Montag, 23. November 2020

Gagliarducci: Finanzskandal, Verschwörung, Geldwäsche, Moneyval, ein (?) SÜndenbock...und die Kirche?

In seiner heutigen Kolumne in Monday in the Vatican analysiert und kommenteirt A. Gagliarducci den derzeitigen Stand der Dinge im vaticanischen Finanzs-Skandal und der causa Becciu und die möglichen -jetzt schon absehbaren-Folgen. Außerdem geht es auch um einen Pressekrieg in Italien. 
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"PAPST FRANZISKUS UND DIE VATICAN- VERSCHWÖRUNGEN"

Am Ende hat Kardinal Angeklo Becciu das italienische Magazin L´Espresso wegen einer Verleumdungskampagne gegen ihn  verklagt. Die Klage legt eine Setre von Details vor, die darflegen, daß es eine Veschwörung gegen den Kardinal gab. Das Wort "Verschwörung" wurde zuerst von Vittorio Feltri, dem Herausgeber der italienischen Zeitung Libero erwähnt. Feltri benutzt ausführliche Zitate aus den Klageschrift, um besser erklären zu können, was Kardinal Becciu  passiert ist.

Was war die Verschwörung? Feltri notiert die Theorie, daß während die Inspektoren von Moneyval ihren vor-Ort-Besuch im Vatican machten, wollte der Vatican einen bedeutednen Kopf auf dem Silbertablett servieren- um das ehrliche Interesse des Hl. Stuhls am Kampf gegen Geldwäsche zu betonen. 

Um die Geschichte zu verstehen, müssen wir sie zurück verfolgen. Am 24. September geht Kardinal Angelo Becciu zu einer regulären Audienz mit dem Papst. Nach 20 Minuten forderte der Papst ihn auf, von seinem Posten als Präfekt der Heiligsprechungskongregation zurückzutreten und auf seine Vorrechte als Kardinal zu verzichten., Die Nachricht von seinem Amtsverzicht wird vom Pressebüro des Hl.Stuhls veröffentlicht, bevor der Kardinal sie kommunzieren kann. In einer Pressekonferenz am nächsten Tag wird Kardinal Becciu erklären, daß der Papst ihm sagte, er könne ihm nicht mehr vertrauen, weil die Richter des Vaticans herausfanden, daß er angeblich zugunsten eines seiner Verwandten Gelder veruntreut habe. 

Noch in der gleichen Woche  veröffentichte L`Espresso einen investigativen Bericht über die angebliche Vetternwirtschaft Beccius gegenüber seiner Familie- indem er Gelder zweckentfremdete (oder bat darum ) an Unternehmen deren Besitzer oder Mizbesitzer seine Brüder waren. Während dieser Zeit war er noch Substsitut im Staatssekretariat. 

Von da an veröffentlichte L´Espresso fünf in die Tiefe gehende Artikel über Kardinal Beccius Aktivitäten. Der erste landete vor seiner Veröffentlichung auf dem Schreibtisch des Papstes. Maurizio Mollinari. Herausgeber der Repubblica (die Zeitung gehört zum selben Verlag wie L´Éspresso)sagte in einer Fernsehsendung daß im Büro am Tag von Beccius Rücktritt große Aufregung gehreescht habe. Weil sie im selben Gebäude und vom selben Verleger herausgebracht wird, wußten die Journalisten von Repubblica vom Espresso-Scoop. Aber sie wußten auch- fügte Molinari hinzu, daß einige bereits gedruckte Kopien, die bereit zhur Auslieferung an die GEschäfte waren, irrtümlicherweise ans Domus Sanctae Marthae geleifert wurden, in dem der Papst lebt. Laut Kardinal Becciu hielt der Papst eine Kopie des Magazins in den Händen, als er ihn aufforderte zurückzutreten.

Kardinal Beccius Anwalt geht noch weiter und analysierte die Quell-codes der website des L´Espresso. So entdeckten sie, daß das Magazin den Text über Beccius Rücktritt bereits 8 Stunden vor dem geplanten Treffen Beccius mit dem Papst verfaßt und gepostet hatte. Das kann man  nicht erfinden- Quellen-codes sind präzise. 


Kardinal Becciu verklagte dann L´Espresso und verlangte 10 Millionen € Schadensersatz wegen Verleumdung und  Rufschädigung. Die Klage - ein 74-seitiges Schriftstück beinhaltet alle Ungenauigkeiten des Artikels. Am Ende möchte Kardinal Becciu nicht der einzige und alleinige Sündenbock sein. 

In seinem Text für die Zeitung Libero erzählt Feltri diese Geschichte und erwähnt dann die Möglichkeit einer Intrige gegen den Kardinal. Feltri gibt vor, nicht sehr an eine Verschwörung zu glauben. Dennoch bedetuete es etwas, wenn er dieses Wort benutzt. Weil er seine Informstionen direkt vom Hl. Stuhl bekam, wurde die Idee von einer Verschwörung zuerst im Vatican geboren, 

Und so kommen wir zu Moneyval-einem Komitee des Europa-Rates. Es ist damit betraut, zu beurteilen, wie die Staaten, die zum Komitee gehören, die internationalen Standards im Kampf gegen Geldwäsche und  Terrorfinanzierung befolgen,. 

