Montag, 30. November 2020

Vatileaks forever?

In seiner montäglichen Kolumne kommentiert A. Gagliarducci die -trotz des Todes von Paolo Gabriele- unvermindert weitergehenden Leaks von Dokumenten aus dem Vatican und mögliche 
Hintergründe.
Hier geht´s zum Original:  klicken

"PAPST FRANZISKUS UND DIE ´" MITTLERE WELT" DES VATICANS, DIE ER NICHT AUFGELÖST HAT" 

Paolo Gabrieles Tod hätte in der Welt des Vaticans ein Kapitel beenden können. So war es nicht. Statt dessen hat er ein neues eröffnet und dieses bringt mehr Fragen als Antworten mit sich. 

Für jene, die sich nicht erinnern: Paolo Gabriele war der Kammerdiener Benedikts XVI, der dann das Vertrauen des Papstes mißbrauchte und vertrauliche Dokumente an Journalisten weitergab, die daraus Bücher, Bestselller und Angriffe gegen die Kirche machten. Nachdem er wegen schweren Diebstahls angeklagt und verurteilt worden war, vergab ihm Benedikt XVI. Er blieb im Vatican angestellt, weil er von einem Mitarbeiter des Vaticans, der in Bambino Gesu, dem Kinderkrankenhaus des Staatssekretariates arbeitete, angesterllt wurde. 

Gabriele starb am 24. November im Alter von 54 Jahren nach langer Krankheit und bei seiner Beerdigung sah man viele Leute, die ihn geliebt und mit ihm gearbeitet hatten. Erzbischof Georg Gänswein, der Privatsekretär Benedikts XVI bezeugte wie die Zuneigung der Entourage des emeritierten Papstes trotz allem unverändert blieb. Kardinal James Michael Harvey- zu der Zeit Präfekt des Päpstlichen Hauses stand, hatte Gabriele immer nahe gestanden. Da war Erzbischof Paolo De Nicolo, der lange Regens der Päpstlichen  Hauses gewesen war. Auch Kardinal Konrad Krajewski, der zur Zeit des Dienstes von Paolo Gabriele, einer der päpstlichen Zeremonienmeister war, war da.

Trotz allem hae der Vatican Paolo Gabriele nicht vergessen. Man hatte es versucht und ihn verurteilt, aber hatte immer vor allem die Person in Betracht gezogen und nicht nur, was er getan hatte. Es war ein Akt der Menschlichkeit aber auch der Gerechtigkeit. Auch weil jeder, der Paolo Grabiele kannte. wußte. daß er nie aus eigenem freien Willen den Papst betrogen hätte- er hatte weder die Mentalität noch Fähigkeiten dazu. 

Acht Jahre nach dem Diebstahl der Dokumente, der zum ersten Vatileaks führte, stehen wir vor den
gleichen Problemen. Man könnte denken, daß Paolo Gabrieles Entlassung das Ganze beendet hätte. Sie war erst der Anfang. Nicht nur ist Vatileaks nicht beendet, es hat weitere Leaks von Dokumenten gegeben, die 2014 in einem weiteren Prozess im Vatican gipfelten. Nicht nur das. Viele der Protagonisten aus der Zeit von Vatileaks sind noch da und bewegen sich zwischen den Ebenen der vaticanischen "Mittelwelt" und nutzen diese Mittelwelt nach Belieben. 


Das Problem ist weder das Informationsleck noch das journalistische Flair, das dazu führt, Informatikonen zu antizipieren. Nichts dergleichen. Es ist statt dessen ein besonders selektiver Nachrichtenfluss, die dazu benutzt werden,  um diese oder jene Person in ein schlechtes Licht zu rücken und vor allem, um die Kirche anzugreifen. 

Es ist eine schlechte Welt. die während des kürzlichen Finanzsskandals, das den Hl.Stuhl betroffen hat, aufgedecktr wurde. Der Skandal betraf  auch den Erwerb einer Luxus-Immoibilie in London durch das Staatssekretariat.  Eine Welt, die sich nicht für den Hl. Stuhl interessiert, sondern ihn benutzt, um ihre Ziele zu verfolgen. 

Zu Zeiten von Vatileaks I wurde viel über mögliche Auftraggeber von Paolo Gabriele gesprochen. Zu der Zeit schien es offensichtlich, daß diese Hintermänner aus der alten Garde der Kurie kamen und besonders, der alten Diplomatengarde. die wegen des Mangels an Aufmerksamkeit seitens Benedikts XVI und von Staatssekretär Kardinal Tarcisio Bertone enttäuscht waren. 

Das könnte teilweise wahr sein. Aber folgende Vatileaks haben gezeigt, daß der Kreis der Interessierten über das Profil der Diplomaten der alten Garde des Vaiticans hinausgeht, die zu Beginn des Pontifikats von Papst Franziskus zurück kam. 

