In seiner montäglichen Kolumne analysiert und kommentiert A. Gagliarducci in "Monday in the Vatican" den derzeitigen Stand der Dinge in der Kurienreform und zu erwartende Entwicklungen im aktuellen Pontifikat.
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"PAPST FRANZISKUS -EINE NEUE PHASE"
Papst Franziskus´ Pontifikat steht vor einer neuen Phase. Das Konsistorium vom 28. November war sowohl eine Wasserscheide als auch ein neuer Impuls. Für Papst Franziskus sollte dieser Impuls zur Endstufe seines Projektes zur Erneuerung der Kirche führen.Sogar Leute, die Papst Franziskus gut kennen, können sein Erneuerungsprojekt nicht genau beschreiben. Sie sagen nur: "Der Papst denkt nie nur an heute. Er denkt an die nächsten zehn Jahre". Man kann Papst Franziskus´ Generalplan aber ableiten: der Papst will weniger eine triumphierende als eher eine pastorale Kirche. Allerdings könnte das Loslassen von einigem Triumphalismus dazu führen, die Institution niederzureißen, ohne zu bedenken, was daran gut war. Es ist möglich, daß der Papst dann die Nützlichkeit der institutionellen Dinge erkennen könnte, die er zerstört hat. Sie wieder aufzubauen, ist allerdings nicht so leicht.
Wenn das der allgemeine Überblick ist, hat Papst Franziskus in der Praxis seine Vision durch Versuch und Irrtum -ohne wirklichen Plan- realisiert. Sogar Pater Antonio Spadaro - der als einer seiner ihm am nächsten stehenden Interpreten gilt- hat vor kurzem einen Text geschrieben, um zu erklären, daß sein Pontifikat seinen Impetus nicht verloren hat.
Was ist die trreibende Kraft dahinter? Zuerst ist da die Kurien-Reform. Aber die Vollendung der Kurienreform wird nicht zu den wichtigsten Punkten gehören, es gibt bereits neue und funktionierende Dicasterien, andere Dicasterien verschmelzen und der Papst entläßt die Leute schon nach nach 5-jähriger Amtszeit. Dennoch gibt es Erwartungen. So wird es bleiben, solange der Papst die Dinge nicht endgültig formuliert.
Neben der Kurienreform erleben die oberen Ränge des Vaticans gerade einen Generationswechsel. Dieser Wechsel wird die Änderungen kennzeichnen.
Besonders eindrucksvoll war da die Ernennung Mauro Gambettis zum Kardinal. Gambetti war der scheidende Kustos des Hl. Konvents von Assisi. Kardinal Gambetti wurde das Diakonat in der Kirche zum Allerheiligsten Namen Mariens im Forum Trajanum zugewiesen, eine Kirche in der Nähe der Basilika der Hl. Apostel der Konvent-Franziskaner. Diese Übertragung ist wichtig.
Jeder Kardinal muß mit einer römischen Kirche verbunden sein, weil er Teil des römischen Klerus sein und mit dem Papst verbunden sein muß, als Mitarbeiter des Papstes. Die Kardinäle haben Ränge: sie können Kardinal-Diakone, Kardinal-Priester oder Kardinal-Bischöfe sein. Alle Kardinäle sind Erzbischöfe, aber ihre Ränge gehen auf eine frühe Zeit zurück, als die Kardinäle wirklich in Rom arbeiteten.
Ein Diakonat bedeutet, daß der Kardinal wirklich in Rom wirkt- während Kardinal-Priester im Allgemeinen residierende Erzbischöfe sind. Weil Kardinal Gambetti keine aktuellen Aufgaben hat, ist es mehr als wahrscheinlich, daß er eine Position in Rom bekommt.
Es gibt viele Dicasterien, deren Präsidenten in den Ruhestand gehen werden. Dennoch gibt es Gerüchte, daß Kardinal Gambetti zum Erzpriester des Peters-Doms ernannt wird. Kardinal Gambetti würde dann Kardinal Angelo Comastri ersetzen, der 77 Jahre alt wurde und damit zwei Jahre älter als das Rückzugsalter.
Ein Hinweis auf die bevorstehende Ernennung ist, daß Papst Franziskus um die Verschiebung der Wahl der Mitglieder des Domkapitels von St. Peter, dem Priesterkollegium. das die Basilika unter Führung des Erzpriesters leitet, gebeten hat. Die Wahl hätte Ende des Sommers oder im Herbst stattfinden sollen, aber der Papst bat, sie bis nach dem 11. Januar zu verschieben. Kardinal Gambetti wird wahrscheinlich am 8. Dezember als Erzpriester bekannt gegeben werden. Es ist auch wahrscheinlich, daß Kardinal Comastri seine Stellung während der Weihnachtszeit behalten wird, um Weihnachten in der Basilika zu zelebrieren.
Kardinal Gambetti wird die Aufgabe haben, die Basilika "mehr zu einem Ort des Gebets als zu einem Museum" zu machen- laut einer Aussage, die Kardinal Konrad Krajewski, dem Almosenier des Papstes, zugesprochen wird. Die Wahrheit ist, daß es hinter all dem Geschwätz auch eine interne, zwischen Konservativen und Progressiven gespaltene Diskussion über die in der Basilika zelebrierten Zeremonien gibt.
Und es gibt kleinere Themen, aber sie sind bemerkenswert, um die giftigen Perioden im Vatican zu verstehen. Papst Franziskus wollte auch die Dombauhütte des Peters-Doms unter Kommission stellen,- eine präzedenzlose Entscheidung. Diese Entscheidung entstand aus diesen internen Diskussionen, die als Klatsch am Tisch des Papstes endeten.