Der vor-Ort-Besuch des Komitées war für das Frühjahr 2020 geplant und wurde wegen der Pandemie  auf den Termin vom 29.September bis 11. Oktober 2020 verschoben. Nach dem vor-Ort-Termin wird Moneyval einen Fortschrittsbericht verfassen, der im April bei der Moneyval-Vollversammlung  diskutiert werden soll, Das ist der vierte Fortschrittsbericht über den Hl. Stuhl /Vatican-Staat der sich mit der Effektivität des Rechtssystems befaßt, d.h. wie das Rechtssystem des Vaticans die Normen durchsetzt. Der vorangegangene Moneyval-Bericht hat das Vatican-Gericht kritisiert, weil es nicht genug Ermittlungen durchführe. Zwischen 2011 und 2016 hat es nach dem AIF-Bericht über verdächtige Transaktionen keine bekannte Ermuittlung mehr gegeben. Nach 2016 ging es dann langsam weiter. 

Das genügte Moneyval nicht. Im Fortschrittsbericht von 2017  stelle Moneyvall fest,. daß die Ergebnisse der Anwendung der Gesetze, Ermittlungen und juristischen Aufarbeitung zwei Jahre nach der letzten Überprüfung bescheiden blieben. 

Was sind dann die Gründe für eine Verschwörung? Zuerst -wollte das Gericht des Vaticans zeigen, wie effektiv es ist; dann wollten sie einen Medienskandal erzeugen, um Fehler zu vertuschen; schließlich die Notwendigkeit, einen Sündenbock zu finden. 

Und Kardinal Becciu war am Ende der perfelte Sündenbock. Obwohl viele der finanziellen Entscheidungen fielen, nachdem er sein Amt verlassen hatte, ragte Karcinal Beccius Profil heraus. Einige sagen sogar, daß Kardinal Becciu ein perfekter Königmacher im Konklave, das den nächsten Papst wählt, hätte sein können. 

Es ist essentiell, herauszustreichen, daß wir hier über Theorien sprechen. Wahrscheinlich hat es keine wirkliche Verschwörung gegeben. Dennoch- der Hl. Stuhl hat sein Bestes getan, um Moneyval zu beeindrucken: die Inspektoren wurden von Kardinal-Staatssekretär Pietro Parolin in einer Begrüßungsansprache Willkommen geheißen und hatten eine Privataudienz bei Papst Franziskus. Nicht schlecht für das technische Komitée. Die Experten von Moneyval haben seit sie zur konkreten Evaluierung bestellt wurden, nie einen Spitzenrepräsentanten der inspiziertgen Länder getroffen. 

Hilft  Kardinal Beccius Rücktritt dem Vatican, zu zeigen, daß man sich viel Mühe gibt? Das könnte sein. Es kann jedoch auch sein, daß es nur der verzweifelte Versuch ist, den Internationalen Institutionen Sand in die Augen zu streuen. Internationale Institutionen andererseits neigen nicht sehr dazu, sich "framen" zu lassen,.Sie schauen auf die Tatsachen- nicht auf Theorien oder Prestige. Und tatsächlich hinterläßt die Untersuchung des Vatincans über die Sloane-Avenue-Immobilie in London mehr Fragen als Antowrten. 

Es wird gegen 6 Personen ermittelt. Sie alle wurden anfänglich von ihren Ämtern im Vatican suspendiert. Zwei von ihnen, Priester, sind in ihre Gemeinden zurückgeschickt worden. Einer wurde in ein anderes Amt versetzt. Die anderen zwei, Mitarbeiter des Staatssekretariates, haben eine vorzeitige Versetzung in den Ruhestand ausgehandelt. Einer von ihnen wurde nicht in seinem Amt bestätigt. 

Diese Maßnahmen wurden ergriffen, lange bevor man wußte, ob einer von ihnen wegen irgendewtas angklagt werden würde oder nicht. Inzwischen gab es einen Medienprozess, der nicht zu den realen Fakten paßt.

In den Zeitungen wurden viele "Leaks" verbreitet. Ein früherer Mitarbeiter von Radio Vatican stellte fest, daß Giuseppe Pignatone, der Vorsitzende der Rota, auch Meinungsartikel fpür die GEDI-Gruppe schreibt, die L´Espresso und Repubblica herausgibt. Darin ist nichts Furchtbares, aber es kann dazu führen, daß man denkt,daß einige Informationen von diesen Medien wegen Pignatone anders behandelt werden. Es wird auch als provokant beurteilt, weil Nachrichten über Rechtsangelegenheiten des Vaticans oft in L´Espresso erschienen sind. 

Einer der Staatsanwälte des Vaticans, Alessandro Diddi, war der Verteidiger eines der Angeklagten im Korruptionsprozess "Mafia Capitale". Er war oft im Fernsehen, um seinen Klienten zu verteidigen und hat zahlreiche Beziehungen zu den Medien. 

