staat, die Kirche oder Gott". Eine Kultur, der sich die beim II.Vaticanischen Konzil sehr aktive, progressive Elite der niederländischen Kirche der Zeit selbst unterwarf. 

Aber bevor wir Kardinal Eijk das Feld überlassen, ist es nützlich, die Aufmerksamkeit zwei anderen Elementen zuzuwenden, die für die Frage, die er analysiert hat, eine Bedeutung haben. 


Das erste Element betrifft die Stadt Rom, die Diözese, deren Bischof Papst Franziskus ist.

"In Rom heiratet man nicht mehr" kommentiert der Corriere della Sera in seiner Ausgabe vom 10. September die Heiratsstatistik. Während der letzten 10 Jahre ist in der Haupstadt die Zahl der Eheschließungen von 9500 auf 6600 zurückgegangen.auf gerade 2 von 1000 EInwohnern, viel weniger als im Rest Italiens, wo sie auch zurückgehen.

Nicht nur das, religiöse Eheschließungen, die noch vor einigen Jahren zahlreicher waren als Zivilehen, machen jetzt 39% des Ganzen aus. Und das Alter der Eheleute hat sich endgülitg verändert. Im letzten Jahr waren 22% der Männer und 7% der Frauzen, die heirateten, über 50 und bei gut 211 Hochzeiten waren beide Eheleute über 60.

Es ist leicht anzunehmen, daß die Coronavirus-Pandemie die Zahl der Hochzeiten .sowohl zivil als auch religiös- noch weiter reduziert. Die Niederlande sind kein isolierter Fall der Entchristlichung. Sogar die Diözese Rom folgt ihr, langsamer aber unaufhaltsam. 

Das zweite Element in ein anderes Buch, das kürzlich im Verlag "Vita e Pensiero" -aber in der Originalsprache bereits 2007 erschien. Sein Titel ist "Geduld mit Gott" und sein Autor ist ein Theologe ersten Ranges, Tomas Halik, der die ersten fünf Jahre als Priester im Versteck lebte. 

Im  August 2015 wurde Halik vom Papa Emertius Benedikt XVI mit der Eröffnungsrede mit dem Titel "Wie über Gott sprechen"  des jährlichen Treffens des Ratzinger-Schülerkreises, des internationalen Kreises früherer Theologiestudenten, betraut. 

Das wunderbar geschriebene Buch muß als Ganzes gelesen werden. Aber hier genügt es, die Fragen zu erwähnen, aus denen es seine Schlüsse zieht. 

"Das Land, in dem ich geboren wurde und in dem ich lebe. wird als eines der atheistischsten Länder der Welt betrachtet. Aber ist es wirklich möglich den Glauben nur an der Zahl derer zu m messen, die sich selbst als Mitglieder der Kirche betrachten. zur Messe gehen und bei öffentlichen Umfragen zustimmend antworten. wenn sie gefragt werden, ob sie sich selbst als gläubig ansehen und dann den Rest automatisch als Atheisten? Und alle die Zacchäussse des Evangeliums - wo tun wir die hin? 

Halik bezieht sich auf die turbulante Religionsgeschichte seines Heimatlandes, um die Entfremdung vieler von der Katholischen Kirche zu erklären. Aber er zitiert auch die beiden "Philosophen"-Präsidenten"  Tomàs Masaryk und Vaclav Havel, keiner von beiden Atheist aber beide offen für die tranzendente Dimension des Lebens "in einer Sprache die völlig anders ist als die traditionelle Sprache der Kirche". 

Halik erinnert auch daran, daß das Gleichnis Jesu über den Bauherrn, der berechnet wie er einen Turm bauen könnte und vom König, der sie Stärke seines Heeres überschlägt- mit der unerwarteten Schlußfolgerung daß "wer nicht seinen ganzen Besitz aufgibt, kann nicht mein Jünger sein" (Luk 14:33) . Zu kommentieren. 

"Wenn sie über dieses Gleichnis nachdenken, würden viele Christen aufhören, sich vor den Verlusten zu fürchten, "daß die Kirche entgegen diesen Erwartungen der Mehrheit in der postkonziliaren Period einige Verluste erlitten hat- von denen Jesus lehrt, daß sie ein Gewinn sind" Und für Halik geht es in diesem Buch darum, die Gründe zu erklären. 

Zurück zu  Kardinal Eijks Buch-Interview: hier sind einige bedeutende Passagen:

"EINE NIE ZUVOR GESEHENE GLAUBENSKRISE" 
von Willem Jacobus Eijk 

Der Fall der nierderländischen Kirche kann etwas Interessantes über die Gründe einer nie zuvor gesehenen Glaubenskrise als Realität lehren.Versuchen wir in die 1940-er Jahre zurück zu gehen,.
Am 9. Oktober 1947- um genau zu sein- hat sich eine Gruppe von Laien und Priestern im Seminar der Erzdiözese Uttrecht getroffen, um die verstörenden Veränderungen zu diskutieren, die bei den Katholiken quer durch´s Land zu beobachten waren. Die Ergebnisse dieses Treffens wurden in einem Buch mit dem bedeutenden Titel "Ferment bei der Seelsorge" “Onrust in de Zielzorg” veröffentlicht, das auch sah, daß das Band zwischen Katholiken und der Kirche nicht länger auf Glaubensinhalten basierte sondern ein Band sozialer Art war. Der Glaube wurde als ein Satz von Geboten und ein System abstrakter Wahrheiten betrachtet, die nicht das tägliche Leben betrafen. Die Mitgliedschaft in der Kirche war im Wesentlichen ein Gemeinschaftsfaktor : man ging in die Kirche,in die Grundschule, dann die weiterführende Katholische Schule und war dann Mitglied Katholischer Verbände -besonders im Sport und Pfadfinderbereich. Man war aus Gründen sozialer Zugehörigkeit Katholik, weil man in katholischen Strukturen aufgewachsen war- nicht  auf Grund gelebten Glaubens [...]

Fortsetzung folgt...


Quelle: Settimo Cielo, S. Magister, Kard. W. Eijk
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