Kardinal Beniamino Stella, Präfekt der Kleruskongregation, ist einer der engsten Berater von Papst Franziskus. Er wird im kommenden August 80 und Papst Franziskus wird ihn wahrscheinlich an der Spitze des Dicasteriums ersetzen. Es gibt Gerüchte, daß Kardinal Angelo de Donatis, der Vikar des Papstes für die Diözese Rom, seinen Platz einnehmen wird. Kardinal de Donatis würde als Vikar dann von Kardinal Paolo Lojudice, Erzbischof von Siena, der gerade das rote Birett erhielt, ersetzt werden.
Wenn sich die Gerüchte als richtig erweisen sollten, könnte Papst Franziskus den Punkt erreichen, bei dem er seit langem sein wollte. Der Papst hat Kardinal Lojudice als seinen Vikar gewählt, als er Weihbischof in Rom war. Der Papst wollte aber eine Umfrage bei den Gemeindepriester in Rom. Mehr als 300 Priester haben die Fragebögen zurückgeschickt und 80 % von ihnen wählten Kardinal de Donatis als ihren Kandidaten für das Amt des Vikars von Rom.
Papst Franziskus ernannte daraufhin de Donatis. Es scheint, daß der Papst dem Kardinal in aller Fairness erklärt hat "Ich wollte Sie nicht aussuchen, aber sie haben 80% Unterstützung erhalten. Da konnte ich nichts anderes tun."
Während des Lockdowns wegen des Corona-Virus hatten Kardinal de Donatis und Papst Franziskus intensive Diskussionen. Im schwersten Augenblick der Pandemie entschied Kadinal de Donatis, die Kirchen zu schließen und Papst Franziskus war davon unterrichtet und hat das unterstützt. Der Papst änderte später seine Meinung. Auch der Kardinal nahm seine Entscheidung zurück, machte aber bekannt, daß jede Entscheidung in Übereinstimmung mit dem Papst getroffen wurde.
Papst Franziskus´ Entscheidung Lojudice zum Kardinal zu kreieren, wurde als Weg für Papst Franziskus interpretiert, die Macht wieder auszubalancieren.
Nach der Ernennung von Kardinal Marcello Semeraro für die Leitung der Heiligsprechungs-Kongregation muß Papst Franziskus neue Präfekten für die Bischofskongregation, die Kongregationen für die Ostkirchen, für Katholische Erziehung, und die Glaubenskongregation ernennen. Alle aktuellen Präfekten sind älter als 75.
Die neuen Präfekten können eine wirkliche Überraschung werden. Gerüchte besagten, daß Bischof Daniele Libanori, ein Jesuit, der auch einer der Weihbischöfe von Rom ist, Präfekt der Kleruskongregation werden könnte, aber das ist nicht passiert. Der nächste Präfekt der Bischofskongregation könnte aus den USA kommen, aber das ist auch nur ein Gerücht. Hier ist alles ein "vielleicht"!.
Das Staatssekretariat lebt auch in einer unsicheren Zeit. Es wurde wegen der Finanzskandale bestraft. Seine Investitionen und Besitztümer sind zur APSA, der Verwaltung des Erbes des Apostolischen Stuhls, tranferiert worden. Da kann man als Strafe ansehen, weil der Plan war, die Investitionen in souveränen Fonds zu zentralisieren. Dennoch mußte nur das Staatssekretariat seinen Besitz übergeben, während die Kongregation zur Evangelisierung der Völker und die Verwaltung des Vatican-Staates das nicht mußten. Sogar vaticanische Körperschaften, die nur über ad-hoc-Budgets verfügen, sind dieser Zentralisierung entgangen.
Kardinal Parolin könnte übrigens zustimmen, daß jetzt die Zeit gekommen ist, Rom zu verlassen. Andere Gerüchte sagen, daß er zum Patriarchen von Venedig ernannt werden könnte- wie Angelo Roncalli und Albino Luciani - die dann beide zum Papst gewählt wurden.
Unsichere Zeiten liefern eine Menge Hinweise, und es ist sehr wichtig, diese Hinweise zu interpretieren. Daß Papst Franziskus nicht davon abrücken wird, die Reform des Malteser Ordens voranzutreiben. zeigt sich in der Entscheidung, Kardinal Silvano Maria Tomasi das Diakonat von San Nicola in Carcere zu geben. Tomasi dient jetzt als Delegierter des Papstes beim Malteser Orden und diese Kirche war auch die Kirche Kardinal Canalis, dem letzten Reformer des Malteser Ordens.
Papst Franziskus spricht auch durch solche Zeichen. Nach der anfänglichen Phase externer Berater und einer zweiten Phase interner Berater, hat Papst Franziskus die dritte Phase eingeleitet; er ist zum ursprünglichen Plan zurück gekehrt, nutzt aber interne (und persönliche) Berater, um die begonnene Arbeit zu beenden.
Keine Überraschung ist ein anderes Gerücht, das verbeitet wird: Papst Franziskus möchte im Februar ein weiteres Konsistorium einberufen, und das wird kein Konsitorium zur Ernennung neuer Kardinäle sein. Es wird ein Konsitorium für die Präsentation der Reform sein und der Suche nach einem Konsens. Es wäre eine Demonstration der Stärke gegenüber den vielen Kritiken. Papst Franziskus hat diese Kritiken "Widerstand" genannt. Das waren sie in vielen Fällen nicht. Sie waren Kritik, die darauf abzielte, den Papst davor zu bewahren alles zu demontieren, weil nicht alles falsch war. Das ist für Papst Franziskus nicht wichtig. Der Papst hält an seinem Endziel fest und das will er um jeden Preis erreichen. "
Quelle: Monday in the Vatican, A. Gagliarducci
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