Für die, die mit den italienischen Gegebenheiten nicht vertraut sind, müssen wir erwähnen, daß es in Italien allgemeinde Praxis ist- daß Staatsanwälte die Medien benutzen, um Informationen zu verbreiten, meistens zu politischen Zwecken. 

Diese Details müssen auf dem Tisch liegen, wenn man anfängt, darüber nachzudenken, was im Vatican passiert. Repubblica und L´Espresso haben die Nachricht von Beccius erzwungenem Rücktritt wahrscheinlich im voraus erhalten; sie haben die Texte vorbereitet und sie irrtümlich vor dessen Bekanntgabe veröffentlicht. Libero, der auf der anderen Seite des politischen Spektrums steht, hatte im Gegenzug die Gelegenheit, Kardinal Beccius Klageschrift zu lesen. 

Auf diese Weise wurde aus einer Sache im Vatican ein Prozess in der öffentlichen Arena- polarisiert aus politischen oder persönlichen Interessen. Die Kirche veschwindet in diesem Szenario. Die Zeitungen stehen sich an entgegengesetzten politischen Fronten gegenüber  und erfreuen sich einer typisch italienischen Umgebung, die die jeweiligen Medien füttert und schürt. 

Das wirkliche Ziel jedoch wurde aus den Augen verloren. Der Untersuchungsbericht ist voller Ungenauigkeiten und versäumt, die richtigen Fragen zu stellen. Der Fokus sollte nicht dararuf liegen, wer die Makler der Vaticanischen Finanztransaktion ins Spiel brachte und warum sie so viel Macht und Einfluss hatten. Es ist eine Tatsache: die Problem entstanden, als die Makler der Sloane-Avenue- Operation Schritt fürSchritt aus dem Gschäft ausgeschlossen wurden, um den Hl. Stuhl zu schützen.

Wenn eine Finanztransaktion umgestaltet wurde, um das investierte Geld nicht zu verlieren, warum hat Papst Franziskus die Operation nicht gelobt, statt alle zu bestrafen? 

Eines der Narrative besagt, daß der Papst getäuscht wurde und nichts von den Investitionen wußte. Das könnte sein. Aber wir alle wissen, daß Papst Franziskus persönlich  über alles Bescheid wissen will. Und laut des Rechtsanwaltes von Msgr, Mauro Carlino, tat der Papst das. Carlino ist einer der sechs Vatican-Mitarbeiter, die wegen der Untersuchung suspendiert wurden. Sein Anwalt hat einen Brief an die Zeitung LaStampa geschickt, um die Position von Msgr. Carlino klarzustellen und klar festzustellen, daß der Papst immer informiert war. Die Details dieses Briefes wurden nicht geleugnet. Die Botschaft allerdings wurde von denen auf der anderen Seite harsch kritisiert. 

Es sieht so aus, als hätten wir alle Zutaten für einen Spionage-Roman. Wir haben die Story, einen korrupten Kardinal, den Journalisten, den Papst. Es ist jedoch kein Roman. Es ist die Kirche. Und die Kirche geht viele Risiken wegen dieser anscheinend oberflächlichen Untersuchung ein. Eine der Gefahren ist, daß Italien am Ende der Auslieferung von Cecilia Marogna zustimmt. 

Marogna gehörte zur Führung einer Geheimdienstagentur und hatte Geld dafür bekommen, dem Staatsskretariat bei der Befreiund einiger in Afrika als Geiseln gefangen gehaltenen Priester und Nonnen geholfen zu haben. Wenn man beseite läßt, ob das stimmt oder nicht- könnte die Auslieferung einige Probleme verursachen. Gibt es eine Auslieferung, muß der Hl. Stuhl Gegenseitigkeit gewähren. Warum sollte der Hl. Stuhl nicht der Auslieferung eines hochrangigen Mitarbeites des Vaticans , sagen wir eines Erzbsichofs, zustimmen? Einer der Gründe ist, daß der Hl. Stuhl bei Auslieferungen immer sehr restriktiv war- um Verfolgung zu vermeiden,. Was jetzt? 

Das ist nur eines der vielen Themen, Es gibt viele und alle sind gleich wichtig und komplex. Sie gehen alle weit über die Beschuldigung von Diebstahl und Mismanagement des Vaticanischen Erbes hinaus. Wenn es eine Verschwörung gibt, könnte es auch diese sein: die Kirche einer Reihe von Anschuldigungen auszusetzen, um einen Zweiten Vatileaks-Effekt zu erzeugen, dieses mal aus dem Inneren der Kirche. 

Nur die Zeit wird zeigen, ob das alles zum Guten geschah.Im April werden wir wissen, wie Moneyval den Hl. Stuhl evaluiert hat. Wir werden sehen, ob das Anti-Geldwäsche-Gesetz des Vaticans Fortschritte zum Besten gemacht hat. 

Quelle: Monday in the Vatican, A. Gaglairducci 

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