Unter anderem hat Papst Franzhiskus sofort sicher gestellt, daß den Nuntien größere Bedeutung gegeben wird, indem er Langzeit-Diplomaten wie Kardinal Parolin als seinen Staatssekretär wählte und Josef Räuber als Kardinal kreierte, der als Nuntius in Belgien erlebte, daß seine Vorschläge mißachtet wurden und der dann von Papst Franziskus in einer Art posthumen Wiedergutmachung zum Kardinal kreiert wurde. 

Trotz dieser erneuerten Aufmerksamkeit für die diplomatische Welt des Hl. Stuhls gingen die Leaks weiter. Wieder muß man verstehen, daß das keine unbedeutende Runde von Neuigkeiten war. Vorzeitige Berichte über Ereignisse im Vatican -sogar Skandale- hat es immer gegeben,. In diesem Fall wurde klar, daß die Informationen professioneller und fokussierter wurden, fast wie geheimdienstlich, Vor allem basierten sie auf dem Diebstahl und der Veröffentlichung ganzer Dokumente, oft aus dem Kontext gerissen und nicht auf dem Gebrauch und der Interpretation  zuvor gesehener Dokumente.

Schritt für Schritt wurde auch klar, daß es bei den Nachrichten nicht um die Welt des Vaticans ging. Alles wurde zu einem Vorrecht von Gerichtsreportern, die oft von Recherchen bei Vatican-Themen lebten und sie aufgebauscht, erzählt und verherrlicht haben- und so das Bild möglicher Korruption im Vatican riesig erscheinen lassen.

Der zweite Vatileaks-Prozess aber hat es vermieden, den Diebstahl von Dokumenten anzusprechen und hat so ein großes Fragezeichen überf der Situation hinterlassen. Wer gibt Papiere und Notizen zur Veröffentlichung weiter? Und warum? 

Nach acht Jahren scheint die Person Paolo Gabriele in der Welt des Vaticans verblaßt zu sein, Anders als die, die von seinen Informationen profitierten, wurde er nicht reich: er verkaufte keine Bücher, schrieb nicht einmal Memoiren. Er war ein Instrument und als solches, wurde er verurteilt und ihm dann vergeben. 

Sein Tod aber hat ein Kapitel nicht beendet, so wie die ihm erteilte päpstliche Vergebung die Zeit von Vatileaks nicht beendet hat. Die ist jetzt ein Trend und es ist nicht einmal möglich, anders über Journalismus zu denken. Vatileaks ist nicht vorüber und ist es vielleicht nie. 

Paolo Grabiele war der erste aber unzweifelhaft nicht der wichtigste Fall. Die brennenden Fragen sind alle unbeantwortet geblieben. Er hat keinen seiner Freunde und sich selbst nie verraten. Aber warum sollte ein Mann einen prestigereichen Job, sein Heim, Vorzugsbehandlung, Privilegien riskieren, nur um mit Leuten zusammen zu arbeiten, denen man nicht trauen kann? 

Das ist die mysteriöseste Frage in der Geschichte von Paolo Gabriele. Und das ist eine Frage, die auch von vielen jener Persönlichkeiten, die im Orbit des Hl. Stuhls und jenen um Papst Franziskus herum gestellt werden sollte. weil, wer auch immer Paolo Gabriele instrumentalisiert hat, das auch weiter tut. mit anderen Personen oder persönlich. 

Die wirkliche Kraft ist unsichtbar. Und es gibt tatsächlich eine "deep church", die wie ein "deep state" funktioniert, bestehend aus Prälaten mit besonderem Einfluss in den Affären der Welt. Paolo Gabriele war kein Teil von irgendwas. Er war einfach nur ein Mann, der Benedikt XVI liebte,  und überzeugt war, daß das, was er tat, dem Pontifikat helfen würde. Jeder der den Lauf der Welt kennt, weiß, daß so etwas passieren kann. Und  er weiß auch, daß Paolo Gabriele aus seiner Sicht das alles für die Kirche getan hat. Es ist schwierig zu erkennen, ob alle früheren (und gut bezahlten) Berater im Vatican ebenfalls das Wohl der Kirche im Sinn haben. 

Wenn es irgendetwas gibt, was der Tod Paolo Gabrieles beendet, ist es die Ära von Menschen, die der Kirche treu sind - bis zu dem Punkt, etwas von sich zu opfern,um ihr zu helfen, wenn es auch der falsche Weg ist. Das ist die gefährlichste Korruption, die eliminiert werden muß. Es bleibt viel zu tun." 

Quelle: Monday in the Vatican, 

 

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